Archiv für die Kategorie ‘Sportpolitik’

Ehrenamt zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Samstag, 25. Februar 2012

Keine Frage: Ohne ehrenamtliche Tätigkeiten sähe das öffentliche Leben in vielen Bereichen weit ärmer aus, sei es im sozialen Bereich in der Hilfe für Kranke, für Kinder oder für Ältere, sei es in der Kultur oder im Sport. Gleichzeitig bestehen aber auch zahlreiche Widersprüche in der gesellschaftlichen Stellung ehrenamtlicher Tätigkeiten. Die Leute, die sich solche Pflichten (aus welchen Gründen auch immer) auferlegen, werden oft müde belächelt. Die offizielle Anerkennung ist abgesehen von manchen Lippenbekenntnissen gering. Und schließlich unterliegen gemeinützige eigengetragene Vereine inzwischen einem behördlichen Druck nach professioneller Führung, der sich mit unbezahltem Engagement nur schwerlich abdecken lässt.

Die Welt, 23.02.2012: Ein Hoch auf das Ehrenamt

Ich weiß, wovon ich spreche, immerhin bin ich seit sieben Jahren Geschäftsführer des Deutschen Frisbeesport-Verbandes. Mit jeder Bemühung, den Verband weiter zu professionalisieren und auf eine gesunde Basis zu stellen, die den Anforderungen eines Spitzensportverbandes in Deutschland entspricht, stoße ich mehr und mehr an die Grenzen meiner zeitlichen Verfügbarkeit. Damit einher geht ein grundsätzliches Dilemma der gemeinnützigen Arbeit: Solange ich unbezahlt bin, mache ich die Arbeit gerne, aus Enthusiasmus, aus Überzeugung und mit Freude. Wenn es aber zu dem Punkt kommt, dass ich eventuell nur eine geringe (symoblische) Entlohnung erhalten sollte (über die in der Satzung verankerte Ehrenamtspauschale hinaus), gerate ich unter den Druck, dass es heißt: Du wirst doch bezahlt, also mach mal noch dies und mach auch noch jenes. Die Gefahr ist, dass damit die Freude und die Lust an der Arbeit verloren gehen. Dann könnte ich mir auch gleich einen deutlich besser dotierten Job suchen.

In diesem Zusammenhang habe ich nun jüngst in der Welt einen kleinen Artikel von Patrick Krull über die Vergütung von Theo Zwanziger als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes gelesen. Der gelernte Jurist würde in seinem Beruf laut Statistik vermutlich um die 3.000 Euro monatlich verdienen (wie der Gehaltscheck der „Hörzu“ verrät), vielleicht auch etwas mehr. Laut Sport Bild kommt der gute Mann, der gerne daruaf hinweist, dass er den Job nur ehrenamtlich betreibt, auf eine monatliche Vergütung in Form von Aufwandsentschädigungen in Höhe von rund 6.000 Euro!

Natürlich ist Frisbee (noch) nicht mit Fußball zu vergleichen. Aber entweder mache ich da etwas falsch oder die Einstellung des DFB-Präsidenten stimmt nicht ganz. Es ist wohl durchaus möglich, sich auch als § 26-er Vorstände (diejenigen, die für die Geschäfte eines Vereins mit ihrem Privatvermögen haften) bezahlen zu lassen. Da kommt es nur auf die richtige Definition der Tätigkeiten an. Aber an der grundsätzlichen Diskrepanz zwischen der auf ehrenamtlichem Engagement aufgebauten Vereinsarbeit und der gesetzlichen Behandlung wie ein Wirtschaftsunternehmen ändert auch diese Spitzfindigkeit nichts.

Du kannst im Verein auf deine Mitarbeiter keinen Druck ausüben, außer moralisch – denn bezahlt werden sie ja nicht für ihre Tätigkeiten – aber Du musst dich mit dem Verein doch so professionell aufstellen, als hättest du es mit einer Profitorganisation zu tun. Dabei ist es dem e.V. doch untersagt, Gewinne zu erwirtschaften. Das Dilemma nimmt da fast kein Ende… Wie sind Deine Erfahrungen mit unbezahlter Mitarbeit im Ehrenamt, mit Mitarbeitermotivation und dem Druck den Erwartungen von außen gegenüber? Ich würde mich über Rückmeldungen freuen!

