Archiv für April 2010

Kölner Sportrede: „Gemeinnütziger Kommerz“

Donnerstag, 29. April 2010

DFB-Präsident Theo Zwanziger hat auf Einladung der Stadt Köln und des Deutschen Olympischen Sport-Bundes im Kölner Rathaus eine Rede zum Thema „Sport zwischen Kommerzialisiierung und sozialem Engagement“ gehalten. Eine ziemlich langweilige und müde Angelegenheit, wenn ich dem Bericht von Frank Nägele im Kölner Stadt-Anzeiger folge:

Kölner Stadt-Anzeiger, 29.04.2010, Titel: Draußen Sonne, drinnen Rede

Das Wetter war schön, alle machten auf schön Wetter. Unter den am Ende begeistert applaudierenden Gästen waren der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters und der NRW-Innenminster Ingo Wolf, aber keiner, der dem umstrittenen Mann unagenehme Fragen gestellt hätte. Vermutlich war das auch nicht Sinn und Zweck der vierten „Kölner Sportrede“. Als Präsident des größten Einzelsportverbands der Welt Theo Zwanziger leicht reden über Chancen der Kommerzialisierung – so lange sie selbstverständlich „ehrlich“ von statten geht. Dieser Eindruck überwiegt beim Blick von außen auf den Verband und seine gigantischen Erlöse nicht immer.

Doch es geht mir nicht um Neidfragen. Beim jüngst absolvierten siebten Seminar zur Erlangung der C-Lizenz Vereinsmanagement zum Thema Marketing und Projektmanagement drehte sich die Diskussion lange Zeit um folgenden Widerspruch: Auf der einen Seite sollen sich Vereine und Verbände professionalisieren, müssen strikten Auflagen genügen und dürfen sich keine Fehler leisten, auf der anderen Seite sollen sie dies mit Ehrenamtlichen und Ehrenamtlern bewerkstelligen. Dass das ein derzeit wachsendes Missverhältnis ist, muss ich nicht betonen.

Vor diesem Hintergrund den Herrn und Meister der unvergleichlichen Wertschöpfung im Fußball über den Wert der Gemeinnützigkeit parlieren zu hören (wenigstens imaginär), das tut dann schon weh. Es geht nicht, wie von Zwanziger kritisiert, um den „Verzicht auf kommerzielle Betätigung“, sondern im Gegenteil um die Anerkennung oder auch die Entlohnung des sozialen Engagements. Die Grundtendenz, dass immer weniger Sportbegeisterte dazu bereit sind, die sich fortlaufend ehrenamtlich für die wachsenden Aufgaben zu betätigen, wird durch gute Reden nicht umgekehrt.

Sehr treffend klingt die Formulierung Frank Nägeles über den Duktus des DFB-Präsidenten „mit der routinierten Mischung aus Verbindlichkeit, Pathos und Aufrichtigkeit, die seinen Reden oft den Anstrich von Predigten gibt, an deren Ende doch das Gute siegt.“ Weit weniger kritisch, sondern eher unwillkürlich Zustimmung heischend (da ebenso unverbindlich verbindlich wie offenbar die ganze Rede) der Beitrag auf fokus.de: „Zwanziger will Kommerzialisierung sinnvoll nutzen“.

Aufgebauschte Anleihedebatte

Dienstag, 27. April 2010

„Adelaide versus Heidi“ lautet ein etwas überbewerteter Streit, der sich zwischen dem in Zürich lebenden Germanisten Peter Büttner und der Schweizer Heidi-Forschung entsponnen hat. Hintergrund war die Entdeckung Büttners, dass der Mülheimer Dichter Hermann Adam von Kamp bereits 1830 eine Geschichte mit dem Titel „Adelaide vom Alpengebirge“ veröffentlichte. Damals war Johanna Spyri, die geistige Mutter der „Heidi“, gerade einmal drei Jahre alt. Ihr Klassiker erschien 1879. Auf die ganze Geschichte hat mich der Artikel auf S.1 der heutigen Welt aufmerksam gemacht.

Welt, 27.04.10, Titel: Kommt Heidi aus Westfalen?

