Archiv für Januar 2010

Versicherungen, Steuern und Recht im Verein

Sonntag, 31. Januar 2010

Nach dem fünften Modul der neuen Vereinsmanager C-Ausbildung von Landessportbund NRW und dem Stadtsportbund Köln bleibt die Frage: Warum tu ich mir das eigentlich an? Als Vertreter des ASV Köln kann ich das Erlernte gleichzeitig auf meine Tätigkeit als Geschäftsführer des Deutschen Frisbeesport-Verbandes beziehen. Die Konsequenzen sind teilweise nicht eben lustig, dabei handelt es sich doch um rein ehrenamtliches Engagement.

Das Kölner Sportamt vor dem Nordeingang des Rhein-Energie-Stadions

Der verschneite Anblick des Rhein-Energie-Stadions oder die für dieses Lernmodul gewählte Stätte des Kölner Sportamtes wären als zwei Gründe zu nennen, warum die Weiterbildung dennoch Spaß macht. Gleichzeitig gilt auch im Ehrenamt: Unwissenheit schützt vor Schaden nicht. Insofern ist es doch besser, abzusehen, was alles auf einen Vorstand zukommen, und wie es richtig vermieden werden kann. Also frischauf durch den Eingang des Westgebäudes vom Sportamt und eingetaucht in die Welten der deutschen Sportbürokratie!

Eingang zum Westgebäude des Kölner Sportamts

In Sachen Versicherungen ist es zum Beispiel wichtig, dass Mitglieder nicht per Satzung zur Mitarbeit verpflichtet werden. Weil sie diese Stunden dann nicht freiwillig erledigten, wären sie dabei nicht versichert! Grundsätzlich umfasst der Versicherungsschutz von Vereinen (die in NRW zum LSB gehören) über die Sporthilfe in Lüdenscheid Unfall-, Haftpflicht-, Vertrauensschaden-, Reisegepäck-, Rechtsschutz- und Rentenversicherung. Für Reisegepäck greift der Schutz allerdings nur bei Reisen ins Ausland. Zusätzlich bieten sich eien KfZ-Versicherung an (der Fahrer eines Kindes ist dann übrigens nicht versichert, wenn er nur sein eigenes Kind fährt, weil es dann eine quasi private Fahrt ist) sowie eine Nichtmitgliederversicherung (immer dann, wenn ein Kursprogramm oder z.B. ein Lauftreff besteht oder Probetrainings angeboten werden).

Neben der Sporthilfe besteht die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft VBG, als gesetzliche Unfallversicherung vor allem für Arbeitnehmer (in Sportvereinen) oder arbeitnehmerähnliche Verhältnisse. Da die VBG den Sportverein als Arbeitnehmer betrachtet, ist der Vorstand selbst (als Arbeitgeber) hierbei nicht versichert, obwohl er ehrenamtlich arbeitet und andere dagegen evtl. sogar gegen Entgelt. Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Beschäftigte zeichnen sich aus durch Weisungen und dadurch Eingegliedertsein in den Verein. Bedingung ist jedoch auch, dass die ausgeübte Tätigkeit dem Arbeitsmarkt entspricht. Damit fallen Schiedsrichter z.B. durch das Raster, weil es keine professionellen Schiedsrichter in Deutschland gibt. Für Vorstände und Schiedsrichter gibt es jedoch eine freiwillige Zusatzversicherung für 2,73 EUR pro Person.

Die erste Vereins-Manager C-Lerngruppe von LSB NRW und SSBK

Nach der weiteren Behandlung von Versicherungsfällen (Arbeits- oder Wegeunfällen) erarbeitete die Gruppe die Berechnungsgrundlage als Veranlagung entsprechend dem Entgeltnachweis (wer hat wieviel im Verein verdient?). Anschließend wandte sie sich Steuerfragen zu, die nicht minder viele Fallstricke bereit halten. Ausgehend von den Vorzügen der Gemeineinnützigkeit (gemäß „SAUF-Regel“: Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit, Unmittelbarkeit und Förderung der Allgemeinheit) wurde z.B. erklärt, dass für Trikots mit Schriftzug keine Spendenquittung ausgestellt werden darf, da dies ansonsten eine nicht erlaubte Gegenleistung wäre.