Thema der Zukunft: Sport für Ältere

Freitag, 20. Januar 2012

Der Stadtsportbund Köln bildet mit der Steuerungsgruppe „Sport der Älteren“ ein Modellprojekt des Landessportbundes NRW, um die Praxis, neue Kurse und Methoden, Öffentlichkeitsarbeit sowie das Netzwerken besipielhaft zu erarbeiten. Zu dem Thema „Bewegt älter werden“ findet am 28. April ein Kongress in den Räumen der Kölner Seniorengemeinschaft auf der Zülpicher Straße statt, das vor dem Hintergrund des demografischen Wandels immer mehr an Bedeutung gewinnt

Der Bedarf an Sportangeboten für Ältere steigt. Foto: (c) LSB NRW | Foto: Andrea Bowinkelmann

Ausgangspunkt für das Projekt war ein Alterskongress an der Sporthochschule vor ein paar Jahren, den der Professor Heinz Mechling ins Leben gerufen hatte. Dieser wurde ind er Steuerungsgruppe mittlerweile durch Erika Meissner von der SpoHo ersetzt. Daneben sind in der Gruppe Vertreter des LSB NRW, des Sportamtes und der Seniorenvertretung Köln sowie der Kölner Seniorengemeinschaft sowie des SSBK, außerdem die Projektkoordinatorin Anja Jütten.

Der Bedarf an Sportangeboten für Ältere steigt. Foto: (c) LSB NRW | Foto: Andrea Bowinkelmann

Sie hat den Master-Abschluss am Lehrstuhl für Sport- und Bewegungsgerontologie der SpoHo Köln abgelegt und vertritt die Steuerungsgruppe auch in der kommunalen Gesundheitskonferenz der Stadt in der Untergruppe „Gesundheit im Alter“: „Für uns ist es wichtig, einerseits ältere Menschen in Bewegung zu bringen und andererseits dazu den Vereinen ihre gesellschaftliche Verantwortung vor Augen zu führen“.

Der Bedarf an Sportangeboten für Ältere steigt. Foto (c) LSB NRW | Foto: Andrea Bowinkelmann

Noch sind die Möglichkeiten für Ältere Sport zu treiben viel zu gering, wie eine Umfrage des SSBK ergeben hat. „Der Ausbau altersgerechter Sportangebote ist für die Vereine eine der Hauptaufgaben der Zukunft“, erklärt Rolf Kilzer, Geschäftsführer des SSBK, der die Sportvereine fit für die Zukunft machen möchte.  Im vergangenen Jahr hat Anja Jütten zusammen mit Studenten verschiedener Fachrichtungen damit begonnen, Rückmeldungen aus Kölner Vereinen zu sammeln mit dem Ziel, das Angebot im Seniorensport komplett zu erfassen und im Internet darzustellen.

Kombinierte Medienpräsenz für Sportarten

Dienstag, 27. Dezember 2011

Die zweifache Hochsprung-Olympiasiegerin Ulrike Nasse-Meyfahrt hat in der Westdeutschen Zeitung Sportfunktionäre zu effektiverer Zusammenarbeit in Hinblick auf die Chancen von TVF-Übertragungen gefordert. Ein gutes Beispiel hierzu gibt Schweden ab, das im Rahmen einer „schwedischen Meisterschaftswoche („SM Veckan„) im Sommer und im Winter jeweils mehrere Meisterschaftsentscheidungen an ein- und demselben ort stattfidnen lösst, sodass das Fernsehen gebündelt darüber berichten kann (ich hatte bereits im Sommer im Zusammenhang mit der schwedischen Ultimate-Meisterschaft darauf hingewiesen.

Kölner Stadt-Anzeiger, 27.12.11, Nasse-Meyfahrt fordert Mut zu Kompromissen

Der Fragestellung in der WZ zufolge stellen auch deutsche Fernsehmacher solche Überlegungen an. Die interviewte Goldmedaillen-Gewinnerin von 1972 in München und von 1984 in Los Angeles antwortet darauf: „Olympische Verbände müssen sich Gedanken machen, wie man Interessen koordiniert. Sportverbände müssen miteinander reden, ich fürchte nur, dass das mit der klassischen Funktionärsriege schwierig wird.“ Sie äußerte weiter, dass viele der heute noch amtierenden Funktionäre Angst vor Kompromissen hätten.

