Archiv für die Kategorie ‘Journalismus’

Grenzen der Vielsprachigkeit

Mittwoch, 27. Januar 2010

Das Video von Günther Oettinger, dem bisherigen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und künftigen EU-Kommissar, ist zwar schon vier Tage alt, aber einfach zu schön und auch sinnig aufbereitet. Er kann einem ja schon leid tun, wie er sich da abringt und durch das Manuskript müht, das er augenscheinlich selbst kaum versteht. Da wäre in Abwandlung des Werbeslogans für seine Heimat eigentlich der Zusatz fällig: „Wir können alles außer Hochdeutsch und Englisch“.

Umgekehrt muss der neutrale Betrachter da doch wieder einmal den US-Präsidenten Barack Obama loben, der nicht nur deutsch, sondern sogar schwäbisch perfekt zu beherrschen scheint – zumindest, wenn man dem lustigen Beitrag des Südwestrundfunks aus dem vorigen Jahr glauben darf, anlässlich der alljährlichen Eigentümervollversammlung des Wohnblocks Wilhelmstraße 48…

Grenzen der Wirklichkeit in „Avatar“

Donnerstag, 21. Januar 2010

Überaus interessant finde ich die vielen verschiedenen Ebenen, auf denen ein Blockbuster der Extraklasse wie James Camerons „Avatar“ für Schlagzeilen sorgt. Einerseits reitet nach wie vor die Kritik aus verschiedenen Lagern auf einzelnen Aspekten des Filmspektakels herum. Andererseits beschäftigt mich nach wie vor die Frage, wie soll das denn eigentlich funktionieren – in den Austauschkörper eines Avatars zu schlüpfen? Zu diesem Thema kommt bereits ein zweiter Kinofilm auf den Markt, „Surrogates“ mit Bruce Willis.

KStA. 20.01.2010: Der Avatar-Film in China

Im Kölner Stadt-Anzeiger vom vergangenen Dienstag berichtet Bernhard Bartsch von den Chinesischen Zensoren, die „Avatar“ nur noch in den 3D-Kinos laufen lassen und damit den Großteil der auch im Reich der Mitte überaus erfolgreichen Vorstellungen grundlos streichen. Als Erklärung dient die Einschätzung des berühmten chinesischen Bloggers Han Han, der zu den im Film gezeigten Vorgängen auf dem Planeten Pandora schrieb: „Eine solche brutale Räumung kann nur auf einem anderen Planeten oder in China stattfinden.“ Auch offizielle Meiden hätten die Diskussion aufgenommen, heißt es weiter, wonach der Film für viele Kinogänger „einen bekannten sozialen Konflikt“ wieder spiegele. Dieses Phänomen könnte ich auch „Grenzen der Wirksamkeit“ benennen. Allerdings verhilft ein Verbot – oder wie hier Teilverbot – einer kulturellen Schöpfung nur noch zu mehr Beachtung oder sogar Ruhm.

Welt, 19.01.2010: Weitere Avatar-Kritik

In der Welt vom vergangenen Montag sammelte Hannes Stein noch einmal verschiedene Kritikerstimmen, allen voran die im obigen Titel zitierte des „Movieguide“. Daneben betonten viele konservative Kritiker, dass sie sich aufgrund der Klischees in dem Film so schrecklich gelangweilt hätten – was ich beim besten Willen nicht glauben kann. Der Autor räumt basierend auf der durchaus pro-amerikanischen Einstellung von Karl Marx im 19. Jahrhundert mit der Behauptung auf, bei „Avatar“ handele es sich um einen linken Film. Vielmehr sei er der politischen Romantik zuzuordnen. Beiden Aspekten widmet die FAZ im heutigen Feuilleton einen ausführlichen Artikel: „Avatar, Vorbild Nummer 1“ (in China, inkl. des Dementis der Filmbehörde, dass die Teilabsetzung nichts mit Propaganda zu tun habe) und „James Cameron, Staatsfeind Nummer 1“ (in den USA, vor allem bei den rechten Kritikern).

Zuletzt geht Hannes Stein in der Welt nochmals auf die Kritik von David Brooks in der New York Times ein (ich hatte berichtet) – die Geschichte der Eingeborenen würde entweder von grausamen oder von einem gutmütigen Imperialisten, aber damit immer fremd bestimmt. Hier mögen die Einschränkungen gelten, dass es sich a) um die messianische Geschichten eines Weißen als menschliche Identifiaktionsfigur für das Kinopublikum weltweit handelt, und dass es sich b) nur um eine fiktionale Geschichte handelt, die zudem noch einen überraschenden Schluss bietet (dieser stellt die unverbrüchlich menschliche Natur der Heldenfigur in Frage, um im Sinne des Betrachters zu fragen: „Möchte ich nicht auch viel lieber ein Na’vi sein?“).

