Archiv für die Kategorie ‘Journalismus’

Wunsch-Angst-Spirale des Kontrollverlusts

Dienstag, 08. Dezember 2009

NZZ, 05.12.2009, Titel Schirrmacher-Besprechung

Besprechung von Frank Schirrmachers neuem Buch „Payback“ in der Neuen Zürcher Zeitung. „Erschöpftes Ich in Datenfluten„, so lyrisch der Titel des Feuilleton-Artikels, so gehaltvoll seine Ausführung. Dem Autoren Uwe Justus Wenzel gelingt es jeweils in wenigen Sätzen die Position des Mitherausgebers der FAZ klarzumachen („Kulturkritik (…) hält (…) Technikbegeisterung die Waage“, wenngleich der Pessimismus zu überwiegen scheint),  Schirrmachers Methode zu erläutern („unter Rückgriff auf neuere Untersuchungen aus Psychologie und Nerurobiologie“ – „Multitasking als Symptom“) als auch den Ursachenhorizont  des beschriebenen Phänomens zu beleuchten: „Er macht beiläufig, aber mehr als einmal ein Wunsch-Angst-Gespann verantwortlich für das, was geschieht: den Wunsch nach Kontrolle über unser Leben und die Angst vor Kontrollverlust.“

Demnach spielt sich – in den zu Grunde gelegten Fällen der Technik-Obessivität – eine Spirale des Kontrollverlusts ab: je stärker der Mensch in die Technik investiert, um sein leben zu kontrollieren, umso mehr gibt er die Kontrolle ab. Die Phänomene sind uns gut bekannt: Schon wenn die TV-Fernbedienung nicht mehr geht, wenn der Drucker ausfällt, wenn beim Surfen die Internetverbindung abbricht oder wenn das Navi eine Einbahnstraße nicht als solche gespeichert hat. Natürlich bestehen immer Alternativen, mit diesen Situationen umzugehen. Nur, dieser Zustand der machtlosen Abhängigkeit von der Technik nervt.

Der Ausgang aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit, sprich wie ich mich in dieser Situation verhalte, liegt meines Erachtens an jedem selbst. Immanuel Kant schrieb 1784 zur „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?„: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ Der Verstand ist der Schlüssel dazu, jedwede Information aus all den verfügbaren Kanälen zu eigenem Wissen zu verarbeiten.

Uwe Justus Wenzel versucht den von Schirrmacher dazu empfohlenen Perspektivwechsel mit einer Utopie zu verdeutlichen, die an Hermann Hesses „Glasperlenspiel“ angelehnt ist, „in der der Umgang mit Informationen nicht mehr vom nie zu stillenden Hunger geprägt wird, sondern vom Spiel“. Der Rezensent schreibt, dass das Buch „seiner – spielerischen – Machart nach bereits einen Vorgeschmack von ihrer Verwirklichung“ liefert (der der Utopie). Das Spielerische gefällt mir gut, auch wenn wir dabei Spuren im Netz hinterlassen. Heißt das Buch deswegen „Payback“, weil wir „die Rechnung erhalten“ für alles , was wir tun? Andere Spuren im Netz hierzu beim WDR- Jugendsender Eins Live: „Selber Denken!„, „Kein Kommentar“ bei WDR 5 von Uli Höhmann: „Planlos plan und so flat wie die rate“ sowie zahlreiche Rezensionsnotizen bei perlentaucher.de.

Das Cover von Frank Schirrmacher: Payback

Karl Blessing Verlag, München 2009
ISBN-10 389667336X
ISBN-13 9783896673367
Gebunden, 200 Seiten, 17,95 EUR

Qualitätsjournalismus ohne Geschäftsmodell?

Montag, 07. Dezember 2009

Verleger Konstantin Neven DuMont im Kölner Stadt-Anzeiger und in der Welt am Sonntag. – Sören Kittel hat im Springerblatt den Verlegersohn befragt, der seit Januar des Jahres Vorstand der Mediengruppe DuMont ist und Herausgeber von Kölner Stadt-Anzeiger, Express und Mitteldeutsche Zeitung, seit diesem November auch Herausgeber der Frankfurter Rundschau. Der Titel „Kein Blogger schickt Reporter nach Afghanistan“ spricht mich als Blogger natürlich an. Die Aussage aus dem letzten Drittel des Gesprächs dient dem Befragten jedoch eher als Vergegenwärtigung seiner eigenen Position als Geschäftsmann.

