Das wird ein Thema sein, das uns künftig zu jedem Sommerloch beschäftigen wird, da bin ich mir ganz sicher. Dazu bietet es jedenfalls alles, was der Sommer als Urlaubszeit so mit sich bringt: Entschleunigung, Entspannung, Entsagung.
Die Relevanz wird alleine dadurch verdeutlicht, dass innerhalb von sechs Tagen die Welt und die Welt am Sonntag darüber berichten, zum einen Wieland Freund, der sich auf zwei Buchveröffentlichungen bezieht, Alex Rühle „Ohne Netz“ und Christoph Koch „Ich bin dann mal offline“, zum anderen Matthias Wulff, der ebenfalls auf Alex Rühles Buch rekurriert. Wieland Freund verweist in der Welt auf entsprechende Artikel im Spiegel und Focus und erwähnt ein weiteres Buch, das im Oktober erscheint, von Nicholas Carr: „Wer bin ich, wenn ich online bin?“. Kein anderer, ist meine Überzeugung, nur in einer anderen Umgebung, einer anderen Wirklichkeit, dabei nicht weniger wirklich.
Alex Rühle, ein Feuilleton-Journalist für die Süddeutsche Zeitung, hat ein halbes Jahr offline gelebt, der freiberufliche Christoph Koch immerhin 40 Tage. Die Askese sollte dem Wort gemäß reinigende Funktion haben, aus der Vermutung herausder beiden Buchautoren, dass ihr Online-Verhalten an Sucht grenzt. Ich erfahre, dass Alex Rühle stattdessen wieder mehr fernsieht und Christoph Koch aus lauter Verzweiflung eine Zen-Meisterin besucht. Nachdem „Allerreichbarkeit“ kein Statussymbol mehr ist, wird „das gelegentliche Abschalten zum Herrschaftsprivileg“ findet Wieland Freund und streift zur Conclusio die Soziologen Hartmut Rosa (dessen Buch „Beschleunigung“ schon früh den „Effizienzdruck“ beschrieb) und Niklas Luhmann (der meist das „System“ dahinter bemühte), um auf Douglas Adams „Restaurant am Ende des Universums“ zu kommen: „Was nach unserem 30. Geburtstag erfunden wird, ist gegen die natürliche Ordnung der Dinge“ – bis wir uns nach etwa zehn Jahren damit anzufreunden begännen. Nicht erst nach zehn Jahren haben sich denn auch die Buchautoren – schon aufs Berufszwängen – längst wieder mit dem Online-Leben angefreundet.
Um auch noch zu Matthias Wulffs Beitrag in der Welt am Sonntag zu kommen: Er spricht von „Generationenschriften“ der Buchautoren, die als „letzte“ auch das analoge Zeitalter noch erlebt hätten. Auch er lobt ausdrücklich Rühles Buch, letztlich „fortschrittsfreundlich“ sei seine „zweigfelnde, selbstironisch, ständig abwägende Grundhaltung“ angenehm. Besonders interessant die Reaktionen der Außenstehenden, Kollegen mit mildem Spott, eine (immerhin!) bewundernde Leserin, seine Frau, die nach der Lektüre der ersten Seiten gesteht: „Ich hatte keine Ahnung, dass du dermaßen ein Rad ab hast!“
Tags: Ales Rühle, Christoph Koch, digitales Fasten, Internetsucht, Leben ohne Internet, Netzaskese, Online-Entsagung
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