Mit ‘Apple’ getaggte Artikel

Sicher ist nie sicher genug

Montag, 12. Juli 2010

Nachdem sich Facebook bereits vor gut sechs Wochen genötigt sah, Fehler in der Datensicherheit einzugestehen und Nachbesserungen anzukündigen (Simon Akam berichtete in der Welt am Sonntag mit einem Portrait des Gründers Mark Zuckerberg), sieht sich nun Apple in der Zwangslage, die Datensicherheit verbessern zu müssen, nachdem am vergangenen Wochenende Datendiebe den iTunes-Store besucht hatten. Varinia Bernau berichtet in der Süddeutschen Zeitung unter Berufung auf das Wall Street Journal, dass die Zugangsdaten von etwa 400 Apple-Kunden geknackt und auf deren Kosten Musik und Programme im Wert von rund einer Million Dollar geraubt worden seien.

Süddeutsche Zeitung, 10.07.2010, Titel: Der faule Apfel

Fällige Nachbesserungen in der Datensicherheit sind die eine Seite. Im WamS-Artikel wurden die von Mark Zuckerberg in Aussicht gestellten Verbesserungen als „kleiner, kosmetischer Eingriff“ bezeichnet, eine Läuterung hinsichtlich seiner Einstellung (berühmt ist sein Ausspruch vom „Ende der Privatsphäre“) in Frage gestellt. Doch schlimmer noch als die Schwachstellen in der Programmierung ist der Umgang mit dem Kunden. „Er nimmt es in Kauf einige seiner Nutzer zu verärgern, um dann das nächste Level zu erreichen“, wird in der WamS Robert Scoble zitiert, der Gründer des Technologie-Blogs Scobleizer.

Die Süddeutsche vom vergangenen Samstag widmet dem Einbruch im iTunes-Store sogar einen Kommentar, ebenfalls von Varinia Bernau. Ausgangspunkt ist nicht nur der Datenklau, sondern auch das anshcließende Verhalten des Konzerns seinen Nutzern gegenüber, die gegen überhöhte Rechnungen Beschwerde eingereicht haben. Eine Kundin konnte die Beschwerde erst nicht am Telefon absetzen, sondern musste sie schriftlich einreichen, um zwei Tage später einen Brief zu erhalten, der sie aufforderte, sich mit ihrem Problem an die Bank zu wenden.

Süddeutsche Zeitung, 10.07.2010, Titel: Die Arroganz der Macht

„Solche Nachlässigkeit kann sich Apple nicht leisten“, schlussfolgert die Kommentatorin, da der Konzern im Begriff sei, damit das Vertrauen seiner Nutzer zu verspielen. Ob es nun 100 Millionen sind, wie zuletzt angegeben, oder etwa 130 Millionen (gemäß der Angabe bei den 400 betroffenen Kunden handele es sich um weniger als 0,0003 %), spielt da keine Rolle. Ein weiteres Problemfeld ist der Vorwurf der Zensur bei der Freigabe der Apps durch Apple, von denen es inzwischen mehr als 250.000 Stück gibt. Bei jedem Verkauf eines dieser Programme  kassiert der Konzern von Steve Jobs ein Driottel des Preises. Wer sich aber mit seinen Daten nicht sicher fühlt, wird bei aller Apple-Euphorie möglicherweise dann doch einmal erwägen, den Anbieter zu wechseln.

Die ipad-Mania grassiert

Mittwoch, 26. Mai 2010

Gewohnt einfallsreich betitelt der Spiegel in seiner Ausgabe dieser Woche (KW 21-10) eine Geschichte über die Markteinführung von Apples neuestem Wundergerät in Deutschland:

Spiegel, 25.05.2010, Titel: Ein iPad für ein Halleluja

Der Bezug ist ein Auftritt des Axel-Springer-Chefs Matthias Döpfner in der US-Talkshow „Charlie Rose“, bei dem er gebetsmühlenartig die Vorzüge des Tablet-PCs gepriesen haben muss. Mittels des neuen Geräts soll die Zahlungsbereitschaft der Zeitungsleser erprobt werden – während es gemäß Notiz in der heutigen FAZ Rupert Murdoch in Großbritannien aktuell bereits mit der „Times“ und der „Sunday Times“ im Internet versucht. Nach etwa vier Wochen kostenfreier Nutzung nach Anmeldung soll der Zugriff dann ein Pfund pro Tag oder zwei Pfund pro Woche kosten.