Die Welt, 21.01.2010: Ein Bruce Willis ohne jede Falte

Derweil kommt bereits ein nächster Film in die Kinos, der seinen Helden, diesmal Bruce Willis als FBI-Agent, einmal als perfekten Avatar und einmal als schwächelnden Medienkonsumenten seines virtuellen eigenen Lebens zeigt. Die Comic-Verfilmung nach Robert Venditti bietet sicherlich bei weitem nicht so viel Diskussionsbedarf wie Avatar. Aber auch in diesem Film, bei dem es um eine neue Waffe geht, die zusammen mit einem Avataren auch seinen „Originalmenschen tötet, geht es um das Prinzip, einen anderen Körper einzunehmen. Der General-Anzeiger Bonn bezeichnet ihn als eine „manchmal wirklich spannende, aber unzureichend ausformulierte Parabel“.

Im Film „Matrix“ fasste ich die Vorstellung, die Menschen erleben die interaktive Wirklichkeit nur simuliert, während sie als natürliche Batterien in Brutstationen vor sich hinvegetieren, nur als philosophisches Gedankenexperiment auf. Zum „Avatar“-Prinzip werde ich mich jedoch mit den (pseudo-)wissenschaftlichen Grundlagen des Gedankenexperiments eines Körperwechsels  näher beschäftigen müssen (im gleichnamigen Film auch als „Traumwandeln“ bezeichnet): Wie sollte das überhaupt funktionieren? Allenfalls erinnert es noch an religiöse Vorstellungen des Besitzergreifens von Seelen durch Dämonen. Wo liegen hier die Grenzen der Wirklichkeit? Das lässt mir keine Ruhe.

Hier ein kleines Erklärstück aus dem „News Reel“ zum Streifen „Surrogates – Mein zweites Ich“, der heute in deutschen Kinos startet:

Kompass durch die komplexe Medienlandschaft

Montag, 18. Januar 2010

Der 2. Deutsche Medienkongress Dienstag und Mittwoch in Frankfurt am Main warf bereits einen medialen Schatten voraus: In der Welt am Sonntag beschäftigte sich eine vierseitige Sonderausgabe mit den wichtigsten Fragen des Branchentreffs mit mehr als 60 Referenten. „Welche Marketing- und Mediastrategien werden zukünftig Erfog versprechend sein?“, wurde darin als Kernfrage benannt. In acht „Kongress-Modulen“ soll „die Zukunftsfähgkeit und -relevanz einzelner Mediengattungen beleuchtet“ werden.

WamS, 17.01.10, Titel: Verlage auf neuen Wegen

Im Beitrag „Antworten auf die digitale Herausforderung: Wie Unternehmen ihre Geschäftsstrukturen ändern“ (Untertitel zu obiger Überschrift) bezieht sich Ileana Grabitz eingangs auf die Münchner Medientage, die provokant durch Jeff Jarvis eröffnet wurden: Deutsche Verlagshäuser haben lange an den alten Geschäftsmodellen festgehalten, die hochwertigen journalistischen Inhalte sind meist kostenfrei im Netz abrufbar, daher das Jarvis’sche Mantra: „Do what you do best and link the rest.“

Als erfolgreiche Beispiele veränderter Geschäftsmodelle nennt die Autorin iPhone-Apps der Axel Springer AG (bereits 100.000 mal verkauft), sowie das von der englischen Times eingeführte und in Deutschland u.a. von der Welt und dem Handelsblatt adaptierte Tabloid-Format. Als weiteres Geschäftsmodell werden hochwertige Print- oder Filmeditionen wie von der Süddeutschen Zeitung genannt, die über die Verlagshäuser laufen. Allerdings erscheinen keine Paid Content-Modelle in dieser Aufstellung (auch nicht für Special Interest-Nischen), sondern lediglich Zusatzerlöse, die unmittelbar  aus dem Bereich „Qualitätsprodukt Print“ stammen, wie Corporate Publishing, Sonderbeilagen und Fachkongresse. All diese Zusatzerlöse könnte es auch ohne das Medium Internet geben; die „digitale Herausforderung“ wie eingangs benannt, scheint hier in mögliche neue Geschäftsmodelle (außer durch die iPhone-Apps) nicht mit einbezogen worden zu sein.

Der Medienberater Klaus Petersen hingegen überschreibt seinen Beitrag in der WamS-Sonderausgabe „Medienunternehmen können mehr tun“ und begründet die Notwendigkeit der Neuausrichtung, „weil die traditionellen Medienunternehmen sich nicht rechtzeitig aus ihrem Denken lösen konnten.“ Erneut der Jarvis’sche Vorwurf, verbunden mit der Idee, aus dem Kerngeschäft Print via paid content neue Erlösquellen zu erschließen.

Auch wenn das bisher nicht geklappt hat, sollten drei Punkte dabei hilfreich sein, so der Berater weiter: „Hohe Marktdurchdringung bzw. Kundenpotenziale, Qualitätsinhalte und Produktions-kompetenz.“ Damit sollte es Verlagshäusern gelingen, die Medienkunden zu Netzkunden und die bekannten Nutzerdaten zu passenden, mediengerecht aufbereiteten digitalen Produkten zu transformieren. Zusätzlich empfiehlt er Kooperationen auf allen Ebenen.

