Vermutlich dürfte In Goethes Gedicht „Erinnerungen“ der Ursprung für die Redensart mit dem „in die Ferne schweifen“ liegen: „Willst du immer weiterschweifen? / Sieh, das Gute liegt so nah. / Lerne nur das Glück ergreifen, /denn das Glück ist immer da.“ Hierbei ist nichts über das Klima gesagt, gewissermaßen als Randbedingung des Glücklichseins. Doch all diejenigen, die das Gefühl haben, sie sind ausgelaugt, sie müssen entspannen oder benötigen Urlaub, suchen ihr Glück oft in einem Klima- oder Tapetenwechel, meist verbunden mit einem Aufenthalt an Orten mit wohltuender Luft. Wissenschaftler haben nun in der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift“ (DMW) neue Ergebnisse vorgestellt, wonach Gebirgsluft die Beschwerden bestimmter Atemwegs- und Hauterkrankungen dauerhaft lindern kann. Also sollte das Motto für kranke oder urlaubsreife Zeitgenossen eher lauten „In die Höhe schweifen“.
Bei sogenannten „atopischen“ Krankheiten, zu denen starke Abwehrreaktionen auf Umwelteinflüsse wie Neurodermitis, Heuschnupfen und allergisches Asthma zählen, nütze ein Aufenthalt im Hochgebirge besonders gut. Das haben Vergleiche von Dokumentationen zu Klimatherapien aus den vergangenen 15 Jahren gezeigt. Bei Erwachsenen würden demnach sogar bereits Mittelgebirgshöhen reichen, um erfolgreich Bescwherden zu linden. Ursache dafür ist der „positive Stress“, den der Klimawechsel auf den Körper bewirkt und ihn dazu veranlasst, selbst Kortison zu bilden.
Allerdings fällt mir in diesem Zusammenhang auch das Gedicht „An den Andern“ aus dem Gedichtband „Wir fanden einen Pfad“ von Christian Morgenstern ein, das ausgehend von einem Sich-Verirren beim Bergsteigen eine transzendentale oder vielleicht göttliche Erfahrung beschreibt. Insofern kann die Hochgebirgsluft nicht nur körperlich sondern auch seelisch heilsame Kräfte entfalten.
Christian Morgenstern: An den Andern
Ich hatte mich im Hochgebirg verstiegen.
Die Felsenwelt um mich, sie war wohl schön;
doch könnt ich keinen Ausgang mir ersiegen.
noch einen Aufgang nach den lichten Höhn.
Da traf ich dich, in ärgster Not: den andern!
Mit dir vereint, gewann ich frischen Mut.
Von neuem hob ich an, mit dir, zu wandern,
und siehe da: Das Schicksal war uns gut.
Wir fanden einen Pfad, der klar und einsam
empor sich zog, bis, wo ein Tempel stand.
Der Steig war steil, doch wagten wir’s gemeinsam . . .
Und heut noch helfen wir uns, Hand in Hand.
Mag sein, wir stehn an unsres Lebens Ende
noch unterm Ziel, – genug, der Weg ist klar!
Dass wir uns trafen, war die große Wende.
Aus zwei Verirrten ward ein wissend Paar.
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