FAZ, 26.05.2010, Titel: Alles oder nichts

Die Auswirkungen des iPad auf den Journalismus werden im Spiegel als nicht absehbar beschrieben. Allerdings übe sich die Branche noch in Vorsicht, schreiben Markus Brauck, Martin U. Müller und Thomas Schulz, wenngleich sie „riesige Hoffnungen an das Ding“ knüpfe. Denn selbstverständlich müssen Zeitungs- oder Magazin-Apps ansprechend und mit einem gewissen Mehrwert gegenüber den Printausgaben ausgestattet sein. Dies sei den US-Titeln (Wall Street Journal, New York Times, USA Today, GQ und Vanity Fair) bislang nicht gelungen.

Die „visuelle Art des Erzählens“ (Zitat Zeitungs- und Online-Designer Lukas Kircher) habe sich hingegen der zu Disney gehörende Marvel-Verlag zu eigen gemacht, dessen Comics sich auf dem iPad besser lesen ließen als auf Papier. Problematisiert wird neuerlich die stellenweise an Zensur grenzende Kontrolle des Apple-Konzerns, der nicht nur die Geräte herstellt, sondern auch die Inhalte vertreibt. Einen weiteren Aspekt hebt Markus Scheele Anfang der Woche in der Welt hervor:

Die Welt, 25.05.2010, Titel: iPad hilft E-Books auf die Sprünge

Dort heißt es, neben der Zeitungsverlags- könnte auch die Buchverlagsbranche von der Einführung des Lifestyle-Geräts profitieren, was den Absatz elektronischer Bücher in Deutschland anbetrifft. Auch hierbei wird Apple kpnftig in seinem iBookstore eigene Titel anbieten. Interessant hierbei, dass es in Deutschland bereits zahlreiche weitere Anbeiter gibt (Libri, Clando, Buch.de, Libreka!, Beam, Thalia.de, Digital-Lesen, Springer Science, Business Media oder der Campus-Verlag),  diese vertreiben derzeit aber zu sehr stark variierenden Preisen verschiedene Formate wie ePub, Mobipocket, PBD oder PDF.

Eine zusätzliche Herausforderung im internationalen Vergleich stellt die Buchpreisbindung in Deutschland dar: Ich muss für das PDF online genausoviel zahlen wie für das Hardcover im Laden. Die Wahl des Lesegeräts will also wohl überlegt sein. Neben der Auswahl der Titel (nach Welt-Angaben zwischen 145.000 bei Libri und 6.500 bei Digital-Lesen) spielt zum einen das richtige Dateiformat eine Rolle, das möglichst auch noch in einigen Jahren aktuell sein sollte, zum anderen auch die Frage, ob das Gerät einen leuchtenden oder einen schwarz-weißen Hintergrund haben soll (sodass ein Buch auch noch bei Sonne am Strand zu lesen ist).

Berechtigt sicherlich der Hinweis, dass digitale Bücher aufgrund der möglichen Suchfunktion nach Stichwörtern eine besonders gute Chance bei der wissenschaftlichen Arbeit haben. Der Springer Science-Verlag macht nach eigenen Angaben bereits ein Fünftel seines Buchumsatzes mit E-Books. Google hat ebenfalls den Einstieg in den Markt mit digitalen Büchern angekündigt. Am Freitag wird sich zeigen, wie hoch sich die Welle der iPad-Euphorie in Deutschland aufbauschen wird. Multifunktions-Alternativen an Tablet-PCs werden nicht allzu lange auf sich warten lassen.

Form und Inhalt, vom Markt bestimmt

Donnerstag, 22. April 2010

Gratulation Steve Jobs! Da hat der smarte, harte Apple-Manager doch ganz hervorragende Zahlen präsentiert, den Nettogewinn im vergangenen, traditional eher schwachen Quartal fast verdoppelt, ein Umsatzplus vonf ast fünfzig Prozent. Damit eifert er nicht nur anderen US-IT-Konzernen nach wie Google, Intel und IBM, sondern er legt sogar noch eins drauf. Axel Postinett kommentiert im Handelsblatt unter der Dachzeile „Inside Apple“:

Handelsblatt, 21.04.2010, Titel: Steve Jobs, der digitale iGod

Mit seinem Quartalsergebnis übertraf Steve Jobs die schon optimistischen Analysten, entsprechend legte auch der Börsenkurs der Apple-Aktie nach. Fast 60 Prozent seiner Umsätze tätigt Apple mittlerweile außerhalb der USA, nachdem in Europa und Asien acht neue Anbieter das iPhone in ihr Programm aufgenommen haben. Allerdings, bemängelt der Handelsblatt-Kommentator, wird in Kalifornien nicht global gedacht und gehandelt, sondern „zutiefst amerikanisch, um nicht zu sagen provinziell“.