Als Geschäftsführer des Deutschen Frisbeesport-Verbandes, der noch vor einer Anerkennung durch den DOSB steht und wenn auch nicht olympisch wenigstens doch World Games-Disziplin ist, kann ich nur beipflichten und sagen, dass eine solche Berichterstattung, wie sie zum Beispiel auch im Umfeld der World Games 2005 in Duisburg stattgefunden hat, dem Sport nur gut tun kann! Medienpräsenz ist in der heutigen zeit mehr denn je ein Schlüssel für Wahrnehmung und Beachtung. Die Auszeichnung des DFV mit dem Fair Play Preis des Deutschen Sports durch das Bundesinnenministerium und den DOSB war dazu bereits ein sehr wichtiger Schritt.

Die Bedeutung in Bewusstsein der Bevölkerung steigt mit jeder Minute Sendezeit, die unser in mehrfacher Hinsicht einzigartiger Sport erhält (Eigenverantwortung durch Regelkenntnis, körperkontaktloses und schiedsrichterloses Spiel mit dem einzig schwebenden Sportgerät, gemischt-geschlechtlich auszuüben, unter anderem auch bei den World Games. Für die WG 2013 im kolumbianischen Kali wurde Ultimate übrigens als Botschafter-Disziplin des Fair-Plays ernannt).

Engagierte oder Bekloppte?

Montag, 26. Dezember 2011

Neben dem Beruf kommt angeblich vor allem bei Hochqualifizierten das Ehrenamt wieder stark in Mode. Das hat eine Untersuchung im Auftrag des NRW-Sozialministeriums ergeben, die pünktlich zu Weihnachten veröffentlicht wurde. Ist das Hauptmotiv die Freude am Dienst an den Mitmenschen oder eher das Gefühl, dass bei aller Qualifikation der ausgeübte Beruf niocht alles gewesen sein kann?

Kölner Stadt-Anzeiger, 24.12.11, Titel: Ehrenamt wird immer beliebter

Wie auch immer, den Zeitpunkt der Veröffentlichung hat NRW-Sozialminister Guntram Schneider jedenfalls geschickt gewählt. Zwar könnte die Aufmerksamkeit insgesamt so kurz vor Weihnachten etwas leiden. Dafür ist die Hellhörigkeit für soziale Themen zu dieser Zeit doch besonders groß. Um ins Detail zu gehen: Der größte Anteil der ehrenamtlich Aktiven ist mit rund einem Drittel im Sport täig, an zweiter Stelle folgt die Kirche, mit rund 19 Prozent, wobei dort mehrheitlich Frauen engagiert sind. Die Politik hingegen spielt nur eine untergeordnete Rolle: Heute sind dort nur noch fünf Prozent der Ehrenamtler aktiv gegenüber noch 14 Prozent vor 12 Jahren.

Minister Schneider erfand das Wort der „Konjunktur des Gemeinsinns“ und meinte damit vermutlich: „ohne Personalkosten Schlimmeres verhindern“. Ganz ohne Zynismus ist jedoch gerade der Sport ein Tätigkeitsfeld, das jungen und älteren Menschen oft mehr soziale Werte vermittelt als die Politik dazu in der Lage wäre. In diesem Zusammenhang verweise ich gerne auf die Werte des gelebten Fairplays in meiner Lieblingssportart „Ultimate Frisbee“, für die ich mich seit sieben Jahren ehrenamtlich im Deutschen Frisbeesport-Verband engagiere.

Letzten Endes bleibt die Frage, was es dem einzelnen Menschen bringt, sich unengeltlich stark zu engagieren. ich glaube weniger, dass es darum geht, „schnell Ergebnisse zu sehen“, wie der Minister mutmaßte – dann müsste ich in eine Bastelgruppe gehen. ich zweifle auch daran, dass die engagierten Menschen Beruf und Ehrenamt verbinden wollen. Viel eher suchen sie nach meiner Auffassung eine Kompensation für oft sinnentleerte Tätigkeiten im Beruf oder für die fehlednde Identifikation mit den im bezhalten Job vorgegebenen Zielen.

