Mit ‘Türschwelle’ getaggte Artikel

Erinnerungs-, keine Energiebündel

Freitag, 16. März 2012

Die Deutsche Presse-Agentur ist mit der Meldung zu einem psychologischen Versuch angekommen, die bereits vor vier Monaten so ähnlich in der Frankfurter Allgemeinen Sonnatgszeitung stand (ich berichtete hier). Während sich der frühere Bericht auf das Quarterly Journal of Experimental Psychology bezog, ist der Bezugspunkt nun ein entsprechender Bericht in „Psychologie heute„. Mir war doch gleich so, als hätte ich das schon einmal gehört – bevor ich durch die Tür gegangen war…

Kölner Stadt-Anzeiger, 16.03.12, Titel: Gedächtnis endet hinter der Tür

Gabriel Radvansky von der US University of Notre Dame berichtet von einem Versuch, bei dem Probanden damit beauftragt wurden, einen Gegenstand zu holen. Bei gleicher zurückzulegender Distanz vergaßen deutlich mehr Teilnehmer, was sie wollten, wenn sie dabei eine Türschwelle passieren mussten. Der Gang durch einen Türrahmen, so die Schlussfolgerung des Forschers, befördert eine gewisse Art der Vergesslichkeit, die allerdings nicht weiter bedenklich ist. – So verstand ich den Versuch und schrieb dies bereits im November 2011.

Nun aber heißt es, das Gehirn kopple Gedanken häufig an das Zimmer, in dem er entstand (oder gefasst wurde, wie ich lieber sage). Grund hierfür sei, dass das Gehirn Erinnerungspkete bündle, die nicht unbedingt inhaltliche Aspekte zusammenfassen, sondern auch gänzlich „uninteressante“ Rahmenbedingungen wie die räumlichen Gegebenheiten. Entgegen dem möglicherweise verbreiteten Glauben, dass  in so einem Fall die Rückkehr in den vorigen Raum helfe („in den Raum des Gedankens“ – ein sehr schöner Begriff), ist den Versuchsteilnehmern auch dann nicht wieder eingefallen, was sie vergessen hatten. „Einmal archiviert, seien die Gedanken nicht so leicht wieder abrufbar“, heißt es abschließend in der dpa-Meldung.

Es scheint also von Vorteil, besser für längere Zeit im (doppeldeutigen) „Gedankenraum“ zu bleiben oder aber sich flüchtige Gedanken aufzuschreiben, ehe sie dem Vergessen anheim geraten. Denn letztlich steckt hinter dem meisten Willen und der meisten Begeisterung doch ein entsprechender Gedanke, der nicht so schnell „weggeordnet“ werden sollte. „Behalte den Gedanken!“ lautet also die Botschaft, oder noch besser teile ihn, damit er sich weiter entfalten kann – wie der Amerikaner gerne sagt: „Spread the word!“

Durch die Tür – und vergessen!

Montag, 21. November 2011

Das haben schon viele erlebt: Gerade bin ich aus dem Zimmer gegangen, um etwas zu erledigen – und – schwupps! – ist der Gedanke fort. Was wollte ich noch mal? „Wenn’s anfängt, fängt’s im Kopf an!“, pflegt meine Mutter da zu sagen. Aber interessant ist das Phänomen auf jeden Fall. Während Jim Morrison und Konsorten mittels bewusstseinserweiternder Substanzen ihre „Türen der Wahrnehmung“ öffnen wollten und ihre Band infolge „The Doors“ nannten, schließt sich hier die Tür der Erinnerung, kaum dass wir eine Schwelle überschreiten.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.11.11: Tückische Tür

Im Quarterly Journal of Experimental Psychology berichtet Gabriel Radvansky von der US University of Notre Dame von einem Versuch, bei dem Probanden damit beauftragt wurden, einen Gegenstand zu holen. Bei gleicher zurückzulegender Distanz vergaßen deutlich mehr Teilnehmer, was sie wollten, wenn sie dabei eine Türschwelle passieren mussten. Der Gang durch einen Türrahmen, so die Schlussfolgerung des Forschers, befördert eine gewisse Art der Vergesslichkeit, die allerdings nicht weiter bedenklich ist.

Nun ist eine Tür ja ein sehr bedeutungsgeladenes Symbol. Die Tür steht dafür etwas hinter sich zu lassen, einen neuen Raum zu betreten, ins Freie oder ins Geschützte zu gehen. Sie steht für einen Neuanfang und für neue Erfahrungen oder Sinneswahrnehmungen. Die Tür ist die „andere Seite“, das „Draußen“ oder das Unbekannte – wenn ich nur an „Alice im Wunderland“ denke. Wir treten ein in eine neue Welt, in ein unbekanntes Land, eine terra incognita oder in ein Paralleluniversum, in das wir durch eine quasi magische Tür portiert werden.

Wer an Wiedergeburten glaubt, stellt sich vielleicht vor durch eine Tür in ein anderes Leben zu gelangen. Die Erinnerung an das alte ist da schnell verloschen. Aber so weit wollten wir ja gar nicht gehen. Immerhin ist klar, dass das Leben erst ein abgeschlossenes ist, wenn wir durch diese Tür gegangen sind und „auf der anderen Seite“ angekommen sind, die wir per definition bis dahin nicht kennen konnten. Möglicherweise verhält sich ja alles auch ganz anders 😉 Bis wir es wissen können, werden wir vermutlich nichts mehr wissen. Immerhin können wir uns auf neue Erfahrungen und neue Lebensabschnitte vorbereiten, indem wir mantraartig wiederholen: „Tritt durch die Tür! – Überschreite die Schwelle! – Übersteige den Stein!“

Zur Auflösung der wilden Assoziation ein Musikstück der Doors aus dem Ende der 1960er Jahre „Light my fire“.