Mit ‘Google’ getaggte Artikel

Kampf zweier ungleicher Systeme

Dienstag, 04. Januar 2011

Zum Jahreswechsel hat Axel Postinett im Handelsblatt die Lage der Internetherrschaft unter dieser treffenden Überschrift beschrieben:

Handelsblatt, 30.12.2010, Titel: Mathematik oder Mensch - wem gehört die Internet-Zukunft

Während es noch 2009 so schien, als könne nichts und niemand die Vorherrschaft von Google im internet stoppen (Dominanz im Suchgeschäft, riesige Werbeaufkommen, Einführung des Android-Betriebssystems für Smartphones), haben sich die Verhältnisse im vergangenen jahr verschoben: Facebook ist mit mehr als 560 Millionen Nutzern zur echten Konkurrenz geworden. Zwischen beiden, so Autor Postinett werde sich im neuen Jahr der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft im Web abspielen.

Bereits seit August 2010 verbringen die Nutzer mehr Zeit bei Facebook als bei Google, Youtube und Googlemail inbegriffen. Im November wurde festgestellt, dass Facebook 648 Millionen einzelne Nutzer pro Monat hat und damit nicht mehr weit von Google (970 Millionen) und Microsoft (869 Millionen) entfernt ist; Yahoo mit 630 Millionen Nutzern pro Monat wurde bereits überflügelt. Facebook hatte in den ersten drei Quartalen zwar „nur“ 1,3 Milliarden Dollar Umsatz (gegenüber 20,8 Milliarden Dollar im selben Zeitraum bei Google), doch der Trend, so Axel Postinett – spricht hier ganz klar das soziale Netzwerk, eine Kompetenz oder Dienstleistung, die Google abgeht.

Als Grund wird der Umkehr der Werbebranche genannt, wonach Werbung auch im privaten Umfeld akzeptiert und platziert wird. Laut dem Düsseldorfer Unternehmensberater Veit Siegenheim handelt es sich hierbei um einen Kampf der Systeme – während Google versucht alles mit mathematischen Algorithemen zu lösen, setzt Facebook auf die Macht der sozialen Vernetzung. Laut Conscore hat Facebook in den USA bereits die Marktführerschaft bei der Displaywerbung im Netz übernommen (297 Milliarden Bild-Anzeigen gegenüber „nur“ 35 Milliarden bei Google, damit auf Rang 5).

Konnektivität für Beziehungsmanagement?

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Der Beitrag von Matthias Schwenk auf Carta hat mich auf die Studie der Werbeagentur Grey und von Google Deutschland zum „Homo Connectus“ aufmerksam gemacht. Die Allgegenwart von Online-Inhalten auf Notebooks, vor allem aber auf Smartphones führt zu einer Veränderung im Medienverhalten, aber auch – worauf die Studie abzielt – in der Markenkommunikation.

Zitat aus der Studie unter http://homoconnectus.grey.de/

Diese etwas schnöde Zusammenfassung von Seite 36 greift das Fazit vorweg, wonach die Sprache von Markenkommunikation im Sinne eiens Beziehungsmanagements ist. Technisch und dabei auch sozial vernetzte Menschen müssten folglich in der Kommunikation wenn möglich auf einer Vertrauensbasis erreicht werden. Nutzer, Fans und Gegner einer Marke bestimmten demnach fast ebenso stark das Erlebnis wie die auf verschiedene Kanäle angepasste Werbung. Die Lebenswelt des Homo Connectus wird laut der Studie durch sechs Tendenzen bestimmt (s. S. 9 der Studie).

Darstellung aus S. 9 der Studie unter http://homoconnectus.grey.de/

Sicher, das sind alles beeindruckende Stichworte, allerdings wie Matthias Schwenk zurecht bemängelt (unter Verweis auf die mehr als zehn Jahre alten 95 Thesen des Cluetrain-Manifestes), nicht unbedingt neu, aber doch sehr überzeugend dargestellt. Daraus allerdings „echtes Beziehungsmanagement“ abzuleiten, erscheint mir wenig glaubhaft. Vermutlich müssen sich das Werbeagenturen heute auf die Fahnen schreiben, um mit der Zeit zu gehen.

Aber letztlich ist ganz klar: Sie preisen ein Produkt an, versuchen es erlebbar zu machen, seine Vorzüge zu demonstrieren und es gegenüber anderen Produkten hervorzuheben. Wenn es ihnen zu diesem Zweck gelingt, die Kommuniaktion mit (am besten begeisterten) Nutzern einzubeziehen, Chapeau! Wenn nicht, bekommen sie ein Problem. Was aber an dem Beziehungsmanagement „echt“ sein soll, leuchtet mir nicht ein. Denn die Absichten bleiben dieselben, egal welches Medium und welcher Kanal für die Botschaft gewählt wird.

