Archiv für die Kategorie ‘Psychologie’

Henne- und Ei-Problem des Helfersyndroms

Freitag, 25. Mai 2012

Dass es nicht leicht sein würde, habe ich schon früh erkannt… (Coldplay, The Scientist). Warum aber ist es manchmal so schwer? Ich denke bei mir persönlich da an die viele Zeit, die ich unentgeltlich für den Frisbeesport in Deutschland verbringe, total bescheuert eigentlich. Oft genug frage ich mich: Warum tue ich mir das an? Eine neue Studie gibt Auskunft darüber, dass das Sozialverhalten offensichtlich durch Stress begünstigt wird.

Kölner Stadt-Anzeiger, 23.05.2012, Gestresste Männer sind sozialer

Forscher der Uni Freiburg hatten Gruppen in Vorträgen unter Stress gesetzt und anschließend in Interaktions-Spielen die Auswirkungen auf das Sozialverhalten untersucht. Ihr Ergebnis ist so einfach wie verblüffend: Stress ruft demnach nicht nur und vor allem Aggression hervor, sondern auch ein positives Sozialverhalten.

Vielleicht hat das Ganze etwas mit Sozialbewusstsein zu tun. Eigentlich aber dachte ich, dass mein ausgeprägtes Sozialverhalten mitverantwortlich für den Stress ist, den ich habe (oder mir mache). Da liegt dann die Henne- und Ei-Problematik des Helfersyndroms vor: Was war erst, der Stress oder das Engagement? Anders gefragt: Begünstigt Stress das Engagement oder ruft das Engagement Stress hervor?

Ich könnte die Frage aus eigener Erfahrung nicht abschließend beantworten. Vielleicht schließt auch das eine das andere nicht aus. Jedenfalls scheint ein positives Sozialverhalten ein guter Ausgleich für den Stress zu sein, den es mit verursacht… Hast Du dafür eine andere Erklärung?

Augen zu und durch

Donnerstag, 24. Mai 2012

Manche Menschen legen ein rücksichtsloses Verhalten an den Tag. „Hier komm ich“, lautet die Devise: „Platz da, lasst mich durch!“ Keine Spur von Berücksichtigung anderer Interessen oder von einem Sinn für Befindlichkeiten. Diese Mentalität lässt sich umschreiben mit „Augen zu und durch“. Dasselbe könnte man sagen beim Bewältigen großer Gefahren (z.B. beim Durchbrechen einer Feuerfont) oder aber, wenn es ums Schlafwandeln geht, das offenbar weit häufiger vorkommt als vermutet.

Kölner Stadt-Anzeiger, 19.05.2012: Schlafwandeln verbreiterter als gedacht

Das hat eine Untersuchung US-amerikanischer Forscher ergeben, deren Ergebnisse jetzt im Fachmagazin „Neurology“ veröffentlicht wurden. Bei der repräsentativen Studie unter 15.000 Bürgern wurden 3,6 Prozent (das sind immerhin 540 Menschen) als Schlafwandler identifiziert, die „im vergangenen Jahr mindestens einmal im Tiefschlaf durch die Wohnung gewandert sind“. Bei rund einem Drittel der Schlafwandler gibt es eine Häufung des Phänomens in der Familie. Das lässt sich offenbar auf eine Genveränderung  auf dem Chromosom 20 beziehen.

Mit am spannendsten beim Schlafwandeln finde ich, dass die Menschen in „traumwandlerischer Sicherheit“ alle Gefahren umgehen und wie von einer schützenden Hand behütet sogar unbeschadet über einen Dachfirst laufen können. Gleichzeitig scheint es sich dabei dem neuen Ergebnnis zufolge keineswegs um eine psychische Störung sondern um eine erbliche Veranlagung zu handeln. Damit unterscheidet sich das Schlafwandeln deutlich von der eingangs beschriebenen „Brecher-Mentalität“, sich ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen zu wollen.