Weitaus interssanter ist seine Stellungnahme zur Netzeitung, immerhin hatte die WamS dem Verlagshaus noch vor einem Monat vorgeworfen, die Netzeitung ruiniert zu haben (texthilfe.de hatte berichtet). „Das Geschäftsmodell hat einfach überhaupt nicht funktioniert“ wird Konstantin Neven DuMont zitiert, die Zweitverwertung wie beim Online-Auftritt einer Zeitung habe gefehlt. Die Online-Personalkosten zu refinanzieren habe die vergangenen Jahre über nicht geklappt, räumt er ein, zeigt sich aber zuvor überzeugt, das Problem fehlender Erlöse liege nicht am Internet: „Es ist ein Problem des fehlenden Geschäftsmodells.“

Hinlänglich bekannt ist, dass eigentlich erst das Anzeigengeschäft den Qualitätsjournalimus ermöglicht (vgl. texthilfe.de) und somit auch das qualitativ hochwertige Textumfeld im Internet qualitativ hochwertige Werbung ermöglicht. Bezahlmodelle im Internet funktionieren bisheriger Erfahrung nach nur in Special Interest-Bereichen, vielleicht auch im populärwissenschaftlichen. Über die Zahlungsbereitschaft der potenziellen Kunden scheint der Verleger jedoch keine genaue Vorstellung zu haben, aufgrund der vielen unterschiedlichen Studien: „Mal sind es zehn Prozent, mal 60 Prozent.“ Als Strategie seines Medienhauses gibt er „Qualität“ an und als Vision seiner verlegerischen Tätigkeit „gesellschaftspolitische Meinungsbildung“, „dazu brauchen wir Qualitätjournalismus“.

Köner Stadt-Anzeiger, 05.12.09, Titel: Wege aus der Krise

Auf das Gerücht aus der Süddeutschen Zeitung, dass der Verlag plane, Wirtschaft- und Politikressort seiner renommierten Tageszeitungen zusammenzulegen, wird er allerdings nicht angesprochen. Jedoch schreibt er tags zuvor selber in seinem Blatt Kölner Stadt-Anzeiger über „Neue Wege aus der Krise“ und plädiert dabei einmal mehr für investigativen Journalismus. Dieser setze „die Kräfte frei, die eine Gesellschaft zur Selbstreinigung benötigt.“

Dass der Umbruch der Medienlandschaft diesen wertvollen Journalismus gefährdet, stimmt, wenn das Geschäftsmodell fehlt. Dass aber der investigative Journalismus „immer mehr zwischen die Fronten eines wachsenden Kostendrucks bei bedrohten klassischen Erlösmodellen auf der einen und der Jagd nach Sensationen und sich stets erneuernden Schlagzeilen auf der anderen Seite“ gerate, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Zugegeben wächst der Kostendruck, zugegeben wächst auch die Zahl der Verbreitungswege. Aber befindet sich guter Journalismus nicht schon immer in dieser Gefahr?

Am Ende seines Beitrags in eigener Sache rückt Konstantin neven DuMont mit seinem Anliegen heraus: Sein Verlag entwickele „gerade Konzepte, den Anteil investigativer Reportagen in seinen Blättern zu erhöhen“. Zudem werde eine Vermarktungsplattform für Bezahlinhalte auf den Weg gebracht. „Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, hochwertige journalistische Inhalte nicht länger im Internet zu verschenken.“ Ohne die Zahlbereitschaft der Surfer einschätzen zu können, ein gewagtes Unterfangen. Da fürchte ich ja eher um den Einsatz. Wie hat es der Kollege Jürgen Oehler in derselben Zeitung vor sechs Wochen anlässlich des Münchner Print-Gipfels so schön auf den Punkt gebracht:

„Aber es gibt auch die Erkenntnis, dass der Bereich der zukünftigen Bezahlinhalte realistischer Weise klein ist. Denn keiner kann einfach einen Hebel umlegen und erklären, dass der Online-Nutzer ab sofort für all das bezahlen muss, was er bisher umsonst bekommen hat. Auf die Frage, ob er denn für Online-Inhalte Geld ausgeben würde, antwortete der Kölner Psychologe und Gastredner Jens Lönneker vom Rheingold-Institut. „Eigentlich nicht, aber vielleicht.“ Und das ist eben das Problem.“

Englisches Wort des Jahres, Rilke, Reich-Ranicki

Dienstag, 01. Dezember 2009

Rückblende auf die Wochenend-Zeitungslektüre: In der Welt am Sonntag stand auf der Medienseite die Notiz, das Oxford Dictionary habe „Unfriend“ zum Wort des Jahres gewählt. Dabei handelt es sich um den Terminus Technicus, wenn ein Nutzer des „Sozialen Netzwerkes“ Facebook einen Kontakt von seiner Freundesliste entfernt, „entfreunden“ also. Frage zur Kurzmeldung: Muss es im Akkusativ nicht „jemandem“ heißen? Dem ansonsten geschliffenen Beitrag ist nicht viel hinzuzufügen, außer vielleicht die Frage, inwieweit Social Networks überhaupt eine soziale Funktion verfolgen oder nur der digitalen Isolation Vorschub leisten?

WamS, 29.11.09: Mediennotiz Oxford Dictionary, Jahreswort

Oder ist Freundschaft auch dann nichts anderes, wenn sie nur in der Vorstellung des Gegenübers besteht? Damit zur zweiten Veröffentlichung aus derselben Zeitung, aus der Rubrik „Heute ist Sonntag“ des Publizisten Peter Bachér, betitelt „Wie Rilke mir das Schenken beibrachte„. Der Text erinnert in seinem Duktus ein wenig an Rio Reisers „König von Deutschland„, überhaupt erscheint diese Rubrik wie eine „Befindlichkeitskolumne“, seine Buchtitel wie „Besinnungsliteratur“ (wenn es das gibt).