Sehr interessant in diesem Zusdammenhang auch der Verweis eines Carta-Kommentators auf den Beitrag bei FAZ online zu Internet und Demokratie.

Google möchte sich durch Journalismus retten…

Montag, 17. Mai 2010

…das jedenfalls behauptet indirekt der im heutigen FAZ-Artikel zitierte James Fallows im Monatsmagazin „The Atlantic“. Gemäß dem Blick in amerikanische Zeitschriften von Jordan Mejias stützt sich der US-Autor dabei auf Aussagen des Google-Chefs Eric Schmidt, wonach der Konzern „aus kommerziellen wie staatsbürgerlichen Gründen“ den Journalismus wiederbeleben wolle.

FAZ, 17.05.2010, Titel: Rosig ist die Zukunft und papierfrei

Der zu Grunde liegende Gedanke ist richtig: Nur hochwertige Inhalte lohnen sich angeklickt zu werden. Auf Initiative von Google werde derzeit zusammen mit Vertretern von Zeitungsverlagen nach einem Weg aus der gegenwärtigen Krise gesucht. Zwar halte James Fallows den Vorstoß nicht für leicht zu verwirklichen, aber dennoch für hoffnungsvoll. Das Geschäftsmodell für die Übermittlung professioneller Nachrichten (gegenüber dem viel gescholtenen Bürgerjournalismus) gelte es neu zu erfinden. Dabei geht es offenbar vorrangig um die Frage, wie die künftig kostenpflichtigen Inhalte gegenüber den kostenlosen Lockangeboten abgetrennt und dennoch einfach zugänglich gemacht werden können.

 Als Ursachen werden zur Überraschung des US-Autors laut Google nicht Versäumnisse der Verleger genannt, sondern „das historisch beispiellose Spiel technologischer Kräfte“. Dennoch verhält es sich so, dass mit Ausnahme der „New York Times“ und des „Wall Street Journal“ bei allen anderen US-Tageszeitungen die Kosten für Druck, Papier und Transport diejenigen für die Redaktion deutlich übersteigen. Das Internetangebot der Zeitungsverlage könnte sowohl durch Werbung als auch durch Online-Abonnements den Ertrag der Häuser erhöhen. Hierbei spielt auch wieder die Verfügbarkeit der News für alle Endgeräte (Smartphones, Tablet PCs, E-Reader) eine wesentliche Rolle.

 FAZ, 17.05.2010, Titel: Blick in amerikanische Zeitschriften

Offiziell klingen die Maßgaben hochgestochen: „Distribution, Engagement, Monetarisierung“ (durch packendere Stories mehr Leute erreichen). Allerdings läge die Lösung oft eher in einem Detail. So hätten zum Beispiel die „New York Times“ und die „Washington Post“, Artikel, Videos und Leserkommentare zu Themen als „Living Stories“ gebündelt, die vor allem auch für Suchmaschinen attraktiver seien. Zudem sei ein Projekt „Fast Flip“ gestartet worden, mit dem der Leser durch verschiedene Seiten wie durch ein Magazin blättern könne. Daneben schlägt Google zu einer idealen Platzausnutzung von Werbeflächen ein „Yield Management“ wie bei Fluglinien vor.

 Durch solche Details – weniger aber durch eine klare Geschäftsausrichtung auf den Qualitätsjournalismus – erwartet Google rosige Zeiten für das Nachrichtengeschäft. In der Zukunft würden sich neben den bestehenden, durchaus überlebensfähigen Verlagen neue und ganz anders ausgerichtete Häuser etablieren. Jordan Mejias stellt abschließend fest, dass die konkrete Aussicht für das nächste Jahr schon sehr viel schwieriger sei. Alles wischi-waschi also? Nicht ganz. Jedoch sollte sich das Unternehmen Google nicht überschätzen mit seinen Kompetenzen hinsichtlich der Zukunft der Zeitungen (natürlich kann es diese auch aufkaufen). Die meisten der Überlegungen haben zwar mit interessanten Modellen für das Internetgeschäft, mit Journalismus aber nur entfernt zu tun.

Wochenend-Presseschau 19-10

Montag, 17. Mai 2010

Das Medienmagazin „Töne, Texte, Bilder“ auf WDR5 hat am vergangenen Samstag nicht nur die Meldung des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) wiedergegeben, dass es deutschen Verlagshäusern besser geht als denen in Amerika (Texthilfe berichtete), sondern in diesem Zusammenhang auch sehr interessante Beispiele aufgegriffen.

