Mit ‘Theo Zwanziger’ getaggte Artikel

Ehrenamt zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Samstag, 25. Februar 2012

Keine Frage: Ohne ehrenamtliche Tätigkeiten sähe das öffentliche Leben in vielen Bereichen weit ärmer aus, sei es im sozialen Bereich in der Hilfe für Kranke, für Kinder oder für Ältere, sei es in der Kultur oder im Sport. Gleichzeitig bestehen aber auch zahlreiche Widersprüche in der gesellschaftlichen Stellung ehrenamtlicher Tätigkeiten. Die Leute, die sich solche Pflichten (aus welchen Gründen auch immer) auferlegen, werden oft müde belächelt. Die offizielle Anerkennung ist abgesehen von manchen Lippenbekenntnissen gering. Und schließlich unterliegen gemeinützige eigengetragene Vereine inzwischen einem behördlichen Druck nach professioneller Führung, der sich mit unbezahltem Engagement nur schwerlich abdecken lässt.

Die Welt, 23.02.2012: Ein Hoch auf das Ehrenamt

Ich weiß, wovon ich spreche, immerhin bin ich seit sieben Jahren Geschäftsführer des Deutschen Frisbeesport-Verbandes. Mit jeder Bemühung, den Verband weiter zu professionalisieren und auf eine gesunde Basis zu stellen, die den Anforderungen eines Spitzensportverbandes in Deutschland entspricht, stoße ich mehr und mehr an die Grenzen meiner zeitlichen Verfügbarkeit. Damit einher geht ein grundsätzliches Dilemma der gemeinnützigen Arbeit: Solange ich unbezahlt bin, mache ich die Arbeit gerne, aus Enthusiasmus, aus Überzeugung und mit Freude. Wenn es aber zu dem Punkt kommt, dass ich eventuell nur eine geringe (symoblische) Entlohnung erhalten sollte (über die in der Satzung verankerte Ehrenamtspauschale hinaus), gerate ich unter den Druck, dass es heißt: Du wirst doch bezahlt, also mach mal noch dies und mach auch noch jenes. Die Gefahr ist, dass damit die Freude und die Lust an der Arbeit verloren gehen. Dann könnte ich mir auch gleich einen deutlich besser dotierten Job suchen.

In diesem Zusammenhang habe ich nun jüngst in der Welt einen kleinen Artikel von Patrick Krull über die Vergütung von Theo Zwanziger als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes gelesen. Der gelernte Jurist würde in seinem Beruf laut Statistik vermutlich um die 3.000 Euro monatlich verdienen (wie der Gehaltscheck der „Hörzu“ verrät), vielleicht auch etwas mehr. Laut Sport Bild kommt der gute Mann, der gerne daruaf hinweist, dass er den Job nur ehrenamtlich betreibt, auf eine monatliche Vergütung in Form von Aufwandsentschädigungen in Höhe von rund 6.000 Euro!

Natürlich ist Frisbee (noch) nicht mit Fußball zu vergleichen. Aber entweder mache ich da etwas falsch oder die Einstellung des DFB-Präsidenten stimmt nicht ganz. Es ist wohl durchaus möglich, sich auch als § 26-er Vorstände (diejenigen, die für die Geschäfte eines Vereins mit ihrem Privatvermögen haften) bezahlen zu lassen. Da kommt es nur auf die richtige Definition der Tätigkeiten an. Aber an der grundsätzlichen Diskrepanz zwischen der auf ehrenamtlichem Engagement aufgebauten Vereinsarbeit und der gesetzlichen Behandlung wie ein Wirtschaftsunternehmen ändert auch diese Spitzfindigkeit nichts.

Du kannst im Verein auf deine Mitarbeiter keinen Druck ausüben, außer moralisch – denn bezahlt werden sie ja nicht für ihre Tätigkeiten – aber Du musst dich mit dem Verein doch so professionell aufstellen, als hättest du es mit einer Profitorganisation zu tun. Dabei ist es dem e.V. doch untersagt, Gewinne zu erwirtschaften. Das Dilemma nimmt da fast kein Ende… Wie sind Deine Erfahrungen mit unbezahlter Mitarbeit im Ehrenamt, mit Mitarbeitermotivation und dem Druck den Erwartungen von außen gegenüber? Ich würde mich über Rückmeldungen freuen!

Kölner Sportrede: „Gemeinnütziger Kommerz“

Donnerstag, 29. April 2010

DFB-Präsident Theo Zwanziger hat auf Einladung der Stadt Köln und des Deutschen Olympischen Sport-Bundes im Kölner Rathaus eine Rede zum Thema „Sport zwischen Kommerzialisiierung und sozialem Engagement“ gehalten. Eine ziemlich langweilige und müde Angelegenheit, wenn ich dem Bericht von Frank Nägele im Kölner Stadt-Anzeiger folge:

Kölner Stadt-Anzeiger, 29.04.2010, Titel: Draußen Sonne, drinnen Rede

Das Wetter war schön, alle machten auf schön Wetter. Unter den am Ende begeistert applaudierenden Gästen waren der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters und der NRW-Innenminster Ingo Wolf, aber keiner, der dem umstrittenen Mann unagenehme Fragen gestellt hätte. Vermutlich war das auch nicht Sinn und Zweck der vierten „Kölner Sportrede“. Als Präsident des größten Einzelsportverbands der Welt Theo Zwanziger leicht reden über Chancen der Kommerzialisierung – so lange sie selbstverständlich „ehrlich“ von statten geht. Dieser Eindruck überwiegt beim Blick von außen auf den Verband und seine gigantischen Erlöse nicht immer.

Doch es geht mir nicht um Neidfragen. Beim jüngst absolvierten siebten Seminar zur Erlangung der C-Lizenz Vereinsmanagement zum Thema Marketing und Projektmanagement drehte sich die Diskussion lange Zeit um folgenden Widerspruch: Auf der einen Seite sollen sich Vereine und Verbände professionalisieren, müssen strikten Auflagen genügen und dürfen sich keine Fehler leisten, auf der anderen Seite sollen sie dies mit Ehrenamtlichen und Ehrenamtlern bewerkstelligen. Dass das ein derzeit wachsendes Missverhältnis ist, muss ich nicht betonen.

Vor diesem Hintergrund den Herrn und Meister der unvergleichlichen Wertschöpfung im Fußball über den Wert der Gemeinnützigkeit parlieren zu hören (wenigstens imaginär), das tut dann schon weh. Es geht nicht, wie von Zwanziger kritisiert, um den „Verzicht auf kommerzielle Betätigung“, sondern im Gegenteil um die Anerkennung oder auch die Entlohnung des sozialen Engagements. Die Grundtendenz, dass immer weniger Sportbegeisterte dazu bereit sind, die sich fortlaufend ehrenamtlich für die wachsenden Aufgaben zu betätigen, wird durch gute Reden nicht umgekehrt.

Sehr treffend klingt die Formulierung Frank Nägeles über den Duktus des DFB-Präsidenten „mit der routinierten Mischung aus Verbindlichkeit, Pathos und Aufrichtigkeit, die seinen Reden oft den Anstrich von Predigten gibt, an deren Ende doch das Gute siegt.“ Weit weniger kritisch, sondern eher unwillkürlich Zustimmung heischend (da ebenso unverbindlich verbindlich wie offenbar die ganze Rede) der Beitrag auf fokus.de: „Zwanziger will Kommerzialisierung sinnvoll nutzen“.