Weitere Themen waren Möglichkeiten der Rücklagenbildung (für Investitionen oder für Betriebsmittel), der Einnahmenquellen eines Sportvereins sowie der Kassenführung unterteilt nach Tätigkeitsbereichen (ideeller Bereich, Vermögensverwaltung, Sportlicher Zweckbetrieb, Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb). Zuletzt wurde nochmals die bezahlte Mitarbeit im Verein thematisiert von unbezahlten Kräften, über Übungsleiter bis zu 2.100 Euro im Jahr und Minijobbern bis zu 400 Euro monatlich bis hin zu Honorarkräften, die sich selbst versichern müssen. Von der Bezahlung unabhängig müssen Aufwendungen (tatsächlich angefallen, erforderlich und angemessen) immer nachgewiesen werden, es sei denn, der Verein hat bereits den Ehrenamtsfreibetrag von 500 Euro pro Jahr in die Satzung aufgenommen. Ohne Kenntnis all dieser Bestimmungen würde der Kölner Sportkalender 2010 kaum so gut gefüllt aussehen.

Der Kölner Sportkalender 2010

DuMont kündigt Redaktionsgemeinschaft an

Samstag, 30. Januar 2010

Unter der Schlagzeile „Position stärken“ berichtet der DuMont-Verlag heute in eigener Sache im Kölner Stadt-Anzeiger über die Absicht, mit einer Redaktionsgemeinschaft künftig die Ressorts Politik, Wirtschaft und Gesellschaft für vier Zeitungen zu beliefern. Zum Verlag gehören neben dem Stadt-Anzeiger die Berliner Zeitung, die Mitteldeutsche Zeitung und die Frankfurter Rundschau.

KStA, 30.01.10, Vorspanndes Artikels: DuMont: Position stärken

Für das geplant 25köpfige Team, auf das sich Journalisten ab sofort bewerben können, sollen bisherige Mitarbeiter aus den DuMont-Redaktionen bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt werden.  Über die Anzahl der damit verbunden Entlassungen wird nichts gesagt. Arbeitsbeginn der Gemeinschaft soll Anfang April sein, ihr Sitz ist in Berlin mit einem zweiten Standort für die Wirtschaftsberichterstattung in Frankfurt am Main. Chefredakteurin wird  die bisherige stellvertretende Chefredakteurin der Berliner Zeitung Brigitte Fehrle, ihr Stellvertreter der bisherige Leiter der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Rundschau Robert von Heusinger.

Im aktuellen Statut der Berliner Zeitung ist noch von einer „Vollredaktion“ die Rede, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.  Nach Recherchen des Kress-Reports sollen in den Politik- und Wirtschaftsressorts der betroffenen Blätter  schreibende Redakteure verbleiben. Die Redaktion der „Berliner Zeitung“ hatte Mitte Januar in einem offenen Brief gegen die Pläne zur Bildung von Redaktionspools protestiert. Bereits am 9. November 2009 hatte Texthilfe einen ähnlich lautenden Bericht der Süddeutschen Zeitung aufgegriffen. Bleibt abzuwarten, ob sich diese Entwicklung tatsächlich als eine Qualitätssteigerung oder doch nur als Sparmanöver entpuppt.

Kölschkonzerte für Kinder

Freitag, 29. Januar 2010

Werbung für ein Kindergartenkonzert von Björn Heuser

Mit kölschen Liedern und kölscher Sprache kann man nie früh genug anfangen – davon ist der kölsche Musiker und Komponist Björn Heuser überzeugt. Daher veranstaltet er neben den zahlreichen Karnevalsauftritten, die er absolviert, Anfang Februar drei Kindergartenkonzerte in den Stadtteilen Rodenkirchen (01.02.), Deutz (02.02.) und Ehrenfeld (05.02.) – das letztere als eine Art Heimspiel im Pfarrsaal Geißelstraße, jeweils nachmittags um vier.

Ein tolles Engagement des umtriebigen Künstlers, der nicht nur einige Kölsch-AGs an Kölner Grundschulen leitet (mit Unterstützung der SK-Stiftung Kultur), sondern auch die berühmten „Loss mer singe“-Mitsingkonzerte extra für Grundschulkinder abhält. Nun aber steigt er bei den noch Kleineren ein.

Zum Üben haben die Kindergartengruppen zuvor eine CD erhalten, zu den Konzerten in den Mehrzweckräumen der Einrichtungen sind Eltern, Großeltern, Freunde und Verwandte eingeladen. Auf dem Programm stehen neben kölschen Evergreens, die man nie früh genug kennen kann, auch ganz neue, kindgerechte kölsche Lieder aus der Feder von Björn Heuser. Bei Interesse können sich Kindertagesstätten auch gerne an den Künstler wenden unter Telefon: 0171-2183182 oder per Mail an bhe-music@web.de.