WamS, 17.01.10, Titel: Information ist kein Wert an sich

Wie der Welt-Chefredakteur Thomas Schmid in seinem Editorial „Was dem User nutzt“, rät auch Ulrich Clauß auf Seite 1 der Sonderbeilage dazu, die Realität der Neuen Medien wahrzunehmen, sie sich (als Zeitungsverlag) anzueignen und kostenpflichtige Inhalte anzubieten. „Denn werthaltige Ware kostet Mühe und Arbeit, und die kostet Geld.“ (Ulrich Clauß) – „Diese Qualität soll und muss etwas kosten“ (Thomas Schmid). Vier Trends macht ersterer aus: „immer individueller konfektionierte Angebote“, „immer voluminösere Massenplattformen mit hoch dynamischen Eigenleben“, „zunehmende Mobilität“ und „Utopien von Allgegenweart, Selbstermächtigung beliebiger Verfügbarkeit der Ressourcen“.

Falls dieser vierte Trend die Falle der Kostenloskultur umschreibt, sollte er langsam aber sicher bereits rückläufig sein. Jedenfalls ist es an den Verlagshäusern selbst, dafür zu sorgen, dass neue Erlösmodelle (Micro-Payment oder Nischen-Paid Content) ihre eigenen Inhalte vor den „Freibeutern des frühen Informationszeitalters“ schützen.  Der Autor in der Welt am Sonntag benennt jedoch wiederum nur das „iPhone“ als Hoffnungsträger eines funktionierenden Bezahlmodells. Dass User jedoch die Bereitschaft aufzubringen für nutzwertige Informationen künftig Geld zu zahlen, daran sollte kein Zweifel bestehen, das ist für die Zeitungsverlage ein überlebenswichtiger Erziehungsauftrag.

Insofern geht es bei dem Kongress eher um die Zukunftsfähigkeit der Verlagshäuser als um die der einzelnen Mediengattungen.

Wochenend-Presseschau 03-10

Montag, 18. Januar 2010

Entschleunigung in der „Karrierewelt“, Interviews mit Jaron Lanier in der Samstags-FAZ und mit Jeremy Rifkin in der WamS. Um mit dem Letztgenannten zu beginnen, der Leiter der von ihm gegründeten Foundation of Economic Trends, Jeremy Rifkin, warnt im Interview mit Matthias Wulff in der WamS davor, dass die Menschheit trotz wachsender globaler Empathie zielstrebig auf ihre eigene Vernichtung zusteuert. Anlass des Gesprächs ist das heute im Campus-Verlag erscheinende neue Buch „Die empathische Zivilisation“.

Im Gespräch gibt der streitbare Wissenschaftler Energie- und Kommunikationsrevolutionen als Ursachen für einen Bewusstseinswandel der Menschheit an (Beispiel: obwohl der Buchdruck schon länger existierte, ermöglichte erst die kohlegetriebene Dampftechnik den Betrieb moderner Druckerpressen). Heute sieht er die dritte industrielle Revolution in Vorbereitung, wodurch die globale Menschheit zur erweiterten Familie jedes einzelnen werde. Gleichzeitig verringere sich aktuell erstmals bei einem Umbruch der Kommunikationstechnik der durchschnittlich verfügbare Wortzschatz der Kinder.

Als heutige Aufgabe skizziert Rifkin das „Empathie-Entropie-Paradox“ zu durchbrechen (wir kommen uns global zwar sehr viel näher, auch in unserem gegenseitigen Verständnis, aber dabei verbrauchen wir unglaubliche Mengen an Energie). Lösungsansätze sieht er im Hausbau (Umbau von Häusern zu „Kraftwerken“ mit positiver Energiebilanz) sowie im Anpassen der Denkgebäude von Kategorien des 18. Jahrhunderts („autonome, materialistische Individueen“) auf heutige Anforderungen („globaler Ziivilsation“). Allerdings sieht er einen echten Überlebenskampf der Menschheit bevorstehen.

FAS, 17.01.10, Titel: Warum die Zukunft uns noch braucht

Jordan Mejias führt in der Samstags-FAZ ein Interview mit dem Informatiker, Komponisten und Autoren Jaron Lanier, der den Begriff der „virtuellen Realität“ prägte, 1983 ein erstes Videospiel vorstellte, als Erster internetbasierte Computernetzwerke vorschlug und den ersten Avatar entwickelte. Sein neues Buch, deutsch im Alfred A. Knopf Verlag, heißt „You Are Not a Gadget: A Manifesto.“ Aufgrund der Datenlage im Internet konstatiert er (Buchauszug in der Sonntags-FAZ): „Die weltweite Vernetzung von Intelligenz produziert nicht Über-Intelligenz, sondern Banalität.“ Stattdessen plädiert er für einen kostenpflichtigen Zugang zu wertvollen Inhalten im Netz (bei moderaten Preise), um nicht fortwährend „unter dem Banner der Offenheit zu einem Verlust an Kreativität“ zu gelangen.

