Reaktionen auf Aigners Kritik an Facebook

Der offene Brief der deutschen Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner an Mark Zuckerberg, dem Betreiber des  Sozialen Netzwerks Facebook, erntete anfangs eher Mitleid als Spott. Nun hat sich jedoch die Verbraucherzentrale daran gehängt und fordert zum Verzicht auf Facebook auf. Unstrittig sind die Datenschutzbestimmungen des globalen Tummelplatzes laut Untersuchung der Stiftung Warentest mit die schlechtesten („erhebliche Mängel“, Texthilfe berichtete). Dennoch schreibt Marco Dettweiler in der FAZ von „Aigners Eigentor„, Torsten Krauel in der Welt urteilt wie folgt:

Welt, 07.04.10, Titel: Hier irrt Ilse Aigner

Der Welt-Autor erklärt der Ministerin das Missverständnis, dass der Verkauf und die Vermarktung von Nutzerdaten willentlich und wissentlich geschehen und keine versehentliche Datenschutzlücke darstellen. Vielmehr handele es sich um die Existenzgrundlage des Konzerns, der den Gründer mittlerweile zum Milliardär gemacht hat. Ilse Aigner müsse schon eine neue Finanzierungsbasis für sein Soziales Netzwerk finden, wenn sie den Datenschutz absichern wollte.

Marco Dettweiler hingegen urteilt, dass die Ministerin ihren politischen Auftrag verfehle, indem  sie nun einen vermeintlichen Eklat inszeniere, der ihre Fürsorge beweisen soll. „Die „Facebook Site Governance“ könnte in der Tat verbraucherfreundlicher sein“, heißt es weiter, „aber der Nutzer hat alle Möglichkeiten, seine Privatsphäre privat zu lassen.“ Vielmehr sollte Ilse Aigner mit ihren Mitarbeitern den Verbrauchern erklären, „wo man in Facebook die richtigen Häkchen setzt.“ Die Datenschutzrichtlinie von Facebook halte die Maßnahmen, wenn auch versteckt bereit, die Weitergabe von Daten an Dritte zu verhindern: „Sie sind nicht leicht zu finden. Für nützliche Hinweise wäre jeder Verbraucher dankbar.“

Facebook Sicherheitseinstellungen

Keine Frage, die Ankündigung der Ministerin, auf das Netzwerk zu verzichten – auch wenn sie sicher mehrere tausend Fans dort hat – ist lächerlich. Schon in Europa würde sich der Betreiber eines erfolgreichen Unternehmens nichts von einer deutschen Ministerin sagen lassen. Und ein Millardär aus „der Heimat der Tapferen und dem Land der Freien“ schon gar nicht. Die Redaktion der Frankfurter Rundschau rät in einem humoristischen Antwortschreiben Mark Zuckerberg, was er der Ministerin antworten könnte (vgl. auch den Artikel von Felix Wadewitz mit dem berühmten Zitat, wonach Zuckerberg das Zeitalter der Privatsphäre für beendet erklärt hat).

Vielleicht ist es auch nur ein Versuch, von der eigenen fragwürdigen Politik zum Schutz personenbezogener Daten abzulenken. Darauf weist Christian Sickendieck in einem Offenen Brief an Ilse Aigner in seinem Blog FIXMBR hin. Unterdessen hat allerdings auch die deutsche Verbraucherzentrale Ilse Aigners Kritik aufgegriffen und zum Verzicht auf Facebook aufgerufen. VZBV-Vorstand Gerd Billen sagte: „Momentan können wir den Nutzern nur raten, den geplanten Änderungen zu widersprechen und sich gemeinsam mit ihren Freunden einen neuen Anbieter zu suchen.“

Allerdings – so Marco Dettweiler in der FAZ, habe Facebook mittlerweile – wenn auch nicht in der Datenschutzrichtlinie –  so doch in einem Blogeintrag klar gestellt: „Wir teilen deine Information nicht mit Werbetreibenden, außer du sagst uns, dass wir es tun sollen. Jede gegenteilige Behauptung ist falsch.“ Diese Mitteilung  ist jedoch nicht als Antwort auf Ilse Aigner zu verstehen. Vermutlich kennt Mark Zuckerberg nicht einmal den Namen der deutschen Verbraucherschutzministerin.

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