Mit ‘Soziales Netzwerk’ getaggte Artikel

Kampf zweier ungleicher Systeme

Dienstag, 04. Januar 2011

Zum Jahreswechsel hat Axel Postinett im Handelsblatt die Lage der Internetherrschaft unter dieser treffenden Überschrift beschrieben:

Handelsblatt, 30.12.2010, Titel: Mathematik oder Mensch - wem gehört die Internet-Zukunft

Während es noch 2009 so schien, als könne nichts und niemand die Vorherrschaft von Google im internet stoppen (Dominanz im Suchgeschäft, riesige Werbeaufkommen, Einführung des Android-Betriebssystems für Smartphones), haben sich die Verhältnisse im vergangenen jahr verschoben: Facebook ist mit mehr als 560 Millionen Nutzern zur echten Konkurrenz geworden. Zwischen beiden, so Autor Postinett werde sich im neuen Jahr der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft im Web abspielen.

Bereits seit August 2010 verbringen die Nutzer mehr Zeit bei Facebook als bei Google, Youtube und Googlemail inbegriffen. Im November wurde festgestellt, dass Facebook 648 Millionen einzelne Nutzer pro Monat hat und damit nicht mehr weit von Google (970 Millionen) und Microsoft (869 Millionen) entfernt ist; Yahoo mit 630 Millionen Nutzern pro Monat wurde bereits überflügelt. Facebook hatte in den ersten drei Quartalen zwar „nur“ 1,3 Milliarden Dollar Umsatz (gegenüber 20,8 Milliarden Dollar im selben Zeitraum bei Google), doch der Trend, so Axel Postinett – spricht hier ganz klar das soziale Netzwerk, eine Kompetenz oder Dienstleistung, die Google abgeht.

Als Grund wird der Umkehr der Werbebranche genannt, wonach Werbung auch im privaten Umfeld akzeptiert und platziert wird. Laut dem Düsseldorfer Unternehmensberater Veit Siegenheim handelt es sich hierbei um einen Kampf der Systeme – während Google versucht alles mit mathematischen Algorithemen zu lösen, setzt Facebook auf die Macht der sozialen Vernetzung. Laut Conscore hat Facebook in den USA bereits die Marktführerschaft bei der Displaywerbung im Netz übernommen (297 Milliarden Bild-Anzeigen gegenüber „nur“ 35 Milliarden bei Google, damit auf Rang 5).

Was wär ich ohne dich…?

Mittwoch, 28. Juli 2010

Der Mutmacher oder – je nach Sichtweise – Angstmacher des Tages – stammt von Forschern der Brigham-Young-University in Provo im US-Bundesstaat Utah: Fehlt Menschen ein soziales Netzwerk, dann ist das ebenso ungesund wie knapp eine Schachtel Zigaretten am Tag oder alkoholabhängig zu sein. Das berichtet die Welt zuerst in Kürze und nun auch ausführlicher.

Die Welt, 27.07.2010, Titel: Soziale Kontakte retten Leben

Davon einmal abgesehen, dass einige sozialen Kontakte nur auf gemeinsamer Alkoholabhängigkeit beruhen, ist der Schaden der fehlenden Sozialkontakte offenbar klar nachzuweisen. Einsamkeit ist demnach doppelt so schädlich wie Übergewicht, ohne dass dabei das eine mit dem anderen zu tun haben müsste. Das soziale Netzwerk stellt für die Lebenserwartung, aber auch für das Risikoprofil gegenüber Krankenkassen somit eine signifikante Größe dar.

Lieber also mit anderen dick befreundet zu sein, als vor lauter Eigenbrödlerei abzumagern. Wobei noch sehr interessant die Folgeuntersuchung wäre, wie die Entwicklung der Einsamkeit (eventuell in Relation zur Entwicklung der menschlichen Paarbildung) aussieht und was die häufigsten Gründe dafür sind. Das Internetverhalten könnte hierbei durchaus auch eine gewichtige Rolle spielen.