Möglicherweise sind die Engagierten die Gelackmeierten, weil sie sich ausbeuten lassen – und sei es für eine gute Sache. Wenn es ihnen aber doch etwas bringt für die persönliche Ausgeglichenheit, für das Wohlergehen oder sogar fürs Karma – dann wären sie bekloppt, wenn sie sich nicht engagieren würden. Das muss jeder für sich selbst herausfinden, was ihm mehr bringt. Dennoch scheint dabei auch ein Zusammenhang zwischen Bildung und Verantwortung aufzublitzen.

Disc Days Cologne 2012 in Kölner Sportkalender

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Oberbürgermeister Jürgen Roters und Sportdezernentin Agnes Klein haben in einer Pressekonferenz ein positives Resümee des Sportjahres 2011 gezogen und zugleich den Ausblick auf das kommende mit 22 Großveranstaltungen gegeben – darunter die 6. Disc Days Cologne am 09. und 10. Juni 2012.

Sehen die Sportstadt Köln auf einem guten Weg (v.l.): Sportdezernentin Agnes Klein und Oberbürgermeister Jürgen Roters, daneben die Spitzensportler Artur Bril (Boxen) und Jonas Reckermann (Beach Volleyball). Foto: Benner

„Wir hatten einen guten Lauf und werden auch 2012 einen guten Lauf haben“, erklärte Sportdezernentin Klein, während OB Roters betonte: „Großereignisse sind für die Ausstrahlung der Sportstadt von hoher Bedeutung. Die Veranstalter müssen diese Bedeutung erkennen und eine vertrauensvolle Atmosphäre aufbauen“, fügte der Oberbürgermeister an. Dazu seien regelmäßige Kontakte notwendig. So habe Köln gegen starke Konkurrenz das europäische Handball-Clubfinale (26. und 27. Mai 2012) bis 2014 und das DFB-Pokalfinale der Frauen (12. Mai 2012) bereits bis 2015 sichern können. Hierbei, ergänzte Sportdezernentin Klein, sei der Kölner Anspruch „Sportstadt mit Herz“ entscheidend gewesen.

Die Disc Days Cologne (09. und 10. Juni) befinden sich dabei in prominentem Umfeld: Mit Beach Volleyball-Weltmeister Jonas Reckermann (Smart Beach Tour 20.-22. Juli) und Artur Bril, Junioren-Boxweltmeister im Fliegengewicht, (Deutsche Jugendbox-Meisterschaften 25.-28. April) waren zwei prominente Top-Sportler bei der Pressekonferenz anwesend. Daneben stellten einige Veranstalter weitere Großveranstaltungen  in Kürze vor, so die 96. Auflage des Radklassikers „Rund um Köln“ (09. April), das 3. Kölner KinderSportFest (23. Juni 2012), die BMX-WM (14. und 15. Juli), die Ruder-DM (25. und 26. August), das „Cologne Triathlon Weekend“ (31. August bis 2. September) und der Köln Marathon (14. Oktober).

Das erste Halbjahr des Kölner Sportkalenders 2012 in der Übersicht

Für die Disc Days Cologne gab ich einen kurzen Rüclblick auf die Entstehung, die heutige Form der Außendarstellung mit weiteren Disc-Disziplinen sowie auf den Hintergrund der laufenden Bemühungen einer Anerkennung durch den DOSB, nach der Zuerkennung des „Fair Play Preises des Deutschen Sports“ von Bundesinnenminsiterium und DOSB an den DFV. Zum Punkt Internationalität erwähnte ich unter allgemeiner Anerkennung, dass der in den Niederlanden bereits offiziell anerkannte Nederlandse Frisbee-Bond bei uns angefragt hat, wann die Disc Days Cologne stattfinden, damit es nicht wie zuvor Kollisionen mit dortigen Meisterschaftsturnieren geben sollte.