Werbung für ein Kindergartenkonzert von Björn Heuser

Unerwartetes burdaesk verbinden

Donnerstag, 28. Januar 2010

„Connect the unexpected“ steht als Leitwort auf der Startseite des in München abgehaltenen Burda-Kongresses „Digital, Life, Design“. Unerwartet Verschiedenes verbanden die Berichterstatter von der Welt, Thomas Heuzeroth, und der FAZ, Detlev Borchers, mit der Veranstaltung. Rund 800 Unternehmer und Kreative nahmen kurz vor dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos daran teil, hauptsächlich um sich zu orientieren. Denn das Motto der Konferenz lautete „Map your future“, wobei es sich – nach der im FAZ-Artikel vertretenen Ansicht zweifellos um eine Google-Map gehandelt haben müsse.

FAZ, 28.01.10, Titel: Google hat ein Ohr für alles

Der Welt-Autor betont, dass es wieder einmal eine Konferenz der schönen Worte gewesen sei – so habe es sich um „Informavore“ gedreht, also Informationsfresser (von Carnivore, Fleischfresser), und auch Frank Schirrmacher beschwor wieder einmal die Informationsüberflutung. Daneben habe Hubert Burda in seinem Eingangsstatement sein letztjähriges Wort der „lousy pennies“ in Bezug auf die Ertragslage der Online-Werbung eingeschränkt. „Zusammen mit E-Commerce-Angebote jedoch könnten profitable Unternehmen entstehen.“, heißt es.

Weitere Bonmots werden zitiert, etwa von MySpace-Chef Owen Van Natta: „Man muss sich erneuern, bevor man merkt, dass man sich erneuern muss.“, oder vom Computerwissenschaftsprofessor David Gelernter von der Yale Universität: „Wozu sind wir eigentlich so gut informiert?“ Eine mögliche Antwort auf diese Frage könnte der Ansatz bieten, den der FAZ-Autor gewählt hat, um die Konferenz zu besprechen: „Der Kurs auf dem Kontinent Google wird von Google bestimmt und ist in einer Google-Map vorgezeichnet. Kein Wunder, dass der Internet-Konzern zum Schluss der Konferenz allen Teilnehmern ein Google-Nexus schenkte, ein schickes Mobiltelefon mit Sprachnavigation, die direkt von Google-Servern kommt. So kann Google fortlaufend überwachen,. was das bunte Trüppchen treibt.“

Die Welt, 26.01.10, Titel: Die Zeit der lausigen Pfennige ist vorbei

Diese durchaus nachvollziehbare Sicht der Dinge gibt der Überschrift aus der Welt eine ganz neue Relevanz. Um so mehr, wenn man bedenkt, dass Google allein in Deutschland jährlich rund 20 Milliarden Euro Umsatz mit seinem Anzeigengeschäft macht, während es die deutschen Zeitungsverlage auf gerade einmal 160 Millionen Euro Anzeigenumsatz im gleichen Zeitraum bringen (zitiert nach Ulrich Clauß in der Welt vom 22. Januar). Als nächste Stufe der Gewinnmaximierung von Google skizziert Detlev Borchers den „Social Commerce“, indem sich die Werbetreibenden direkt über die sozialen Netzwerke an ihre Kundengruppen wenden werden.

Das sieht dann etwa so aus, dass Wal-Mart in seinen Läden massenweise Netbooks installliert, über die entscheidungs-schwache Käufer sich Meinungen in den bevorzugten sozialen Netzwerken abrufen können. Tun sie das, greift Wal-Mart dabei auch Informationen über ihr Nutzerverhalten ab. Wenn sich am Ende der Konferenz schließlich die Teilnehmer um die Ausgabe der Nexus-Handies drängeln um ihre eigenes gläsernes Dasein noch schneller zu erreichen, dann erinnert mich das an die Vergnügungsinsel bei Pinocchio, auf der die kleinen Jungen mit Glücksspiel und Zigarren zu Eseln verwandelt werden.

Eine Übersicht der deutschen Magazintitel im Burda-Verlag sowie einige weiterführende Artikel zu weiteren Themen der DLD.

Grenzen der Vielsprachigkeit

Mittwoch, 27. Januar 2010

Das Video von Günther Oettinger, dem bisherigen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und künftigen EU-Kommissar, ist zwar schon vier Tage alt, aber einfach zu schön und auch sinnig aufbereitet. Er kann einem ja schon leid tun, wie er sich da abringt und durch das Manuskript müht, das er augenscheinlich selbst kaum versteht. Da wäre in Abwandlung des Werbeslogans für seine Heimat eigentlich der Zusatz fällig: „Wir können alles außer Hochdeutsch und Englisch“.

