Neueste Meldung aus der Märchenwelt: Frau Holle erhält in Hessisch Lichtenau ein eigenes Haus. Dieses Museum vermittelt nicht nur das bekannte Märchen der Brüder Grimm, sondern auch tieferliegende Grundlagen der Märchenfigur, die demnach noch im Mittelalter als Erdmutter und Fruchtbarkeitsgöttin verehrt und mit der nordischen Göttin Freya verglichen wurde. Zum Teil wird sie auch als Herrscherin der Unterwelt dargestellt. Warum das Haus dann jedoch „Holleum“ heißen muss, erschließt sich mir nicht.
Zugegeben, die Namensbildung ist nicht schlecht – sie bezieht sich auf das wahrlich kolossale Kolosseum in Rom. Weitere ähnlich lautende Namen sind das „Odysseum“ (Köln Science-Center) und das „Cordisseum“ (Treffpunkt der Hamburger Dartspieler des SC Concordia). In Wesselburen in Dithmarschen an der Deutschen Kohlstraße hat sich sogar ein „Kohlosseum“ etabliert (wie früher scherzhaft schon das Berliner Kanzleramt genannt wurde).
Aber warum muss nun die (offenbar ur-) deutsche Märchengestalt ausgerechnet mit einem lateinischen Namensstamm verschmelzen? Das klingt so gar nicht märchenhaft und wird meiner Meinung nach der tiefen quasi archetypischen Bedeutung von Märchen für die Volkspsychologie so gar nicht gerecht. „Frau Holle-Haus“ hätte es doch auch getan!
So gewaltig erscheint das neue, 120 Quadratmeter große Museum in Hessen dann doch nicht. Immerhin ist neben der Märchen- und der Unterwelt auch eine Meißnerwelt (mit Hinweisen auf die Wirkungsstätten von Frau Holle) und eine Kräuterwelt zu sehen. Es liegt an einem Frau-Holle-Rundweg mit mehreren Stationen und wurde zu gut einem Drittel aus einer Erbschaft an die Stadt aus den 1970-er Jahren finanziert. Der Rest kam aus Fördermitteln der EU. Deren kulturelle Wiege liegt bekanntlich außer in Griechenland auch im alten Rom – insofern sei der Name eben zähneknirschend akzeptiert.
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