Als Scheininformationen bezeichnet er die Informationsflut der allermeisten Einträge, die dem einzelnen Nutzer (je nach genutzter Technik und angewöhntem Verhalten) keine Zeit mehr lassen, nachdenkende Individuen zu sein. Im Buchauszug in der FAS wird er noch deutlicher: „Unter dem Strich produziert die Blogosphäre leeres Gerede, wie es in den heute hochgejubelten flachen und offenen Systemen eigentlich immer geschieht.“ An anderer Stelle formuliert er: „Wenn Inhalte wertlos sind, dann werden die Menschen irgendwann hohlköpfig und inhaltslos.“ Er analysiert Werbung im Internet als entscheidend für die so genannte „Schwarmökonomie“ und schreibt: „Die Kultur soll sich in Werbung und nichts anderes verwandeln“, Autoren, Journalisten, Musiker und Künstler dagegen sollen ihr geistiges Eigentum als unbezahltes Fragment dem „Schwarmgeist“ überlassen.

Karrierewelt, 16.01.10, Titel: Die neue Lust auf Langsamkeit

Zu guter Letzt bezeichnet sich der im Interview befragte Lanier allerdings doch als optimistischer als viele seiner Kollegen, indem er das geistige Eigentum menschlicher Ausdrucksformen für schützenswert erklärt und freiwillige Änderungen des Gesellschaftsvertrags für möglich hält. – Auf einer ganz anderen Ebene beschäftigt sich die Karrierewelt vom vergangenen Samstag mit den geänderten Bedingungen der Arbeitswelt. „Zeitmanagement-Experte Lothar Seiwert gibt Tipps zur Entschleunigung“, so der Untertitel des Beitrags. Lothar Seiwert hat übrigens auch Bücher zum Thema geschrieben. Die Basistipps lauten: Dein eigenes Tempo leben, Unwichtiges streichen, sich bei unliebsamen Aufgaben hingegen durchaus Zeit nehmen (dann geht es schneller), und im größten Stress bewusst inne halten. Danke, ich werds versuchen.

Google vs. China: Überzeugung oder Kalkül?

Samstag, 16. Januar 2010

Die Zeitungen waren Mitte der Woche voller Kommentare, vor allem habe ich mit denen der Financial Times Deutschland und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Donnerstag beschäftigt. Die FTD sprach im Leitartikel von einer „Achse des Guten“, die das Unternehmen gemeinsam mit US-Außenministerin Hilary Clinton nun bilde. Auch wenn es den Konzern nicht viel koste, weil er in China bisher nur ein Nischendasein gefristet habe, sei dies doch ein mutiger und der richtige Schritt, sich vom größten Wachstumsmarkt der Welt zurückzuziehen.

In der Rubrik „Das Kapital“ wurde in derselben Zeitung dargelegt, dass es beiden Riesen (China und Google) um Nutzerdaten im großen Stil gehe: „China will, das Google will“. Noch vor zehn Jahren hätten sich die Geheimdienste die Finger nach den Daten geschleckt, heißt es dort, die die Nutzer heute dem Internetgiganten bereitwillig frei Haus liefern. Dass der Konzern Google, der sich durch rechtlich ungeklärtes Scannen von Büchern und ganzen Straßenzügen nicht eben als moralische Instanz erwiesen habe, nun aus moralischen Gründen aus China zurückziehe, sei unwahrscheinlich. Als wahrscheinlicherer Grund werden Signale aus Peking angegeben, dass Baidu als staatlich favorisierter Suchdienst favorisiert werde.

Überschriften der Google-Kommentare in FTD und FAZ am 14.01.10

Carsten Knop vermeint in der FAZ vom vergangenen Donnerstag zu erkennen, dass „Google doch nicht böse“ sei. Da der vermutliche Rückzug aus China im Westen gut ankomme, sei der Schritt als PR-Maßnahme sicherlich klug. Allerdings glaubt der Autor, dass es Verhandlungen zwischen Google und China geben werde udn Google sich dann doch kompromissbereit zeigen werde,. Immerhin dürfte es sich bei aktuellen Umsätzen in China von „nur“ 600 Millionen Dollar doch um einen Werbemarkt von 10 Milliarden Dollar handeln.

Peter Sturm bemerkt allerdings in derselben Zeitung, dass es bei dieser Reaktion eher um das weitere negative Schlaglicht geht, das auf Chinas Praktiken  geworfen wird. Als Hintergrund der Reaktion seien daher vielmehr die massenhaften chinesischen Hackerangriffe auch auf Google zu betrachten. Im schlimmsten Fall aber – sollte Google bei der angedrohten Blockadehltung gegenüber China bleiben – könnten die User in aller Welt daraus lernen, wie es auch ohne Google gehen kann.

Auch Joachim Rogge im Kölner StadtAnzeiger betonte („Moral und Markt“), dass Google „mehr als andere Unternehmen vom Vertrauen seiner Kunden“ lebe. Mit dem PR-Coup sei der wachsenden Kritikerschar der Wind aus den Segeln genommen worden. Das Handelsblatt vom Donnerstag brachte in seinem Leitartikel („Google und die Freiheit in China“) zusätzlich das gewichtige Argument des Diebstahls geistigen Eigentums in die Diskussion ein. Google könne es sich schlichtweg nicht leisten, von einem Land ausspinoniert zu werden (auch wenn China diese Beschuldigung von sich weist). Zudem wird auch hier betont, dass der Konzern mit dem spektakulären Signal kein wirtschaftliches Risiko eingehe.

