Mit ‘E-Reader’ getaggte Artikel

Das Nachrichten-Yin und Yang

Freitag, 08. Oktober 2010

Digitale und analoge Medien ergänzen sich nach wie vor (als Yin und Yang der Nachrichtenwelt) , auch wenn die Geschäftsmodelle vieler Unternehmer für beide Bereiche sich aufs Neue behaupten müssen. Diese Kurzformel ziehe ich aus zwei Veröffentlichungen in der FAZ in dieser Woche. Zuerst war da die Buchbesprechung von Uwe Ebbinghaus zum Sammelband „Wozu noch Journalismus?“ – Wie das Internet einen Beruf verändert. Dem schloss sich ein kurzer Beitrag über die weltweit vergleichsweise geringe Nachfrage nach Nachrichten-Apps an.

FAZ, 02.10.10, Titel: Wichtiger denn je: Zeitung lesen!

Die Überschrift der Renzension liest sich natürlich ein wenig wie eine Selbstrechtfertigung. Doch in der Tat ist das Zeitunglesen – zumal im Feuilleton – gelegentlich ein ganz besonderer Genuss. So auch in diesem Fall, wobei sich die Besprechung hauptsächlich mit den einführenden Essays der Herausgeber Stephan Weichert und Leif Kramp (beide Medienwissenschaftler) sowie Hans-Jürgen Jacobs, Chefredakteur von „sueddeutsche.de“ auseinandersetzt. Uwe Ebbinghaus bescheinigt ihnen „unbelegbare Behauptungen“ (wie die Forderung nach einem „unablässigen Dialog“ der Redakteure mit ihren Lesern) und eine „völlig unzureichende Argumentation“ (wie Blogs würden „etablierten Medien unerwartet das Wasser abgraben“ oder dass die Presse „Moderator von Leser- und Zuschauerinteressen sein“ müsse).

Ein weiteres wichtiges Versäumnis hält der Autor dem Buch vor, nämlich dass die Debatte noch „vor der Etablierung vieler Medien-Applikationen für Smartphones und der Markteinführung des Tablet-Computers iPad“ ende. Insgesamt sei das Ergebnis des ganzen Buches jedoch „erhellend und optimistisch“, heißt es, „die Debatte schärft sich sozusagen in Abgrenzung von den Impulsgebern“. Allerdings lautet der Abschlusssatz zu dem Sammelband, der auf einer online nachzulesenden Serie bei sueddeutsche.de beruht: „Die entscheidenden Fragen über die Zukunft des Journalismus werden in diesem Buch nicht beantwortet.“ Zu nennen ist jedoch die von den Buch- wie vom Rezensions-Autoren wiederholte Forderung nach einem „entschleunigten Journalimus“. Dieser sei doch gerade im Printjournalismus gegeben, betont Ebbinghaus. Vor allem im Feuilleton, möchte ich anmerken.

FAZ, 07.10.10, Titel: Warnung vor iPad-Begeisterung

Unter anderem wird aber in dem Buch auch – vor dem Hintergrund der inzwischen bestehenden  kostenpflichtigen online Angeboten speziell für das iPad und für Smartphones – eine Einigkeit in Hinblick auf die „ökonomisch nicht zu rechtfertigende Gratiskultur“ konstatiert. Dazu passt der Artikel vom 7. Oktober aus der FAZ (online leider nicht verfügbar), wonach der Welt-Verlegerband Wan-Ifra vor „zu viel Begeisterung für den Tablet-Computer iPad von Apple gewarnt“ habe. Neben dem Hinweis, dass es auch noch andere Geräte gibt, ist noch entscheidender die Tatsache, dass „die Nachfrage nach den Anwendungsprogrammen (Apps) mit Nachrichtenangeboten eher gering“ ist. Dies wurde am Rande der „Leitmesse der Zeitungsindustrie“, der Ifra Expo 2010 in Hamburg mitgeteilt. Eine interessante Zusammenfassung weiterer Hauptthemen des 17. World Editors‘ Forum auf englisch bietet wan-press.

Kristina Sabelstörm-Möller von der Meinungsforschung des Wan-Ifra wurde weiter zitiert, „nur bis zu vier Prozent der Downloads sind „News“-Anwendungen, um Zeitungen oder Magazine zu lesen“. Demgegenüber würden bei E-Readern die Inhalte fast ausschließlich zum Lesen genutzt, von denen 95 Prozent kostenpflichtig seien. Abschließend folgt ein Hinweis des Analysten des Marktforschers Forrester Research, Nick Thomas: Zeitungsverlage müssten sich vor allem als Nachrichtenmarken etablieren. Das ist ja nun mal nichts Neues. Warum aber sollten Tablet-Nutzer, die nur bereit sind, jährlich rund 50 Dollar für ein Abo zu bezahlen, mehr in Informationen über dieses Endgerät investieren? Sie können ja immer noch Zeitung lesen.

