Mit ‘Bocklemünd’ getaggte Artikel

A 1 bei Köln: 2.400 Stunden Stau in einem Jahr

Freitag, 27. November 2009

Die Kölner Ortsteile Bocklemünd und Lövenich werden zu den im Radio meist genannten und von den Autofahrern meist gehassten. Das haben sie weiß Gott nicht verdient. Der ADAC bezeichnet Nordrhein-Westfalen längst als „Stauland Nummer eins“. Mit 39 Prozent aller Staumeldungen liegt NRW klar in Front, als Grund gibt der ADAC vor allem an, dass das Bundesland sowohl im Ost-West- als auch im Nord-Süd-Verkehr Transitland ist. Der Verkehrsverband Rheinland hat in seinem „Mobilitätskonzept Straße“ sogar den Schluss gezogen: „NRW droht der Verkehrskollaps“.

Der tägliche Wahnsinn: Stau auf der A1 zwischen Bocklemünd und Lövenich

Ein paar Zahlen: Der verantwortliche Verkehrswissenschaftler Karl-Hans Hartwig hat ermittelt, dass jeden Tag auf mehr als 100 Autobahnabschnitten in NRW der Verkehr länger als eine Stunde still steht. Nur auf dem Kölner Autobahnring werden am Tag bis zu 165 000 Fahrzeuge gezählt. Auf der A1 zwischen Köln-Bocklemünd und Köln-Lövenich gab es im Jahr 2007 fast 2400 Stunden Stau. In der Folge liegt die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit auf den Straßen in NRW mit 31,6 Stundenkilometern um 20 Stundenkilometer unter dem Bundesschnitt. Und: Rund um das Autobahnkreuz Leverkusen mit den beiden Hauptverkehrsadern A 1 und A 3 droht bis 2020 eine weitere Zunahme des Verkehrs um rund 20 Prozent. Ein schönes Erklärstück zum Thema bietet der WDR.

Diese Umstände haben Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in der Rheinischen Post dazu verleitet vom „Nachholbedarf West“ zu sprechen – als Gegenstück zum „Aufbau Ost“ – und dann Landesverkehrsminister Lutz Lienenkämper (CDU) in der Welt dazu, ein „Nachholprogramm Straßenbau West“ zu fordern. Als mögliches Projekt nannte Ramsauer denn auch gleich den weiteren Ausbau der A 1 und des Kölner Autobahnrings.

Die vermeintlich gute Nachricht: Im Jahr 2009 betrug die Förderung des Autobahnbaus aus Bundesmitteln nach Angaben des Landesbetriebs Straßenbau 970 Millionen Euro (Neu-, Um- und Ausbau sowie Instandhaltung). Das sind fast 200 Millionen Euro mehr als im Jahr 2005. Aktuell wird die A1 zwischen Bocklemünd und Lövenich auf sechs Spuren erweitert. Doch nur für den weiteren durchgängigen Ausbau des Kölner Autobahnrings auf sechs bis acht Fahrstreifen ist geschätzt zusätzlich eine halbe Milliarde Euro erforderlich (Angaben aus den Ruhr-Nachrichten).

2.400 Stunden Stau in einem Jahr auf der A1 zwischen Bocklemünd und Lövenich sidn viel Zeit zum Nachdenken

Die schlechte Nachricht: Mehr Straßen erzeugen dummerweise immer auch noch mehr Verkehr. Ein grundsätzliches Umdenken scheint da genauso angebracht wie uns die Rechtsprechung in Hinblick auf den Solidaritätspakt glauben machen will. Dass aber Peter Ramsauer die Autobahnfinanzierung mit dem Reizwort „Aufbau West“ ausgerechnet zum 20. Jahrestag des Mauerfalls anstößt, erweckt durchaus den Anschein von Berechnung – auch wenn die Faktenlage nahe legt: Abgesehen vom Großraum Berlin spielen Autobahnen in Ostdeutschland keine Rolle in der Staubilanz des ADAC.

Zwei Konsequenzen drängen sich auf: Zum einen wird die Zeit im Stau offensichtlich nicht zum Nachdenken darüber genutzt, wie man dem täglichen Wahnsinn entgehen kann. Das geht sicher nur durch persönliches Umdenken und das Ablegen der schlechten Gewohnheit und Bequemlichkeit täglich zum Pendeln ins Auto zu steigen. Zum anderen wird sich an der bestehenden, katastro-phalen Verkehrslage sicher nichts ändern, solange die Politik sich in offensichtlicher Abhängigkeit zur Autolobby befindet und zudem die Anschaffung von Neuwagen wie in diesem Jahr durch die Abwrackprämie fördert. Auch durch breitere und noch mehr Straßen wird die Verkehrslage sich kaum entspannen. Das Hoffen auf eine Verkehrsreduzierung ist utopisch. Anreize, das Auto stehen zu lassen, fehlen.