Umgekehrt muss der neutrale Betrachter da doch wieder einmal den US-Präsidenten Barack Obama loben, der nicht nur deutsch, sondern sogar schwäbisch perfekt zu beherrschen scheint – zumindest, wenn man dem lustigen Beitrag des Südwestrundfunks aus dem vorigen Jahr glauben darf, anlässlich der alljährlichen Eigentümervollversammlung des Wohnblocks Wilhelmstraße 48…

Grenzen der Wirklichkeit in „Avatar“

Donnerstag, 21. Januar 2010

Überaus interessant finde ich die vielen verschiedenen Ebenen, auf denen ein Blockbuster der Extraklasse wie James Camerons „Avatar“ für Schlagzeilen sorgt. Einerseits reitet nach wie vor die Kritik aus verschiedenen Lagern auf einzelnen Aspekten des Filmspektakels herum. Andererseits beschäftigt mich nach wie vor die Frage, wie soll das denn eigentlich funktionieren – in den Austauschkörper eines Avatars zu schlüpfen? Zu diesem Thema kommt bereits ein zweiter Kinofilm auf den Markt, „Surrogates“ mit Bruce Willis.

KStA. 20.01.2010: Der Avatar-Film in China

Im Kölner Stadt-Anzeiger vom vergangenen Dienstag berichtet Bernhard Bartsch von den Chinesischen Zensoren, die „Avatar“ nur noch in den 3D-Kinos laufen lassen und damit den Großteil der auch im Reich der Mitte überaus erfolgreichen Vorstellungen grundlos streichen. Als Erklärung dient die Einschätzung des berühmten chinesischen Bloggers Han Han, der zu den im Film gezeigten Vorgängen auf dem Planeten Pandora schrieb: „Eine solche brutale Räumung kann nur auf einem anderen Planeten oder in China stattfinden.“ Auch offizielle Meiden hätten die Diskussion aufgenommen, heißt es weiter, wonach der Film für viele Kinogänger „einen bekannten sozialen Konflikt“ wieder spiegele. Dieses Phänomen könnte ich auch „Grenzen der Wirksamkeit“ benennen. Allerdings verhilft ein Verbot – oder wie hier Teilverbot – einer kulturellen Schöpfung nur noch zu mehr Beachtung oder sogar Ruhm.

Welt, 19.01.2010: Weitere Avatar-Kritik

In der Welt vom vergangenen Montag sammelte Hannes Stein noch einmal verschiedene Kritikerstimmen, allen voran die im obigen Titel zitierte des „Movieguide“. Daneben betonten viele konservative Kritiker, dass sie sich aufgrund der Klischees in dem Film so schrecklich gelangweilt hätten – was ich beim besten Willen nicht glauben kann. Der Autor räumt basierend auf der durchaus pro-amerikanischen Einstellung von Karl Marx im 19. Jahrhundert mit der Behauptung auf, bei „Avatar“ handele es sich um einen linken Film. Vielmehr sei er der politischen Romantik zuzuordnen. Beiden Aspekten widmet die FAZ im heutigen Feuilleton einen ausführlichen Artikel: „Avatar, Vorbild Nummer 1“ (in China, inkl. des Dementis der Filmbehörde, dass die Teilabsetzung nichts mit Propaganda zu tun habe) und „James Cameron, Staatsfeind Nummer 1“ (in den USA, vor allem bei den rechten Kritikern).

Zuletzt geht Hannes Stein in der Welt nochmals auf die Kritik von David Brooks in der New York Times ein (ich hatte berichtet) – die Geschichte der Eingeborenen würde entweder von grausamen oder von einem gutmütigen Imperialisten, aber damit immer fremd bestimmt. Hier mögen die Einschränkungen gelten, dass es sich a) um die messianische Geschichten eines Weißen als menschliche Identifiaktionsfigur für das Kinopublikum weltweit handelt, und dass es sich b) nur um eine fiktionale Geschichte handelt, die zudem noch einen überraschenden Schluss bietet (dieser stellt die unverbrüchlich menschliche Natur der Heldenfigur in Frage, um im Sinne des Betrachters zu fragen: „Möchte ich nicht auch viel lieber ein Na’vi sein?“).

Die Welt, 21.01.2010: Ein Bruce Willis ohne jede Falte

Derweil kommt bereits ein nächster Film in die Kinos, der seinen Helden, diesmal Bruce Willis als FBI-Agent, einmal als perfekten Avatar und einmal als schwächelnden Medienkonsumenten seines virtuellen eigenen Lebens zeigt. Die Comic-Verfilmung nach Robert Venditti bietet sicherlich bei weitem nicht so viel Diskussionsbedarf wie Avatar. Aber auch in diesem Film, bei dem es um eine neue Waffe geht, die zusammen mit einem Avataren auch seinen „Originalmenschen tötet, geht es um das Prinzip, einen anderen Körper einzunehmen. Der General-Anzeiger Bonn bezeichnet ihn als eine „manchmal wirklich spannende, aber unzureichend ausformulierte Parabel“.

