Axel-Springer-Konzernchef Mathias Döpfner hat beid er Bilanzpressekonferenz gute Zahlen präsentiert. Der Leser schwankt zwischen Entrüstung und Bewunderung: „Axel Springer kommt gut durchs Krisenjahr 2009“ schreibt das hauseigene Blatt Die Welt (mit Video), „Springer-Chef Döpfner ist Profiteur der Krise“ schimpft dagegen die FAZ. Andere Zeitungen heben darauf ab, dass Der Konzern bereits gut 20 Prozent seiner Umsätze mit digitalen Angeboten macht. „Springer holt Zuwachs aus dem Netz“, so die FTD und die Börsen-Zeitung titelt: „Springer wird zum Online-Unternehmen“.
In der Welt lautet das erste Zitat des Konzernchefs selbstbewusst: „Es gebe kein vergleichbares Medienunternehmen, das so erfolgreich durch die Krise gesteuert sei wie Axel Springer.“ Danach folgen die aktuell sehr ungewöhnlichen Ergebnisse: „Jeder achte Euro vom Umsatz ist Gewinn gewesen“, so Mathias Döpfner in der Welt, und weiter: „wir schlagen eine Rekorddividende vor, die Eigenkapitalquote wurde auf über 40 Prozent erhöht und die Verschuldung de facto auf Null abgebaut.“ Sogar die Mitarbeiterzahl konnt leicht erhöht werden.
Der Heilsbringer waren in der Tat die im Umsatz um 24,4 Prozent gestiegenen Internetaktivitäten, wobei sogar 30 Prozent aller Werbeerlöse auf digitalen Plattformen erzielt wurde. Dieser Weg soll fortgesetzt werden. die Hoffnung ruht auf „journalistischen Angeboten für das Internet und mobile Endgeräte.“ Bis Ende 2009 wurden von den kostenpflichtigen Apps für „Bild“ und „Welt“ 100.000 verkauft. Entsprechende Angebote für das iPad soll es ab dem Frühjahr geben. An der Fähigkeit, Geschäftsmodelle für den Qualitätsjournalismus zu entwickeln, enstcheide sich „die Schicksalsfrage für Medienunternehmen“. Auf die gute Internet-Entwicklung geht die FAZ bei insgesamt sinkenden Vertriebserlösen der inländischen Springer-Zeitungen jedoch nicht ein
Auch die guten Konzernzahlen sieht die FAZ dagegen kritisch: Der bereinigte Konzernüberschuss ssei um 40 Prozent auf 152,6 Millionen Euro gesunken, doch die Gesamtvergütung des vierköpfigen Vorstands um 35 Prozent auf 17,7 Millionen Euro gestiegen. Nicht zuletzt käme die Rekorddividende von 4,40 Euro je Aktie auch Mathias Döpfner als Großaktionär zugute. Das Wort des „Profiteurs der Krise“ hatte der Konzernchef offenbar übrigens selbst auf die „Bild“ angewandt, bei nur 3,7 Prozent Auflagenrückgang. Sondererlöse stammten aus dem Verkauf von Beteiligungen, so der „Leipziger Volkszeitung“, den „Lübecker Nachrichten“ und den „Kieler Nachrichten“ an die Verlagsgruppe Madsack. Die Müncher-Wirtschaftsmedien „Euro“ und „Euro am Sonntag“ stünden vor dem Verkauf oder dem Aus.
Auf die Fantasie der küpnftigen Online-Entwicklung sopringen jedoch sowohlö die Börsen-Zeitung als auch die Financial Times Deutschland an. Beide machen ihren Bericht damit auf, dass der Verlag Axel Springer bis in spätestens sieben Jahren, mögcherweise aber auch schon in zweien, die Hälfte von Umsatz und Gewinn im Internet erwirtschaften möchte. Das Online-Geschäft dürfte auch in Zukunft die weiter rückläufigen Print-Aktivitäten mehr als kompensieren, vermutet die Börsen-Zeitung. Die aktuelle Schuldenfreiheit bezog Döpfner dem Artikel zufolge auf das Einrechnen der selbst gehaltenen Springer-Aktien. Jedenfalls ermöglichten der Free Cash Flow als auch eine Kreditlinie über 1,5 Mrd. Euro „das Unternehmen transformierende“ Akquisitionen.
Was für Akquisitionen das sein könnten, ließ Mathias Döpfner offen. Dem bisher Gelesenen zufolge dürften sie sich in Richtung Online-Business bewegen. In diesem Zusammenhang stellt Lutz Kappmann in der FTD fest, dass trotz der „Schicksalsfrage“ und Döpfners Behauptung, dass am Ende der Inhalt zähle und nicht der Vertriebsweg, bisher der Großteil der Axel Springer-Online-Erlöse nicht aus journalistischen, sondern aus Service-Proukten stamme (Stepstone, Immonet, Werbevermarkter Zanox).
Beim „Hamburger Abendblatt“ werden aktuell kostenpflichtige Inhalte angeboten, über deren Akzeptanz nichts bekannt wurde. Die iPhone-Apps von „Bild“ und „Welt“ werden bzw. wurden bereits auf monatliche Abo-Modelle umgestellt. Bei den kommenden iPad-Anwendungen sollen bestimmte digitale Angebote künftig über die Telefonrechnung der Telekom laufen können. Den Wettbewerb mit weiteren Online-Kiosken begrüßte Mathias Döpfner offenbar, sei es der geplante Onlione-Kiosk der Telekom oder sei es der von Bertelsmann, solange nur Technologiekonzerne wie Apple nicht in die Inhalte der Verlage eingriffen. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.