WamS, 29.11.09, Peter Bachér: Wie Rilke mir das Schenken beibrachte

Die Geschichte: Rilke schenkt einer Bettlerin eine aufgeblühte weiße Rose, die die Beschenkte selbst aufblühen lässt. Eine Woche lang bleibt sie ihrem gewohnten Platz fern, ehe sie wieder zum Betteln erscheint. Rilkes Begleiterin, die stattdessen eher dazu neigte, ein Geldstück zu spenden, fragt, wovon die Bettlerin diese eine Woche über gelebt habe? „Von der Rose“, lautet Rilkes Antwort, dessen Maxime war: „Wir müssen ihrem Herzen etwas schenken, nicht ihrer Hand.“ Ich verehre Rainer Maria Rilke, aber diese Geschichte erinnert mich doch zu sehr an die Moral des „kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ (auch wenn Rilke zeitlich davor lag). Vollends stutzig macht mich jedoch die kleine Anzeige auf der Rückseite des Druckbogens der Welt am Sonntag, in der „Das Weihnachtsgeschenk: Peter Bachér: Für Hoffnung ist es nie zu spät, 160 S., 9,95 Euro“ beworben wird.

Damit zum dritten Text, der mich beschäftigt hat, aus der Rubrik in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, „Fragen Sie Reich-Ranicki“. Besonders interessant erscheint mir die Frage nach dem Unterschied zwischen Literatur und Journalismus, weil der eigenwillige Kritiker hier einmal nicht mit seinen sehr fundierten Kenntnissen einzelne Autoren behandelt, sondern Gattungen bespricht. Abgesehen von den zweifellos bestehenden Überschneidungen (Literatur in der Zeitung, Bücher voller Journalismus) benennt er den Hauptunterschied damit, dass „Literatur auf einen doppelten Boden angewiesen“ ist, den der Journalismus nicht haben darf.

FAS, 29.11.09, Titel: Fragen Sie Reich-Ranicki

Dieser Raum, von Schmugglern in Koffern erfunden, eröffnet – übertragen auf die Literatur – die Möglichkeit, dass mehr gemeint ist als geschrieben wurde. Während Journalisten versuchen neutral zu berichten und zu objektivieren, setzen Literaten auf nur angedeutete oder verborgene, subjektive Botschaften. Reich-Ranicki bringt das Beispiel von Goethes Gedicht „Das Heidenröslein„: Blumen stehen bei Goethe häufig für Frauen, das „Röslein“ für Sexualität, „Half ihm doch kein Weh und Ach / Mußt es eben leiden“ für eine Vergewaltigung. Nach einem weiteren Beispiel („Ich ging im Walde so für mich hin“ als Beschreibung der Beziehung zu Christiane Vulpius) schließt Marcel Reich-Ranicki, dass Literatur zwar verzichtbar, eine Zeitung möglicherweise nützlicher, „aber Leben mit Literatur ungleich schöner und auch reicher“ ist.

„Bisweilen finden wir uns selber, unser Glück und unser Leiden.“, schließt er. So geht es mir bei solchen Zeitungsartikeln, oder in ganz anderer Weise, bei diesem Gedicht von Rainer Maria Rilke, das 22. aus dem 1. Teil der Sonette an Orpheus von 1912:

Wir sind die Treibenden.
Aber den Schritt der Zeit,
nehmt ihn als Kleinigkeit
im immer Bleibenden.

Alles das Eilende
wird schon vorüber sein;
denn das Verweilende
erst weiht uns ein.

Knaben, o werft den Mut
nicht in die Schnelligkeit,
nicht in den Flugversuch.

Alles ist ausgeruht:
Dunkel und Helligkeit,
Blume und Buch.

The Spirit of Christmas 2009, Part 10

Dienstag, 01. Dezember 2009

24 Türchen, und was dahinter steckt… – Der Refrain des Kinderliedes von Rolf Zuckowski verbirgt außer der Frage nach der Herkunft des Brauches vom Adventskalender auch die Frage nach der gesellschaftlichen – oder auch wirtschaftlichen – Relevanz des Brauches.

