Mit ‘Zeitungsverlage’ getaggte Artikel

Das Internet, die ungeahnte Herausforderung

Donnerstag, 17. November 2011

Also mal ehrlich: Wer ein wenig auf sich hält, hat seit mindestens 15 Jahren mitbekommen, dass es das Internet gibt. Das dürfte auch den Zeitungsmachern nicht entgangen sein. Etwas erstaunlich dann doch, dass im Kölner Stadt-Anzeiger anlässlich eines Branchentreffens von Zeitungsverlegern tatsächlich eingangs steht: „Das Internet stellt Zeitungen und Verlage vor ungeahnte Herausforderungen.“ Selbst bei viel gutem Willen müsste den Experten klar sein: „Ich wollte es zwar nicht wahr haben, aber geahnt habe ich es schon lange!“ 😉

Kölner Stadt-Anzeiger, 16.11.2011, Titel: Offen für neue Ideen

Beim „Forum Kundenmanagement“ mit dem Titel „Unterwegs in die digitale Zukunft: Die Verlagsbranche erfindet sich neu!“ im Kölner „studio dumont“ sprachen Thomas Breyer-Mayländer, Professor für Medienmanagement an der Hochschule Offenburg, Franz Sommerfeld, Vorstand der Mediengruppe DuMont-Schauberg, und der „Pr-Blogger“ Klaus Eck, den ich auch in meiner Blogroll verlinkt habe. zentrale Aussagen (laut Kurzbericht in der Zeitung): „Es gab schon bessere Zeiten in der Zeitungsbranche, aber auch schon schlechtere Stimmung“ (Breyer-Mayländer), „guter Journalismus bleibt auch in Zukunft eine Grundvoraussetzung“ (Sommerfeld) und „nur in Sozialen Netzwerken erreicht man junge Nutzer“ (Eck).

Zum ersten Zitat: Anders herum wäre es aus ökonomischer Sicht vermutlich besser. Zum zweiten: Das eine Zauberwort heißt Qualitätsjournalismus, das andere „Paid Content“, der in den USA (immer noch als Vorreitermarkt) bereits kurz vor einem Durchbruch steht. Und zum dritten: Man erreicht junge Leute auch reell – nur nicht so häufig. Die Frage ist aber, wie man sie abholt. Sprich, stehen personalisierbare News für mobile Endgeräte bereit, ist das für die online Reputation des Zeitungsverlages schon mal nicht schlecht. Zeitungsleser werden die jungen Menschen deshalb aber noch nicht. Deshalb ist es  ja auch so wichtig – richtig! – offen für neue Ideen zu sein!

Ohne Modell keine Erlöse

Montag, 05. Juli 2010

Das Medienmagazin des Deutschen Journlisten-Verbandes, der Journalist, macht in seiner Juli-Ausgabe mit einer langen Geschichte über Bezahlinhalte im Internet auf. Olaf Wittstrock und Franziska Stumpf thematisieren die betriebsame Ratlosigkeit vieler Zeitungsverlage, wenn es darum geht, ein klares und nachvollziehbares Erlösmodell für qualitätiv wertvolle Online-Artikel umzusetzen.

Der Journalist, 07-2010, Titel: Gefangenen-Dilemma 2.0

Problematisch ist sicherlich sowohl ein Ansatz, für iPhone-Apps (etwa für Bild oder Welt) zu zahlen, wäöhrend es die meisten Artikel parallel dazu im Internet noch umsonst gibt. Der alternative Weg aus dem Hause Axel Springer, für bestimmte Inhalte von Berliner Morgenpost und Hamburger Abendblatt zahlen zu müssen, für andere dagegen nicht, wird nur dann gelingen, wenn ganz klar ist, welche Inhalte eine Investition wert sind.

Denn bisher ist es eine Mehrheit an Lesern noch nicht gewohnt, für Text-Inhalte im Internet Geld hinzulegen. Die neuen Medien (wie Apples Endgeräte) geben einen guten Anlass, diese „Verhaltensweisen aufzubrechen“, wenn nur die Verpackung stimmt. Dabei zitieren die Autoren Susanne Fittkau von der Hamburger Unternehmensberatung Fittkau & Maaß, die im Rahmen ihres W3B-Reoports Paid Content 2010 untersucht hat, und Stephan Russ-Mohl, Journlismus-Professor an der Universität Lugano, der den Begriff des „Gefangenendilemmas“ ins Spiel bringt.

Der Journalist, 07-2010, Titel: Ist es das wert?

Seiner Ansicht nach wird sich Paid Content als allgemeines Prinzip nur dann durchsetzen, wenn die kleinen Verlage den großen Vorreitern (wie Rupert Murdoch mit dem Wall Street Journal, die New York Times und die Financial Times) nachfolgen. Ansonsten wwäre das verheerende Signal (in meinen Worten): Was nix kostet, taugt auch nix! Dabei steht außer Frage, dass Agenturmeldungen, wie sie heutigentags bereits jedes Portal verbreitet, nicht kostenpflichtig werden sollten. Wohl aber exklusive, gut recherchierte Stories sowie Hintergrund- und Fachbeiträge, die auf ein ganz bestimmtes Publikum abzielen.