FTD, 15.01.2010, Zwischenüberschrift aus "Wenn China die Welt regiert"

In der Wochenend-Ausgabe der FTD beschäftgit sich der Harvard-Wirtschaftsprofessor Dani Rodrik mit der Frage,w as passiert, „Wenn China die Welt regiert“. Die Globalisierung würde deutlich chinesische Züge tragen, mutmaßt er, Demokratie und Menschenrechte würden dann ihren Glanz als globale Normen verlieren. Aber „eine chinesische Weltordnung würde nationalen Souveränitäten und nationaler Vielfalt dann auch mit mehr Toleranz“ begegnen und „mehr Raum für Experimente mit verschiedenen Wirtschaftsmodellen“ lassen. Ein schwacher Trost vielleicht, doch vermutlich eine realistische Aussicht.

Cineastische Erlösungsgeschichte

Donnerstag, 14. Januar 2010

Der erste Eindruck, den ich nach dem 3D-Kinoerlebnis von „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ hatte, war: „Wow, was ein visuelles Erlebnis!“ Allerdings glaube ich nicht einmal, dass der Film von der 3D-Technik erheblich profitiert. Die milliardenschweren Erlöse profitieren sicherlich von den deutlich teureren Eintrittskarten. Was mich aber an dem Film noch stärker fasziniert als die Rekordmarken, ist das Avatar-Prinzip selbst: Mittels ausgefeilter Technik eine andere Identität anzunehmen.

Die Welt, 11.01.10, Leitartikel: Magie in einer technisierten Welt

Hanns-Georg Rodek bewertet im Leitartikel der Welt vom vergangenen Montag die Tricktechnik höher als die 3D-Effekte, er nennt die dank enormer Rechnerleistungen zusammengefügten Bilderwelten „die Verheiratung des Menschen mit der digitalen Domäne“. In der Anmutung wirken die meisten Bewegungsabläufe sowohl der Eingeborenen des Planeten Pandora, der Na’vi, als auch der üppigen Urwald-Flora und -Fauna erstaunlich echt. Das beflügelt die Phantasie. Lediglich bei Stürzen der drei Meter großen Ureinwohner fällt ein leichtes Stocken auf, wie Peter Stephan Jungk, im Kino mit Peter Henning, in der Literarischen Welt vom vergangenen Samstag bemerkt.

Literarische Welt, 10.01.2010, Zwischentitel aus der Avatar-Besprechung

Neben der thematischen oder genrebezogenen Einordnung spielen die beiden Kinobesucher im Beitrag der Literarischen Welt auch auf die moralische Dimension an: „im Moment, da der Mensch den Fuß ins Paradies setzt, ist alles vorbei“. Daran könne auch die schöne Utopie, dass sich die Ureinwohner nicht unterkriegen lassen, nichts ändern. Peter Henning meint abschließend, beide seien auf die Tricks hereingefallen, doch er habe sich gerne verzaubern lassen.

Nach der Kritik des Vatikans der „Naturverehrung als Religionsersatz“ und dem Plagiatsvorwurf russischer Kommunisten (Handlung und Figuren stammten aus dem Roman „Die Unruhe“ des sowjetischen Autors Boris Strugazki) bemängelt nun der konservative Kritiker David Brooks in der New York Times, der „Mythos vom weißen Messias“ bediene stereotypische Annahmen. Christian Bos zeigt im Kölner Stadt-Anzeiger das angeblich rassistische Erzählmuster auf, wonach die Weißen als rational und technokratisch, ihre eingeborenen Opfer dagegen als spirituell und athletisch dargestellt werden. Doch ohne den Erlöser wären sie dem Unheil hoffnungslos ausgeliefert.

Kölner Stadt-Anzeiger, 14.01.10, Titel: Die blauen Pocahontas

Zugegeben, die radikal neue Motion-Capture-Technik wird mit Hilfe einer oft erprobten Geschichte eingeführt. Allerdings sehe ich hierbei keine berechtigten rassistischen Vorwürfe. Der klischeehaft an den Rollstuhl gefesselte Marine nimmt den Zuschauer als Identifikationsfigur mit auf eine Reise, die ein außergewöhnliches Ende bietet. Dabei werden auch keine Klischees ausgespart bezüglich des einsetzenden Umdenkens eines ehemaligen Söldners, der dank eines Leihkörpers neue Freiheiten kennen und schätzen lernt.

Sehr sympathisch finde ich dabei insbesondere, dass in den Untertiteln der Na’vi-Dialoge der „Traumwandler“ (ein schlafender Mensch, zu einem parallelen Leben im Avatar-Körper aktiviert) als „Alien“ bezeichnet wird. Der eigentliche Unterschied – und das interessanteste Gedankenexperiment – ist jedoch, dass der Held am Ende des Films seinen menschlichen Körper aufgibt, um künftig dauerhaft als Na’vi weiter zu leben.