Brisanz enthält die Fragestellung alleine deshalb, weil es sich bei „Heidi“ um eine „Mythische Figur“ handelt, wie Sieglinde Geisel bereits vor knapp zwei Wochen in der Neuen Zürcher Zeitung betont. Sie führt – wie der Kutlruzeit-Beitrag – Regine Schindler an, Spyri-Biografin und freie Mitarbeiterin des Johanna-Spyri-Archivs im Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien, wonach sie es nach Lektüre des Vergleichstextes für ausgeschlossen halte, dass Johanna Spyri Kamps Erzählung als Vorlage für «Heidi» gedient habe. Rund ein Dutzend Parallelstellen hat der deutsche Germanist aufgeführt, die allerdings bereits den Begriff der Intertextualität als zu hoch gegriffen erscheinen ließen. 

Der Nachlass des Autors Hermann Adam von Kamp befindet sich im Stadtarchiv von Mülheim an der Ruhr. Auf der Homepage des Instituts wird etwas großspurig davon gesprochen, dass sich in dem 30-seitigen Text „bereits alle Versatzstücke des erst 50 Jahre später von Johanna Spyri verfassten Romans“ finden ließen. Davon ausgehend hatte die Schweizer Kultursendung „Kulturplatz“ das Thema aufgegriffen – was zu heftigen Reaktionen nicht nur in der schweizerischen Presse führte. Auf der Homepage der TV-Sendung übrigens auch eine Replik auf den NZZ-Artikel, worin es heißt: „Die vermeintlichen Gegenargumente, die Frau Geisel ins Feld führt und die ihrer Meinung nach auch von «Kulturplatz» hätten berücksichtigt werden müssen, zielen so weit an der Sache vorbei, dass man auf diese getrost verzichten kann.“ 

Schade, dass sich der Doktorand im Beitrag eher provokant äußert (im letzten Zitat scheint ihm das Wort „Schablone“ zu fehlen). Das letzte Wort aber ist in der Angelegenheit vermutlich noch nicht gesprochen. Allerdings ist es doch sehr interessant zu verfolgen, wie sich durch hochfahrende Emotionen einige Beteiligte zu vorschnellen Urteilen verleiten lassen. Keiner behauptet, Johanna Spyri habe abgeschrieben. Keiner möchte „Heidi“ den Schweizern wegnehmen. Die Erzählung von Kamps ist in der Heidi-Forschung noch nie aufgetaucht. Möglicherweise war sie aber der Autorin Spyri aus der Kindheit bekannt, dieser Umstand ließe als sehr interessante Neuigkeit durchaus den Schluss einer Intertextualität zu. Doch zuletzt: Eine „neue Verunsicherung, was wohl geistiges Eigentum ist“, die der Welt-Autor Wieland Freund vermutlich unter dem Eindruck des NZZ-Artikels konstatiert, kann ich hier nirgends erkennen.

Hier ein Eindruck davon, worum es in der Debatte geht:

Neulich in Neuehrenfeld…

Dienstag, 27. April 2010

…da fahr ich doch ahnungslos über die Äußere Kanalstraße in Köln, als plötzlich ein Kunstrasen-Kraftfahrzeug vor mir auftaucht, zudem mit britischem Kennzeichen. „Wimbledon“ war meine erste Assoziation, „Wembley“ meine zweite. Allerdings wurde mir dann bewusst, dass es sich dabei doch nur um eine Werbeaktion, und zwar nicht für Sport handelte.

Kunstrasen-KfZ in Köln

Wen es interessiert, es drehte sich bei dem Promo-Fahrzeug um Smoothies, die sich selbst als „klein und fein“ bezeichnen. Die Autos bezeichnen die Marketingspezialisten der Fruchtshakes übrigens als „Grassy Van„, von denen eines inzwischen sogar im Hamburger Miniatur-Wunderland (kurz MiWuLa) steht. Der Eindruck, dass mit den Fruchtkonzentratgetränken etwas Natürliches konsumiert würde, wird übrigens auch in den TV-Werbespots nahegelegt, hier ein etwas älterer.

Das süße iPad ruft nach einem sauren Apfel

Montag, 26. April 2010

Zugegeben – etwas albern der Versuch, die schöne Überschrift des heutigen FTD-Kommentars von Horst von Buttlar noch toppen zu wollen. Aber es ist einfach richtig: Mit dem Geschäftsmodell eines Tablet-PCs, auf dem sowohl kostenpflichtige Inhalte angeboten werden als auch – weitgehend dieselben als – kostenfreie im Internet, lässt sich die angeschlagene Zeitungsverlagsbranche nicht retten.