Screenshot von wdr5.de: "Töne, Texte, Bilder" vom 15.05.2010

So wurde zum einen eine gesunde Ein-Mann-Zeitung aus dem Süden der USA mit mehr als 150 Jahren Tradition vorgestellt, zum anderen die individualisierte Tageszeitung „niiu“ aus Berlin, mit der Wanja Oberhof und Hendrik Tiedemann linksliberale Leser unter 30 Jahren erreichen. Selbst das „Time Magazine“ aus New York hatte sich für den Start des Dienstes im vergangenen November interessiert. Auch der BDZV verfolge das Projekt mit „wohlwollendem Interesse“, heißt es in dem Beitrag von Michael Mayer. 1,80 Euro kostet das niiu-Abo täglich, für Studenten nur 1,20 Euro. Mit etwa 5.000 Abonnenten sei die Schwelle der Wirtschaftlichkeit erreicht, heißt es weiter, unter anderem sind Inhalte aus den Verlagen Axel-Springer (Bild), Holtzbrinck (Handelsblatt) und DuMont-Schauberg (Frankfurter Rundschau), aber auch der taz und der Münchner Abendzeitung zusammenzumixen. 

Außerdem in der Sendung in der Rubrik „Update“ die Erklärung von Jörg Schieb für die Internetstörungen in der vergangenen Woche. Nur, weil ein einziger Server streikte, der als „Telefonbuch des deutschen Internets“ gilt, ging auf vielen Seiten nichts mehr. Die Schlussfolgerung: ein Sicherheitsnetz für das deutsche Internetverzeichnis fehlt, ein so genanntes „Failover“, oder laut Jörg Schieb „eine Art Notstromaggregat für Computerpannen“.

Die Welt, 14.05.2010, Titel: Microsoft, Google und Apple jagen sich die Kunden ab

Ein anderes Thema, das mich in dieser Woche noch weiter beschäftigen wird, ist der Konkurrenzkampf zwischen Microsoft und Google hinsichtlich ihrer Software-Pakete und zwischen Google und Apple bezogen auf die Hardware-Produkte. Alle drei Unternehmen spüren dadurch jedenfalls so etwas wie Konkurrenz, ist dem Artikel in der Welt zu entnehmen. Der Machtkampf um die Bürosoftware-Pakete, die Google seit längerem kostenlos im Netz anbietet, führt nun auch Microsoft dazu, per „Cloud Computing“ die Dienste komplett online anzubieten. Google seinerseits greift aktuell Apple an, indem der Konzern zusammen mit dem US-Netzbetreiber Verizon Wireless einen eigenen (sicherlich reichlich verspielten) Tablet-PC entwickelt, auf Basis des bereits in den Google-Handys eingesetzten mobilen Betriebssystems Android.

Die Welt, 14.05.2010, Titel: Warum eine amerikanische Psychatrie-Professorin die deutschen Männer für ein Erfolgsmodell hält

Zuletzt nur kurz erwähnt der außergewöhnliche Titel für den gewöhnlichen Beitrag zu einer Buch-Neuerscheinung in der Welt zu „Das männliche Gehirn“ von Louann Brizendine. Die Welt am Sonntag fragt vergleichsweise einfacher: „Müssen Männer so sein?„. Der Unterschied besteht auch darin, dass der erst genannte Beitrag von einem Mann stammt, die Fragen in der WamS dagegen von Frauen. Nach dem Bucherfolg „Das weibliche Gehirn“ aus dem Jahr 2007 wird auch dieses Buch sicherlich seine Leserinnen und Leser finden. Das „Erfolgsmodell“ des deutschen Mannes bezieht sich übrigens weniger auf eine Leistung der Männer selbst, sondern auf die Möglichkeit, in Deutschland 14 Monate Elternzeit zu nehmen, um dabei möglichst gut mit seinen Kindern zu kommunizieren (aber nur so lange, bis die Mutter dazukommt)…

Diskussionen um durchsichtige digitale Welten

Samstag, 24. April 2010

Wieder einmal geraten die US-Internetkonzerne Facebook und Google ins Visier der Datenschützer: Google hat beim weltweiten umstrittenen Abfilmen der Straßen auch ungefragt bestehende Funknetze gescannt, Facebook bietet seine Dienste zum Einbinden auf privaten Homepages an.

Googles Vorgehen ist schlicht peinlich, denn andere Unternehmen wie Skyhook Wireless, mit denen Google zusammenarbeitet, erfassen diese Dasten bereits „offiziell“, das heißt als ausgewiesenes Geschäft ohne bisher als illegal zu gelten. Google zerstört dadurch Vertrauen, das sowieso zu großen Teilen nur aus der Bequemlichkeit seiner Nutzer bestehen dürfte. Facebooks Vorgehen dagegen ist raffiniert, indem die Nutzer dem Konzern bereitwillig Daten liefern, auch ohne im sozialen Netzwerk eingeloggt zu sein.

