Der Placebo-Effekt (lat. placebo gleich „ich werde gefallen“) ist noch weit größer als bisher angenommen. Denn auch das Gegenteil des klassischen Placebo-Experiments ruft erstaunliche Ergebnisse hervor. Während üblicherweise verabreichte Scheinmedizin ohne Wirkungsstoffe dennoch hilft, ist es umgekehrt auch so, dass sogar die Kraft wirkungsstarker Medikamente völlig ausgehebelt werden kann, wenn der Patient nicht an den Erolg der Therapie glaubt.
Die eine Seite der Medaille ist, dass die Bundesärztekammer nun empfohlen hat, dass Ärzte mehr Placebos verschreiben sollen. Dies bringt manche Ärzte möglicherweise in einen Gewissenskonflikt – immerhin sollten die Patienten doch weitgehend mündig behandelt werden. Doch die Argumentation er scheint schlüssig: Insofern als Placebos helfen, können sie auch als medizinische Hilfsmittel eingesetzt werden. Die andere Seite der Medaille aber ist – wie oben angedeutet – dass der Glaube der Patienten an den Therapieerfolg einen noch entscheidenderen Einfluss auf ihren Verlauf hat als bisher angenommen.
Forscher des Universitätsklinikums Hamburg haben in „Science Translational Medicine“ einen verscuh mit 22 gesunden Probanden zwischen 20 und 40 Jahren durchgeführt. Sie wurden mehrfach für einige Sekunden einem kontrollierten Hitzereiz ausgesetzt, der zu einem mittleren bis starken Schmerz führte. Parallel dazu erhileten sie ein stark wirksames, opioidhaltiges Schmerzmittel. Wer nicht wusste, dass er ein Schmerzmitztel erhielt, empfand eine Linderung. Bei demjenigen, der es wusste, verdoppelte sich die schmerzlindernde Wirkung. Wer jedoch gesagt bekam, dass er keine Therapie mehr erhält und der Schmerz zunehmen könnte, bei dem wurde der schmerzlindernde Effekt gänzlich aufgehoben.
Eine zeitgleich vorgenommene funktionelle Magnetresonanztomografie bestätigte dieses Ergebnis: Die persönliche Erwartung beeinflusst dramatisch den Effekt des Medikaments. Dies zeigen die relevanten Schaltstellen des schmerzverarbeitenden Systems wie Thalamus, Insel und somatosensorischer Kortex. Die hauptverantwortliche Neurologin Ulrike Bingel hält die Erkenntnis für relevant vor allem in Bezug auf die Behandlung von Schmerzpatienten. Beid er Auswahl der Therapie könne es schon helfen, Patienten intensiver und gezielter über ihre Erkrankung und Behandlungen aufzuklären, um positive Erwartungen zu wecken und negative zu vermeiden.
Vor gut einem Jahr sprach Doktor Ellis Huber in Deutsche Welle TV über den Placebo Effekt, wonach die Wirkung der mentalen Kräfte unterschätzt würde.
Tags: Bundesärztekammer, Erwartungshaltung, Glaube, Kortex, Neurologie, Placebo-Effekt, Schmerzmittel, schmerzverarbeitendes System, Thamalus