Die Vorankündigung der 6.DDC im Sportkalender Köln mit neuer Artikelvariante: "Der Frisbee"

Gerade moderne Sportarten seien für die Sportstadt Köln wichtig, waren sich Agnes Klein und Jürgen Roters einig, weil Köln von der Einwohnerzahl weiter zulegt und in fünf bis 10 Jahren die jüngste Stadt in Nordrhein-Westfalen sein wird. Sportamtsleiter Dieter Sanden berichtete auf Anfrage, dass laut aktuellem Sportstädteranking des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts bei den Sportevents Köln mit 6,5 Millionen Besuchern im Jahr 2010 auf Platz zwei hinter Berlin liegt. Im Kölner Stadthaushalt sind für alle Großveranstaltungen insgesamt nur 45.000 Euro eingestellt.

Oh, what a tag!

Donnerstag, 03. November 2011

Die Rede ist nicht davon, dass dieser Tag so schön gewesen ist, sondern von einem weiteren englischsprachigen Graffiti „tag“, also einer Art Namensschild oder „Identifikations-Nachweis“, gefunden an der A1 Höhe Köln Lövenich unmittelbar nördlich der großen Tunnelbaustelle, in Fahrtrichtung Dortmund rechts. Ich hatte ja neulich schon ähnliche Tags an der A57 bei Köln-Ehrenfeld gefunden. Für mich ist besonders lustig der Bezug zum Deutschen Frisbeesport-Verband, für den ich mich seit Jahren engagiere.

DFV tanzt den Gangsta Boogie

Grund zum Tanzen gibt es zum Beispiel angesichts der jüngsten Auszeichnung mit dem Fair Play Preis des Deutschen Sports. Eine offizielle Anerkennung von höchster Stelle (Bundesinnenministerium und DOSB), obwohl der kleine Randsport-Dachverband noch nicht einmal im DOSB aufgenommen ist. Das ist schon Grund genug für einen kleinen Gangsta Boogie!

Und sind die Gangsta Rapper nicht auch diejenigen, die aus einfachen Verhältnissen kommend schnell nach oben streben und dabei die Musik kompatibel für die Massen machen? Vielleicht geht es dem DFV schon bald ganz ähnlich, falls sich eventuell eine Tür auftun sollte, die angestrebte DOSB-Mitgliedschaft vorbei an den formalien Kriterien von 10.000 registrierten Aktiven und der Mitgliedschaft in sieben Landessportbünden schneller zu realisieren als gedacht.

Bis dahin tanzen wir noch ein bisschen den Gangsta Boogie – oder auch den Jungle Boogie, in Antizipation der damit verbundenen Aufgaben, sich durch den Jungle an bürokratischen Verordnungen und Anforderungen an einen DOSB-Dachverband zu kämpfen. Ich höre immer nur „keep it up!“, wenn ich die viele Arbeit erwähne, die das erfordert. Gemeint ist aber vermutlich nur die Aufforderung, weiter Scheibe zu schmeißen und Spaß am Frisbeesport zu haben. Den lass ich mir auch sicher nicht nehmen!

DFV tanzt den Gangsta Boogie

Gutgläubigkeit oder Gewissheit?

Sonntag, 30. Oktober 2011

Die nationale Anti-Doping Agentur NADA und der Deutsche Olympische Sportbund DOSB sind in ihrem Bemühen, den Leistungssport „sauber“ zu bekommen, in einer ähnlichen Situation wie der Deutsche Frisbeesport-Verband in Hinblick auf das Gelingen der selbst regulierten Teamsportart Ultimate Frisbee. In beiden Fällen erscheint die Überzeugung, dass die Sportverbände reüssieren, naiv oder gutgläubig. Dennoch halten auch in beiden Fällen die offiziellen Funktionäre an ihrer Linie fest, die sich allerdings etwas gegenläufig ausnimmt.

Kölner Stadt-Anzeiger, 29.10.2011, Titel: Vesper glaubt an saubere Spiele

DOSB-Generaldirektor Michael Vesper und die neue NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann beteuern, dass die Instrumente gegen den unsauberen Sport schärfer geworden seien, es werde auf intelligente Art getestet, sodass die Kontrolleure mit hochmodernen Analysen „zur richtigen Zeit bei den richtigen Sportlern“ seien, wie Susanne Rohlfing im Kommentar im Kölner Stadt-Anzeiger schreibt. Allerdings, so schränkt sie in ihrer Analyse ein, ist nicht nur die Finanzierung der nationalen Anti-Doping-Agentur unsicher, sondern vor allem international die Kontrollpraxis uneinheitlich.

