Archiv für den 24. Februar 2010

Marktmacht als Vorbild für Cyberdemokratie

Mittwoch, 24. Februar 2010

Hard facts und soft skills im Vergleich: das neuerliche Abwägen zwischen Firmenkulturen, diesmal von Apple und Google, in der Welt in einem informativen Beitrag von Katja Ridderbusch.  Apple gegründet von Steve Jobs 1976, Google von Larry Page und Sergey Brin 1988. 43 Milliarden Dollar Umsatz hatte Apple 2009, 23,6 Milliarden Dollar Umsatz Google. Geschäftsmodell Apple: eigene Softwware mit eigener Hardware verbinden, Geschäftsmodell Google: Suchalgorithmen verbunden mit Cloud Computing zu Konsumentenprofilen. Doch  ihre Firmenkulturen unterscheiden sich gehörig, wie zusammengefasst in der Überschrift.

Welt, 24.02.10, Titel: Gründerkult gegen kreativen Freizeitpark

Dabei waren beide Firmen lange Zeit vereint im Angesicht des gemeinsamen Feindes Microsoft. „Doch seit einiger Zeit haben sich Google und Apple nicht mehr lieb. Denn der Computerhersteller dringt in den mobilen Anzeigenmarkt vor und expandiert im Bereich Video“, schreibt Katja Ridderbusch, „Und spätestens seit Google im Februar sein eigenes Smartphone Nexus One auf den Markt brachte, ist das Band zwischen den Partner zerrissen.“ Die Kluft würde bereits an den nur zehn Kilometer voneinander entfernten Firmensitzen in Cupertino (Apples majestätitscher weißer Beton-Glasbau) und Mountain View (das verspielte Verschnitt aus Campus und Aniomationsclub, genannt Googleplex).

Die Firmenkulturen allerdings divergieren vordergründig noch stärker: Steve Jobs sei schwer zufrieden zu stellen und schnell mit Kündigungen bei der Hand, heißt es. Indem er hart gegen sich und andere sei, führe er seine Mitarbeiter zu Bestleistungen. Verschwiegenheit wird propagiert, gleichzeitig hängt der Aktienkurs am Gesundheitszustand des gebeutelten Patriarchen. Was bei Google auf den ersten Blick wie der reinste Spaßtempel wirkt, ist allerdings ebenfalls nicht nur lustig. Die Mitarbeiter sollen sich bei Tischtennis, Tischfußball, Carrerabahnen und Legosteinen wohl fühlen, damit sie länger arbeiten können. 20 Prozent ihrer Zeit sollen sie angeblich in die Entwicklung eigener Ideen stecken.

Das Firmenmotto „Don’t be evil“ klingt jedoch bereits wie die Eintrittskarte in den Vorhof zur Hölle. Transparenz ist Fehlanzeige: Weder die Klicks der Suchmaschine pro Tag noch Angaben über Standorte, Rechenzentren oder Neueinführungen würden veröffentlicht. So entpuppen sich beide Unternehmen, die mittlerweile Kerngeschäftsfelder des jeweils anderen angreifen, als von ähnlicher Kultur, dem überdimensionalen Erfolg verpflichtet. Während das Wort „googeln“ bereits den Einzug in den Duden gefeiert hat, zählt Apple mit einem geschätzten Wert vom 63 Milliarden Dollar bereits zur sechstteuersten Marke der Welt. Wenn diese Markenmächte die Internetkultur bestimmen, kann es nicht weit her sein mit der davon dominierten Cyberdemokratie.