FTD, 26.04.2010, Titel: Der Apfel ist kein Strohhalm

Durch diese lakonische Bemerkung im Titel wird bereits die Grundhaltung verdeutlicht: Es handelt sich hierbei weder um einen Sündenfall (falls das das Unternehmenslogo darstellen sollte), noch um eine revolutionäre Enwticklung hinsichtlich der Vermarktung von Content, sondern in erster Linie einfach einmal um ein neues Gerät mit neuen Asumaßen und einer neuen Oberfläche. Ein technisches Gerät ist kein Marketingtool. Ein Apfel ist kein Strohhalm.

Doch selbst, sollte jemand versuchen, mit einem Strohhalm selbst aus einem saftigen Apfel direkt Saft zu ziehen zu wollen, wird er damit sicher scheitern. Insofern kann ein Tablet PC auch nicht dazu dienen, angeschlagene Zeitungsverlagshäuser (im angelsächsischen Raum weit stärker betroffen als im deutschsprachigen) zurück in die Gewinnzone zu führen. Horst von Buttlar bringt das schöne Beispiel eines Autohändlers, der einerseits Autos verkauft, andererseits aber kostenlose Shuttles für alle anbietet. Nichts anderes tun viele Zeitungsverlage, die  alle ihr Geld werten Zeitungsartikel kostenfrei ins Internet einstellt. So lässt sich kein Geld verdienen. Auch nicht mit dem iPad, das jede Menge Apps bietet, wobei manche von ihnen noch nicht einmal genauso viel bieten wie die Gratisangebote derselben Anbieter im Netz.

FTD, 26.04.2010, Zitat aus: Der Apfel ist kein Strohhalm

Ein Umsteuern der Verlage tut not, so die Schlussfolgerung des FTD-Autors. Alle Inhalte kostenpflichtig zu machen, dürfte ziemlich viele genüsslichen Onlineleser vor den Kopf stoßen. Eine Alternative wäre nur den gängigen, relativ belanglosen Content kostenfrei anzubieten und alles aufwändig Recherchierte, Exklusive, alles Hochwertige eben kostenpflichtig zu machen. Sehr schön abschließend auch seine Randnotiz zur Ironie des iPads: „Wir haben so gehofft, es würde uns befreien. Nun müssen wir erkennen, dass es uns zu einer überfälligen Entscheidung zwingt.“  – sozusagen in den sauren Apfel des Paid Content im Internet zu beißen…

Freie Journalisten möchten meist frei bleiben

Sonntag, 25. April 2010

Die Kölner Studentin für Medienkommunikation und Journalismus Sarah Schlifter hat im ersten Quartal des Jahres für ihre Bachelor-Arbeit eine Umfrage unter freien Journalisten durchgeführt, deren empirische Ergebnisse sie mir nun freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. 170 von 272 Angeschriebenen haben den Fragebogen vollständig ausgefüllt (62,5%).

Wichtige Erkenntnise hieraus: Gut zwei Drittel hat den Eindruck, die Auftragslage habe sich verschlechtert (69%), fast ebenso viele sind mit ihrem Beruf und den Umständen insgesamt nicht zufrieden (64%) und behaupten, dass sich der Beruf des Journalisten finanziell nicht lohnt (63%). Dennoch möchten mehr als drei Viertel der Befragten weiter frei arbeiten und streben keine Festanstellung an.

Sarah-Schlifter, Umfrage Freie Journalisten: Festanstellung

Als Gründe für diese bevorzugte Arbeitsweise werden vor allem genannt: Die freie Zeiteinteilung (knapp 85 %), für mehrere Arbeitgeber zu arbeiten (73,5%), „sein eigener Chef“ zu sein (72 %), sich die Themen aussuchen zu können (71%) und nicht ortsgebunden zu sein (66%).  Bei der Frage, ob das momentane Einkommen genüge, antorteten 32% mit „Ja, es reicht aus“, 29% mit „Nein“ und 39% antworteten, sie würden gerne mehr verdienen (wobei allerdings unklar bleibt, ob ihnen – wie nur zu vermuten – ihr jeweiliges Einkommen genügt). Diese partielle Unzufriedenheit deckt sich mit der Einschätzung der Frage, ob sich die Auftragslage verschlechtert habe.