FAS, 29.11.09, Titel des Spezials: 24 Geschenke

In der Sonntags-FAZ werden (ähnlich wie bereits zuvor im Kölner Stadtanzeiger, texthilfe.de berichtete) daher Geschenke-Tipps gegeben („Und wer jetzt meint, dass das alles ein konsumistischer Wahnsinn sei, der mit dem Sinn des Weihnachtsfestes so wenig zu tun habem, wie mit der Freude daran, anderen eine Freude zu machen, dem sagen wir: Stimmt ganz genau!“), augenzwinkernd immerhin. Auch die Welt am Sonntag konstatiert im NRW-Teil über der bedeutungsschwangeren Überschrift: „Erst eins, dann zwei…„: „Für den Einzelhandel beginnen jetzt die wichtigsten Wochen des Jahres.“ Guido Hartmann hat dabei jedoch eine spezielle Käufergruppe im Visier: „Vor allem über die zahlreichen Weihnachtsmärkte sollen ausländische Gäste in die Stadt gelockt werden. Die meisten kommen aus den Niederlanden.“ Mit „der Stadt“ ist hier die Landeshauptstadt gemeint – das gilt jedoch für viele anderen NRW-Städte ebenso.

WamS, 29.11.09, Titel im NRW-Teil: Erst eins, dann zwei...

Die Überraschung dann aber doch im Magazin des heutigen Kölner Stadt-Anzeigers. Während der Aufmacher lautet „Falten, schneiden, kleben – Ideen für die Vorweihnachtszeit. Kinder basteln für die ganze Familie“, kommt auf Seite 5 das Interview mit dem Philosophie-Professor Peter Heintel von der Universität Klagenfurt auf den Punkt: „Das Warten als Geschenk sehen“ (noch nicht online). Während das am Sonntag begonnene Kirchenjahr gleich zu Beginn auf die bevorstehende Ankunft des Herrn wartet und diese feiert, leben Kinder, so Heintel, „in einer Dauererwartung. Als Erwachsene empfinden wir das Warten dagegen als etwas Unangenehmes“.

Kölner Stadt-Anzeiger Magazin, 01.12.09, Titel: Das Warten als Geschenk sehen

Der Professor hat unter anderem deswegen bereits 1990 einen „Verein zur Verzögerung der Zeit“ gegründet. Mittlerweile mehr als 1.000 Mitglieder „streben neue Formen des Umgangs mit der Zeit an“, ebenso gegen blinden Aktionismus wie vermutlich auch gegen Konsumismus gerichtet. Der Verein wendet sich gegen die reduzierte Sichtweise der Zeit „nur noch als Messgröße für Arbeit und Leistung“. Dabei geht es gerade in der Vorweihnachtszeit auch darum, Zeit verstreichen zu lassen, beim Warten (möglicherweise auch unangenehme) Gedanken zuzulassen, sprich das Warten als Geschenk aufzufassen. Als Instrument der Selbsterziehung empfiehlt Peter Heintel, über einen Monat ein Zeittagebuch zu führen.

Am Weihnachtstag selbst bin ich, wie viele andere Kinder meiner Generation und danach, oft vor der Fernsehsendung „Wir warten aufs Christkind“ gesessen. Das ist zwar keine vorbildliche, aber eine bezeichnende Übung. Mit selbst kommt es in diesem Jahr genau so vor, als würde ich die Weihnachtszeit als eine Zeit zum Innehalten wenn nicht benötigen, dann aber doch sehr begrüßen. Zeit zur Reflektion zu haben, zur Standortbestimmung und zum Denken an andere. Vielleicht ein anderer Aspekt des Christuswortes aus dem Matthäus-Evangelium „Werdet wie die Kinder“. Daher an dieser Stelle unvermeidlich nun auch das eingangs erwähnte Kinderlied von Rolf Zuckowski „Kleine Kinder, große Kinder“.

The Spirit of Christmas 2009, Part 8

Samstag, 28. November 2009

Endlich hat das Warten ein Ende! Morgen wird die erste Kerze auf dem Adventskranz angesteckt. Nicht nur für Kinder ein Innehalten und eine Zeit der Rückbesinnung. Sehr schön passend dazu eine Pressemeldung, die mich vom „Transromanica e.V.“ erreichte, eine Initiative, die basierend auf dem gemeinsamen historischen Erbe der Romanik eine Route durch Europa markiert, die vom Europarat als Europäische Kulturstraße anerkannt wurde. Neben Standorten in Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Slovenien und Serbien zählen auch die Wartburg in Thüringen und Quedlinburg im Herzen Sachsen-Anhalts dazu. Hier eine Impression des dortigen Weihnachtsmarktes in der historischen Innenstadt von Jürgen Meusel.

Der Weihnachtmarkt im historischen Quedlinburg, Foto: Jürgen Meusel

Davon einmal abgesehen ist die Einkehr bei den Kindern nicht nur von Unschuld und Naivität geprägt, sondern durchaus auch vom Hoffen und Warten auf die bevorzugten Geschenke. Während in den vergangenen Tagen die Zeitungen so voll steckten mit Prospekten wie schon lange nicht mehr, war heute in der Tageszeitung dagegen vergleichsweise wenig Werbung zu finden. Stattdessen brachte das Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers die Titelstory „Geschenke„. Unterschieden nach Ideen für Frauen, Männer und Kinder, nach Technik, Filmen, Büchern und anderem mehr offenbarten diese Kaufempfehlungen wieder einmal hervorragend den Unterscheid zwischen Werbung und Public Relations.