Welt, 23.04.10, Titel: Transparent wie ein Wasserglas

In seinem Kommentar in der Welt bezieht sich Thomas Heuzeroth auf Googles Verhalten – auch angesichts der Kritik an diesem Vorgehen. Der Konzern klagt, dass Kartenherstelelr für Navigationsgeräte aber auch tausende Handyprogramme auf die Wlan-Ortsbestimmungen zugreifen. Die haben sich dabei aber immerhin auf bestehende Verträge gestützt, mögen diese nun aus Gesichtspunkten des Datenschutzes gerechtfertigt erscheinen oder nicht. Der Welt-Autor sieht die Chance: „Dass Google unter Datenschützern zu einem Reizwort geworden ist, muss ja nicht schlecht sein. Damit wird das Unternehmen immer mehr gezwungen, doch bitte so durchsichtig zu sein wie ein Wasserglas.“

Das muss er mir aber bitte einmal erklären. Wer kann denn Google effektiv in die Knie zwingen, so lange die Nutzer seine Dienste weiter unkritisch in Anspruch nehmen? Dies erläutert Thomas Heuzeroth im Artikel vom selben Tage: „Facebook wird im Internet allgegenwärtig„. Am Beispiel von Facebooks Strategiewechsel lässt sich erkennen, was auch Google schon seit Jahren betreibt: Mit dem Programm Google Analytics kann ein Webseitenbetreiber eine Auswertung über die eigenen Besucher erhalten: „Woher sie kommen, was sie klicken, wohin sie gehen und mit welcher Software sie surfen. Und Google erfährt das natürlich auch.“

Im Fall von Facebook betrifft die Einbindung weitere, als nützlich erachtete Dienste wie den „Like-Button“, persönliche Empfehlungen oder die Darstellung der Aktivitäten anderer, befreundeter Nutzer. Die Allgegenwart der Konzerne ist insofern schon fast mit einer „Allmacht“ im Internet gleichzusetzen, zumindest was die Kenntnis über zahlreiche Eckdaten der an diesen Aktionen beteiligten Nutzer betrifft. kein Wunder, dass aufgrund der zunehmenden Bedeutung des mobilen Internets auch die Kenntnis über die bestehenden Funknetze nur ungern anderen überlassen wird.

Allerdings ist in meinen Augen eher der Nutzer, der sich – nicht ganz zwangläufig, aber doch sehr häufig – auf die Dienste dominanten Internetkonzerne einlässt, „Transparent wie ein Wasserglas“, nicht aber Google oder Facebook selbst, die es doch viel eher sein sollten. Die lachen sich eins, wenn sie die Diskussionen um Datenschutz verfolgen. Aber dafür ist mein kleiner Beitrag hier erstens zu unpopulär und zweitens zu wenig fundiert. Die Mittel und Wege zur Durchleuchtung der Nutzer ist, fürchte ich, noch weitaus raffinierter, als sich das der Otto-Normalsurfer vorstellen kann.

Marktmacht als Vorbild für Cyberdemokratie

Mittwoch, 24. Februar 2010

Hard facts und soft skills im Vergleich: das neuerliche Abwägen zwischen Firmenkulturen, diesmal von Apple und Google, in der Welt in einem informativen Beitrag von Katja Ridderbusch.  Apple gegründet von Steve Jobs 1976, Google von Larry Page und Sergey Brin 1988. 43 Milliarden Dollar Umsatz hatte Apple 2009, 23,6 Milliarden Dollar Umsatz Google. Geschäftsmodell Apple: eigene Softwware mit eigener Hardware verbinden, Geschäftsmodell Google: Suchalgorithmen verbunden mit Cloud Computing zu Konsumentenprofilen. Doch  ihre Firmenkulturen unterscheiden sich gehörig, wie zusammengefasst in der Überschrift.

Welt, 24.02.10, Titel: Gründerkult gegen kreativen Freizeitpark

Dabei waren beide Firmen lange Zeit vereint im Angesicht des gemeinsamen Feindes Microsoft. „Doch seit einiger Zeit haben sich Google und Apple nicht mehr lieb. Denn der Computerhersteller dringt in den mobilen Anzeigenmarkt vor und expandiert im Bereich Video“, schreibt Katja Ridderbusch, „Und spätestens seit Google im Februar sein eigenes Smartphone Nexus One auf den Markt brachte, ist das Band zwischen den Partner zerrissen.“ Die Kluft würde bereits an den nur zehn Kilometer voneinander entfernten Firmensitzen in Cupertino (Apples majestätitscher weißer Beton-Glasbau) und Mountain View (das verspielte Verschnitt aus Campus und Aniomationsclub, genannt Googleplex).

