Mit ‘Internet-Zensur’ getaggte Artikel

Freiheit durch Kontrolle

Dienstag, 30. März 2010

„So ists mit aller Bildung auch beschaffen:
Vergebens werden ungebundne Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.

Wer Großes will, muß sich zusammenraffen;
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.“

Das Ende von Goethes „Sonett“ macht den Zwiespalt deutlich, der auch im Internet herrscht. Ausgehend vom heutigen Leitartikel in der Welt von Ulrich Clauß verhält es sich mit der Kontrolle Neuer Medien wie mit dem Hasen und dem Igel. Schlupflöcher der Legalität werden genutzt, bis sie gefunden und gesperrt sind. Im Vergleich mit der Entwicklung anderer Medien, so der Leitartikler, währte dieses Spiel jedoch nicht ewig: „Nach einer gewissen Zeit der Anarchie standen bislang noch für jede neue Medientechnik Instrumente und Verfahrensweisen zu ihrer wirksamen Regulierung bereit.“

Welt, 30.03.10, Zitat aus: Hase und Igel online

Dabei spielt keine Rolle, ob das Medium im Dienst der Demokratie oder der Diktatur eingesetzt wird. Ulrich Clauß fährt anhand  aktueller Beispiele fort, dass „die nationalstaatlichen Ordnungen , seien sie nun demokratisch legitmiert oder nicht“, dabei sind, sich „die Hoheit über die auf ihrem territorium benutzten Neuen Medien“ zurückzuerobern. Im Weiteren problematisiert er die häufig unreflektierte Verwendung des Begriffs „Zensur“: „Differenzierung ist Bürgerpflicht und -recht zugleich.“ So seinen zum Beispiel „der in Sachen Raubkopien recherchierende Anwalt“ nicht mit „weißrussischen Netz-Autokraten“ zu vergleichen. Daraus schließt der Autor, dass das Internet keine „neue, freiheitliche Weltkommunikationsordnung aus sich selbst heraus“ geschaffen habe. Hase und Igel hätten immerhin eine neue Rennbahn, auf der der Wettlauf um die größere Freiheit weitergehen werde, schließt er.

Welt, 30.03.10, Titerl: Hase und Igel online

Bleibt anzumerken, dass es einen Wettlauf um die Freiheit eigentlich nicht geben kann. Denn Freiheit basiert – gemäß dem eingangs zitierten Goethewort – auf gemeinschaftlich akzeptierten Gesetzen. Insofern ist das Hase und Igel-Spiel im Internet vielleicht nur eines um einen vermeintlichen technologischen Vorsprung, der aber an der Grundkonstitution der Staaten und der Mentalität des einzelnen Nutzers nichts ändert. Umgekehrt: Diese sind die Vorausetzung für einen friedliebenden Umgang miteinander und damit auch im Netz.