Mit ‘Wall Street Journal’ getaggte Artikel

Der „Flat Apple“ im Big Apple

Sonntag, 04. April 2010

Der brilliant inszenierte Verkaufsstart des iPads in New York war Anlass für die Welt am Sonntag eine große Geschichte daraus zu stricken. Immerhin konnte die Welt-Gruppe als einziger deutscher Zeitungsverlag rechtzeitig das App für seine Artikel entwickeln, den „iKiosk“. Daneben haben dies bisher nur das „Wall Street Journal“ und die „New York Times“ geschafft. Allerdings interessiert mich weniger der genaue Ablauf des Marketing-Lehrstück als vielmehr der (vorläufige) Produkttest des „ersten Deutschen mit einem iPad“, von Kritsanarat Khunkham (in der Welt am Sonntag unter folgender Überschrift).

WamS, 04.04.10: Meine ersten Stunden mit dem iPad

Vorteile des als Heilsbringer der Zeitunsgverlage gepriesenen Geräts: seine extrem geringe Dicke von nur 1,3 Zentimetern, die edle Optik und Haptik (hinten gebürstetes Aluminum, vorne Glas), ein gestochen scharfer, farbiger Touchsreen mit intuitiv einfacher Bedienung. Seine Nachteile: gegenüber dem e-Book-Reader „Kindle“ von Amazon“ ist das iPad mit 730 Gramm mehr als doppelt so schwer (der Kindle wiegt 290 Gramm), die iBooks-Anwendung muss erst noch installiert werden, gleichzeitig stehen dem iPad nur 60.000 Titel  zur Verfügung (gegenüber 400.000 beim Kindle). Auch wird die Akku-Laufzeit von zwei Wochen beim Kindle kaum erreicht werden können. Schon 12 Stunden, wie von einem Kollegen der New York Times behauptet, wertet Kristaranat Khunkham als Sensation.

Über den vergleichsweise neutralen Bewertungen des Geräts ist nicht zu vergessen, dass die Zeitungsverlagshäuser ein vitales Interesse daran haben, dass das ca. 370 Euro teure Gerät ein Erfolg wird. Zum Erstellen von Content sei es wenig geeignet, urteilt der WamS-Autor, hingegen sehr zum Konsumieren von Content, etwa auf der Fläche eines A4-Blattes. Sein Resümee lautet, dass er es mag – was für Fans von Steve Jobs‘ Produkten vorzugsweise gelten wird. Interessanterweise erscheint das im Titel der Printausgabe gewählte Zitat („einfach verflucht gut“) nirgendwo im Text. Allerdings glaube ich, dass seine Einschätzung einer „echten Evoltuion. Technik, die jeder versteht“. den Nagel auf den Kopf trifft.

Letztlich handelt es sich bei Touchscreens, auf denen mit Daumen und Zeigefinger Dateien aufgezogen werden können, um die nächste Stufe der physischen Abhängigkeit von nützlicher Technik. Als bsiher Nicht-Applenutzer bleibe ich dabei, dass ich Bücher (und auch Zeitungen) nach wie vor athmosphärisch lieber von Papier lese. Wie veraltet wird diese Einschätzung wohl in hundert Jahren klingen?

Stiftungs-Journalismus als US-Weg aus der Krise

Mittwoch, 06. Januar 2010

In der Welt vom Heiligen Drei-Königs-Mittwoch beschwört Hannes Stein die fragliche Zukunft des Journalismus, wenn er von privaten Stiftungen abhängig wird. Am Beispiel von Pro Publica, des „Paradies für Journalisten“, beschreibt er ein in den USA praktiziertes Geschäftsmodell, das investigativen Recherchen zu wettbewerbsfähigen Gehältern ermöglicht. Dabei werden exklusive Geschichten auch schon mal Agenturen oder lokalen Rundfunk- und Fernsehstationen zur Vorabveröffentlichung abgetreten.

Die Welt, 06.01.10, Titel: Die Zukunft des Journalismus

Der dortige Chefredakteur Paul Steiger könne auf 16 Jahre als Geschäftsführer des Wall Street Journal zurückblicken. Er hält laut Welt „Skandalberichterstattung für eine wesentliche Zutat der liberalen Demokratie“. Seine Prognose lautet demnach, dass etablierte Marken wie die New York Times oder starke Blogs wie die Huffington Post überleben werden, allerdings nach demselben Prinzip, das er vorgemacht hat, indem sich gemeinnützige Organisationen ihnen anschlössen (oder besser gesagt sie sich denen).

Dieser Vision steht die Auffassung des Hamburger Kommunikationswissenschaftlers Thomas Birkner entgegen, dass dieses Prinzip hierzulande nur unter staatlicher Aufsicht funktionieren könne, dies jedoch wiederum der Kontrollfunktion des Journalismus wiedersprechen würde (vgl. den 4. Absatz von texthilfe.de: „Das Anzeigengeschäft stützt den Journalismus„). Während ich vor gut sechs Wochen noch auf „die begeisternde Kraft des Phantasievollen und die bindende Kraft der Vertrauenswürdigkeit“ gesetzt habe, würde ich nun ergänzen, dass nur starker Content auch starke Anzeigenerlöse generieren kann und dass Paid Content in „Good old Europe“ vermutlich Special Interest Informationen vorbehalten bleiben wird.