Kölner Stadt-Anzeiger Magazin, 28.11.09

Die PR- und Marketingmanager all jener Marken und Produkte, die hier als empfehlenswert hervorgehoben werden, werden sich hübsch die Hände reiben. Die redaktionelle Veröffentlichung kostet sie nichts, ist glaubwürdiger, da begründeter, und sticht  dabei gleichzeitig sämtliche Konkurrenzprodukte aus. Klingt wie Werbung? Ist es aber nicht. Das ist gelungene Öffentlichkeitsarbeit, auch zur Weihnachtszeit.

Und hoffentlich freut sich auch die Mitteldeutsche Kommunikations- und Kongressgesellschaft mbH & Co. KG aus Leipzig, die die Pressemitteilung zur Kulturstraße Transromanica geschickt hat, über meine Erwähnung  und Verlinkung. Aber schon dem Titel des Aussands „Den Zauber des Advents erleben“ konnte ich eben kaum widerstehen, und dem obigen Foto schon gar nicht…

Biografie meiner Mutter ist im Druck

Freitag, 27. November 2009

Die Arbeit an der Biografie „Von Ostfriesland an den Bodensee – Die Geschichte meiner Mutter“ ist vorläufig abgeschlossen.  – In diesem Jahr habe ich zusammen mit meiner Mutter Ingrid Benner ihre Biografie geschrieben, was uns viel Zeit gekostet und noch mehr Freude bereitet hat. Jetzt ist das Buch im Druck und wird hoffentlich rechtzeitig ausgeliefert, sodass ich es möglichst als kleines Extrageschenk zu Weihnachten meinen nächsten Verwandten zum Gegenlesen zukommen lassen kann.

Ingrid Benner 2006 zu Besuch bei ihrem Sohn Jörg in Köln

Die Idee zu dem Projekt haben Mutter und Sohn bereits vor mehreren Jahren geboren (etwa 2006, als sie bei mir in Köln zu Besuch war, siehe Foto). Allerdings ließ sich die Arbeit erst verwirklichen, als wir mit der systematischen Aufarbeitung ihres Lebens begannen und damit, Abschnitt für Abschnitt ausführlich zu besprechen. Dafür haben wir eineinhalb- bis zweistündige „Telefon-Sessions“ abgehalten, die ich auf Band aufgezeichnet habe, und uns leider viel zu selten auch persönlich getroffen.

Für sie war die Gelegenheit, ihre Geschichte in Beschreibungen früherer Lebensumstände und in Anekdoten darzustellen, eine willkommene Abwechslung. Für mich lag die Herausforderung in der Umsetzung, die eigentliche Schreibarbeit jeweils zwischen die Erledigung meiner bezahlten und ehrenamtlichen Tätigkeiten einzuschieben. Die finale Textabstimmung und Ausgestaltung erwies sich wiederum als äußerst produktive Zusammenarbeit, detailgenau ohne detailverliebt zu sein, einvernehmlich, was den Duktus und die Formulierungen betrifft.

Rücken und Cover des Buches "Von Ostfriesland an den Bodensee"

Viel mehr gibt es zu der Biografie in der ersten Auflage im Selbstverlag nicht zu berichten, als dass es sich bei dem Buch um ein A5-Format handelt, 228 Seiten mit 15 Bildtafeln, teilweise farbig, sowie einem Stammbaum, erhältlich gegen eine Schutzgebühr von etwa 15 Euro nach Rückfrage bei mir. – Vielleicht noch der eitle Hinweis, dass ich zusammen mit meiner Mutter über den Abschluss dieses Buches einigermaßen stolz und froh bin, und dass ich mir wünsche, noch mehr derartige Bücher verfassen zu können.  Zu guter Letzt für die ganz Neugierigen nachfolgend noch das Inhaltsverzeichnis.

Inhaltsverzeichnis des Buches "Von Ostfriesland an den Bodensee"

Überblick ist Illusion, Umsicht ist Pflicht

Donnerstag, 26. November 2009

Die 37. Römerberggespräche drehten sich im Frankfurter Schauspielhaus um die „Krise des Überblicks„. „Illusionen des Überblicks“ hieß der Eröffnungsvortrag des Philosophen Martin Seel, in dem er statt dieser für ein philosophisches Denken warb, das wie eine „Kamerafahrt vom Panoramabild mitten ins menschliche Getümmel“ verläuft. So zitiert ihn Thorsten Gräbe im Feuilleton der FAZ am vergangenen Montag (online nicht verfügbar).

Screenshot der Aktuell-Seite von www.roemerberggespraeche-ffm.de

Matthias Arning stellte in der Frankfurter Rundschau bereits vor den Gesprächen nicht nur Martin Seel, sondern auch Harald Welzer vor, Sozialpsychologe am Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen und Dozent an der Privatuni Witten-Herdecke, der unter anderem die Studie „Opa war kein Nazi“ geschrieben hat. Ihm zufolge geht es – ob in Bezug auf den Solidaritätspakt oder auf den Klimawandel – darum, bisher Bewährtes, mittlerweile aber Chancenloses zu ersetzen (sein neues Buch, zusammen mit Klaus Leggewie heißt: „Das Ende der Welt, wie wir sie kannten“). Er war denn gemäß Rudolf Walther auch der einzige, der die „Grenzen des Systems“ nicht im Kapitalismus, sondern im Klima verortete.