Diese Leser sind meist weit eher bereit, für ihre Wunschinhalte Geld hinzulegen (am liebsten übrigens im Abonnement). Allerdings tut sich hier das nächste Dilemma auf: Denn je weniger Menschen sich für die speziellen Inhalte interesseiren, um so weniger lässt sich dazu auch Werbung verkaufen. Zudem möchten sie bei den gekauften Inhalten (wie im Bezahlfernsehen) dann doch bitteschön auf Werbung verzichten. Unter all diesen Unwägbarkeiten erweist sich die Suche nach dem angemessenen Bezahlmodell als sehr schwierig.

Die Schlagworte lauten „Freemium“ (frei zugängliche Lockangebote führen zu kostenpflichtigen), „Metered Payment“ (eine gewisse Textmenge ist gratis, Kosten fallen danach je nach Menge an) und „Online Kioske“ (eine Plattform für die Inhalte möglichst vieler, auch konkurriender Anbeiter). Gegebenenfalls leuchtet den Mitbewerbern irgendwann ein, dass sie nur in Kooperation erfolgreich gegen die heute noch dominierenden Gratis-Mentalität angehen können. Einen solchen Online Kiosk plant nun aktuell Bertelsmann mit seinen Töchtern Gruner + Jahr und der DirectGroup, angeblich aber auch Axel Springer und der Spiegel-Verlag zusammen mit der Telekom. Eine Alternative hierzu sind Spenden, wie sie etwa bei der taz über flattr funktionieren. Das Prinzip: Kunden zahlen so viel wie sie bereit sind, auf neudeutsch „Thank You Economy“.

Auf einer Doppelseite stellt Christian Jakubetz die wichtigsten Modelle für Einnahmenquellen im Internet vor, von flattr über Google Adsense und PayPal, bis hin zu kachingle, Scribd und SPREDDER. Im Gegensatz zum kostenpflichtigen E-Paper des „Journalist“ gibt es diese Darstellung übrigens sogar umsonst im Netz.

Bewegung im Paid-Content-Markt

Samstag, 15. Mai 2010

Die elektronischen Lesegeräte (kurz: „E-Reader“) bringen Bewegung in den Markt für Online-Bezahlinhalte („Paid Content“). Das belegt eine weltweite Studie der Boston Consulting Group, wonach jeder zweite deutsche Verbraucher in den kommenden drei Jahren plant, einen E-Reader zu kaufen.

bdg.de, 12.05.10, Titel: E-Reader erobern den Massenmarkt

Die kompakten Lesegeräte überzeugen aktuell noch nicht durch einen einheitlichen technischen Standard, der in nächster Zeit auch nicht zu erwarten sein dürfte. Dennoch bieten sie – unabhängig von der Entscheidung für eine technische Oberfläche – zahlreiche Möglichkeiten sich online mobil zu informieren. Bücher lesen, Schlagzeilen abrufen und E-Mails lesen sind die bevorzugten, dabei kombinierbaren Tätigkeiten. Damit werden sie – nun auch nach Aussage der Boston Consulting Group – als neue Ertragsquelle im Onlinegeschäft zum „Hoffnungsträger für die Verlagsbranche“.

In Deutschland plant demnach jeder Vierte sich innerhalb des nächten Jahres ein solches Gerät zu kaufen, innerhalb der kommenden drei Jahre sogar jeder Zweite, wobei es sogar drei Viertel derjenigen Befragten sind, die entsprechende Produkte bereits kennen. Damit stehen die Chancen gut, heißt es weiter, dass sich die E-Reader und Tablet-PCs „neben mobilen Endgeräten wie Blackberry und i-Phone als Massenprodukt etablieren“. Multifunktionsgeräte kommen bei den Deutschen demnach weit besser an (71 %) als „Standalone-Geräte“ (19%). Einer schnelleren Verbreitung stehen jedoch die als zu hoch empfundenen Preise gegenüber.

Die Frage ist jedoch, inwieweit Zeitungsverlage durch neue Einnahmen für Online-Content die zuletzt eingebrochenen Werbeeinnahmen kompensieren können. Im internationalen Vergleich erscheint die Zahlungsbereitschaft der deutschen Verbraucher eher gering: Rund ein bis zwei Euro für die Online-Ausgabe eines Magazins oder etwa vier bis neun Euro für ein Online-Zeitungsabo. Mit der verstärkten Nutzung der Tablet-PCs und E-Reader müssen auch neue Werbeformen einher gehen (sobald auf dem iPad auch Flash-Applikationen laufen können), bzw. muss im Umfeld von hochwertigem Content auch hochwertige Markenwerbung möglich sein. Passend dazu die aktuelle Ausgabe von „visdp – Magazin für Medienmacher“ mit dem Aufmacher:

visdp.de, 14.05.10, Titel: Die Zeitung von heute

Sebastian Esser berichtet von einem Treffen mit Igor Smirnov, einem in Russland geborenen Kanadier, der für Newspaper Direct arbeitet. Das Geschäftsmodell: die Unternehmens-Software „Pressdisplay“ formatiert pdf-Ausgaben von Zeitungen in verschiedene „E-Pub-Formate“, die auf den E-Readern lesbar sind. Durch die Übertragung des Original-Layouts sind alle Artikel und Anzeigen, die online nicht zu sehen wären, in der Ausgabe nthalten. Weltweit nutzen dieses Angebot bereits mehr als 1.500 Titel, in Deutschland aktuell jedoch nur wenige Zeitungen wie der Tagesspiegel, die Rheinische Post und die Hamburger Morgenpost.

Igor Smirnoff wird zitiert, die deutschen Zeitungen fürchteten, ihre gedruckte Auflage zu kannibalisieren und befürchteten, die Leute würden zur elektronischen Ausgbe wechseln. Zurecht. Allerdings könnten die Zeitungen dadurch auch eine ganze Reihe neuer Leser werben, deren Medienverhalten sich nachhaltig verändert – was die deutschen Zeitungsverlage gemäß Untertitel derzeit aber gerade verschlafen. In Deutschland müsse sich der Kanadier erst mühsam durch die Hierarchien kämpfen, eher er überhaupt mit einem zuständigen Manager ein Gespräch erhalte. Dabei kostet das Verfahren die Verlage zunächst nichts, Newspaper Direct verlangt lediglich bei Verkäufen 30 Prozent des Verkaufspreises. Ist es nun günstiger nichts online zu verkaufen oder bei möglichen Verköufen nur 70 Prozent des Umsatzes zu machen? Diese Rechnung sollte jeder Verlag für sich selber durchspielen.

Das süße iPad ruft nach einem sauren Apfel

Montag, 26. April 2010

Zugegeben – etwas albern der Versuch, die schöne Überschrift des heutigen FTD-Kommentars von Horst von Buttlar noch toppen zu wollen. Aber es ist einfach richtig: Mit dem Geschäftsmodell eines Tablet-PCs, auf dem sowohl kostenpflichtige Inhalte angeboten werden als auch – weitgehend dieselben als – kostenfreie im Internet, lässt sich die angeschlagene Zeitungsverlagsbranche nicht retten.

FTD, 26.04.2010, Titel: Der Apfel ist kein Strohhalm

Durch diese lakonische Bemerkung im Titel wird bereits die Grundhaltung verdeutlicht: Es handelt sich hierbei weder um einen Sündenfall (falls das das Unternehmenslogo darstellen sollte), noch um eine revolutionäre Enwticklung hinsichtlich der Vermarktung von Content, sondern in erster Linie einfach einmal um ein neues Gerät mit neuen Asumaßen und einer neuen Oberfläche. Ein technisches Gerät ist kein Marketingtool. Ein Apfel ist kein Strohhalm.

Doch selbst, sollte jemand versuchen, mit einem Strohhalm selbst aus einem saftigen Apfel direkt Saft zu ziehen zu wollen, wird er damit sicher scheitern. Insofern kann ein Tablet PC auch nicht dazu dienen, angeschlagene Zeitungsverlagshäuser (im angelsächsischen Raum weit stärker betroffen als im deutschsprachigen) zurück in die Gewinnzone zu führen. Horst von Buttlar bringt das schöne Beispiel eines Autohändlers, der einerseits Autos verkauft, andererseits aber kostenlose Shuttles für alle anbietet. Nichts anderes tun viele Zeitungsverlage, die  alle ihr Geld werten Zeitungsartikel kostenfrei ins Internet einstellt. So lässt sich kein Geld verdienen. Auch nicht mit dem iPad, das jede Menge Apps bietet, wobei manche von ihnen noch nicht einmal genauso viel bieten wie die Gratisangebote derselben Anbieter im Netz.

FTD, 26.04.2010, Zitat aus: Der Apfel ist kein Strohhalm

Ein Umsteuern der Verlage tut not, so die Schlussfolgerung des FTD-Autors. Alle Inhalte kostenpflichtig zu machen, dürfte ziemlich viele genüsslichen Onlineleser vor den Kopf stoßen. Eine Alternative wäre nur den gängigen, relativ belanglosen Content kostenfrei anzubieten und alles aufwändig Recherchierte, Exklusive, alles Hochwertige eben kostenpflichtig zu machen. Sehr schön abschließend auch seine Randnotiz zur Ironie des iPads: „Wir haben so gehofft, es würde uns befreien. Nun müssen wir erkennen, dass es uns zu einer überfälligen Entscheidung zwingt.“  – sozusagen in den sauren Apfel des Paid Content im Internet zu beißen…