Die Firmenkulturen allerdings divergieren vordergründig noch stärker: Steve Jobs sei schwer zufrieden zu stellen und schnell mit Kündigungen bei der Hand, heißt es. Indem er hart gegen sich und andere sei, führe er seine Mitarbeiter zu Bestleistungen. Verschwiegenheit wird propagiert, gleichzeitig hängt der Aktienkurs am Gesundheitszustand des gebeutelten Patriarchen. Was bei Google auf den ersten Blick wie der reinste Spaßtempel wirkt, ist allerdings ebenfalls nicht nur lustig. Die Mitarbeiter sollen sich bei Tischtennis, Tischfußball, Carrerabahnen und Legosteinen wohl fühlen, damit sie länger arbeiten können. 20 Prozent ihrer Zeit sollen sie angeblich in die Entwicklung eigener Ideen stecken.

Das Firmenmotto „Don’t be evil“ klingt jedoch bereits wie die Eintrittskarte in den Vorhof zur Hölle. Transparenz ist Fehlanzeige: Weder die Klicks der Suchmaschine pro Tag noch Angaben über Standorte, Rechenzentren oder Neueinführungen würden veröffentlicht. So entpuppen sich beide Unternehmen, die mittlerweile Kerngeschäftsfelder des jeweils anderen angreifen, als von ähnlicher Kultur, dem überdimensionalen Erfolg verpflichtet. Während das Wort „googeln“ bereits den Einzug in den Duden gefeiert hat, zählt Apple mit einem geschätzten Wert vom 63 Milliarden Dollar bereits zur sechstteuersten Marke der Welt. Wenn diese Markenmächte die Internetkultur bestimmen, kann es nicht weit her sein mit der davon dominierten Cyberdemokratie.

Mobile first vs. social targeting

Donnerstag, 18. Februar 2010

Der Machtkampf zwischen Google und Facebook aus Sicht der FAZ und des PR-Bloggers Christoph Bauer vom heutigen Tage. Die FAZ berichtet ausführlich über die Vorstellung des Google-Vorstandsvorsitzenden Eric Schmidt bei der Mobilfunkmesse in Barcelona. „Mobile first“ lautet demnach die Devise des Internetgiganten, der aktuell angeblich 60.000 der so genannten Android-Handies ausliefert (mit dem Google-eigenen Handy-Betriebsssystem). Dennoch sieht Christoph Bauer das Zuckerbergsche Facebook-Netzwerk deutlich im Vorteil gegenüber „der Maschine“ Google.

FAZ, 18.02.10, Titel: Google macht gegen den PC mobil

Eric Schmidt sieht laut FAZ die Verkäufe von Smartphones in spätestens drei Jahren diejenigen von PCs überholen. Als Kernkompetenz für mobile Internetdienste der Zukunft beschreibt er die Verbindung von Konnektivität, der Rechenleistung des eigenen Geräts und diese kombiniert mit der von hunderttausenden mit dem Datennetz verbunden Rechner (Cloud Computing). Ziele seien zum Beispiel, durch eine Simultan-Übersetzung via Cloud Computing mit Menschen anderer Sprachen zu telefonieren oder bei Angabe des Fotos eines Gebäudes zu erfahren, um welches es sich handelt (neuer Dienst „Google Googles“).

Demgegenüber führt der PR-Blogger die Vormachtstellung von Facebook nicht nur mit seinem sozialen Netzwerk, sondern auch mit dem Facebook Connect-Konzept (direktes Einloggen mit den Netzwerk-Kenndaten, bereits auf 80.000 Websiten integriert) und den schier unbegrenzten Möglichkeiten des Social Targeting (Werbungen erreichen Einzelnutzer auf der Basis ihres Sozialprofils). Schließlich hat Facebook bereits Google als Haupterzeuger von Traffic abgelöst. Das bedeutet auch, dass mittlerweile mehr Nachrichten über soziale Netzwerke angesteuert werden als über die Google-Newssuche. Dazu passt, dass Facebook alleine im vergangenen Januar die durchschnittliche Verweildauer der Netzwerknutzer gegenüber Vormonat um fast 10 Prozent steigern konnte.