Sarah-Schlifter, Umfrage Freie Journalisten: Auftragslage

Eine besondere Rolle in der Umfrage und der Fragestellung ihrer Arbeit spielte die Rolle der digitalen Medien auf das Berufsbild, das Selbstverständnis und die Beschäftgiung. 71 % der Befragten gaben an, dass der Status des Freien Journalisten durch die zunehmende Digitalisierung nicht gefährdet sei. Die überwältigende Mehrheit von 91 % glaubt nicht an einen „Tod der Printmedien“. Dennoch sprechen 72 % von einer Krise des Journalismus, die offensichtlich mit einer Verschlechterung der Auftragslage und einer relativ geringen Zufriedenheit einhergeht.

Sarah Schlifter, Umfrage Freie Journalisten: Zufriedenheit

Sicherlich wäre es eine spannende Aufgabe, die zahlreichen zitierten Antworten einzelner Teilnehmer zur Begündung ihrer Abstimmungen qualitativ zu überprüfen und zu hinterfragen, als Stichworte seien hier nur genannt die „Kostenloskultur“ im Internet, Nichtachtung qualitativer Standards, fehlende Zeit für Recherche, schlechte Arbeits- oder Vertragsbedingungen (das Buy-Out-Geschäft: Mehrfachverwertung ohne Mehrfachbezahlung).

In ihrer Zusammenfasung widerspricht Sarah Schlifter der Auffassung, dass Journalisten heute nicht mehr gebraucht würden. Um in der sich ändernden Medienwelt zu überleben, müssten sie zuverlässig, flexibel und ständig abrufbereit sein, gleichzeitig aber auch die Freiheit genießen können, um ihrem Beruf mit Herzblut nachzugehen. Der in die Zukunft gerichtete Blick könne dann positiv sein, wenn sie gute Arbeit ablieferten, sich vor Neuem nicht verschlössen (gerade im Hinblick auf die rasante Entwikclung im Internet) und Akquise und Kundenpflege betrieben.

Diskussionen um durchsichtige digitale Welten

Samstag, 24. April 2010

Wieder einmal geraten die US-Internetkonzerne Facebook und Google ins Visier der Datenschützer: Google hat beim weltweiten umstrittenen Abfilmen der Straßen auch ungefragt bestehende Funknetze gescannt, Facebook bietet seine Dienste zum Einbinden auf privaten Homepages an.

Googles Vorgehen ist schlicht peinlich, denn andere Unternehmen wie Skyhook Wireless, mit denen Google zusammenarbeitet, erfassen diese Dasten bereits „offiziell“, das heißt als ausgewiesenes Geschäft ohne bisher als illegal zu gelten. Google zerstört dadurch Vertrauen, das sowieso zu großen Teilen nur aus der Bequemlichkeit seiner Nutzer bestehen dürfte. Facebooks Vorgehen dagegen ist raffiniert, indem die Nutzer dem Konzern bereitwillig Daten liefern, auch ohne im sozialen Netzwerk eingeloggt zu sein.

Welt, 23.04.10, Titel: Transparent wie ein Wasserglas

In seinem Kommentar in der Welt bezieht sich Thomas Heuzeroth auf Googles Verhalten – auch angesichts der Kritik an diesem Vorgehen. Der Konzern klagt, dass Kartenherstelelr für Navigationsgeräte aber auch tausende Handyprogramme auf die Wlan-Ortsbestimmungen zugreifen. Die haben sich dabei aber immerhin auf bestehende Verträge gestützt, mögen diese nun aus Gesichtspunkten des Datenschutzes gerechtfertigt erscheinen oder nicht. Der Welt-Autor sieht die Chance: „Dass Google unter Datenschützern zu einem Reizwort geworden ist, muss ja nicht schlecht sein. Damit wird das Unternehmen immer mehr gezwungen, doch bitte so durchsichtig zu sein wie ein Wasserglas.“

Das muss er mir aber bitte einmal erklären. Wer kann denn Google effektiv in die Knie zwingen, so lange die Nutzer seine Dienste weiter unkritisch in Anspruch nehmen? Dies erläutert Thomas Heuzeroth im Artikel vom selben Tage: „Facebook wird im Internet allgegenwärtig„. Am Beispiel von Facebooks Strategiewechsel lässt sich erkennen, was auch Google schon seit Jahren betreibt: Mit dem Programm Google Analytics kann ein Webseitenbetreiber eine Auswertung über die eigenen Besucher erhalten: „Woher sie kommen, was sie klicken, wohin sie gehen und mit welcher Software sie surfen. Und Google erfährt das natürlich auch.“