Im Film „Matrix“ fasste ich die Vorstellung, die Menschen erleben die interaktive Wirklichkeit nur simuliert, während sie als natürliche Batterien in Brutstationen vor sich hinvegetieren, nur als philosophisches Gedankenexperiment auf. Zum „Avatar“-Prinzip werde ich mich jedoch mit den (pseudo-)wissenschaftlichen Grundlagen des Gedankenexperiments eines Körperwechsels  näher beschäftigen müssen (im gleichnamigen Film auch als „Traumwandeln“ bezeichnet): Wie sollte das überhaupt funktionieren? Allenfalls erinnert es noch an religiöse Vorstellungen des Besitzergreifens von Seelen durch Dämonen. Wo liegen hier die Grenzen der Wirklichkeit? Das lässt mir keine Ruhe.

Hier ein kleines Erklärstück aus dem „News Reel“ zum Streifen „Surrogates – Mein zweites Ich“, der heute in deutschen Kinos startet:

Umfrage zum Fairplay im Ultimate

Mittwoch, 20. Januar 2010

Ultimate-Piktogramm

Sarah Franchini von den „Flying Giants“ aus Mengen im Allgäu hat über die engagierte Sportlehrerin Natalie Moser den Teamsport Ultimate Frisbee kennen gelernt. Nicht nur, dass in Mengen im Allgäu bereits seit mehreren Jahren Turniere stattfinden – aktuell erstellt die 12.-Klässlerin auch eine Seminararbeit zu der Sportart, für die sie nun empirische Daten erhebt.

Das Thema der Arbeit unter dem Motto „Sport zwischen Ethik und Kommerz“ lautet: „Kann der (faire) Teamsport Ultimate Frisbee in der Leistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts funktionieren (unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung des Fairplay-Gedankens)?“ Die Grundidee wird durch immer wieder aufkommende Diskussion bezüglich der Praktikabilität genährt, unter anderem in Hinblick auf die viel körperlichere Spielweise in Nord- oder Südamerika oder in Bezug auf eine mögliche Eignung des Teamsports Ultimate Frisbee für Olympia, nachdem er bereits seit 2001 in Akita Mediallendisziplin der World Games ist. 

Als Fallbeispiel zum Einstieg dient das Finale der Ultimate Nationen-WM 200 in Heilbronn zwischen den USA und Schweden. Die USA, traditionell vertreten durch den Vorjahressieger der dortigen UPA-Championships, in diesem Fall Boston, siegte aufgrund eines äußerst strittigen Foulcalls in Überzeit, beim Stande von 18:18, als der nächste Punkt über Sieg und Niederlage entscheiden musste. Ebenso wie Natalie Moser war auch ich selbst Zeuge dieses Finales, das durch die Spieler-Entscheidung einen faden Beigeschmack erhielt. Hier eine zweieinhalbminütige Video-Dokumentation auf Youtube:

Das Grundprinzip der Auseinandersetzung im Ultimate basiert auf dem Einspruchsrecht jedes Spielers, durch einen Ruf das Spiel einzufrieren (so genannte „Freeze Calls“ zu Punkten wie in oder aus, Foul oder nicht, gefangen über der Grasnarbe oder erst nach der Berührung mit den Halmen). Die beiden an einer Situation Beteiligten sind gehalten sich in längstens einer halben Minute abzustimmen, ob sie in ihren Ansichten übereinstimmen oder nicht. Falls Sie sich nicht auf eine Auslegung der Tatsachen einigen können, geht die Scheibe zurück zum vorigen Spieler und wird dort durch einen „Check“ wieder ins Spiel gebracht – als sei nichts geschehen. Umschrieben wird dieser grundlegende Gedanke im umfangreichen Regelwerk unter Paragraph 1, benannt „Spirit of the Game“ (etwa „Sportsgeist“).

Aber natürlich ist dabei schon viel geschehen – an Fragwürdigem, Ungerechtem und Unverständlichem – was aber an dem herausragenden Grundprinzip der Selbstregulierung nichts ändert. So bleibt mir auch die Reaktion eines Leistungssport-Referenten des DOSB bei den World Games 2005 in Duisburg unvergessen, der – wie angeblich einige andere hochrangige Sportfunktionäre auch – ungläubig vor dem Spielgeschehen stand und staunte: „Unglaublich, dass ein Teamsport ohne Schiedsrichter funktioniert!“ Doch er tut es.

Die Umfrage, die Sarah Franchini zu diesem Themenfeld nun durchführt, fragt einmal nach den persönlichen Assoziationen, was Ultimate für einzelne Spieler bedeutet, respektive welche Fähigkeiten die Selbstregulierung voraussetzt. Daneben erhebt sie Bewertungen auf einer Skala zwischen o und 10 zu Fragen wie wichtig die Spieler die Tatsache einschätzen, ohne Scheiedsrichter zu spielen,  wie gut sie sich ein Spiel mit Schiedsrichter vorstellen könnten, resp. wie ihre praktischen Erfahrungen in der Handhabung von Streitigketein (bei sich selbst und auch bei anderen) sind.

