Die Glotze flimmert, die Kiste läuft, der Apparat sendet. Was aber im Fernsehen den ganzen Tag über läuft, hat nur selten viel mit der Realität zu tun. Das gilt teils für Dokumentationen (die sich vor allem auf Extreme stürzen), das gilt aber vor allem für Fiktionales. So belegt eine neue Studie der Uni Münster, dass TV ein falsches Bild von der Berfuswelt vermittelt. Das ist natürlich besonders bitter für all diejenigen unentschlossenen Jugendlichen, die sich von einem erhöhten Fernsehkonsum tagein tagaus die Erleuchtung erhoffen, was sie denn mit ihrem Leben anfangen sollen.
Der witzige Titel des entsprechenden Beitrags im Kölner Stadt-Anzeiger von Christian Bos ließ sich auch darauf beziehen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch morgen wieder die Daily Soap der Wahl angeschaltet wird, auch kommende Woche wieder die Lieblingsserie. Die Serien selbst liefern aber jenes Gesetz, wonach Ärzte, Rechtsanwälte und Designer deutlich überrepräsentiert sind in der schönen Welt des hochfrequenten Scheins (von Kriminalkomissaren mal ganz zu schweigen). Unter jungen Leuten dominieren in TV-Serien Angestellte in der Gastronomie, in der Medien- und Modebranche.
In der Pressemitteilung heißt es: „Dieses verzerrte Bild der Berufswelt wirkt sich nachhaltig auf die Berufsvorstellungen Jugendlicher aus: So steigt beispielsweise der Wunsch, im Gesundheitswesen zu arbeiten signifikant mit dem Konsum von gesundheitsbezogenen Serien an.“ Wir sollten uns ein Beispiel an anderen Ländern nehmen, meint Christan Bos. In England spielt die Serie „The IT-Crowd“ etwa im entsprechenden Milieu, während in den USA „The Big Bang Theory“ das Leben von Physikern und Luftfahrtingenieuren schildert. Sowohl Kölner Stadt-Anzeiger als auch die FAZ machen witzige Vorschläge wie neue Serien heißen sollten: „Verzweifelte Mechatroniker“, „CSI Änderungsschneiderei“ (KStA), „Gute Schnitte, schlechte Schnitte“ oder „Car’s Anatomy“ (FAZ). Die kurze Erwähnung in der Rubrik „In medias res“ bei der FAZ beginnt übrigens sehr überraschend:
während die Fortsetzung lautet: „sagen fernsehkritische Menschen gern, wenn sie das Gegenteil meinen.“ Zu einem Großteil verhält es sich doch aber so, dass sich Intelligenz meist vermehrt und Dummheit sich konserviert, egal welche Serien bevorzugt werden. Nur, um einen Job zu finden, sollte sich jedweder Kandidat doch einmal vorübergehend von der Glotze wegbewegen. Die Studie ist übrigens nur ein erstes Ergebnis aus einem neu gegründeten interdisziplinären Forschungszentrum für Berufsorientierungs- und Berufsverlaufsforschung.
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