Im Fall von Facebook betrifft die Einbindung weitere, als nützlich erachtete Dienste wie den „Like-Button“, persönliche Empfehlungen oder die Darstellung der Aktivitäten anderer, befreundeter Nutzer. Die Allgegenwart der Konzerne ist insofern schon fast mit einer „Allmacht“ im Internet gleichzusetzen, zumindest was die Kenntnis über zahlreiche Eckdaten der an diesen Aktionen beteiligten Nutzer betrifft. kein Wunder, dass aufgrund der zunehmenden Bedeutung des mobilen Internets auch die Kenntnis über die bestehenden Funknetze nur ungern anderen überlassen wird.

Allerdings ist in meinen Augen eher der Nutzer, der sich – nicht ganz zwangläufig, aber doch sehr häufig – auf die Dienste dominanten Internetkonzerne einlässt, „Transparent wie ein Wasserglas“, nicht aber Google oder Facebook selbst, die es doch viel eher sein sollten. Die lachen sich eins, wenn sie die Diskussionen um Datenschutz verfolgen. Aber dafür ist mein kleiner Beitrag hier erstens zu unpopulär und zweitens zu wenig fundiert. Die Mittel und Wege zur Durchleuchtung der Nutzer ist, fürchte ich, noch weitaus raffinierter, als sich das der Otto-Normalsurfer vorstellen kann.

Form und Inhalt, vom Markt bestimmt

Donnerstag, 22. April 2010

Gratulation Steve Jobs! Da hat der smarte, harte Apple-Manager doch ganz hervorragende Zahlen präsentiert, den Nettogewinn im vergangenen, traditional eher schwachen Quartal fast verdoppelt, ein Umsatzplus vonf ast fünfzig Prozent. Damit eifert er nicht nur anderen US-IT-Konzernen nach wie Google, Intel und IBM, sondern er legt sogar noch eins drauf. Axel Postinett kommentiert im Handelsblatt unter der Dachzeile „Inside Apple“:

Handelsblatt, 21.04.2010, Titel: Steve Jobs, der digitale iGod

Mit seinem Quartalsergebnis übertraf Steve Jobs die schon optimistischen Analysten, entsprechend legte auch der Börsenkurs der Apple-Aktie nach. Fast 60 Prozent seiner Umsätze tätigt Apple mittlerweile außerhalb der USA, nachdem in Europa und Asien acht neue Anbieter das iPhone in ihr Programm aufgenommen haben. Allerdings, bemängelt der Handelsblatt-Kommentator, wird in Kalifornien nicht global gedacht und gehandelt, sondern „zutiefst amerikanisch, um nicht zu sagen provinziell“.

Handelsblatt, 21.04.2010, Apple-Gewinngrafik

Der Erfolg des Unternehmens speist sich aber wie gesagt vor allem aus dem internationalen Wachstum und dabei aus den Verkäufen des iPhones (ein Absatzplus von 131 Prozent im vergleich zum Vorjahr) und künftig auch des iPads. Der Erfolg, so Axel Postinett „ist unlösbar mit Inhalten, dem legendären App-Store und der Apple-Zensur verbunden.“ Am Beispiel der zwischenzeitlich verbotenen App des Cartoonisten Mark Fiore (Pulitzer-Preisträger) verdeutlicht er, dass sich Apple auf die „ungeheure Vielfalt der Kulturen und auch der Meinungen und Sitten auf der Welt einstellen“ muss. Ansonsten sei das System aus Hardware und kontrollierten Inhalten nicht zu retten. Unterdessen wächst der Börsenwert bereits an den von Microsoft heran.

Dem Kommentar ist nicht viel hinzuzufügen außer, dass andere Inhalteanbieter sicherlich auch demnächst aus den Puschen kommen werden. So sind, was eBooks betrifft, derzeit bereits drei Formate und noch kein dominierender Standard auf dem Markt. Allerdings sind für eine kulturelle Öffnung und Neuausrichtung bei Apple keine Anzeichen zu sehen, zu sehr ruht das Unternehmen im Erfolg, der auf dem Design seiner Produkte basiert. Vermutlich wird sich in Zukunft trotz weiterhin sehr guter Erlöse nach und nach eine Front von Kritikern am absolutistischen Verhalten der Konzern-leitung in Hinblick auf die verbreiteten Inhalte aufbauen. Ein Spieler im Markt darf nicht gleichzeitig die Form und die Inhalte der Neuen Medien bestimmen.