FAZ, 18.02.10, Titel: Es gibt kein Logout

Ein weiterer Artikel in der heutigen FAZ befasst sich ebenfalls mit Facebook. Friederike Haupt kritisiert unter anderem, dass nach dem Relaunch der Netzwerkseiten das Feld zum Abmelden nicht mehr gut sichtbar, sondern versteckt ist. Facebook, so der Vorwurf, nutze die Naivität seiner Kunden aus. Als Konsequenz daraus lockten die kaum geschützten Daten auch Kriminelle an. Einen drastischen Fall des Identitätsdiebstahls hat vor einer Woche Tina Groll in der Zeit online dargelegt. Die weitere Argumentation im FAZ-Artikel lautet jedoch, die Betreiber der sozialen Netzwerke hätten kein Interesse daran, ihre häufig naiven und gutgläubigen Nutzer über die Gefahren der Cyberkriminalität aufzuklären.

Erst vor wenigen Wochen hätten Google-Forscher vor der Aushöhlung der Privatsphäre in Netzwerken wie Facebook und Myspace gewarnt, ehe dann mit „Buzz“ das nächste eigene Netzwerk präsentiert wurde, prompt wiederum von Datenschützern kritisiert. Der Software-Entwickler Marc Canter (ehemals Macro-media-Mitbegründer) sieht den Auftakt zur „Schlacht um die eigene Identität im Web 2.0“ erfolgt. Daher hat er bereits vor Jahren die Initiative „Identity Gang“ gegründet, die eine Aufklärung und Selbstkontrolle über die digitale Identität zum Ziel hat. Laut USA Today geht Facebook sogar juristisch gegen Internetseiten vor, die beim Ausstieg aus sozialen Netzwerken helfen. „Die Menschen müssen sich endlich klar machen, dass es auch anders geht“, wird Marc Canter zitiert.

Aspekte der Web-Beherrschung

Mittwoch, 17. Februar 2010

Hoch interessantes Interview mit dem Wiener Medientheoretiker, Internetaktivisten und Musiker Konrad Becker in der Welt. Zahlreiche Themenfelder werden in dem von Wieland Freund geführten Interview angeschnitten. Nachfolgend der Versuch die für mich wichtigsten Aspekte unter diesen Stichworten herauszufiltern: Googles Marktmacht, Ökonomie der Aufmerksamkeit und Pflege der Informationslandschaft.

Die Welt, 15.02.10, Titel des Interviews mit Konrad Becker

Googles Marktmacht – „Pro Tag werden im Internet etwa vier Milliarden Suchanfragen gestellt. 67 Prozent davon an Google“ (Wieland Freunds Einleitung zur ersten Frage). Aus Konrad Beckers Antwort: „Untersuchungen besagen, dass die Niederschrift eines wissenschaftlichen Papiers bei einer Mehrzahl der Geistesarbeiter heute mit einer Google-Anfrage beginnt.“ Dazu aus einer anderen Frage: „Googles Geschäftsmodell lautet: Tausche Suchergebnis gegen Konsumentenprofil. Googles zahlende Kundschaft sind die Werbetreibenden, nicht die Suchenden.“, sowie, aus einer anderen Antwort: „mittlerweile gehen Googles Bemühungen weit über die Suchmaschine und das Erstellen persönlicher Profile hinaus. Es geht um soziale Profile, soziale Netzwerke. Und denken Sie an das Google-Telefon in Verbindung mit Google Maps: Früher hat der Herr auch immer gewusst, wo sich sein Gscherr aufhält. Die Verknüpfung solcher Daten, insbesondere von Geomarker-Daten, ist hochproblematisch.“

Ökonomie der Aufmerksamkeit – Die Ordnung der Google-Anfrage nach dem Page-Rank-Prinzip wird von Konrad Becker als „sehr problematisch“ bezeichnet: „Informationslandschaften sind reich, wenn sie über Vielfalt, sozusagen über Biodiversität verfügen. Das Page-Rank-Prinzip aber nimmt dem Aufmerksamkeitsarmen und gibt dem Aufmerksamkeitsreichen. Das führt zu einer Verarmung. Es kommt zu Schleifenbildungen.“ Hierbei bemüht er den Begriff der „Folksonomie“ (eine Wirtschaftslehre der einfachen Leute) und erläutert: „Gemeint ist das Social Tagging im Web 2.0, die individuelle, oft recht willkürliche Verschlagwortung durch die Benutzer selbst, die an die Stelle einer von Experten definierten, hierarchisch festgelegten Kategorisierung tritt. Aufgrund der schieren Datenmenge spielt diese amateurhafte Wissens-organisation im Internet mittlerweile eine wichtige Rolle.“

Pflege der Informationslandschaft – Konrad Becker erläutert: „Google und andere Suchmaschinen pflegen den Mythos einer rein algorithmischen Maschinenlogik, die jenseits aller Beeinflussung läge. Man weiß aber inzwischen, dass an den Suchergebnissen durchaus gedoktert wird. Ganze Redaktionsteams arbeiten daran.“ In diesem Zusammenhang spricht er von einer Verschmutzung der Informationslandschaft. Auf der anderen Seite würde User-Content durch große Unternehmen ausgebeutet. Apple als „Gate-keeper“ (Torwächter zu Internet-Inhalten) sei nur bedingt mit der katholischen Kirche zu vergleichen (schöne Oberfläche ohne Blick dahinter mit der Möglichkeit sich mit einem einfachen Spendenmodell von seinen Sünden freizukaufen).