Harald Welzer hat nach Angabe von Thorsten Gräbe sein Publikum kritisiert: „Sie applaudieren immer zu schnell“, und warf den vorrangig über sechszigjährigen Zuhörern vor, kritischen Äußerungen vor allem deshalb Applaus zu spenden, um eine einfache Schuldzuweisung vorzunehmen. Weitere Redner sprachen das Publikum direkt an, Thorsten Gräbe bezeichnet es als „mit den Römerberggesprächen gealtert, jüngere Gesichter waren kaum zu sehen.“ Damit kommt er noch einmal auf Harald Welzer zurück, der von einer „Desynchronisation“ zwischen den Generationen sprach. Die konstatierte Generationenungerechtigkeit, während gegenwärtig das Funktionieren unserer Welt simuliert werde, bekamen daher nur wenige jüngere Menschen mit, die an diesem Zustand möglicherweise etwas ändern könnten. Auch die Berichterstattung über die zweifellos hochinteressanten Gespräche blieb vergleichsweise gering.

FAZ, 23.11.2009, Überschrift des Beitrags von Thorsten Gräbe

Rudolf Walther bezeichnet im Feuilleton der Frankfurter Rundschau am vergangenen Montag die diesjährige Themenwahl als besonders gelungen, denn sie hat “ Berufsgruppen zum Thema gemacht, die sich wie keine anderen blamiert haben in der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise – die Ökonomen, Wirtschaftsexperten, Prognostiker und Analysten“. Auch er greift den Einführungsvortrag von Martin Seel auf, wonach menschliches Handeln immer Alternativen und Risiken birgt und daher durch Umsicht, Bescheidenheit und Selbstreflexion bestimmt sein sollte.

„Das Gelegenheitsfenster, das die Krise geöffnet habe, sei nicht genutzt worden“, zitiert Thorsten Gräbe in der FAZ Harald Welzer. Ebenso wenig wurde die Chance zur Öffentlichkeitsarbeit genutzt, auf die vorrangig ökonomischen Themen, unter anderem zu Stichwörtern wie „Homogenisierung der tonangebenden Eliten“, in Abhängigkeit davon sinkende Realisierungschancen von Prognosen, die momentane „Selbstzerstörung der Wirtschaft“, „kriminell zu nennendes Fehlverhalten der Banken“, „Kontrolldefizite aufgrund von Politikversagen“ (Rudolf Walther in der Frankfurter Rundschau).

So die Pointe im Vortrag  von Martin Hellwig, Mitglied im Lenkungsrat, der die staatlichen Mittel zur Rettung privater Banken und Betriebe verteilt, dass es „Banken bei vielen Regulierungsvorschriften gelungen ist, den Behörden ihre eigenen Vorstellungen als die „richtigen“ und „praktikablen“ einzureden“. Diese und andere Erkenntnisse hätten nach meinem Dafürhalten im Sinne der „Umsicht, Bescheidenheit und Selbstreflexion“ auf jeden Fall weitaus mehr öffentliche Resonanz verdient. Dies ist mein bescheidener Beitrag dazu.

Das Anzeigengeschäft stützt den Journalismus

Mittwoch, 25. November 2009

Ein Plädoyer für das Beibehalten der Koexistenz von Anzeigengeschäft und Journalismus. Der Hamburger Kommunikationswissenschaftler Thomas Birkner sieht eine Abkehr von dem seit 100 Jahren bewährten Modell als Holzweg. Damit kritisiert er in der FTD vom vergangenen Montag sowohl Axel Springer-Konzerngeschäftsführer Christoph Keese als auch FTD-Redakteur Joachim Dreykluft.

FTD, 23.11.2009: Titel "100 Jahre Zweisamkeit" von Thomas Birkner

Christoph Keese setzte im Kommentarteil der FTD auf Paid Content-Lösungen, demgegenüber schlug Joachim Dreykluft ebendort den Vertrieb von mobilen Lesegeräten durch Verlage vor. Beiden ist laut Birkner gemeinsam, dass sie „die Anzeige als Financier des Journalismus“ für „unwiderruflich abgetreten“ halten. Zur Begründung seiner gegenteiligen These geht er in die Geschichte und beschreibt die Popularisierung von Zeitungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch das Anzeigenwesen. Durch Gratisauflagen etablierten die Verlage das Produkt „Zeitung“ am Markt und begannen erst danach, Bezugspreise zu erheben.