Noch drastischer formuliert: Der Schlafwandler erscheint in der Sicherheit seines Auftretenes weit aufgeweckter als ein Egozentriker, der bei seinem Ellenbogeneinsatz alles soziale Verhalten über den Haufen wirft. Dann doch lieber – Augen zu und durch! – im Schlaf voranschreiten als – Augen zu und durch! – sich auf Kosten anderer durchboxen!

Partnerwahl via TV-Programm

Freitag, 11. Mai 2012

Das Ergebnis einer aktuellen medienwissenschaftlichen Untersuchung lautet: Menschen mit unterschiedlichen TV-Vorlieben sind sich unsympathisch. Darüber hat jetzt der Forscher Hans Scherer in der Fachzeitschrift „Medien & Kommunikationswissenschaft“ berichtet, und in Folge auch der Kölner Stadt-Anzeiger. Kurz gesagt:  Bevorzugen zwei Personen verschiedene Sendungen, verschlechtert sich wechselseitig die Meinung über den jeweils anderen. Wenn das mal kein zuverlässiges Kriterium für die Partnerwahl ist!

Kölner Stadt-Anzeiger, 10.05.12, Fernsehen als Stolperfalle

Früher habe ich mir zusammen mit Freunden überlegt, ob ich wohl eine gute Beziehung führen könnte mit einem Partner, der politisch ganz anderer Meinung ist als ich? Das ist heute bei der weitgehenden Austauschbarkeit von Parteiprogrammen vielleicht möglich, erschien uns vor Jahren aber noch ganz undenkbar.  Dagegen erscheint die Methode, den Partner nach seinen TV-Vorlieben zu bestimmen, weit zuverlässiger, insbesondere, wo die Glotze doch heute immer länger läuft.

Besonderen Einfluss auf die Sympathie eines Unbekannten hatten demnach die Angaben über den Geschmack von Comedy- und von Soap-Sendungen. Wenn die Testpersonen dieselben Vorlieben hatten wie eine unbekannte (eigentlich sogar erfundene) Person, ahtte das nicht viel zu heißen, gab es aber deutliche Unterschiede im gerschmack, dann war die vorgestellte, fiktive Person quasi unten durch.

Vielleicht ist das mit ein Grund, warum der Kampf auf der Couch um „die Macht“ (sprich die Fernbedienung) in vielen Partnerschaften schnell entschieden ist: Der weniger dominante Partner  sagt besser nicht, wenn ihm eien Sendung nicht gefällt, aus der begründeten Angst heraus, sich unbeliebt zu machen, und zwar nachhaltig… Umgekhrt bedeutet das für alle, die noch „auf der Suche“ sind: „Sag mir, was Du siehst, und ich sag Dir, ob das mit uns was werden könnte!“

In Stimmung zur Erinnerung

Mittwoch, 09. Mai 2012

Die Frage, ob Vergesslichkeit krankhaft ist, hat der Neurologe und Wissenschaftsautor Magnus Heier in der Kolumne „Aus der Praxis“ im Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers behandelt. Das gute Gedächtnis wird demnach gefördert durch die zeitnahe Wiederholung. Ansonsten gilt der schöne Spruch „Use it or lose it“, der wohl auch bei der Evolution Pate gestanden hat. Was wir über lange Zeit nicht benötigen, vergessen wir in der Regel zuverlässig. Dennoch gibt es auch Stimmungen, die das Erinnern begünstigen: So merke ich mir zum Beispiel den Namen eines interessanten, beeindruckenden Menschen eher als den eines Gerichtvollziehers, wie der Autor schreibt.

Kölner Stadt-Anzeiger, 07.05.12: Die typischen Muster des VergessensGanz wichtig: Wir sollten uns nicht verrückt machen! Namen nicht zu erinnern kann einerseits daran liegen, dass das Gedächtnis schlecht oder ungeübt ist, andererseits kann es auch die Resignation vor der eigenen Unzulänglichkeit sein. À la: „Ich vergesse ja sowieso immer Namen, also mache ich mir gar nicht erst die Mühe sie mir zu merken.“ Das ist nicht krankhaft, das ist einfach nur bequem.