Handelsblatt, 21.04.2010, Apple-Gewinngrafik

Der Erfolg des Unternehmens speist sich aber wie gesagt vor allem aus dem internationalen Wachstum und dabei aus den Verkäufen des iPhones (ein Absatzplus von 131 Prozent im vergleich zum Vorjahr) und künftig auch des iPads. Der Erfolg, so Axel Postinett „ist unlösbar mit Inhalten, dem legendären App-Store und der Apple-Zensur verbunden.“ Am Beispiel der zwischenzeitlich verbotenen App des Cartoonisten Mark Fiore (Pulitzer-Preisträger) verdeutlicht er, dass sich Apple auf die „ungeheure Vielfalt der Kulturen und auch der Meinungen und Sitten auf der Welt einstellen“ muss. Ansonsten sei das System aus Hardware und kontrollierten Inhalten nicht zu retten. Unterdessen wächst der Börsenwert bereits an den von Microsoft heran.

Dem Kommentar ist nicht viel hinzuzufügen außer, dass andere Inhalteanbieter sicherlich auch demnächst aus den Puschen kommen werden. So sind, was eBooks betrifft, derzeit bereits drei Formate und noch kein dominierender Standard auf dem Markt. Allerdings sind für eine kulturelle Öffnung und Neuausrichtung bei Apple keine Anzeichen zu sehen, zu sehr ruht das Unternehmen im Erfolg, der auf dem Design seiner Produkte basiert. Vermutlich wird sich in Zukunft trotz weiterhin sehr guter Erlöse nach und nach eine Front von Kritikern am absolutistischen Verhalten der Konzern-leitung in Hinblick auf die verbreiteten Inhalte aufbauen. Ein Spieler im Markt darf nicht gleichzeitig die Form und die Inhalte der Neuen Medien bestimmen.

Digitale Orientierungssuche

Sonntag, 07. März 2010

Die Welt am Sonntag hat mich heute doch einigermaßen überrascht: Auf der Titelseite verspricht eine Überschrift neue Erkenntnisse über die Bedeutung des Internets, deren Antwort dann allerdings ganz anders ausfällt als erwartet. Denn die Doppelseite 72/73, auf die hier verwiesen wird, ist grafisch in Anlehnung an die Startseite bei Facebook gestaltet. Vielmehr aber fesselte mich anschließend der Aufmacher der „Stil“-Abteilung über das Geschäftsmodell von Apple.

WamS, 07.03.10, Titel: Wie das Netz unser Leben verändert

Der Untertitel „Facebook-Report“ hätte mich stutzig machen sollen. Das zugegeben große Soziale Netzwerk ist sicherlich eine Marke im Bewusstsein sowohl des Marktes, als auch vieler einzelner Nutzer. Aber der Titel hatte mich doch eher an die geplante Enquete-Kommission des Bundestags erinnert oder wenigstens an umfangreiche Studien über das Ausmaß des Einflusses des Internets auf das alltägliche Leben. Die Auslassungen unserer Bundesfamilienministerin Kristina Schröder über Facebook interessierten mich dann doch weniger. Spannend dagegen fand ich die Betrachtung von Andreas Rosenfelder über „unsere Doppelgänger in den sozialen Netzwerken“:

WamS, 07.03.10, Tietl: Vom doppelten Körper des Facebook-Nutzers

Die seit vielen Jahren übliche Angewohnheit, sich im netz einen Avataren anzulegen, vergleicht der Autor mit dem im Mittelalter bemühten „politischen Körper“ ein es Königs, der im Gegensatz zu seinem natürlichen Körper „makellos und unsterblich“ war. „Der Datenkörper steht immer im Licht der Öffentlichkeit, auch wenn wir uns gerade verkriechen möchten.“ Weiter beobachtet Andreas Rosenfelder richtig, dass diese Daten keinen „programmierten Zelltod“ kennen und stattdessen im Fall des Ablebens ihres Urhebers weiter existieren. Es sei denn, wie werden von einer Spezialfirma weitgehend gelöscht. Da gefiel mir natürlich besonders der Vergleich mit James Camerons „Avatar“, über den ich schon lange nichts mehr geschrieben habe.

Allerdings wird dieses treffliche Bild nicht weiter vertieft, sondern handelt der Artikel anschließend vorrangig von der Datenmenge und -speicherung. Während die Telekom in der vergangenen Woche nach dem Verbot der Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht insgesamt 19 Terrabyte an Daten gelöscht hat, tun wir bei Facebook unablässig immer noch genau das: Daten auf Vorrat speichern („Petabytes“, wenn wir dem Artikel glauben wollen). Das Verweilen auf der Seite verwandle sich „in einem vielstimmigen Gesellschaftsroman, montiert aus Anekdoten, banalen Kantinenwitzen, witzigen Aphorismen, Partyfotos und Miniatur-Leitartikeln“. Aber weder sei das Copyright an diesem Roman festzumachen (Verweis zur Hegemann-Debatte), noch stünde uns im Allgemeinen bislang das nötige „Survival-Wissen“ des Internetzeitalters zur Verfügung, um „all die Elemente zu beherrschen, aus denen sich unser Daten-Corpus zusammensetzt“.