Die Umfrage beschließen Fragen nach der Idee, wie sinnvoll das Agieren eines „Observers“ angesehen wird, der in den USA teilweise anzeigt, ob Spieler in oder aus waren und bei Unstimmigkeiten angefragt werden kann, oder nach dem möglichen Einsatz von Schiedsrichtern  bei entscheidenden Spielen (siehe Heilbronn 2000). Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass den Sport Ultimate genau diese Besonderheit ausmacht, dass die Selbstregulierung funktioniert – auch wenn es um Kommerz gehen sollte. Es ist eine Frage des Bewusstseins jedes einzelnen Akteurs.

Fragen 1 und 2 der Umfrage zu Ultimate von Sarah Franchini

Kompass durch die komplexe Medienlandschaft

Montag, 18. Januar 2010

Der 2. Deutsche Medienkongress Dienstag und Mittwoch in Frankfurt am Main warf bereits einen medialen Schatten voraus: In der Welt am Sonntag beschäftigte sich eine vierseitige Sonderausgabe mit den wichtigsten Fragen des Branchentreffs mit mehr als 60 Referenten. „Welche Marketing- und Mediastrategien werden zukünftig Erfog versprechend sein?“, wurde darin als Kernfrage benannt. In acht „Kongress-Modulen“ soll „die Zukunftsfähgkeit und -relevanz einzelner Mediengattungen beleuchtet“ werden.

WamS, 17.01.10, Titel: Verlage auf neuen Wegen

Im Beitrag „Antworten auf die digitale Herausforderung: Wie Unternehmen ihre Geschäftsstrukturen ändern“ (Untertitel zu obiger Überschrift) bezieht sich Ileana Grabitz eingangs auf die Münchner Medientage, die provokant durch Jeff Jarvis eröffnet wurden: Deutsche Verlagshäuser haben lange an den alten Geschäftsmodellen festgehalten, die hochwertigen journalistischen Inhalte sind meist kostenfrei im Netz abrufbar, daher das Jarvis’sche Mantra: „Do what you do best and link the rest.“

Als erfolgreiche Beispiele veränderter Geschäftsmodelle nennt die Autorin iPhone-Apps der Axel Springer AG (bereits 100.000 mal verkauft), sowie das von der englischen Times eingeführte und in Deutschland u.a. von der Welt und dem Handelsblatt adaptierte Tabloid-Format. Als weiteres Geschäftsmodell werden hochwertige Print- oder Filmeditionen wie von der Süddeutschen Zeitung genannt, die über die Verlagshäuser laufen. Allerdings erscheinen keine Paid Content-Modelle in dieser Aufstellung (auch nicht für Special Interest-Nischen), sondern lediglich Zusatzerlöse, die unmittelbar  aus dem Bereich „Qualitätsprodukt Print“ stammen, wie Corporate Publishing, Sonderbeilagen und Fachkongresse. All diese Zusatzerlöse könnte es auch ohne das Medium Internet geben; die „digitale Herausforderung“ wie eingangs benannt, scheint hier in mögliche neue Geschäftsmodelle (außer durch die iPhone-Apps) nicht mit einbezogen worden zu sein.

Der Medienberater Klaus Petersen hingegen überschreibt seinen Beitrag in der WamS-Sonderausgabe „Medienunternehmen können mehr tun“ und begründet die Notwendigkeit der Neuausrichtung, „weil die traditionellen Medienunternehmen sich nicht rechtzeitig aus ihrem Denken lösen konnten.“ Erneut der Jarvis’sche Vorwurf, verbunden mit der Idee, aus dem Kerngeschäft Print via paid content neue Erlösquellen zu erschließen.

Auch wenn das bisher nicht geklappt hat, sollten drei Punkte dabei hilfreich sein, so der Berater weiter: „Hohe Marktdurchdringung bzw. Kundenpotenziale, Qualitätsinhalte und Produktions-kompetenz.“ Damit sollte es Verlagshäusern gelingen, die Medienkunden zu Netzkunden und die bekannten Nutzerdaten zu passenden, mediengerecht aufbereiteten digitalen Produkten zu transformieren. Zusätzlich empfiehlt er Kooperationen auf allen Ebenen.