Daneben tendiert das Gedächtnis auch dazu, Dinge sich anders auszumalen als sie tatsächlich stattgefunden haben. Magnus Heier zieht hier das Beispiel von Hillary Clinton heran, die von einem Besuch 1996 in Bosnien erzählte, wo sie unter Beschuss von Heckenschützen gestanden habe. Tatsächlich  aber war die Ankunft ganz friedlich. Einer solchen Art von Fehlerinnerungen sitzen wir offenbar sehr häufig auf. Das ist vielleicht ganz gut sich ins Gedächtnis zu rufen, wenn wir darauf beharren, dass etwas so und so und nicht anders gewesen sei. Gesetzt den Fall, es fällt uns dann gerade ein…

Das ist schon ganz schön vertrackt mit dem Erinnerungsvermögen! Alten Menschen wird nachgesagt, sich wieder besser an ihre Jugendzeit erinnern zukönnen – oder ist das, was sie sich vorstellen, nur ein Zerrbild dessen, wie es doch gewesen sein müsste? Spannend finde ich jedoch den Aspekt, dass die richtige Stimmung mit entscheidend sein soll für die Fähigkeit sich an etwas zu erinnern. Das ist vermutlich mit einer der Gründe der Faszination des Weihnachtsfestes, weil durch Gerüche, Schmuck und Musik Erinnerungen geweckt werden. Das ist aber auch der Grund, warum Musikstücke in erinnerugn bleiben – weil wir mit ihnen eine gute Stimung (meist im  wahrsten Sinne des Wortes) verbinden.

Die Botschaft des Neurologen bleibt: Resignieren sollten wir auch im Alter nicht. Übung macht auch hier den Meister. Meist sagt das, was wie vergessen, vielmehr etwas darüber aus, was uns selber offenbar nicht so wichtig zu erinnern ist. Das erinnert an selektive Wahrnehmung und könnte vielleicht passender „selektive Erinnerung“ heißen.

Die Selbstoffenbarungslust

Dienstag, 08. Mai 2012

Offenbarung tut gut. Das betrifft nicht nur das Erleichtern bei einem schlechten Gewissen oder das Auflösen einer angespannten Situation („Ich bin froh, dass es endlich gesagt ist!“), sondern auch die ganz einfache Selbstdarstellung, wie wir sie auf Facebook und Google+ pflegen. Seinen Benutzerstatus mitzuteilen löst schon einen Belohnungseffekt aus, hat jetzt eine Forschergruppe um die Psychologin Diana Tamir in den „Proceedings“ veröffentlicht.

Die Welt, 08.05.12: Facebook ist fast so gut wie SexDie Welt hat dieses Thema heute sogar auf Seite 1 gehoben, anlässlich des bevorstehenden Börsengangs von Facebook, der weit mehr als 50 Milliarden Dollar einbringen soll. Da scheint mehr oder weniger unwissend ein zutiefst menschliches Bedürfnis bedient zu werden. Daher vielleicht auch der Hype um die Sozialen Medien ganz allgemein. Man gibt sein Innerstes preis und denkt sich doch, es handelt sich dabei um „etwa Eigenes“, etwas „Ureigenes“ vielleicht sogar.

Zugegeben, es ist schon geil, seine Gedanken festzuhalten und gleichzeitig damit loszulassen – jeder tut das in seiner eigenen Form. Angeblich schüttet das Gehirn schon Hormone aus, wenn wir den Eintrag nur abgeschickt haben und lesen können. Wenn wir dann auch noch eine Bestätigung in Form von „Likes“ dafür erhalten, dann ist das Belohnungssytsem im Gehirn bestens bedient. Angeblich handelt es sich dabei um Aktivitäten in derselben Hirnregion, in der auch gutes Essen und guter Sex goutiert werden, dem mesolimbischen Dopaminsystem. Na also. Und da hab ichs auch schon wieder getan!

Weltlachtag mit therapeutischem Nutzen

Montag, 07. Mai 2012

Wie bitte, Du wusstest es nicht? Jeden ersten Sonntag im Mai ist Weltlachtag, Zeit um den Blutfluss und das Ausschütten von Hormonen zu verbessern. Das geht natürlich auch anders,  lustvoll etwa, vermutlich dann nur nicht so lustig.

