Tagesschau-Sprecherin und Moderatorin Judith Rakers hatte sich vergangene Woche in der Welt über „Die letzte Sendung“ ausgelassen, d.h. nicht ihre letzte Sendung, sondern: „Warum das Internet uns nicht mehr braucht“. Ich glaube, die gute Frau hat da was falsch verstanden.
Mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine: In der FAZ schrieb tags drauf ein Redakteur in der Sparte „In medias res“ einen sehr klugen Kommentar. Das Internet fordere das Fernsehen zwar existenziell heraus, „dumm wird die Sache nur, wenn Gallionsfiguren dieser Medien selbst das Schiff verlassen.“ Die Autonomie des Internetnutzers in der Zusammenstellung seiner Nachrichtenkanäle wird von TV-Nutzern mit Festplattenrecordern doch ganz ähnlich betrieben.
Erfahrungsgemäß werden die Medien Zeitung, Radio, Fernsehen und Internet nebeneinander bestehen bleiben, gewiss nicht ohne Konvergenzerscheinungen. Manche Kritiker behaupten zwar, das Fernsehen sei bereits heute am Ende, doch zu gewissen Stunden lassen sich doch ganz außergewöhnliche Formate verfolgen. Ob uns diese bewegten Bilder via bisheriger Technik auf TV-Geräten erreichen oder irgend wann einmal nur noch via Internet auf quasi auf denselben Bildschirmen, ist mir persönlich eigentlich ziemlich egal.
Im FAZ-Kommentar heißt es, es sei an Qualitätsprodukten wie Tagesschau und Tageszeitungen, die „Informationsmarken, an denen sich auch im Internet alle orientieren, zu setzen.“ Aus meiner igenen Praxis jann ich hiermit bestätigen: Ich tue es. Ein weiteres Argument spricht gegen eine vollständige Ablösung des Fernsehens durch das Internet, nämlich das der gegenseitigen befurchtung, wie u.a. das Beispiel der Moderatorin Katrin Bauerfeind zeigt, die über die Internet-Sendung „Ehrensenf“ bekannt wurde und mittlerweile im Fernsehen etabliert ist (Polylux, Kulturzeit, Harald-Schmidt-Show).
Vielleicht hat Judith Rakers da doch ein wenig unbedacht an ihrem eigenen Stuhl gesägt, nach dem Motto, dass es sich bald um ihre letzte Sendung handeln könnte. Immerhin moderiert sie neben der Tagesschau auch den Feeitags-TV-Talk „3 nach neun“ und comoderierte den „Eurovision Song Contest 2011“ in Düsseldorf. An ein Auslösen des von ihr beschriebenen Sachverhalts durch die Beschreibung (im Sinne einer self fulfilling prophecy) glaube ich jedoch nicht.
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