Reaktionen auf Aigners Kritik an Facebook

Mittwoch, 07. April 2010

Der offene Brief der deutschen Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner an Mark Zuckerberg, dem Betreiber des  Sozialen Netzwerks Facebook, erntete anfangs eher Mitleid als Spott. Nun hat sich jedoch die Verbraucherzentrale daran gehängt und fordert zum Verzicht auf Facebook auf. Unstrittig sind die Datenschutzbestimmungen des globalen Tummelplatzes laut Untersuchung der Stiftung Warentest mit die schlechtesten („erhebliche Mängel“, Texthilfe berichtete). Dennoch schreibt Marco Dettweiler in der FAZ von „Aigners Eigentor„, Torsten Krauel in der Welt urteilt wie folgt:

Welt, 07.04.10, Titel: Hier irrt Ilse Aigner

Der Welt-Autor erklärt der Ministerin das Missverständnis, dass der Verkauf und die Vermarktung von Nutzerdaten willentlich und wissentlich geschehen und keine versehentliche Datenschutzlücke darstellen. Vielmehr handele es sich um die Existenzgrundlage des Konzerns, der den Gründer mittlerweile zum Milliardär gemacht hat. Ilse Aigner müsse schon eine neue Finanzierungsbasis für sein Soziales Netzwerk finden, wenn sie den Datenschutz absichern wollte.

Marco Dettweiler hingegen urteilt, dass die Ministerin ihren politischen Auftrag verfehle, indem  sie nun einen vermeintlichen Eklat inszeniere, der ihre Fürsorge beweisen soll. „Die „Facebook Site Governance“ könnte in der Tat verbraucherfreundlicher sein“, heißt es weiter, „aber der Nutzer hat alle Möglichkeiten, seine Privatsphäre privat zu lassen.“ Vielmehr sollte Ilse Aigner mit ihren Mitarbeitern den Verbrauchern erklären, „wo man in Facebook die richtigen Häkchen setzt.“ Die Datenschutzrichtlinie von Facebook halte die Maßnahmen, wenn auch versteckt bereit, die Weitergabe von Daten an Dritte zu verhindern: „Sie sind nicht leicht zu finden. Für nützliche Hinweise wäre jeder Verbraucher dankbar.“

Facebook Sicherheitseinstellungen

Keine Frage, die Ankündigung der Ministerin, auf das Netzwerk zu verzichten – auch wenn sie sicher mehrere tausend Fans dort hat – ist lächerlich. Schon in Europa würde sich der Betreiber eines erfolgreichen Unternehmens nichts von einer deutschen Ministerin sagen lassen. Und ein Millardär aus „der Heimat der Tapferen und dem Land der Freien“ schon gar nicht. Die Redaktion der Frankfurter Rundschau rät in einem humoristischen Antwortschreiben Mark Zuckerberg, was er der Ministerin antworten könnte (vgl. auch den Artikel von Felix Wadewitz mit dem berühmten Zitat, wonach Zuckerberg das Zeitalter der Privatsphäre für beendet erklärt hat).

Vielleicht ist es auch nur ein Versuch, von der eigenen fragwürdigen Politik zum Schutz personenbezogener Daten abzulenken. Darauf weist Christian Sickendieck in einem Offenen Brief an Ilse Aigner in seinem Blog FIXMBR hin. Unterdessen hat allerdings auch die deutsche Verbraucherzentrale Ilse Aigners Kritik aufgegriffen und zum Verzicht auf Facebook aufgerufen. VZBV-Vorstand Gerd Billen sagte: „Momentan können wir den Nutzern nur raten, den geplanten Änderungen zu widersprechen und sich gemeinsam mit ihren Freunden einen neuen Anbieter zu suchen.“

Allerdings – so Marco Dettweiler in der FAZ, habe Facebook mittlerweile – wenn auch nicht in der Datenschutzrichtlinie –  so doch in einem Blogeintrag klar gestellt: „Wir teilen deine Information nicht mit Werbetreibenden, außer du sagst uns, dass wir es tun sollen. Jede gegenteilige Behauptung ist falsch.“ Diese Mitteilung  ist jedoch nicht als Antwort auf Ilse Aigner zu verstehen. Vermutlich kennt Mark Zuckerberg nicht einmal den Namen der deutschen Verbraucherschutzministerin.