Streit ums „Bewusstseins-Huhn und -Ei“

Montag, 19. April 2010

Die Süddeutsche Zeitung hat im Feuilleton am vergangenen Freitag einen fast ganzseitigen Forschungsbericht der Psychologin und Neurowissenschaftlerin Lera Boroditsky veröffentlicht, übersetzt von Sebastian Vogel. Er stammt aus dem Band im S. Fischer-Verlag „Die Zukunftsmacher – Die Nobelpreisträger von morgen verraten, worüber sie forschen.“, herausgegeben von Max Brockman.

Am Eingang des hochspannenden Textes wird mein erster Gedanke reflektiert: Kann die Sprache überhaupt das Denken prägen, wenn es doch fraglos in Sprache stattfindet? Ist es daher nicht eher so, dass das Denken die Sprache prägt? Möglicherweise spielt das Denken unter verschiedenen Sprechern derselben Sprache eine erhebliche Rolle hinsichtlich ihrer Sprachauswahl und -gestaltung, aber die Unterschiede im Denken verschiedensprachiger Völker erklärt vorrangig doch nur eines: Ihre jeweilige Sprache. Insofern stattgegeben und eingetaucht:

Süddeutsche Zeitung, 16.04.2010, Titel: Wie prägt die Sprache unser Denken?

Anhand zahlreicher lebendiger Beispiele aus dem spannenden Alltag linguitisch-empirihscer Untersuchungen verdeutlicht Lera Boroditsky, dass Sprachen unterschiedliche Anforderungen an ihre Sprecher stellen, um aus verschiedenen Aspekten heraus denselben Sachverhalt unterschiedlich darzustellen. Aboriginees benutzen zur Bezeichnung räumlicher Verhältnisse anstatt links und rechts einen absoluten Bezugsrahmen (sind sich also stets der Himmelsrichtungen gewahr). Dies zeigte sich bei ihnen auch bei der Durchführung eiens Versuchs, aufeianderfolgende Bildkarten in der richtigen Reihenfolge zu ordnen: Sie legen sie stets von Ost nach West, abhängig davon, in welche Richtung sie dabei sitzen und blicken.

Das bedeutet, dass die räumliche Orintierung auch Zeitvorstellungen betrifft, ebenso wie die von Zahlen, Musik, Verwandtschaftsverhältnissen, Ethik und Gefühlen. Im Mandarin spricht man nicht vom nächsten Monat als vom dem, der „vor uns liegt“, sondern vom „unteren Monat“. Dies Raumvorstellung ist also eher vertikal als horizontal bestimmt. Aber selbst innerhalb Europas weichen viele Vorstellungen und Begrifflichkeiten voneinander ab: Während im Englischen und im Deutschen ein Gespräch „kurz“ oder „lang“ ist, ist es im Spanischen und im Griechischen eher „viel“, „groß“ oder „klein“.

Um festzustellen, ob die Unterschiede im Denken von der Sprache oder eher von der Lebensweise der Sprecher abhängen, haben die Forscher an der Stanford University und am Massachusetts Institute of Technology Englischsprechern wie im Griechischen Mengenmetaphern zur Beschreibung von Zeiträumen oder wie im Mandarin vertikale Metaphern zur Darstellung von Reihenfolgen beigebracht. In der Folge glichen sich die Kognitionsleistungen (die mentalen Prozesse) denen der Griechisch- und Mandarin-Sprecher an. Ergo: Wer eine Sprache lernt, lernt auch eine neue Art zu denken.

Weitere Unterschiede zwischen Sprachen betreffen zum Beispiel die Anzahl und Verwandtschaft von Farbwörtern, die Anzahl und Anwednung von grammtikalischen Geschlechtern (bis zu 16 verschiedene bei manchen australischen Ureinwohnern). Aber auch hier wird deutlich, wenn etwa ein Spanier und ein Deutscher eine Brücke beschreiben, so erhält der Gegenstand männliche Attribute im Spanischen, wo er männlich ist, und weibliche im Deutschen, wo er weiblich ist. Im Russischen dagegen muss ich in einem Satz „Mein Stuhl war alt“ alle Wörter aus Stuhl auf das Geschlecht anpassen. Die Gegenstände erhalten von Russissch-Sprechern noch weit ausgeprägtere typisierte Attribute. Da alle Substantive ein grammatikalisches Geschlecht aufweisen, stellt dieser Umstand doch eine erhebliche Prägung unseres Denkens, jedenfalls unserer Kognition dar.

