Heuchelnde Hunde und andere tierische Anpassungs- und Übernahmestrategien. Eine ganze Reihe interessanter Meldungen lassen jüngst eine beschleunigte Evolution im Tierreich vermuten. So berichtet die Welt in dieser Woche gleich zweimal über die Beschwichtigungstaktik von Hunden ihren Haltern gegenüber. Demnach sind Gesten wie der „reuige Blick“, das Ablecken der eigenen Nase, Blinzeln mit den Augen und das Anlegen der Ohren offenbar gezielte Botschaften, um ihr Frauchen oder Herrchen darauf hinzuweisen, dass ihnen etwas nicht passt. Zum Beispiel könnte ihnen laut Industrieverband Heimtierbedarf der direkte Augenkontakt oder ein zu heftiges Schmusen missfallen.
Dies sind allerdings weniger Täuschungen als die Ergebnisse der New Yorker Verhaltensforscherin Alexandra Horowitz:. Bei einer Versuchsanordnung wurden Hunde in Abwesenheit ihres Halters entweder verführt einen verbotenen Keks zu essen, oder der Keks wurde weggenommen, aber dem Halter berichtet, das Tiere habe ihn verbotenerweise gegessen. Die „verführten“ Hunde zeigten später ihrem Halter gegenüber überraschenderweise keine Reue, während die fälschlich beschuldigten genau oben genannte Signale aussandten. Die Demutshaltung ist also offenbar nur eine Reaktion auf das Verhlten des Menschen, beruht aber nicht auf ein „Unrechtsbewusstsein“. Dies als Intelligenz zu deuten, halte ich für übertrieben, es spricht doch eher für Konditionierung.
Über andere Arten der Anpassung berichtet ebenfalls die Welt: zum einen, dass erstmals Möwen auf den Hochhäusern von Frankfurt am Main brüteten. Das hat weniger etwas mit psychologischer Mensch-Tier-Interaktion zu tun als mehr mit der Eroberung von Lebensräumen. Vielleicht wollen die Wasservögel den Arbeitsstätten der Banker damit das Prädikat „Schrottimmobilie“ verleihen oder sie genießen einfach die Aussicht. Wirklich erstaunlich dabei ist jedoch, dass nicht nur Mantelmöwen, sondern auch Mittelmeer- und Heringsmöwen dort nisten. Der gemeinsame Nachwuchs einer aus nördlichen Bereichen stammenden Mantelmöwe und einer aus südlichen Bereichen stammenden Mittelmeermöwe würde „wohl lebens-, aber nicht fortpflanzungsfähig sein“, heißt es weiter.
Zum anderen wird über eine Entwicklung am Rhein berichtet, wonach die aus Osteuropa stammende Kesslergrundel sich nördlich des Mains und nun auch schon bis Mannheim ausbreitet. Vom Schwarzen Meer hat sie über die Untere Donau den Fluss stromaufwärts den Weg über den Rhein-Main-Donau-Kanal genommen. Bald dürfte sie sich auch im südlichen Rhein in Baden-Württemberg verbreiten. Das 25 Zentimeter große Tier schnappt nach jedem Köder, heißt es, ist als Speisefisch nicht begehrt und wird aufgrund der starken Ausbreitung zur Beeinträchtigung der Fischerei. Eine Heuschrecke der Flüsse gewissermaßen – oder eine späte Rache der Donaumonarchie am rheinischen Kapitalismus.
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