Bewegung im Paid-Content-Markt

Samstag, 15. Mai 2010

Die elektronischen Lesegeräte (kurz: „E-Reader“) bringen Bewegung in den Markt für Online-Bezahlinhalte („Paid Content“). Das belegt eine weltweite Studie der Boston Consulting Group, wonach jeder zweite deutsche Verbraucher in den kommenden drei Jahren plant, einen E-Reader zu kaufen.

bdg.de, 12.05.10, Titel: E-Reader erobern den Massenmarkt

Die kompakten Lesegeräte überzeugen aktuell noch nicht durch einen einheitlichen technischen Standard, der in nächster Zeit auch nicht zu erwarten sein dürfte. Dennoch bieten sie – unabhängig von der Entscheidung für eine technische Oberfläche – zahlreiche Möglichkeiten sich online mobil zu informieren. Bücher lesen, Schlagzeilen abrufen und E-Mails lesen sind die bevorzugten, dabei kombinierbaren Tätigkeiten. Damit werden sie – nun auch nach Aussage der Boston Consulting Group – als neue Ertragsquelle im Onlinegeschäft zum „Hoffnungsträger für die Verlagsbranche“.

In Deutschland plant demnach jeder Vierte sich innerhalb des nächten Jahres ein solches Gerät zu kaufen, innerhalb der kommenden drei Jahre sogar jeder Zweite, wobei es sogar drei Viertel derjenigen Befragten sind, die entsprechende Produkte bereits kennen. Damit stehen die Chancen gut, heißt es weiter, dass sich die E-Reader und Tablet-PCs „neben mobilen Endgeräten wie Blackberry und i-Phone als Massenprodukt etablieren“. Multifunktionsgeräte kommen bei den Deutschen demnach weit besser an (71 %) als „Standalone-Geräte“ (19%). Einer schnelleren Verbreitung stehen jedoch die als zu hoch empfundenen Preise gegenüber.

Die Frage ist jedoch, inwieweit Zeitungsverlage durch neue Einnahmen für Online-Content die zuletzt eingebrochenen Werbeeinnahmen kompensieren können. Im internationalen Vergleich erscheint die Zahlungsbereitschaft der deutschen Verbraucher eher gering: Rund ein bis zwei Euro für die Online-Ausgabe eines Magazins oder etwa vier bis neun Euro für ein Online-Zeitungsabo. Mit der verstärkten Nutzung der Tablet-PCs und E-Reader müssen auch neue Werbeformen einher gehen (sobald auf dem iPad auch Flash-Applikationen laufen können), bzw. muss im Umfeld von hochwertigem Content auch hochwertige Markenwerbung möglich sein. Passend dazu die aktuelle Ausgabe von „visdp – Magazin für Medienmacher“ mit dem Aufmacher:

visdp.de, 14.05.10, Titel: Die Zeitung von heute

Sebastian Esser berichtet von einem Treffen mit Igor Smirnov, einem in Russland geborenen Kanadier, der für Newspaper Direct arbeitet. Das Geschäftsmodell: die Unternehmens-Software „Pressdisplay“ formatiert pdf-Ausgaben von Zeitungen in verschiedene „E-Pub-Formate“, die auf den E-Readern lesbar sind. Durch die Übertragung des Original-Layouts sind alle Artikel und Anzeigen, die online nicht zu sehen wären, in der Ausgabe nthalten. Weltweit nutzen dieses Angebot bereits mehr als 1.500 Titel, in Deutschland aktuell jedoch nur wenige Zeitungen wie der Tagesspiegel, die Rheinische Post und die Hamburger Morgenpost.

Igor Smirnoff wird zitiert, die deutschen Zeitungen fürchteten, ihre gedruckte Auflage zu kannibalisieren und befürchteten, die Leute würden zur elektronischen Ausgbe wechseln. Zurecht. Allerdings könnten die Zeitungen dadurch auch eine ganze Reihe neuer Leser werben, deren Medienverhalten sich nachhaltig verändert – was die deutschen Zeitungsverlage gemäß Untertitel derzeit aber gerade verschlafen. In Deutschland müsse sich der Kanadier erst mühsam durch die Hierarchien kämpfen, eher er überhaupt mit einem zuständigen Manager ein Gespräch erhalte. Dabei kostet das Verfahren die Verlage zunächst nichts, Newspaper Direct verlangt lediglich bei Verkäufen 30 Prozent des Verkaufspreises. Ist es nun günstiger nichts online zu verkaufen oder bei möglichen Verköufen nur 70 Prozent des Umsatzes zu machen? Diese Rechnung sollte jeder Verlag für sich selber durchspielen.