Die Forschungen zeigen insgesamt, so schließt die Wissenschaftlerin, dass linguistische Prozesse für die meisten Bereiche unseres Denkens von grundlegender Bedeutung sind. Somit habe die Sprache tiefgreifende Auswirkungen auf unser Denken, unsere Weltsicht und unsere Lebensführung. Dennoch bin ich nicht letztlich überzeugt. Zweifellos wächst jeder Muttersprachler in einem eigenen Sprach- und Kulturraum auf. Teil jeder Kultur ist, die Dinge soundso wahrzunehmen, zu bezeichnen und sich über sie zu äußern. Denn Sprechen ist nichts anders als der „Bewusstseinsakt“, Gedanken zu äußern. Insofern gleicht die Frage, ob das Denken die Sprache beeinflusst oder die Sprache das Denken, ein bisschen der Frage nach dem Huhn und dem Ei.

Plan gescheitert und doch gewonnen

Sonntag, 18. April 2010

Die RTL-Vermarktungsmaschine hat offenbar gegen den Plan der Jury Mehrzad Marashi als Sieger der Catsingshow „DSDS“ hervorgebracht. Fragwürdig sind zahlreiche Details der Finalshow als auch – wie schon seit Jahren diskutiert – das Sendekonzept selbst. Unfraglich haben die Zuschauer mit ihrem Voting aber die richtige Entscheidung getroffen.

Welt, 17.04.10, Titel: Dandy versus Ex-Knacki

Mit dieser Überschrift hat die Welt das gestrige Finale noch vergleichsweise moderat angekündigt. Nur am Ende kommt zur Sprache, dass der Gegenkandidat Menowin Fröhlich eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzt am Hals hat. Boulevardblätter hatten das Thema weit ausführlicher ausgebreitet. Immerhin war der Mitkandidat Helmut Orosz wegen der Einnahme von Kokain zu einem früheren Zeitpunkt aus der Show ausgeschlossen worden. Genau diese Geschichten rund um die Kandidaten sind es aber, die die Sendung und der Sender willentlich in Kauf nehmen, um die Quoten zu erhöhen.

So wurde auch Hauptjuror Dieter Bohlen gestern als „Quotengott“ gefeiert. Offensichtlich versuchte er gemeinsam mit seinen Beisitzern Sylvie van der Vaart (in vwertretung der aufgrund des Flugverbots in Los Angeles festitzenden Nina Eichinger) und Volker Neumüller Menowin Fröhlich zum Sieg zu verhelfen. Der umstrittene Sänger erhielt einen Aufrtit mit Kindern, setzte sich in der zweiten Runde mit seiner „Billy Jean“-Interpretation gegenüber der Kool and the Gang-Nummer „Fresh“ gegenüber Mehrzad durch und hatte auch bei der Darbietung der Siegernummer eine Tanzgruppe im Hintergrund, im Gegensatz zu seinem Kontrahenten. Diesem fiel dagegen bei der letzten Nummer die Ohrbeschallung aus, was seiner starken gesanglichen Leistung jedoch keinen Abbruch tat und damit seine Reife  dokumentiert.

Hinzu kamen Irritationen in der laufenden Woche, wonach bei Amazon bereits die Siegersingle, gesungen von Menowin, angeboten wurde. Selbstverständlich haben ebreits beide Finalistend as Lied einegsungen, sodass es nun schnell vermarktet werden kann. Kein Zweifel, wird die in aller Routine solide von Dieter Bohlen geschriebene und produzierte Allerwelts-Siegernummer „Don’t Believe“ auch ein wirtschaftlicher Erfolg werden. Obwohl er und seine Cojuroren sich gestern für den in zahlreichen Einspielern inszenierten „Tränendrüsen-Kandidaten“ ausgesprochen haben und dieser nicht gewann, besteht auch kein Zweifel daran, dass Bohlen dennoch seinen Schnitt machen wird mit dem meiner Meinung nach besseren Sänger mit der weniger problematischen Vita. Wie die Medienhysterie wird auch das Interesse an diesem vorgeblichen Superstar schnell vorübergehen – bis zur nächsten Staffel von „DSDS“.