WamS, 17.01.10, Titel: Information ist kein Wert an sich

Wie der Welt-Chefredakteur Thomas Schmid in seinem Editorial „Was dem User nutzt“, rät auch Ulrich Clauß auf Seite 1 der Sonderbeilage dazu, die Realität der Neuen Medien wahrzunehmen, sie sich (als Zeitungsverlag) anzueignen und kostenpflichtige Inhalte anzubieten. „Denn werthaltige Ware kostet Mühe und Arbeit, und die kostet Geld.“ (Ulrich Clauß) – „Diese Qualität soll und muss etwas kosten“ (Thomas Schmid). Vier Trends macht ersterer aus: „immer individueller konfektionierte Angebote“, „immer voluminösere Massenplattformen mit hoch dynamischen Eigenleben“, „zunehmende Mobilität“ und „Utopien von Allgegenweart, Selbstermächtigung beliebiger Verfügbarkeit der Ressourcen“.

Falls dieser vierte Trend die Falle der Kostenloskultur umschreibt, sollte er langsam aber sicher bereits rückläufig sein. Jedenfalls ist es an den Verlagshäusern selbst, dafür zu sorgen, dass neue Erlösmodelle (Micro-Payment oder Nischen-Paid Content) ihre eigenen Inhalte vor den „Freibeutern des frühen Informationszeitalters“ schützen.  Der Autor in der Welt am Sonntag benennt jedoch wiederum nur das „iPhone“ als Hoffnungsträger eines funktionierenden Bezahlmodells. Dass User jedoch die Bereitschaft aufzubringen für nutzwertige Informationen künftig Geld zu zahlen, daran sollte kein Zweifel bestehen, das ist für die Zeitungsverlage ein überlebenswichtiger Erziehungsauftrag.

Insofern geht es bei dem Kongress eher um die Zukunftsfähigkeit der Verlagshäuser als um die der einzelnen Mediengattungen.

Wochenend-Presseschau 03-10

Montag, 18. Januar 2010

Entschleunigung in der „Karrierewelt“, Interviews mit Jaron Lanier in der Samstags-FAZ und mit Jeremy Rifkin in der WamS. Um mit dem Letztgenannten zu beginnen, der Leiter der von ihm gegründeten Foundation of Economic Trends, Jeremy Rifkin, warnt im Interview mit Matthias Wulff in der WamS davor, dass die Menschheit trotz wachsender globaler Empathie zielstrebig auf ihre eigene Vernichtung zusteuert. Anlass des Gesprächs ist das heute im Campus-Verlag erscheinende neue Buch „Die empathische Zivilisation“.

Im Gespräch gibt der streitbare Wissenschaftler Energie- und Kommunikationsrevolutionen als Ursachen für einen Bewusstseinswandel der Menschheit an (Beispiel: obwohl der Buchdruck schon länger existierte, ermöglichte erst die kohlegetriebene Dampftechnik den Betrieb moderner Druckerpressen). Heute sieht er die dritte industrielle Revolution in Vorbereitung, wodurch die globale Menschheit zur erweiterten Familie jedes einzelnen werde. Gleichzeitig verringere sich aktuell erstmals bei einem Umbruch der Kommunikationstechnik der durchschnittlich verfügbare Wortzschatz der Kinder.

Als heutige Aufgabe skizziert Rifkin das „Empathie-Entropie-Paradox“ zu durchbrechen (wir kommen uns global zwar sehr viel näher, auch in unserem gegenseitigen Verständnis, aber dabei verbrauchen wir unglaubliche Mengen an Energie). Lösungsansätze sieht er im Hausbau (Umbau von Häusern zu „Kraftwerken“ mit positiver Energiebilanz) sowie im Anpassen der Denkgebäude von Kategorien des 18. Jahrhunderts („autonome, materialistische Individueen“) auf heutige Anforderungen („globaler Ziivilsation“). Allerdings sieht er einen echten Überlebenskampf der Menschheit bevorstehen.

FAS, 17.01.10, Titel: Warum die Zukunft uns noch braucht

Jordan Mejias führt in der Samstags-FAZ ein Interview mit dem Informatiker, Komponisten und Autoren Jaron Lanier, der den Begriff der „virtuellen Realität“ prägte, 1983 ein erstes Videospiel vorstellte, als Erster internetbasierte Computernetzwerke vorschlug und den ersten Avatar entwickelte. Sein neues Buch, deutsch im Alfred A. Knopf Verlag, heißt „You Are Not a Gadget: A Manifesto.“ Aufgrund der Datenlage im Internet konstatiert er (Buchauszug in der Sonntags-FAZ): „Die weltweite Vernetzung von Intelligenz produziert nicht Über-Intelligenz, sondern Banalität.“ Stattdessen plädiert er für einen kostenpflichtigen Zugang zu wertvollen Inhalten im Netz (bei moderaten Preise), um nicht fortwährend „unter dem Banner der Offenheit zu einem Verlust an Kreativität“ zu gelangen.

