Gleich zweimal hat sich die Neue Zürcher Zeitung in dieser Woche mit dem Journalismus befasst – unabhängig von den vielen Berichten über die Präsentation der neuen Tablet-PCs, die neuerlich auch eine Antwort auf den angeblich drohenden Tod des Mediums Zeitung geben sollen. Einmal geht es um die Einschätzung des schweizerischen Verlegerpräsidenten Hanspeter Lebrument, ein anderes Mal um die Industrialisierung der Medien durch die viel beschworenen „Newsrooms“.
Einen „pressepolitischen Patriotismus“ fordert der Präsident des Verbands Schweizer Presse anlässlich der Dreikönigstagung und bezeichnet die schweizerischen Medien als die besten der Welt (was im Falle der NZZ nicht einmal abwegig erscheint). Im Beitrag „Seid stolz, Journalisten“ wird beschrieben: „Er redete seinen Kollegen und insbesondere den Journalisten ins Gewissen: <<Zeichnen Sie ein anderes Bild unserer Medien.>> Er findet es verheerend, dass <<wir nicht mehr an unsere Zeitungen glauben>>. Eine masochistische Grundstimmung habe sich breit gemacht.“
Die Analyse ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Medien selber als nicht in der Lage erscheinen, ein besseres Bild ihrer eigenen Arbeitsbedingungen zu zeichnen. Ob die Glaubwürdigkeitskrise, wie von Lebrument behauptet von den Journalisten erfunden wurde, ist zu beweifeln, seine Anschuldigung, die Branche sei zu einer der „Abonnementverkaufsverhinderer“ geworden, ebenso. Denn es besteht doch ein gewaltiger Unterschied in der Denk-, Sprech- und Handlungsweise eines Journalisten und eines Verkäufers.
Zudem steht dem schweizerischen Medienmarkt noch eine „schmerzhafte Konsolidierung“ bevor, die in Deutschland bereits im vollen Gange ist. Dazu übte der Präsident von Axel Springer International Ralph Büchi Kritik: „Die Ertragskraft der niesigen Zeitungen sei im vergleich zu deutshcland tief. Es gebe zu viele Zeitungen und zu große Redaktionen.“ In einem anderen Beitrag tags zuvor beschäftigt sich Norbert Neiniger-Schwarz mit dem neuen Trand zum Newsroom, weitläufige Großräume, bestrahlt von Neonlicht. Das Beispiel der Multimedia-Infozentraale des Axel-Springer-Verlags in Berlin dient auch schweizerischen Medien zur Nachahmung, wie bereits der Berner Espace Media Groupe, AZ-Meiden in Aarau und aktuell in Bau beim Ringier-Verlag.
Das Ziel ist, alle Kanäle zu jeder Zeit mit Content zu füttern, per Twitter, Video- und Podcasts. Allerdings lässt sich das traditionelle Geschäftsmodell des Zeitschriftenabonnements nicht einfach auf die Neuen Medien übertragen. Denn der Trend zu Newsrooms, die ungestörtes, konzentriertes Arbeiten schlecht ermöglichen, ist eine Folge der schwächelnden Medienbranche und von Einsparungen. Der Autor lässt die Geschichte des Newsrooms seit 1994 beim Philadelphia Inquirer über den kombinierten von New York Times und USA Today 2004 bis hin zum gegenwärtigen Alltag in Großbritannien und Skandinavien Revue passieren, um festzustellen, dass dabei mehr als die Hälfte aller Arbeitsstellen verloren gegangen sind.
Die dem entgegen gesetzte Antwort, die ressortübergreifende Hilfe untereinander würde steigen, die Mauern würden auch in den Köpfen eingerissen, lässt sich schnell als Schutzbehauptung enttarnen. Es gibt keine Alternative als sich helfen zu lassen, weil die Aufgaben gewachsen sind und die Grenzen der Zuständigkeit verschoben oder aufgehoben wurden. Willkommen in der industrialisierten Medienbranche, die Norbert Neiniger-Schwarz mit der Autoindustrie vergleicht, deren „verschiedene Marken sich nur noch in der Carrosserie, nicht mehr aber im Innersten unterscheiden“.
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