Konrad Becker sagt, er möchte nur ungern „vor die Wahl „große Gatekeeper oder Gratiskultur“ gestellt werden“. Gleichzeitig gehe es „nicht nur um Entertainment-Content, sondern auch um Bildung, um Zugang zu Behördendaten, Forschungsergebnissen und dem Kulturerbe.“ Im Sinne einer Landschaftspflege fordert er daher die „Regulierung öffentlicher, gemeinsamer Ressourcen. Frequenz-bänder etwa sind ein öffentliches Gut.“ Denn: „In einer nachhaltigen Informationslandschaft müssen Vielfalt, Zugang und Transparenz gewährleistet werden.“

Unerwartetes burdaesk verbinden

Donnerstag, 28. Januar 2010

„Connect the unexpected“ steht als Leitwort auf der Startseite des in München abgehaltenen Burda-Kongresses „Digital, Life, Design“. Unerwartet Verschiedenes verbanden die Berichterstatter von der Welt, Thomas Heuzeroth, und der FAZ, Detlev Borchers, mit der Veranstaltung. Rund 800 Unternehmer und Kreative nahmen kurz vor dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos daran teil, hauptsächlich um sich zu orientieren. Denn das Motto der Konferenz lautete „Map your future“, wobei es sich – nach der im FAZ-Artikel vertretenen Ansicht zweifellos um eine Google-Map gehandelt haben müsse.

FAZ, 28.01.10, Titel: Google hat ein Ohr für alles

Der Welt-Autor betont, dass es wieder einmal eine Konferenz der schönen Worte gewesen sei – so habe es sich um „Informavore“ gedreht, also Informationsfresser (von Carnivore, Fleischfresser), und auch Frank Schirrmacher beschwor wieder einmal die Informationsüberflutung. Daneben habe Hubert Burda in seinem Eingangsstatement sein letztjähriges Wort der „lousy pennies“ in Bezug auf die Ertragslage der Online-Werbung eingeschränkt. „Zusammen mit E-Commerce-Angebote jedoch könnten profitable Unternehmen entstehen.“, heißt es.

Weitere Bonmots werden zitiert, etwa von MySpace-Chef Owen Van Natta: „Man muss sich erneuern, bevor man merkt, dass man sich erneuern muss.“, oder vom Computerwissenschaftsprofessor David Gelernter von der Yale Universität: „Wozu sind wir eigentlich so gut informiert?“ Eine mögliche Antwort auf diese Frage könnte der Ansatz bieten, den der FAZ-Autor gewählt hat, um die Konferenz zu besprechen: „Der Kurs auf dem Kontinent Google wird von Google bestimmt und ist in einer Google-Map vorgezeichnet. Kein Wunder, dass der Internet-Konzern zum Schluss der Konferenz allen Teilnehmern ein Google-Nexus schenkte, ein schickes Mobiltelefon mit Sprachnavigation, die direkt von Google-Servern kommt. So kann Google fortlaufend überwachen,. was das bunte Trüppchen treibt.“

Die Welt, 26.01.10, Titel: Die Zeit der lausigen Pfennige ist vorbei

Diese durchaus nachvollziehbare Sicht der Dinge gibt der Überschrift aus der Welt eine ganz neue Relevanz. Um so mehr, wenn man bedenkt, dass Google allein in Deutschland jährlich rund 20 Milliarden Euro Umsatz mit seinem Anzeigengeschäft macht, während es die deutschen Zeitungsverlage auf gerade einmal 160 Millionen Euro Anzeigenumsatz im gleichen Zeitraum bringen (zitiert nach Ulrich Clauß in der Welt vom 22. Januar). Als nächste Stufe der Gewinnmaximierung von Google skizziert Detlev Borchers den „Social Commerce“, indem sich die Werbetreibenden direkt über die sozialen Netzwerke an ihre Kundengruppen wenden werden.

Das sieht dann etwa so aus, dass Wal-Mart in seinen Läden massenweise Netbooks installliert, über die entscheidungs-schwache Käufer sich Meinungen in den bevorzugten sozialen Netzwerken abrufen können. Tun sie das, greift Wal-Mart dabei auch Informationen über ihr Nutzerverhalten ab. Wenn sich am Ende der Konferenz schließlich die Teilnehmer um die Ausgabe der Nexus-Handies drängeln um ihre eigenes gläsernes Dasein noch schneller zu erreichen, dann erinnert mich das an die Vergnügungsinsel bei Pinocchio, auf der die kleinen Jungen mit Glücksspiel und Zigarren zu Eseln verwandelt werden.