Als Scheininformationen bezeichnet er die Informationsflut der allermeisten Einträge, die dem einzelnen Nutzer (je nach genutzter Technik und angewöhntem Verhalten) keine Zeit mehr lassen, nachdenkende Individuen zu sein. Im Buchauszug in der FAS wird er noch deutlicher: „Unter dem Strich produziert die Blogosphäre leeres Gerede, wie es in den heute hochgejubelten flachen und offenen Systemen eigentlich immer geschieht.“ An anderer Stelle formuliert er: „Wenn Inhalte wertlos sind, dann werden die Menschen irgendwann hohlköpfig und inhaltslos.“ Er analysiert Werbung im Internet als entscheidend für die so genannte „Schwarmökonomie“ und schreibt: „Die Kultur soll sich in Werbung und nichts anderes verwandeln“, Autoren, Journalisten, Musiker und Künstler dagegen sollen ihr geistiges Eigentum als unbezahltes Fragment dem „Schwarmgeist“ überlassen.

Karrierewelt, 16.01.10, Titel: Die neue Lust auf Langsamkeit

Zu guter Letzt bezeichnet sich der im Interview befragte Lanier allerdings doch als optimistischer als viele seiner Kollegen, indem er das geistige Eigentum menschlicher Ausdrucksformen für schützenswert erklärt und freiwillige Änderungen des Gesellschaftsvertrags für möglich hält. – Auf einer ganz anderen Ebene beschäftigt sich die Karrierewelt vom vergangenen Samstag mit den geänderten Bedingungen der Arbeitswelt. „Zeitmanagement-Experte Lothar Seiwert gibt Tipps zur Entschleunigung“, so der Untertitel des Beitrags. Lothar Seiwert hat übrigens auch Bücher zum Thema geschrieben. Die Basistipps lauten: Dein eigenes Tempo leben, Unwichtiges streichen, sich bei unliebsamen Aufgaben hingegen durchaus Zeit nehmen (dann geht es schneller), und im größten Stress bewusst inne halten. Danke, ich werds versuchen.

Magisch-realistische Fotoausstellung in Köln

Sonntag, 17. Januar 2010

Die Galerie Lumas in der Kölner Mittelstraße eröffnet am Freitag abend, 05. Februar 2010 die Ausstellung „Magischer Realismus“ mit Arbeiten von Henning Bock und Horst & Daniel Zielske. Die Werke der Fotografen kreisen nach Angaben der Galerie um den urbanen Lebensraum.

Weiter heißt es im Ankündigungstext, dass der Zauber der Fotografien in ihrer Unmittelbarkeit liege, in ihrer wahren Abbildung der Realität, die weder idealisiert noch romantisiert worden sei und uns trotzdem ihre ganze Schönheit offenbare. Zum einen sind im Neonlicht erstrahlende Fassaden der Metropolen unserer Welt zu sehen, hier „Rio de Janeiro“ (2007/2009, 90 cm x 149,5 cm) von Henning Bock.

Hening Bock, Rio de Janeiro, 2007/2009

Zum Anderen werden fast völlig unberührte Naturdarstellungen gezeigt, die eine besondere Ruhe und Unvergänglichkeit ausstrahlen, hier “Eichsfeld” von Horst & Daniel Zielske (2005/2007, 120 x 162 cm; Vater und Sohn, die seit 1993 zusammen arbeiten).

Horst & Daniel Zielske, Eichsfeld 2005/2007 

Vielleicht sei der Gegensatz zwischen Urbanität und Natur das Magische an der Darstellung unserer Umwelt, wird weiter gemutmaßt. Persönlich habe ich vor mehr als zwanzig Jahren in Singen am Hohentwiel eine Ausstellung des Magischen Realismus gesehen, bei deren Vernissage der frühere Leiter des Freiburger Instituts für Parapsychologie Hans Bender sprach.

Beim Betrachten mancher der gemalten Bilder schien sich eine Veränderung anzukündigen, vor deren Eintreten ich mich jedoch gefürchtet hätte (zum Beispiel, dass plötzlich ein Gesicht aus einem Fenster geblickt hätte, wo eben noch keines war). Ob mir diese Bilder der Fotografen vergleichbare Erlebnisse verschaffen, wird sich vermutlich wiederum erst beim unmittelbaren Betrachten erweisen.

Lumas behauptet von sich selbst, in 11 Galerien weltweit erstmals künstlerische Editionen in musealer Qualität zu erschwinglichen Preisen zu bieten. Handsignierte Originale in limitierten Auflagen von meist 75 bis 150 Exemplaren sind zwischen 120 und 600 Euro zu haben.