Religiöse Saufrituale

Der Vergleich zwischen den Saufritualen am Ballermann auf Mallorca und kirchlichen Ritualen mag auf den ersten Blick weit hergeholt erscheinen. Nicht so jedoch für den Freiburrger Soziologen Sacha Szabo. Laut Kölner Stadt-Anzeiger hat er im neuen Werk „Ballermann. Das Buch“ genau diese Parallele beschworen unter Hinweis auf das gemeinsame Trinken aus einem Putzeimer und das blutfarbene Sangria.

Kölner Stadt-Anzeiger, 04.04.2012, Ballermann schaut bei der Kirche ab

„Die Kirche hat erfolgreiche Rituale an Vergemeinschaftung entwickelt, die nun kopiert werden“, zitiert ihn die Zeitung in dem kurzen, belustigenden Artikel auf Seite 1. Auf Mallorca können man – poetisch gesprochen – Menschen in einem paradiesischen Zustand erleben. Dazu ist ja nun erstens zu sagen, dass es sich beim Paradies ganz klar um einen vor-religiösen Zustand handelte. „Re-ligio“ heißt dem Wortsinn nach doch „wieder-verbinden“, das heißt einen zustand versuchen wieder herzustellen, den es seit dem Sündenfall nicht mehr gibt (ebenfalls poetisch gesprochen).

Außerdem glaube ich nicht, dass die Kirche die erste Institution war, die solche Ritaleu erfunden hat. Im gegenteil, manche kirchliche Rituale wirken auf mich doch befremdlich „kultisch“ im Sinne vorkirchlicher Kulte und Riten, die die Kirche – beenso wie die Feste im Jahresverlauf dankbar aufegriffen hat (zugegeben mit einer neuen Botschaft und Bedeutung beladen).

Daneben musste ich aus einer anderen Glaubenskategorie eine weitere versörende Nachricht lesen. Nämlich hat es der Sponsor Heineken offenbar geschafft, dass nach 15 Filmen, in dem der niederländische Braukonzern bereits geworben hatte, James Bond künftig nicht mehr „Martini geschüttelt, nicht gerührt“, sondern die schnöde Hopfenkaltschale trinkt. Nachfolgender Ausriss der Schlagzeile eines Artikels von Christoian Bos stammt ebenfalls aus dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Kölner Stadt-Anzeiger, 04.04.2012, Auf ein Bier mit James Bond

Da fall ich dann doch tatsächlich vom Glauiben ab! Schon bei seinem ersten Auftritt als James Bond hatte Daniel Craig auf die Frage „Geschüttelt oder gerührt?“ geantwortet: „Seh ich aus, als ob mich das interessiert?“ Jetzt ist er offenbar gänzlich von der Vorlage von Ian Fleming abgewichen. In der Tat ein schlimmes religiöses Saufritual!

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