Eine Übersicht der deutschen Magazintitel im Burda-Verlag sowie einige weiterführende Artikel zu weiteren Themen der DLD.

Google vs. China: Überzeugung oder Kalkül?

Samstag, 16. Januar 2010

Die Zeitungen waren Mitte der Woche voller Kommentare, vor allem habe ich mit denen der Financial Times Deutschland und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Donnerstag beschäftigt. Die FTD sprach im Leitartikel von einer „Achse des Guten“, die das Unternehmen gemeinsam mit US-Außenministerin Hilary Clinton nun bilde. Auch wenn es den Konzern nicht viel koste, weil er in China bisher nur ein Nischendasein gefristet habe, sei dies doch ein mutiger und der richtige Schritt, sich vom größten Wachstumsmarkt der Welt zurückzuziehen.

In der Rubrik „Das Kapital“ wurde in derselben Zeitung dargelegt, dass es beiden Riesen (China und Google) um Nutzerdaten im großen Stil gehe: „China will, das Google will“. Noch vor zehn Jahren hätten sich die Geheimdienste die Finger nach den Daten geschleckt, heißt es dort, die die Nutzer heute dem Internetgiganten bereitwillig frei Haus liefern. Dass der Konzern Google, der sich durch rechtlich ungeklärtes Scannen von Büchern und ganzen Straßenzügen nicht eben als moralische Instanz erwiesen habe, nun aus moralischen Gründen aus China zurückziehe, sei unwahrscheinlich. Als wahrscheinlicherer Grund werden Signale aus Peking angegeben, dass Baidu als staatlich favorisierter Suchdienst favorisiert werde.

Überschriften der Google-Kommentare in FTD und FAZ am 14.01.10

Carsten Knop vermeint in der FAZ vom vergangenen Donnerstag zu erkennen, dass „Google doch nicht böse“ sei. Da der vermutliche Rückzug aus China im Westen gut ankomme, sei der Schritt als PR-Maßnahme sicherlich klug. Allerdings glaubt der Autor, dass es Verhandlungen zwischen Google und China geben werde udn Google sich dann doch kompromissbereit zeigen werde,. Immerhin dürfte es sich bei aktuellen Umsätzen in China von „nur“ 600 Millionen Dollar doch um einen Werbemarkt von 10 Milliarden Dollar handeln.

Peter Sturm bemerkt allerdings in derselben Zeitung, dass es bei dieser Reaktion eher um das weitere negative Schlaglicht geht, das auf Chinas Praktiken  geworfen wird. Als Hintergrund der Reaktion seien daher vielmehr die massenhaften chinesischen Hackerangriffe auch auf Google zu betrachten. Im schlimmsten Fall aber – sollte Google bei der angedrohten Blockadehltung gegenüber China bleiben – könnten die User in aller Welt daraus lernen, wie es auch ohne Google gehen kann.

Auch Joachim Rogge im Kölner StadtAnzeiger betonte („Moral und Markt“), dass Google „mehr als andere Unternehmen vom Vertrauen seiner Kunden“ lebe. Mit dem PR-Coup sei der wachsenden Kritikerschar der Wind aus den Segeln genommen worden. Das Handelsblatt vom Donnerstag brachte in seinem Leitartikel („Google und die Freiheit in China“) zusätzlich das gewichtige Argument des Diebstahls geistigen Eigentums in die Diskussion ein. Google könne es sich schlichtweg nicht leisten, von einem Land ausspinoniert zu werden (auch wenn China diese Beschuldigung von sich weist). Zudem wird auch hier betont, dass der Konzern mit dem spektakulären Signal kein wirtschaftliches Risiko eingehe.

FTD, 15.01.2010, Zwischenüberschrift aus "Wenn China die Welt regiert"

In der Wochenend-Ausgabe der FTD beschäftgit sich der Harvard-Wirtschaftsprofessor Dani Rodrik mit der Frage,w as passiert, „Wenn China die Welt regiert“. Die Globalisierung würde deutlich chinesische Züge tragen, mutmaßt er, Demokratie und Menschenrechte würden dann ihren Glanz als globale Normen verlieren. Aber „eine chinesische Weltordnung würde nationalen Souveränitäten und nationaler Vielfalt dann auch mit mehr Toleranz“ begegnen und „mehr Raum für Experimente mit verschiedenen Wirtschaftsmodellen“ lassen. Ein schwacher Trost vielleicht, doch vermutlich eine realistische Aussicht.