Um zum Anfang zurückzukommen, die Idee einen lebensechten Avatar aufsuchen zu können, erinnert mich stark an Matrix. Dabei spielen wir im Internet doch ebenso mit Avataren, nur mit dem kleinen Unterschied, dass diese niemals ihr wirkliches Leben gewinnen oder verlieren. Was aber, wenn die künstliche Person die echte ersetzt? Oder wenn wir erkennen, dass unser wirkliches Leben nur ein künstliches ist?

Zur Illustration der offizielle deutschsprachige Kinotrailer:

Das Netzwerk rund ums Netz

Mittwoch, 13. Januar 2010

„Wir sind das Netz“ beansprucht der neue Claim des Bundesverbands Digitale Wirtschaft. Mit seiner jüngsten Mitgliederbefragung macht er diesem Anspruch alle Ehre: „Mehr als 90 Prozent der Mitglieder würden den BVDW weiterempfehlen“, so die Überschrift der Pressemitteilung vom 11. Januar. Gleichzeitig ist er mit einer neuen Struktur ins neue Jahr gestartet. Für die Fachgruppen Agenturen, E-Commerce, Mobile, Performance Marketing, Online Vermarkterkreis (OVK) und Social Media – wurden Gremienleiter für die Dauer von zwei Jahren gewählt.

Logo des BVDW e.V.

Mit dem positiven Umfrageergebnis sieht der Verband seine neu eingeführte Struktur bestätigt. „Word-of-mouth-Marketing“ nennt man das wohl in der Branche. Indem seine thematische und übergreifende Arbeit ab sofort in Fachgruppen, Foren, Units und Labs geregelt wird, möchte sich der BVDW von traditionellen Verbandsstrukturen lösen und sich an der innovationsgetriebenen digitalen Branche orientieren. BVDW Vizepräsident Dirk Kedrowitsch von Pixelpark legt die Latte noch höher: „Als führender Branchenverband geben wir den Takt der digitalen Wirtschaft mit an.“ Insbesondere in den so genannten Labs (Projekte mit begrenzter Laufzeit) sollen Statistiken, Publikationen und Events für die Mitglieder als auch die gesamte Internetindustrie erarbeitet werden.

Der zuletzt genannte erweiterte Verteilerkreis bewahrt den Verband davor, dem weitaus niedrigeren Anspruch „Wir sind ein Netzwerk“ anheim zu fallen.  Hat er doch erst jüngst einen kostenlosen Leitfaden zum „Sicheren Einstieg in Soziale Netzwerke“ vorgestellt. Doch Spaß beiseite: mit solchen Services und Mitteilungen zur Preisentwicklung mobiler Internetnutzung liefert er jedenfalls bereits jetzt „News to use“. Hoffentlich löst er auch künftig das Versprechen ein, Taktgeber für eine Branche zu werden, die künftig sicher nicht nur durch ihre Innovationen, sondern auch durch eine einsetzende Konsolidierung von sich reden machen wird.

Die Selbstbeschreibung aus der Pressemitteilung: Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. ist die Interessenvertretung für Unternehmen im Bereich interaktives Marketing, digitale Inhalte und interaktive Wertschöpfung. Der BVDW ist interdisziplinär verankert und hat damit einen ganzheitlichen Blick auf die Themen der digitalen Wirtschaft. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, Effizienz und Nutzen digitaler Medien transparent zu machen und so den Einsatz in der Gesamtwirtschaft, Gesellschaft und Administration zu fördern. Im ständigen Dialog mit Politik, Öffentlichkeit und anderen Interessengruppen stehend unterstützt der BVDW ergebnisorientiert, praxisnah und effektiv die dynamische Entwicklung der Branche. Die Summe aller Kompetenzen der Mitglieder, gepaart mit den definierten Werten und Emotionen des Verbandes, bilden die Basis für das Selbstverständnis des BVDW. Wir sind das Netz.

Wochenend-Presseschau 02-10

Montag, 11. Januar 2010

WamS, 10.01.10, Titel: Wanderkarte für Verzagte

Zweimal Welt am Sonntag, einmal NZZ und einmal die Süddeutsche vom Samstag: Das Interview mit Neon-Chef Michael Ebert muss alleine wegen der lyrischen Überschrift erwähnt werden. „Wanderkarte für Verzagte“ ist als Titel umso erstaunlicher, als zwar das Wort „Wanderkarte“ im Zusammenhang mit dem Buch „Planen oder treiben lassen“ von Michael Ebert und Timm Klotzek erwähnt wird, das Wort „Verzagte“ hingegen im gesamten WamS-Interview von Laura Ewert nicht. Allerdings trifft es auf die avisierte Mainstream-Leserschaft zu, über die Ebert nach meiner Ansicht jedoch zu Unrecht urteilt: „Die jungen Erwachsenen in Deutschland gehören zu der ersten Generation, die sich den Luxus leisten kann, darüber nachzudenken, was sie mit ihrem Leben wirklich anfangen will.“ Bestand zuvor hierzulande kein Bewusstsein?