Welt am Sonntag, 18.04.2010, Titel: Heidi Klum, übernehmen Sie!

Nachtrag: Sehr interessant ist der Aspekt, den Ulf Poschardt im Leitartikel der Welt am Sonnatg thematisiert, wonach eine „globale Leitpopkultur“ für die Integration junger Migranten wichtig ist. So fiele eine neue Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge überraschend positiv aus, eine Mehrheit der Migranten sei in Deutschland hervorragend integeriert und „aus dem ozialen Allerlei der Bundesrepublik nicht mehr wegzudenken“. Die Ursache der noch bestehenden Probleme lägen nicht an den „vermeintlich xenophoben Deutschen“, sondern vor allem am mangelnden Integrationswillen einiger Zugewanderter.

So habe Deutschland- fernab von einem Karneval der Kulturen, der mit dem Alltag nichts zu tun habe – aktuell hauptsächlich Probleme mit „integrationsskeptischen Türken“. Eine erfolgreichere Integration („Bildung in Verbindung mit harten Sanktionen im Falle der Verweigerung“) vor allem dieser Gruppe würde Deutschland wirtschaftlich deutlich voranbringen. In diesem Sinne bildeten Castingsshows à la „Topmodels“ und „Superstars“ die gemeinsamen Träume von Jugendlichen in Deutschland gleich welcher Herkunft dar, wobei sich die unterschiedlcihen Traditionen als Gewinn erwiesen.

Krise? – Welche Krise?

Samstag, 17. April 2010

In Anspielung auf das Album der Band „Supertramp“ aus dem Jahr 1975 weise ich auf zwei Artikel hin, die sich mit der Verknappung des Rohstoffes Papier beschäftigen. Andreas Rosenfelder behandelt in der Welt die Ursachen für den teurer werdenden Zellstoff, während Michael Gassmann in der Financial Times Deutschland bereits zuvor die deutlich erhöhten Preise thematisierte. Demnach warnten Hersteller bereits vor Engpässen.

Welt, 14.04.10, Titel: Angst vor der Papierkrise

An ernsthafte dauerhafte Engpässe ist vermutlich noch nciht zu denken, aber alleine das Gedankenspiel in der Welt – aufgehängt an der aktuellen Diskussion über den iPad – lässt eien Zukunft vorherahnen, in der es Bücher nur noch als äußerst rare Luxusartikel gibt. Als Gründe für die Verknappung nennt Andreas Rosenfelder den Streik von Holzarbeitern in Finnland, das Erdbeben in Chile sowie die boomende Wirtschaft in China, wo es neben wenigen Bambuswäldern keine entsprechenden Rohstoffquellen gibt: „Deshalb kauft China den europäischen Markt leer, auf dem die Preise letztes Jahr einen historischen Tiefstand erreicht hatten.“

FTD, 12.04.10, Titel: Bei Kartonagen stockt der Nachschub

Demnach würden deutsche Papierfabriken bereits im Sommer die Preise um zehn bis zwanzig Prozent erhöhen müssen. Daher würden einige Bücher bereits anstatt auf hochweißem auf billigerem Papier erscheinen, so das Kochbuch von Sophie Dahl beim Berlin-Verlag, die neuen Reportagen von Benjamin von Stuckrad-Barre bei Kiepenheuer & Witsch oder die Neuauflage von Eckhart vion Hirschhausen bei Rowohlt.

Allerdings – so Michael Gassmann in der FTD – hätten sich auch die Lieferfristen für Karton von einem halb Monat auf bis zu drei Monate erhöht. Der Rohstoff Altpapier habe sich binnen eines Jahres von 2,50 Euro pro Tonne auf mittlerweile bereits 85 Euro mehr als verdreißigfacht. Diese Entwicklung beträfe auch andere wiederverwertete Rohstoffe. „Grund für den gegenwärtigen Nachfrageboom seien Exporte  nach China“, wird dort ebenfalls ein Experte zitiert. Als weltgrößter Importeur von Altpapier beziehe China rund 33 Millionen Tonnen jährlich.

Also doch Zeit sich mit E-Books auseinandersetzen? Die Auswirkungen könnten noch sehr viel weit reichender sein, denn die Teuerung dürfte neben Büchern und Zeitungen auch Servietten und Toilettenpapier und vor allem Karton-Verpackungen aller Arten – von Lebensmittelumverpackungen bis hin zu Elektrogeräten und vieles weitere mehr betreffen.