Ähnlich geht es dem Deutschen Frisbeesport-Verband, der nach der Auszeichnung mit dem Fair-Play-Preis des Deutschen Sports die Hoffnung hegt, dass ein Beitritt zum DOSB doch eher als durch formale Kriterien beschränkt möglich wäre (offizielle Bedingungen sind 10.000 registrierte Verbandsmitglieder und die Mitgliedschaft in sieben Landessportbbünden).

In Deutschland und in Europa läuft nach allgemeinen Kenntnissen die Selbstkontrolle des weltweit einzigen Teamsports ohne Schiedsrichter sehr gut, allerdings gibt es international zumindest aus unserer Sicht fragwürdige Tendenzen: In den USA werden Observer eingesetzt, die dem Publikum gewisse Entscheidungen (in oder out) signalisieren und damit de facto die Spieler übergehen. In Lateinamerika wird mit einer solchen Begeisterung gespielt, die schon nahe an ein unfaires Verhalten aus europäischer Sicht grenzt.

Kölner Stadt-Anzeiger, 29.10.2011, Titel des Kommentars von Susanne Rohlfing: Intelligent, aber arm

Insofern mag es intelligent sein, die Eigenverantwortung der Sportler zu fordern und weiter zu stärken – dies geht auch ganz in die Richtung, die NADA-VV Gotzmann vorgestellt hat: ein Zwei-Säulen-System der Doping-Kontrolle einerseits und der Prävention andererseits. Wie es im NADA-Beitrag heißt: „Im Bewusstsein der Sportler müsse verankert werden, „dass Sport ohne Doping das Normale ist und die Athleten ein Recht auf sauberen Sport haben“.“ Ebenso verhält es sich im Ultimate-Sport. Der DFV und alle ausübenden Teams leben genau diesen Gedanken vor. Im Übrigen sind hier gemäß Paragraf 1 des umfangreichen Regelwerks keine Sanktionen vorgesehen, um das Einhalten zu gewährleisten.

Was mich zu der im Titel zum Ausdruck gebrachten Frage zurückbringt: Ist es Gutgläubigkeit oder Gewissheit, dass sich das Bewusstsein eines „anständigen Wettstreits“ durchsetzt? Der Welt-Flugscheiben-Verband WFDF hat bereits ein Anti-Doping-Programm aufgesetzt, auch der DFV wird hier nachziehen, obwohl dies eigentlich im Widerspruch zu unserer Auffassung steht, dass die Menschen aus eigener Überzeugung im Sinne der Gemeinschaft handeln müsen und Doping aus einer gelebten Moral heraus geächtet wird.

Aber können wir das wirklich voraussetzen, wenn unser kleiner Verband bisher nicht einmal erfolgreich durchsetzen kann, dass alle Teilnehmer von Deutschen Meisterschaften auch selbstverständlich DFV-Mitglieder sind? Eine Lösung mittels eines Computer-Programms scheint möglich, aber doch nicht im Sinne des Erfinders. Geraten wir hier nicht schon in das Katz-und-Maus-Spiel, wie es sich auch im Doping-Kontrollsystem ausnimmt: Immer bessere Mittel zu dopen und dies zu verschleiern, gefolgt von immer aufwändigeren Methoden des Nachweises, die jedoch nicht konsequent eingesetzt werden können, weil sie schlicht zu teuer sind?

Ich glaube, auch und gerade die Menschen, die einen sehr bewussten und auf gegenseitigem Respekt basierenden Umgang miteinander pflegen, sollten diese Kröten schlucken: Anti-Doping ist aus der Welt des Leistungssport nicht wegzudenken. Und Kontrollmechanismen der Zugehörigkeit gehören zum Standard jedes Sportverbandes, um ein „Unterlaufen“ des Veranstalters von Deutschen Meisterschaften zu verhindern. Zugegeben, vielleicht sollte der DFV im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten noch deutlich mehr dafür tun, seinen Mitgliedern zu erläutern, was er abseits davon alles in die Wege leitet und bewegt.