WamS, 10.01.10, Titel: Macht uns das Internet dümmer?

Eine Antwort auf die Frage, wohin sich die Menschheit in Sachen Intelligenz tendenziell bewegt, ist auch von Alan Posener wahrscheinlich nicht zu erwarten. Allerdings wirft er die Frage im Feuilleton der Welt am Sonntag erneut auf, nachdem sein Kollege Frank Schirrmacher – ganz in seinem Element oder vielleicht noch ein wenig im Taumel des Erfolgs seines Buches „Payback“ – vergangenen Freitag bereits den Feuilleton-Teil der FAZ diesem Thema gewidmet hatte. Um der Wahrheit zur Ehre zu gereichen: Anlass ist die Veröffentlichung von John Brockman, der 114 Peronen aus dem angelsächsischen Raum fragte: „Wie verändert das Internet die Art, wie Sie denken?“

Gegenüber den ausführlichen Antworten in der FAZ liefert Alan Posener eine Zusammenfassung, der zufolge sich Optimisten und Pessimisten in ihren Einschätzungen die Waage halten, ebenso wie das Internet die Gesellschaft gleichermaßen verbinden wie fragmentieren könne. Einerseits würden vorübergehende Moden vorübergehend gehypt, andererseits sei auf viele wissenschaftlichen Informationen selbst in Wikipedia erstaunlich oft Verlass. Entsprechend der Umstellung von mündlicher Tradition auf die Buchkunst verändere sich das Gedächtnis und die Erinnerungsfähigkeit des Menschen nun wieder, wird Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin abschließend angeführt.

NZZ, 09.0110, Titel: Unterm Stilett

Akzeptanz von Informationen und von Geschriebenem hat immer auch mit der stilistischen Aufbereitung zu tun. Insofern von höchstem Interesse die Einlassungen des Professors für Kunstwissenschaft und Medientheorie Beat Wyss. Das Wort „Stil“ kann demgemäß sowohl vom lateinischen „instigare“ (zuspitzen, aufregen) als auch von „stilus“, dem Griffel abgeleitet werden. Dieser Wortgebrauch stammt wiederum vom spitzen Bolzen, der ein Opfer in der Falle aufspießt – keine schöne Vorstellung von schreiberischen Absichten. Allerdings sorge der Stil doch für eine Zuspitzung des Gesagten in Richtung großer Gefühle. „Es ist der spitze Griffel, der Stichel der Künstlichkeit, der uns die vollendete Form unter das träge Fettgewebe des nackten Lebens einschreibt“, so seine zugespitzte Conclusio, der ich nichts hinzuzufügen habe.

Süddeutsche Zeitung, 09.01.10, Titel: Humor-Berater

Zuletzt eine Anekdote über Erfolg, der ebenfalls mit Stilfragen zu tun hat, sowie mit psychologischer Bereitschaft zur Auseinandersetzung. Das überragende österreichische Skispringerteam leistet sich den Luxus eines Humor-Beraters. Der 49jährige Johnathan Briefs hat zweimal mit den Springern Improvisationstheaterkurse durchgeführt, um teaminterne Spannungen zu lösen, Perspektivwechsel vorzunehmen zu können und die für den Erfolg benötigte Leichtigkeit zurückzuerobern. Allerdings sieht er sich nicht als Geheimwaffe, auch wenn der Schweizer Olympiasieger Simon Ammann sichtlich verdattert war, nachdem sich ihm der Coach als Humor-Berater der österreichischen Mannschaft vorgestellt hatte.

Medienkanäle wie Automarken

Freitag, 08. Januar 2010

Gleich zweimal hat sich die Neue Zürcher Zeitung in dieser Woche mit dem Journalismus befasst – unabhängig von den vielen Berichten über die Präsentation der neuen Tablet-PCs, die neuerlich auch eine Antwort auf den angeblich drohenden Tod des Mediums Zeitung geben sollen. Einmal geht es um die Einschätzung des schweizerischen Verlegerpräsidenten Hanspeter Lebrument, ein anderes Mal um die Industrialisierung der Medien durch die viel beschworenen „Newsrooms“.

NZZ, 07.01.10, Titel: Seid stolz, Journalisten!

Einen „pressepolitischen Patriotismus“ fordert der Präsident des Verbands Schweizer Presse anlässlich der Dreikönigstagung und bezeichnet die schweizerischen Medien als die besten der Welt (was im Falle der NZZ nicht einmal abwegig erscheint). Im Beitrag „Seid stolz, Journalisten“ wird beschrieben: „Er redete seinen Kollegen und insbesondere den Journalisten ins Gewissen: <<Zeichnen Sie ein anderes Bild unserer Medien.>> Er findet es verheerend, dass <<wir nicht mehr an unsere Zeitungen glauben>>. Eine masochistische Grundstimmung habe sich breit gemacht.“

Die Analyse ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Medien selber als nicht in der Lage erscheinen, ein besseres Bild ihrer eigenen Arbeitsbedingungen zu zeichnen. Ob die Glaubwürdigkeitskrise, wie von Lebrument behauptet von den Journalisten erfunden wurde, ist zu beweifeln, seine Anschuldigung, die Branche sei zu einer der „Abonnementverkaufsverhinderer“ geworden, ebenso. Denn es besteht doch ein gewaltiger Unterschied in der Denk-, Sprech- und Handlungsweise eines Journalisten und eines Verkäufers.

