Anfang des Jahres hält sich bei manchem Arbeitnehmer die Motivation zur konzentrierten Arbeit wohlmöglich in Grenzen. Nicht ausgerechnet deshalb, doch passend dazu, stieß ich heute in der FAZ auf die hochverehrte Rubrik von Rolf Dobelli, die uns Tücken der Bequemlichkeit des menschlichen Geistes vor Augen führt.
Auch dieser Rubriktitel ließe sich sehr gut auf den Jahresbeginn und dunkle Tage nach durchzechten Nächten beziehen. Noch besser ist es aber, sich diese Fallen regelmäßig bewusst zu machen und nicht erst, wenn es (zumindest tageszeitlich) dafür zu spät (oder doch zu früh?) ist. Jedenfalls bezieht sich der Autor, Gründer und Kurator des Forums “Zurich.Minds” auf den häufig vorkommenden Irrtum des Denkens, den er „Regress zur Mitte“ nennt.
Anhand vieler Beispiele beschreibt Rolf Dobelli, wie sich Menschen aufgrund einer schlechten Leistung kurzfristig helfen lassen. prompt wird eine verebsserte Leistung dieser Hilfe zugeschrieben, obwohl sie vermutlich nur auf einer natürlichen Schwankung beruht. Ein Beispiel ist der gute Amateur-Golfer, der sich nach jedem schlechten Tag eine Stunde beim profi genehmigt. Anschließend ist sein Spiel wieder besser. Ein anderes ist das des Börsenmaklers, der nach einem Abrutschen seiner performance einen Regentanz aufführt – und prompt verbessert sie sich anschließend wieder.
Genauso zuverlässig wie beim Wetter nach einer Kältephase auch wieder mildere Tage kommen, folgen beim Menschen weniger extreme Leistungen auf extreme. Ob nun Chefs die am wenigsten motivierten Mitarbeiter zu einem Kurs schicken oder Schulen mit schlechten Testergebnissen gezielt gefördert werden: dass anschließend andere Mitarbeiter die geringste Motivation haben und andere Schulen die schlechtesten Ergebnisse, hätte sich vermutlich auch ohne Kurse und Förderungen so ergeben.
Besonders negativ wirkt sich die Regression zur Mitte im Fall von Lehrern aus, die bemerken, dass ein Schüler nach einer sehr guten Arbeit, für die er Lob erhielt, anschließend ins Mittelmaß abfällt, oder dass ein Schüler nach einer sehr schlechten Arbeit, für die er getadelt wurde, anschließend ins Mittelmaß aufsteigt. Die (falsche) Schlussfolgerung lautet: Lob schadet, Tadel hilft. Das alles bedeutet natürlich nicht, dass es ausgeschlossen ist, dass ein Golfpro dem Amateur etwas beibringt, dass Chefs ihre Mitarbeiter tatsächlich motivieren oder dass Länder auffällige Schulen nachhaltig fördern.
Aber hier dürften zur Warnung solche Allgemeinplätze angebracht sein wie „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“, „Gut Ding will Weile haben“ oder „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist“. Nur auf Dauer wird das Wetter sicher nicht das gleiche bleiben. Und ein schlechter Tag muss Sie nicht beunruhigen, schon gar nicht im Rahmen der natürlichen Leistungsschwankungen.
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[…] montags die FAZ in die Hände bekommt, dem kann ich nur (zum wiederholten Male) im Feuilleton die herrlich anschaulichen und meist überraschenden Hinweise von Rolf Dobelli […]