Mit diesen beinahe nur als Schutzgebühren zu verstehenden Kosten konnte jedoch allenfalls die materielle Produktion, nicht aber der dahinter stehende Journalismus finanziert werden. Birkners Worten zufolge ist „das Tolle an der Zeitung, dass sie von 1605 an ein Wirtschaftsprodukt war, welches dann in der Hochindustrialisierung von der Unternehmenswelt als Werbefläche entdeckt wurde.“ Darüber hinaus habe sich die Zeitung – anders als das Radio und das Fernsehen – als weitgehend unabhängig vom Staat erwiesen. Stattdessen ist die „Dialektik zwischen gesellschaftlichem Auftrag und kapitalwirtschaftlicher Unternehmung zu Recht Bestandteil aller medienkritischen Diskurse“, belegt vor allem durch den Nationalökonomen Karl Bücher, Begründer der Publizistik in Deutschland.

Interessanterweise wurde damit hierzulande dennoch „die finanzielle Grundlage für den unabhängigen Journalismus gelegt“. Diese Mischfinanzierung (etwa 65 Prozent Anzeigen- und 35 Prozent Vertriebserlöse) habe erst die Kontrollfunktion für den Staat ermöglicht, argumentiert Thomas Birkner weiter. Die neuerliche Erfolgsgeschichte des Journalismus in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg sei nun auf das Internet zu übertragen. Die Alternative von privaten Stiftungen  zur Finanzierung von Qualitätsjournalismus wie in den USA hält er hier nur unter staatlicher Beteiligung für realisierbar – was aber der Kontrollfunktion des Journalismus widerspricht.

Als sehr negativ („ein verheerendes Signal“) bewertet der Autor die Trennung der WAZ-Gruppe vom dpa-Angebot aus dem Grund, dass die Informationen doch kostenlos im Netz verfügbar seien. Positiv hingegen sieht er die Absicht der Bundeskanzlerin Merkel, auf journalistische Onlineprodukte wie im Printbereich ebenfalls den ermäßigten Merhwertsteuersatz von 7 Prozent anzuwenden. Die Fallstricke des neuen Leistungsschutzrechts für journalistische Angebote im Netz hat Stephan Zimprich ebenfalls in der FTD beschrieben. Dadurch könnten journalistische Qualitätsangebote entsprechend hervorgehoben werden, „sodass Anzeigenkunden als auch Leser gern dafür bezahlen“, so die Hoffnung, bei aller berechtigter Kritik. Also doch Paid Content – allerdings nur in Verbindung mit dem erlösreicheren Anzeigenumfeld.

Sollten Verleger bei den Bezahlinhalten im Netz scheitern, schließt Birkner, würde das das Ende des professionellen Journalismus in seiner heutigen Ausprägung bedeuten. Auch wenn er sich skeptisch gegenüber dem von „Apologeten des Web 2.0 herbeigesehnten Bürgerjournalismus“ zeigt, kann so ein Umbruch doch auch reinigende Kräfte entwickeln. Mehr noch als auf die normative Kraft des Faktischen sollten wir dabei auf die begeisternde Kraft des Phantasievollen und die bindende Kraft der Vertrauenswürdigkeit setzen.

Dazu Dichter in dürftiger Zeit

Montag, 23. November 2009

Besprechung des Feuilleton-Beitrags aus der NZZ vom 31.10.2009 „Die Ratlosigkeit des Moments“. Hans Ulrich Gumbrecht macht sich Gedanken über die Position der Geisteswissenschaften und über ihren Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme. Dabei geht er aus von dem Sinnspruch der Antike aus, dass in Kriegszeiten die Texte schweigen („In armis silent litterae“), zum einen, weil die Männer Dienst an der Waffe tun müssen, zum anderen, weil die Not die Inspiration versagt.

NZZ, 31.10.09, Die Ratlosigkeit des Moments

Vor diesem Hintergrund beleuchtet er die Dichtergeneration von Georg Trakl, Ernst Jünger und Louis-Ferdinand Céline, die doch noch während des Ersten Weltkrieges die Kultur weiterentwickelt und bereichert hat. Darauf bezieht sich Heidegger, der nach dem Zweiten Weltkrieg das Hölderlinsche Wort aus Strophe sieben der Elegie „Brod und Wein“ aufgreift: „…was zu thun indeß und zu sagen, / Weiß ich nicht und wozu Dichter in dürftiger Zeit“. Als „ratlos“ bezeichnet Autor Gumbrecht unsere Gesellschaft, in Bezug auf  die Gründe Heideggers, diese Frage neu zu stellen, als auch in Bezug auf die Frage, was Dichter seit dem 20. Jahrhundert zur Überwindung und Vermeidung von Krisen beigetragen hätten.

Erst im weiteren Verlauf stellt sich heraus, dass er nicht allgemein eine moralische oder kulturelle Krise meint, sondern hier ganz konkret die Kreditkrise anspricht. Weder würden ihr „Kleinmütige“ gerecht (die Geisteswissenschaften als Luxusveranstaltung missverstehen oder die das Ausbleiben von Forschungsgeldern fürchten) noch jene „beamteten Denker, die sich – wie altkluge Kinder – anmassen über Lösungen zu verfügen“. Wenn dann von moralischen Ursachen wie Gier oder Profitmentalität gesprochen würde, sei die „Grenze des Grotesken“ erreicht.