Kölner Stadt-Anzeiger, 07.05.12: Lachen ist tatsächlich gesund

Bereits zum wiederholten Mal wurde aus diesem Anlass nun die therapeutisch unterstützende Wirkung des Lachens bestätigt. Dieses Mal tat das der Schweizer Neurologe Jürg Kesselring, der dazu die oben angeführten positiven Faktoren nannte, daneben würden Stresshormone reduziert und das Immunsystem gestärkt. Es ist eben so ne Art „Attitude“, eine Frage der Einstellung oder eine positive Grundhaltung.

Allerdings sollte man diese Wirkung nicht überschätzen. Es könnten zwar Selbstheilungsprozesse im Körper begünstigt werden, hieß es, das Lachen könne aber keine Krankheiten heilen. Interessant auch, dass der Experte davon sprach, dass (in Hinblick auf das Immunsystem) mehr T-Zellen nur dann aktiviert würden, „wenn man herzhaft und echt lacht“. Was wiederum gegen Lachyoga spricht. Aber es gibt auch sonst Lachhaftes genug. Mein Eindruck, es hilft tatächlich: Einfach Augen auf, Mundwinkel hoch und von Zeit zu Zeit laut lachen.

Vertrauen auf den Augenkontakt

Samstag, 05. Mai 2012

Hach, ist das nicht romantisch? Rund jeder zweite Deutsche glaubt einer Umfrage aus Allensbach zufolge an den zündenden Liebesfunken beim ersten Blick in die Augen. Der alte Lateiner sprach schon mal gerne vom Dreischritt vom ersten Gewahrwerden über die erste Berührung bis hin zum Vollzug: „Amor visus, amor taktus, amor faktus“. 41 Prozent der Befragten behaupteten sogar, dieses Phänomen bereits am eigenen Leib verspürt zu haben.

Kölner Stadt-Anzeiger, 03.05.12, Glaube an die Liebe auf den ersten Blick

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der ethymologische Bezug (von der Herkunft des Wortes her): Demnach ist das Wort „Glaube“ eine Art zusammengezogenes Partizip Perfekt von „Liebe“, d.h demnach wäre „geliebt“ zu haben so eine Art Bedingung für den Glauben. Das führt eventuell ein bisschen zu weit, bringt mich aber zu dem Hinweis: Dann lasst ihnen ihren Glauben!

Die Augen gelten doch als Spiegel der Seele – wie sollten sich Menschen, die dafür empfänglich sind, also sonst „erkennen“? Wie es so schön im Liebesgedicht „Das Rosenband“ von Friedrich Gottlieb Klopstock heißt:

Sie sah mich an: ihr Leben hing
mit diesem Blick an meinem Leben.
Und um uns ward Elysium.

Dabei fühlen sich Männer dann besonders stark und Frauen fühlen sich besonders schön, wie aus der Umfrage für einen Lebensmittelhersteller hervorgeht. Ein Drittel hält solche Frühlingsgefühle dagegen für eine Erfindung aus Hollywoodfilmen. Zwölf Prozent waren unentschieden. Die meisten Paare lernten sich übrigens im August kennen, noch vor dem Mai auf Platz zwei. Die schlechtesten Chancen auf eine Liebe auf den ersten Blick gab es im Dezember und Januar. Für die Umfrage wurden im vergangenen März bundesweit rund 1600 Männer und Frauen über 16 Jahre befragt.

Vielhochzeitstanz aka Social Zapping

Freitag, 04. Mai 2012

Menschen verändern sich, so auch gesellschaftliche Verhaltensweisen. Der neueste Trend ist offenbar die spontane Abkehr davon Verabredungen einzuhalten, weil sich gerade etwas Besseres bietet. Dieses Phänomen hat Christian Bos jetzt auf Seite 1 des Kölner Stadt-Anzeigers behandelt.