Irre Frisbeesport-Clippings

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Die Verleihung des „Fair Play Preises des Deutschen Sports“ 2011 an den Deutschen Frisbeesport-Verband hat ein unglaublich gutes Gefühl der Wertschätzung zur Folge – und die eine oder andere außergewöhnliche Presseveröffentlichung. Am 19. Oktober hat der Südkurier in Konstanz ein langes Wortlaut-Interview mit dem DFV-Präsidenten Volker Schlechter gebracht, bereits am vergangenen Samstag stand eine seltene ernsthafte Erwähnung des Frisbeesports sogar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung!

Südkurier, 19.10.2011, Titel: Ganz hohe Auszeichnung

Die Bildunterschrift der gezeigten Szene aus einem Ultimate-Spiel spricht bereits für sich:  „Auch für Situationen, in denen zwei Spielerinnen zum die Frisbee-Scheibe streiten, braucht man in der Sportart Ultimate keinen Schiedsrichter. Das ist dem Deutschen Olympischen Sportbund und dem Bundesinnenministerium einen Fair-Play-Preis wert.“ Im Interview erwähnt Volker Schlechter nicht nur das erforderliche Spielerverhalten zur Selbstregulierung des Sports, sondern geht auch auf die Einzelspielerdisziplin Disc Golf ein. Daneben steht ein Infokasten, der ein paar wesentliche Eckpunkte zusammenfasst:

Südkurier, 19.10.2011, Infokasten: Die Person und der Sport

Zuletzt soll nicht versäumt werden, die Erwähnung im Sportteil der altehrwürdigen FAZ darzustellen, die den Sachverhalt in aller Kürze auf den Punkt bringt:

FAZ, 15.10.11, Titel: Fairplay-Preise vergeben

Der Frisbeesport vor dem Durchbruch?

Samstag, 15. Oktober 2011

Dass die Frisbeescheibe eine Bekanntheit in der Bevölkerung von geschätzten 99 Prozent hat, ist noch kein Grund, dass auch die ernsthaft mit ihr betriebenen Sportarten im kollektiven Bewusstsein verankert wären. Allerdings hat das Bundesinnenministrium erstmals gemeinsam mit dem DOSB jetzt den Fair-Play-Preis unter anderem an den Deutschen Frisbeesport-Verband vergeben, was insbesondere den Teamsport Ultimate Frisbee durchaus adelt und eine wichtige Voraussetzung für weiteres Wachstum werden könnte.

DFV-Graffiti-Quartett, Motive aus Köln

Die DOSB-Vizepräsidentin Gudrun Doll-Tepper, die unter anderem bereits am Rande der World Games 2005 in Duisburg den Teamsport kennen lernte, meinte: „Die von uns ausgezeichneten Sportlerinnen und Sportler sowie eine Sportart, die ganz ohne Schiedsrichter auskommt, sind ein Beleg dafür, dass das Motto ‚Fair geht vor‘ ein Herzstück des Sports ist. Sich dafür einzusetzen, lohnt sich im Sport genauso wie im täglichen Leben. Gerald Asamoah, Katrin Green, Heike Schmidt und der Deutsche Frisbeesport-Verband sind Vorbilder für unsere Gesellschaft.“

Verleihung des Fair-Play-Preises 2011 in dersden (v.l.): Steffi Nerius, Rosi Mittermaier-Neureuther, Gerald Aasamoah, Volker Schlechter, Katrin Green, Gudrun Doll-Tepper, Heike Schmidt, Ole Schröder

Die Auszeichnung in Dresden (v.l.: Fair-Play-Patinnen Steffi Nerius und Rosi Mittermaier-Neureuther, Gerald Asamoah, Volker Schlechter, Katrin Green, Gudrun Doll-Tepper, Heike Schmidt, Staatsekretär Ole Schröder) ist um so bemerkenswerter, als der DFV mangels Masse (und  Organisationsgrad) noch kein Mitglied des DOSB ist (sein kann). Erforderlich sind hierzu minimum 10.000 registrierte Sportler und die Zugehörigkeit zu sieben Landessportbünden (aktuell gut 2.000 registrierte Sportler und noch keine LSB-Zugehörigkeit). Erwähnungen des Preises in der Süddeutschen, der Zeit oder der Passauer Neue Presse helfen bei dem einen oder anderen überhaupt zu bemerken, dass es so etwas wie „Frisbee-Sport“ gibt. Ein Durchbruch, der sich aufgrund stark steigender Aktivitäten an vielen Schulen und in vielen Sportvereinen abzeichnen könnte, wird aber nur durch weiterhin unablässige Arbeit an der Basis erreicht.