NZZ, 06.01.10, Titel: Der Journalist am Fliessband

Zudem steht dem schweizerischen Medienmarkt noch eine „schmerzhafte Konsolidierung“ bevor, die in Deutschland bereits im vollen Gange ist. Dazu übte der Präsident von Axel Springer International Ralph Büchi Kritik: „Die Ertragskraft der niesigen Zeitungen sei im vergleich zu deutshcland tief. Es gebe zu viele Zeitungen und zu große Redaktionen.“ In einem anderen Beitrag tags zuvor beschäftigt sich Norbert Neiniger-Schwarz mit dem neuen Trand zum Newsroom, weitläufige Großräume, bestrahlt von Neonlicht. Das Beispiel der Multimedia-Infozentraale des Axel-Springer-Verlags in Berlin dient auch schweizerischen Medien zur Nachahmung, wie bereits der Berner Espace Media Groupe, AZ-Meiden in Aarau und aktuell in Bau beim Ringier-Verlag.

Das Ziel ist, alle Kanäle zu jeder Zeit mit Content zu füttern, per Twitter, Video- und Podcasts. Allerdings lässt sich das traditionelle Geschäftsmodell des Zeitschriftenabonnements nicht einfach auf die Neuen Medien übertragen. Denn der Trend zu Newsrooms, die ungestörtes, konzentriertes Arbeiten schlecht ermöglichen, ist eine Folge der schwächelnden Medienbranche und von Einsparungen. Der Autor lässt die Geschichte des Newsrooms seit 1994 beim Philadelphia Inquirer über den kombinierten von New York Times und USA Today 2004 bis hin zum gegenwärtigen Alltag in Großbritannien und Skandinavien Revue passieren, um festzustellen, dass dabei mehr als die Hälfte aller Arbeitsstellen verloren gegangen sind.

Die dem entgegen gesetzte Antwort, die ressortübergreifende Hilfe untereinander würde steigen, die Mauern würden auch in den Köpfen eingerissen, lässt sich schnell als Schutzbehauptung enttarnen. Es gibt keine Alternative als sich helfen zu lassen, weil die Aufgaben gewachsen sind und die Grenzen der Zuständigkeit verschoben oder aufgehoben wurden. Willkommen in der industrialisierten Medienbranche, die Norbert Neiniger-Schwarz mit der Autoindustrie vergleicht, deren „verschiedene Marken sich nur noch in der Carrosserie, nicht mehr aber im Innersten unterscheiden“.

Stiftungs-Journalismus als US-Weg aus der Krise

Mittwoch, 06. Januar 2010

In der Welt vom Heiligen Drei-Königs-Mittwoch beschwört Hannes Stein die fragliche Zukunft des Journalismus, wenn er von privaten Stiftungen abhängig wird. Am Beispiel von Pro Publica, des „Paradies für Journalisten“, beschreibt er ein in den USA praktiziertes Geschäftsmodell, das investigativen Recherchen zu wettbewerbsfähigen Gehältern ermöglicht. Dabei werden exklusive Geschichten auch schon mal Agenturen oder lokalen Rundfunk- und Fernsehstationen zur Vorabveröffentlichung abgetreten.

Die Welt, 06.01.10, Titel: Die Zukunft des Journalismus

Der dortige Chefredakteur Paul Steiger könne auf 16 Jahre als Geschäftsführer des Wall Street Journal zurückblicken. Er hält laut Welt „Skandalberichterstattung für eine wesentliche Zutat der liberalen Demokratie“. Seine Prognose lautet demnach, dass etablierte Marken wie die New York Times oder starke Blogs wie die Huffington Post überleben werden, allerdings nach demselben Prinzip, das er vorgemacht hat, indem sich gemeinnützige Organisationen ihnen anschlössen (oder besser gesagt sie sich denen).

Dieser Vision steht die Auffassung des Hamburger Kommunikationswissenschaftlers Thomas Birkner entgegen, dass dieses Prinzip hierzulande nur unter staatlicher Aufsicht funktionieren könne, dies jedoch wiederum der Kontrollfunktion des Journalismus wiedersprechen würde (vgl. den 4. Absatz von texthilfe.de: „Das Anzeigengeschäft stützt den Journalismus„). Während ich vor gut sechs Wochen noch auf „die begeisternde Kraft des Phantasievollen und die bindende Kraft der Vertrauenswürdigkeit“ gesetzt habe, würde ich nun ergänzen, dass nur starker Content auch starke Anzeigenerlöse generieren kann und dass Paid Content in „Good old Europe“ vermutlich Special Interest Informationen vorbehalten bleiben wird.