Vor Gott sind alle Menschen gleich. Im Internet sind aber nicht alle Kommunikatoren gleich. Dabei soll hier gar nicht von Kenntnissen der Kommunikationstechnik und von Hackern die Rede sein, die unerlaubt in gewise Dialogprozesse eingreifen. Das Stichwort der gleichberechtigten Datenübertragung lautet Netzneutralität, über die die „Federal Communications Commission“ in den USA wacht. Aktuelle Beiträge im Kölner Stadt-Anzeiger vermitteln, dass es mit der Gleichberechtigung in Zukunft, aber auch schon jetzt nicht mehr weit her ist (online noch nicht verfügbar).
Steffen Haubner fragt in der Magazin-Beilage, wie das Szenario der Zukunft aussehen könnte. Kürzlich hat die FCC bereits entschieden, dass Internetprovider Daten nach Menge und Herkunft unterscheiden dürfen. Hintergrund ist etwa der Vorrang von Datenströmen eines Videoportals, die bevorzugt transportiert werden können, um Übertragungsfehlern in Filmen vorzubeugen. In der Konsequenz bedeutet das, dass Betreiber schon jetzt für datenintensive Dienste zusätzliche Gebühren erheben könnten.Vor dem Hintergrund des harten Kampfes mit Flatrates zu Dumpingpreisen droht damit das Ende der Netzneutralität. Eien Zweiklassengesellschaft wäre die Folge.
In Deutschland wünscht sich Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, dass die Bundesnetzagentur Mindeststandards an die Qualität von Datendiensten festlegt. Autor Haubner zitiert den Präsidenten der Netzagentur Matthias Kurth, wonach trotz des „nicht unerheblichen Diskriminierungspotenzials“ die Differenzierung von Datenströmen „ökonomisch sinnvoll und Spielräume für Innovationen und die Voraussetzung für neue Geschäftsmodelle schaffen“ könne. Beispiele bereits bestehender „Abweichungen von der Netzneutralität“ wären das Verbot von Handyherstellern Internettelefonie via Skype zu benutzen und höhere Kosten für das Streamen ein- und desselben Films im High Definiton-Format.
Zuletzt wird in dem Artikel der Aspekt angesprochen, dass „Netzneutralität nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein demokratisches Thema“ sei. Nach Ansicht des Chaos Computer Clubs werde dagegen bereits in dem Moment verstoßen, wenn der Inhalt eines Paket auch nur betrachtet, geschweige denn das Paket danach unterschiedlich bewertet werde. In einem Kommentar auf den Medienseiten des Kölner Stadt-Anzeigers meldet sich der Rechtsprofessor Rolf Schwartmann zu dieser Sache zu Wort. In Anspielung auf Deutschlands meistbesuchte Einkaufsstraße, vergleicht er das steigende Datenaufkommen mit dem dichten Drängen auf der Kölner Schildergasse.
Alleine in den Mobilfunknetzen verdoppelt sich das Datenvolumen derzeit alle acht Monate, hält er fest, um darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber das „freie und kreative Spiel der Kräfte“ beobachten und dann eingreifen muss, „wenn die Freiheit zum Spielball kommerzieller Interessen zu werden droht“. Die andere Frage ist, ob der Gesetzgeber das kann, auch wenn die EU-Universaldienstrichtlinie dies vorsieht. Die Internetdienste-Anbeiter sind jedenfalls nicht nur technisch dazu in der Lage, Daten mit Vorfahrt-Flaggen zu markieren, sondern sie tun es bereits.
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