Im Feuilleton der Welt steht heute unter der Rubrik „Aus internationalen Zeitschriften“ ein sehr interesasanter Kurzbeitrag aus der „Gazeta Wyborcza“ (laut Wikipedia die größte überregionale polnische Tageszeitung) zum Thema der Kultur des Teilens. Zitiert wird Mateusz Halawa, der zusammen mit einem Forscherteam die Nutzung moderner Komunikationstechnologie durch junge Leute untersucht hat.
Über die Leichtigkeit des Hochladens von Daten (Fotos und Videos) führe die Kultur des Teilens zum Problem des Übermaßes oder Überflusses. Deshalb werde in den Sozialen Netzwerken (oder im Web 2.0 insgesamt) die Fähigkeit zur Recherche zu einem unverzichtbaren Gut. Dies ist nebenbei ein Aspekt, dem der Betrachter durchaus Positives abzugewinnen vermag, da die digitalen Marktplätze der Eitelkeiten dies insofern mit wissenschaftlicher Arbeit gemeinsam hätten.
Zu unterscheiden ist hierbei zwischen den Suchalgorithmen, die den dabei gentuzten Suchmaschinen zu Grunde liegen (und dem Suchenden die eigentliche Suche abnehmen), und dem eher praktischen Know-How, mit den richtigen Suchwörtern zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Mateusz Halawa wird angeführt: „Das Wissen, wo die Inhalte sind, wie sie zu orten und zu nutzen sind, wie sie kontexualisiert und weiter gereicht werden, ist heutzutage zum grundlegenden Kriterium für die Teilhabe an der Netz-Kultur geworden.“ Dabei klingt die „Teilenskultur“ im Netz ein wenig nach einer „Leidenskultur“ (rein der Konstruktion udn des Umlaut wegen), wobei das Leid höchstens in einer Reizüberflutung oder aber in fehlender Aufmerksamkeit außerhalb der virtuellen Identität begründet sein könnte.
Die Netzkultur bezieht sich hierbei auf das Teilen des User Generated Contents, auf somit zumeist urheberrechtlich unproblematische Dateien, die selbst angefertigt und hochgeladen wurden. Dies zur Unterscheidung gegenüber den Rechtfertigungen von Helene Hegemann, die ihre nicht erwähnte Vereinnahmung eines fremden Buches mit der „Kultur des Sharing“ erklärt hatte. Wenn sich literarische Zitate auf bekannte Bücher beziehen, ist eine Kennzeichnung nicht zwingend notwendig, da sie sich als Intertexualität erklärt, beziehen sie sich jedoch auf wenig bekannte Bücher, so nennt man dies Plagiarismus.
Ein weiterer Artikel zu „internationalen Zeitschriften“ (das ist eine Frage der Innen- oder Außenperspektive) bezieht sich auf eine Untersuchung, die die Universitäten in Jena, Leipzig und Wien gemeinsam durchgeführt haben. Demnach werden die Ostdeutschen in den westdeutschen Medien immer noch nicht „auf Augenhöhe wahrgenommen“, wie der Jenenser Historiker Rainer Gries zitiert wird. Westdeutsche stärkten anhand der Vorurteile gegenüber Ostdeutschen ihre eigene Identität. Zudem konzentriere sich die Berichterstattung auf wenige Themen, wie „politische Aktivitäten des Westens“ im Osten oder der Osten „als Empfänger von Zuwendungen“.
„Die anderen“ wie im vom Artikel genannten Film „Das Leben der anderen“ erscheint mir als nach wie vor gängige Sicht zulässig, nicht aber der in der Überschrift gewählte Passus von den „unbekannten Wesen“. Der erinnert an die Aufklärungsfilme von Oswalt Kolle von 1969, was gleichzeitig bedeuten könnte, eine langsam von statten gehende Annäherung würde sich wenigstens über weitere 20 Jahre hinziehen. Oder sind „Dein Mann“ und „Deine Frau“ für uns auch heute immer noch unbekannte Wesen? Dann könnten es auch die Ossis für die Wessis und umgekehrt für lange Zeit bleiben.
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