NZZ, 31.10.09, "Die Ratlosigkeit des Moments", Einstieg

Bei der Suche nach Antworten erscheint es dem Autoren „evident“, dass Geisteswissenschaftler „die Absenz von Antworten auf unsere dringendsten Fragen nicht nur einzugestehen, sondern zu thematisieren und in ihren Folgen abzuschätzen.“ Das könne sich die Wissenschaft durchaus leisten, meint Hans Ulrich Gumbrecht und wird gleichzeitig seiner eigenen Forderung gerecht, indem er das Fehlen der Antworten thematisiert. Daraufhin wendet er sich wieder Heidegger zu, der im „Humanismusbrief“ und dann im Aufsatz „Wozu Dichter?“ (beide 1946) das Sich-Eingestehen der eigenen Ratlosigkeit als den Mut beschrieben hat, „sich der Erfahrung des Abgrunds auszusetzen“.

Grundsätzlich ist diese „Denkbewegung“ sicherlich allemal angemessener, als  in „irreversibler Blindheit“ den „ungedeckten Anspruch“ zu erheben, „über Lösungen zu verfügen“. Es geht ihm darum,  dem „manchmal ja beinahe terroristischen Drängen der Kollegen und der Gesellschaft auf >>konstruktive Kritik<< nicht immer gleich nachzugeben.“ Sicher erweisen sich viele angebliche Lösungen als „Rohrkrepierer“. Allerdings erschließt sich mir nicht, warum die Geisteswissenschaftler erst dann einen Ort in der Gesellschaft gefunden haben, „wenn pessimistisch sein, skeptisch sein und realistisch sein wieder konvergieren dürfen.“

Möglicherweise bezieht sich die geäußerte Kritik aktuell auf die SloterdijkHonnethDebatte, über deren Ursachen Richard David Precht im Spiegel geschrieben hat: „immer mehr Schärfe im Einzelnen auf Kosten einer zunehmenden Gleichgültigkeit im Ganzen.“ Ich wünsche mir, dass ich als skeptischer Realist auch begründet optimistisch sein kann. Noch mehr wünsche ich mir jedoch, dass einzelne Dichter, die mit Geisteswissenschaftlern nicht zu verwechseln sind, neben Realismus und Skepsis auch der Utopie und der Zuversicht das Wort reden.

The Spirit of Christmas 2009, Part 3

Samstag, 14. November 2009

Paradebeispiel für die unterschiedliche Rezeption derselben Agenturmeldung. Reuters veröffentlicht am 12. November die Meldung: „Einzelhandel sieht 2010 kaum Impulse durch Steuerentlastungen.“ Darin: „Für das diesjährige Weihnachtsgeschäft rechnen die Einzelhändler mit Umsätzen von 73 Milliarden Euro. Das wäre ein Minus von rund 1,5 Prozent zum Niveau des vergangenen Jahres.“ Eine weitere, ausführlichere Meldung bekräftigt diese Aussage.

Die Tagesschau greift das Thema am selben Tag auf unter der Schlagzeile: „Schlechter als 2008, aber besser als erwartet„, während die Deutsche Welle die Meldung aufbereitet als „Umsatzrückgang inm Weihnachtsgeschäft erwartet„. Die Netzeitung wiederum titelt: „Handel erwartet nur geringes Minus im Advent„, allerdings  mit dem Zusatz „Aber trüber Ausblick für 2010“ – was man für die Netzeitung selber so formulieren kann.

Titel des Handelsblatt-Artikels, 12.11.2009

Am kommenden Tag sind in den Zeitungen dann jedoch so unterschiedliche Meldungen zu lesen wie einerseits „Weniger Einkäufe vor Weihnachten“ im Handelsblatt und „Einzelhandel: Schwächeres Weihnachtsgeschäft erwartet“ in der Süddeutschen und andererseits „Einzelhandel erwartet passables Fest“ im Tagesspiegel und „Weihnachten wird nicht gespart“ im Kölner Stadt-Anzeiger. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass der Zusatz lautet „Der Einzelhandel erwartet nur ein leicht schwächeres Geschäft“.

Titel des Artikels im Kölner Stadt-Anzeiger, 13.11.2009

Ein klassischer Fall von Ansichtssache: Ist das Glas halb leer oder halb voll? Und wie möchte meine Redaktion gewöhnlich die Sache betrachtet sehen? Daran lässt der Kölner Stadt-Anzeiger keinen Zweifel, im Kommentar schreibt Peter Hahne: „Gute Laune vor Weihnachten“. Dem möchte ich mich im Sinne des „Spirit of Christmas 2009“ nur anschließen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Kommentar im Kölner Stadt-Anzeiger, 13.11.2009

Nachtrag: Höchstens noch, dass die Bild-Zeitung ankündigt: „Krise macht Weihnachten billig wie nie!“ Aber auch das kann mir die teuerste Zeit des Jahres nicht entwerten.