Grenzen des Städte-Wachstums

Samstag, 12. September 2009

Die Verlängerung der Kölner Stadtbahnlinie 3 wird in Bocklemünd enden. Ein absehbares Ende einer langen Geschichte: Die vorläufige Endhaltestelle Ollenhauerring der Stadtbahnlinie 3 in Bocklemünd wird innerhalb der nächsten Jahre um eine Station verlängert, und zwar nach dem übereinstimmenden mehrheitlichen Willen der Bezirksvertretung Ehrenfeld und der Bevölkerung bis zum Schumacherring.

Seit Jahren endet die Kölner Stadtbahnlinie 3 vor Bocklemünd

Hintergrund: Ursprünglich war nach Gründung des Ortsteils eine Stadtbahn-Trasse über das Gewerbegebiet Ossendorf geplant, wobei von der Hugo-Eckener-Straße kommend der Militärring überquert und weiter der Ollenhauerring bis zum Ingendorfer Weg verfolgt werden sollte. Die stattdessen realisierte Alternative entlang der Militärringstraße sollte dann unterirdisch in das Görlinger Zentrum führen. Der entsprechende Planfeststellungsbeschluss landete nach einem Einspruch jedoch vor dem Oberverwaltungsgericht. Das entschied, dass die jetzige Haltestelle Ollenhauerring nicht Endhaltestelle bleiben dürfe.

Die unterirdische Streckenführung ist mittlerweile aber nicht mehr finanzierbar. Daraufhin haben die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) neue Varianten entwickelt, die in mehreren öffentlichen Veranstaltungen vorgestellt und mit der Bevölkerung diskutiert wurden. Jetzt man sich darauf geeinigt, die Bahn parallel zur Militärringstraße zu führen und in Höhe der Freifläche der Gemeinschaftsgrundschule enden zu lassen. Dadurch wird mit etwa 1.000 zusätzlichen Fahrgästen pro Tag gerechnet.

Blick von der Fußgängerbrücke auf die Kreuzung Militärringstraße Ecke Ollenhauerring

Durch das auf dem Foto rechterhand gelegene Wäldchen soll die Verlängerung der Linie 3 verlaufen und nach einer Kurve hinter der Max-Ernst-Gesamtschule und einer Gemeinschaftsgrundschule enden. Für den dortigen Spielplatzverlust wird der Schule eine Ersatzfläche angeboten. Zudem sollen regelmäßig aufgetragene Schmierstoffe die Fahrgeräusche in der Kurve deutlich reduzieren. Die Betriebslautstärke soll nochmals verringert werden, indem die Endhaltestelle in Tieflage bei ebenerdigem Zugang der Fahrgäste gebaut wird.

Die Siedler-Interessengemeinschaft Bocklemünd sieht vor allem die Schüler der Gesamtschule als Gewinner: Anstatt von der jetzigen Endhaltestelle her regelmäßig bei Rot die Straßen zu überqueren und unbeleuchtete Abkürzungen durch Waldstücke zu benutzen, wobei immer wieder Gewaltdelikte und Diebstähle vorkommen, profitierten die Schüler vom  jetzt beschlossenen Vorschlag durch eine deutliche Verbesserung der Verkehrssicherheit.

Die geplante Verlängerung der Stadtbahnlinie 3 soll der Verkehrssicherheit der Schülerinnen und Schüler der Max-Ernst-Gesamtschule dienen.

Die Variante wird daher als beste der schlechten lösungen bezeichnet.  Die Baukosten betragen etwa 9,4 Millionen Euro, die jährlichen Unterhaltungskosten geschätzt 100.000 Euro und die Betriebskosten weitere 60.000 Euro im Jahr. Eine zusätzliche Variante von CDU und SPD sah vor, die Stadtbahn um Bocklemünd herumzuführen, um sie in ferner Zukunft nach Pesch und Esch/Auweiler zu verlängern (mein Wohnort). Die Baukosten hätten jedoch mehr als das Doppelte betragen und die  jährlichen Betriebskosten um fast das zehnfache gesteigert. 

Allerdings rechnet die Stadt Köln bei einer nahezu stabilen Bevölkerungsentwicklung für die ganze Stadt mit einer Abnahme der Bevölkerung innerhalb von 20 Jahren in Pesch von knapp 7.900 auf 6.900 und in Esch/Auweiler von knapp 6.600 auf 6.100. Im selben Zeitraum soll die Zahl der Menschen im Alter von 80 Jahren und mehr in Pesch von 225 auf 700 steigen und in Esch/Aufweiler von 165 auf 400. Das stellt nicht nur den betriebswirtschaftlichen Nutzen einer nach dort zu verlängernden Stadtbahnlinie in Frage, sondern auch die Zukunft von Vororten wie diesen.