Kölner Stadt-Anzeiger, 03.05.12: Freunde zum Wegzappen

Einer dabei nicht näher benannten Umfrage zufolge tendieren ganze Volksgruppen in Europa dazu, gerne mal eine Verabredung unentschuldigt sausen zu lassen, wenn kurzfristig ein besseres Angebot winkt. Demnach sind vor allem Spanier und Iren besonders anfällig für diese Verhaltensweise.

Man könnte das natürlich auch einfach nur „unhöflich“ nennen, oder auch als feige oder dumm bezeichnen. Feige dann, wenn etwa schon ein gewisses Unwohlsein in Anbetracht einer vereinbarten Verabredung bestanden hatte. Dumm, weil die versetzte Person vermutlich nicht mehr eben viele mit einem zu tun haben möchte. Wie heißt es so schön? „Man sieht sich immer zwei mal im Leben.“

Zugegeben, ich will das Verhalten nicht durchweg verurteilen. Mir ist das sicher auch schon in den Sinn gekommen, eine Verabredung willentlich zu verpassen, weil ich keinen Bock drauf hatte. Aber mal ehrlich: Ist so ein Umgang mit Menschen o.k.? Da würde in der Arbeitswelt auch nicht viel voran gehen. Für mich gilt da eher der altbekannte Spruch „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.

Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Immerhin gibt es bei einer dringenden Ablenkung ja auch noch gute Ausreden… Christian Bos setzt das Verhalten abschließend in Vergleich zum geistigen Zappen bzw. „sozialen Ausblenden“, wenn wir zwar körperlich an einem bestimmten Ort, aber mental nicht bei der Sache sind. Auch das ist bekannt, zum Teil bedingt durch allgegenwärtige Ablenkungen, zum Teil durch unsere Natur. Vermutlich auch eine Form des Aufmerksamkeits-Defizit-Syndroms.

Früher gab es die Redensart: „Man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen“. Heute tut man es einfach. Ob das dem eignen Vergnügen oder dem jeweiligen Fest und seinen Gastgebern gerecht wird, ist jedoch mehr als fraglich.

Politische Denke zeigt sich im Gehirn

Montag, 30. April 2012

Von politischer Denke zu sprechen beinhaltete früher im Wesentlichen die Unterscheidung zwischen links und rechts. Mit den Grünen ist das ökologische Bewusstsein in das Spektrum der alltäglichen Politik eingezogen. Heute werden oft mangelnde Unterschiede in den Positionen vieler Partien beklagt. Wofür genau die momentan so erfolgreichen Piraten stehen sollen, hat sich mir noch nicht erschlossen, aber das soll hier nicht das Thema sein. Psychologen vom Londoner University College haben jetzt jedoch hirnanatomische Unterschiede bei Testpersonen verschiedener politischer Gesinnung festgestellt.

Kölner Stadt-Anzeiger, 30.04.2012: Das Hirn ist politisch

Jörg Zittlau berichtet darüber im Kölner Stadt-Anzeiger, in der Schwestwerzeitung Frankfurter Rundschau findet sich ein weiterer Beitrag von Adtian Lobe dazu – mit einem kritischem Leserkommentar zu den Grenzen seriöser Wissenschaft. Immerhin wurde das Ergebnis in den Philosophical Transactions of the Royal Society B veröffentlicht, aber auch das will vermutlich nicht viel heißen. Den Probanden wurden Fragen zu ihrer politischen Auffassung gestellt, mit Antwortmöglichkeiten von 1 bis 5. Dabei wurde ihr Gehin per Magnetresonanz gescannt.

Rechtskonservative zeigten dabei angeblich eine deutlich größere rechte Amygdala (der rechte „Mandelkern“, ein Zentrum zur Verarbeitung von Emotionen und von Angst), Linksliberale dagegen mehr graue Hirnmasse im vorderen Hirngürtel (ein Zentrum zur Verabreitung von Konflikten und Unsicherheiten). Die beiden Regionen des limbischen Systems seien relativ zuverlässig bei mehr als 70 Prozent der untersuchten Testteilnehmer zuzuordnen gewesen, berichtet der Teamchef Ryota Kanai.

