Die elektronischen Lesegeräte (kurz: „E-Reader“) bringen Bewegung in den Markt für Online-Bezahlinhalte („Paid Content“). Das belegt eine weltweite Studie der Boston Consulting Group, wonach jeder zweite deutsche Verbraucher in den kommenden drei Jahren plant, einen E-Reader zu kaufen.
Die kompakten Lesegeräte überzeugen aktuell noch nicht durch einen einheitlichen technischen Standard, der in nächster Zeit auch nicht zu erwarten sein dürfte. Dennoch bieten sie – unabhängig von der Entscheidung für eine technische Oberfläche – zahlreiche Möglichkeiten sich online mobil zu informieren. Bücher lesen, Schlagzeilen abrufen und E-Mails lesen sind die bevorzugten, dabei kombinierbaren Tätigkeiten. Damit werden sie – nun auch nach Aussage der Boston Consulting Group – als neue Ertragsquelle im Onlinegeschäft zum „Hoffnungsträger für die Verlagsbranche“.
In Deutschland plant demnach jeder Vierte sich innerhalb des nächten Jahres ein solches Gerät zu kaufen, innerhalb der kommenden drei Jahre sogar jeder Zweite, wobei es sogar drei Viertel derjenigen Befragten sind, die entsprechende Produkte bereits kennen. Damit stehen die Chancen gut, heißt es weiter, dass sich die E-Reader und Tablet-PCs „neben mobilen Endgeräten wie Blackberry und i-Phone als Massenprodukt etablieren“. Multifunktionsgeräte kommen bei den Deutschen demnach weit besser an (71 %) als „Standalone-Geräte“ (19%). Einer schnelleren Verbreitung stehen jedoch die als zu hoch empfundenen Preise gegenüber.
Die Frage ist jedoch, inwieweit Zeitungsverlage durch neue Einnahmen für Online-Content die zuletzt eingebrochenen Werbeeinnahmen kompensieren können. Im internationalen Vergleich erscheint die Zahlungsbereitschaft der deutschen Verbraucher eher gering: Rund ein bis zwei Euro für die Online-Ausgabe eines Magazins oder etwa vier bis neun Euro für ein Online-Zeitungsabo. Mit der verstärkten Nutzung der Tablet-PCs und E-Reader müssen auch neue Werbeformen einher gehen (sobald auf dem iPad auch Flash-Applikationen laufen können), bzw. muss im Umfeld von hochwertigem Content auch hochwertige Markenwerbung möglich sein. Passend dazu die aktuelle Ausgabe von „visdp – Magazin für Medienmacher“ mit dem Aufmacher:
Sebastian Esser berichtet von einem Treffen mit Igor Smirnov, einem in Russland geborenen Kanadier, der für Newspaper Direct arbeitet. Das Geschäftsmodell: die Unternehmens-Software „Pressdisplay“ formatiert pdf-Ausgaben von Zeitungen in verschiedene „E-Pub-Formate“, die auf den E-Readern lesbar sind. Durch die Übertragung des Original-Layouts sind alle Artikel und Anzeigen, die online nicht zu sehen wären, in der Ausgabe nthalten. Weltweit nutzen dieses Angebot bereits mehr als 1.500 Titel, in Deutschland aktuell jedoch nur wenige Zeitungen wie der Tagesspiegel, die Rheinische Post und die Hamburger Morgenpost.
Igor Smirnoff wird zitiert, die deutschen Zeitungen fürchteten, ihre gedruckte Auflage zu kannibalisieren und befürchteten, die Leute würden zur elektronischen Ausgbe wechseln. Zurecht. Allerdings könnten die Zeitungen dadurch auch eine ganze Reihe neuer Leser werben, deren Medienverhalten sich nachhaltig verändert – was die deutschen Zeitungsverlage gemäß Untertitel derzeit aber gerade verschlafen. In Deutschland müsse sich der Kanadier erst mühsam durch die Hierarchien kämpfen, eher er überhaupt mit einem zuständigen Manager ein Gespräch erhalte. Dabei kostet das Verfahren die Verlage zunächst nichts, Newspaper Direct verlangt lediglich bei Verkäufen 30 Prozent des Verkaufspreises. Ist es nun günstiger nichts online zu verkaufen oder bei möglichen Verköufen nur 70 Prozent des Umsatzes zu machen? Diese Rechnung sollte jeder Verlag für sich selber durchspielen.
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