Spitzensport unter klinischer Beobachtung

Sonntag, 02. Oktober 2011

Als Geschäftsführer des Deutschen Frisbeesport-Verbandes bekomme ich derzeit mit, mit welchem Aufwand und welchen Schwierigkeiten das Erfüllen nationaler und internationaler Anti-Doping-Vorschriften verbunden ist. Aktuell befasst sich der Weltflugscheiben-Verband (World Flying Disc Federation, WFDF) mit der Einführung von Anti Doping-Regeln ab 2012, die zusammen mit den wichtigsten Nationenverbänden verpflichtend einzuführen sind, damit der Teamsport Ultimate Frisbee auch künftig bei den World Games vertreten sein darf. Bis wohin sich die strikten, fast rigorosen Regeln erstrecken, verdeutlicht eine Randnotiz jüngeren Datums.

Kölner Stadt-Anzeiger, 30.09.2011, Titel: WADA stellt Rauchen unter Verdacht

Die aktuell zu erfüllenden Auflagen erfordern ein „Medical and Anti-Doping Committee“ (MADC) und ein „Doping Control Panel“ (DCP), wobei das MADC unter anderem für die Bewertung von therapeutischen Ausnahmeregelungen (Therapeutic Use Exemptions, TUE) zuständig ist (etwa wenn Athleten ein Asthma-Spray verwenden). Nach der obigen Meldung steht ab dem 1. Januar 2012 aber auch schon Nikotin auf der Liste der Substanzen mit möglicherweise leistungsfördernder Substanzen.

Das dürfte für viele Leistungssportler, die im Rahmen der Vorschriften für einige olympische Disziplinen bereits unter Angabe ihres täglichen und nächtlichen Verbleibs die so genannte ADAMS-Datenbank füttern müssen (Anti Doping Analysis Managament System), für zusätzliche Einschränkungen sorgen. Man stelle sich Mario Basler ohne Bier und Zigratte vor! Da wirds auch nichts mehr mit der „Zigarette danach“ – und sei es nach einem opulenten Mahl.

Nun ist es für einige Frisbeesportler sowieso schon etwas schwierig sich dem Anti-Doping-System zu entwerfen, nicht weil sie es für falsch hielten, sondern weil sie es für die eigene Sportart für gänzlich unangmenessen halten. Denn für Ausrichter und Teilnehmer an Frisbeesport-Wettbewerben ist „ehrlich zu spielen“ durch den „Spirit of the Game“ ein Grundprinzip. Damit stehen Drogentester ebenso wie Schiedsrichter dem Selbstverständnis des Frisbeesports – wie es so schön heißt – diametral entgegen.

Sicherlich ist das Vorgehen gegen systematisches unehrliches und unehrenhaftes Verhalten im Spitzensport das richtige Vorgehen, auch wenn es sich meist de facto nur um einen Wettlauf um noch neuere Methoden illegaler Leistungssteigerung und noch bessere Nachweismethoden handelt. Allerdings könnte ein noch weiter gehendes Verbot sogar von Zigarettten für viele ambitionierte Ultimate-Spieler, insbesondere Nationalspieler, gänzlich unverständlich sein.

Nach einem Pilotprogramm bei den Ultimate Asien-Ozeanien-Meisterschaften (Asian Oceanic Ultimate Championship, AOUC) in Taiwan wird das umfangreiche Anti-Doping-Programm des WFDF ab 2012 in Kraft treten. Dies wird einen begrenzten registrierten Testpool (Registered Testing Pool, RTP)  und Tests während der World Ultimate and Guts Championships (WUGC) 2012 im Juli in Japan umfassen. Nationale Anti-Doping-Programme kommen hinzu.