Den Forschern zufolge passen die festgestellten Gehirnaktivitäten sehr gut: Konservative Menschen seien angstanfälliger, Liberale offener gegenüber Unbekanntem. Der Kölner Stadt-Anzeiger zitiert des Testleiter: „Mit unserer Studie haben wir nun auch eine biologische Grundlage für diese Charakterunterschiede gefunden.“ Kein Witz, im Weiteren wurde vorgeschlagen, zum Beispiel die Ansichten von Mac-Usern mit denen von PC-Nutzern zu vergleichen. Dann könnten wir auch gleich die Hirnaktivitäten verschiedener Sportfans oder von religiösen Gruppen untersuchen.

Abgesehen von den damit verbundenen Gesundheitsrisiken und den mutmaßlichen Einwänden von Ethikkomissionen spielt bei diesen Untersuchungen und ihren Ergebnisen noch ein weiteres Problem eine große Rolle (ähnlich wie bei einem anderen Ergebnisbericht zur Hirnforschung aus dem Vorjahr): Wir wissen nicht, ob die Unterschiede in der Hirnanatomie Ursache oder Folge der Anschauungen sind.

Die Dinge beim Namen nennen

Montag, 30. April 2012

Es gibt Leute, die reden drum herum. Manchen fehlt einfach der Durchblick, sie wissen nicht, worüber sie sprechen. Andere wollen sich nicht festlegen oder es allen recht machen. Wieder andere hören sich einfach selber gerne beim Reden zu und kommen nicht auf den Punkt. Dabei könnte Kommunikation doch so einfach sein: Ich sage etwas, Du verstehst es und teilst meine Meinung oder du teilst sie nicht und entgegnest daher etwas. Daraus könnte sogar ein Dialog entstehen… Was aber fast noch erstaunlicher ist: Die Dinge beim Namen zu nennen, kommt auch der eigenen Erkenntnis entgegen. Das haben jetzt US-Psychologen herausgefunden.

Kölner Stadt-Anzeiger, 28.04.2012: Hallo, Schlüssel!

Irene Meichsner berichtet im Kölner Stadt-Anzeiger über einen entsprechenden Versuch, ohne jedoch die genaue Quelle anzugeben. Dabei wurden Teilnehmern 20 verschiedene Objekte, versteckt zwischen anderen Objekten, auf einem Bildschirm gezeigt.  Bei der Suche nach dem jeweiligen Zielobjekt half es den Begriff laut auszusprechen. Dies schärft angeblich die Sinne – jedenfalls so lange es sich um bekannte Objekte handelte.

Entsprechend soll es offenbar auch helfen, einen verlegten oder verlorenen Gegenstand wiederzufinden, indem man den Begriff laut ausspricht. Die Forscher sprachen dabei offenbar von einem „verbalen Etikett“, das das gesuchte Objekt trägt. Hierzu kommt mir ein altes (seit der Antike diskutiertes) Problem in den Sinn, das gewöhnlich „Arbitrarietät des Sprachzeichens“ gennant wird und kurz Folgendes besagt: Wenn der Name (oder Begriff) einer Sache von Natur aus zukommt, dann spiegelt er ihr Wesen wider, andernfalls aber nicht.

Dagegen spricht natürlich, dass viele hundert Sprachen viele hundert Begriffe für ein und diesselbe Sache haben (wenngleich auch viele Sprachen miteinander verwandt sind). Wenn aber durch das Aussprechen eines Namens oder eines Begriffs der damit bezeichnete Gegenstand in seinem Wesen erfasst würde, dann sollte das Aussprechen definitiv dabei helfen können, ihn zu finden, wenn er verloren ging. Im Weiteren geht es aber auch um Sprachmagie, ob sich mit Formeln, etwa dem dreifachen Aufsagen bestimmter rythmischer Verse etwas bewirken lässt, z.B. das Auffinden eines Schlüssels.

Vielleicht ist aber alles viel einfacher und die laute Nennung eines Begriffs führt ihn mir einfach bildlich vor Augen, sodass ich ihn mir besser vorstellen und damit leichter finden kann. Damit könnte ich das Ergebnis dieses Experiment auf die kurze Formel bringen: „Selbstgespräche sind der erste Weg zur Besserung.“