WamS, 07.03.10, Titel: Angebissen

In diesem Zusammenhang passt der so betitelte Beitrag von Joachim Bessing und Lorraine Haist sehr gut ins Bild. Ausgehend von der früheren Lagerbildung Bill Gates (Microsoft) versus Steve Jobs (Apple) wird die heute deutlich verschobene Marktposition dargestellt: Apple stünde heute etwa da, wo Ende des vorigen Jahrhunderts noch Sony stand. „Mit dem iPod hat Jobs den Walkman des 21. Jahrhunderts auf den Markt gebracht. Mit dem iPhone hat er das Mobiltelefon neu erfunden. (…)“. Was aber nioch wichtiger ist, Apple bestimmt in seiner Machtposition auch über die Inhalte, die via „iTunes-Store“ vertrieben werden: Musiktitel, Zusatz-Applikationen, genannt Apps, und demnächst auch die Inhalte fürs iPad von Zeitungs- und Schulbuchverlagen.

Vor diesem Hintergrund passt das Firmenlogo, ein angebissener Apfel, besonders gut: Nach dem Biss in die verbotene Frucht wurden die ersten Menschen aus dem Paradies verwiesen. Die Autoren sehen die Entsprechung zum Nutzer der Jobs-Produkte: „Hinter dem Glas des Monitors liegt sein Garten der Lüste. Mithilfe des orthodoxen Regulariums des iTunes-Store wird dort nun aufgeräumt.“ Nicht nur wurden dort sämtliche Google-Anwendungen aus dem Angebot genommen, sondern auch alle Anwendungen, die anzüglich erscheinen könnten, zensiert (so etwa eine Diashow von Katzenbildern, die dummerweise den Namensbestandteil „Pussy“ trug).

Apple allerdings habe wesentlich zur heutigen Netzkultur mit dem in Soziale Netzwerke ausgelagerten Privatleben beigetragen, „weil es Steve Jobs gelungen ist, aus grauen Büomaschinen Familienmitglieder zu machen: Dinge, die wie Handschmeichler sind“. Der Schluss des Artikels leuchtet mir allerdings nicht ganz ein: „Aus Steve Jobs Paradies wird keiner mehr verbannt“, heißt es da. Aber zuvor klang es noch so, als sei es Steve Jobs gewesen, der uns aus dem Paradies geschmissen habe. Sein Konzern des angebissenen Apfels trägt dazu bei, die Zeiten des kostenlosen und des unzensierten Internets zu beenden. Ob ein Konsumentenprotest gegen Apple wirklos bliebe, wie in der WamS vermutet wird, ist ungewiss. Aber die Verhandlungen um digitale Urheberrechte haben erst begonnen. Alternative Geschäftsmodelle zu Gunsten der Verbraucher werden vermutlich nicht lange auf sich warten lassen.

Wochenend-Presseschau 08-10

Montag, 01. März 2010

Zwei mal die Welt vom Samstag und einmal die Welt am Sonntag sind mir hängen geblieben, was keine Bevorzugung gegenüber anderen Tageszeitungen darstellen soll, sondern lediglich ein Abbild dessen ist, was meine Interessenlage spiegelt. Eine Kolumne von Maxeiner und Miersch zur Abwanderung aus Deutschland, ein Sonntags-Beitrag von Roger Schawinski über die zunehmenden Animositäten zwischen Deutschland und der Schweiz sowie ein Kommentar von Thomas Heuzeroth zu Apples Entscheidung, keine Dividende auszuzahlen.

Welt, 27.02.10, Kolumnen-Titel "Deutsche Fluchten"

Besonders illustrativ in der Kolumne „Deutsche Fluchten“ ist der Vorschlag von Maxeiner und Miersch, eine „Kapitalfluchtuhr“ zu installieren, entsprechend der bekannten Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler. Alle vier Minuten verlasse ein Deutscher das Land, meist gut ausgebildet auf Kosten des Staates – über die jeweilige Mixtur der tatsächlichen Gründe darf spekuliert werden. Die Steuerflucht spiele bei all denen, die sich bisher nicht selbst angzeigt hätten, neuerdings ebenfalls eine zunehmende Rolle. Bei allem Interesse für die langfristigen Auswirkungen und für Möglichkeiten, den negativen Folgen dieses Trends entgegenzuwirken, beschäftigt mich aber vor allem, wie es den Deutschen im Ausland in der Mehrheit wohl geht. Fühlen sie sich bald nicht mehr als Deutsche? Plagt sie irgendwann das Heimweh? Oder schließen sie mit der deutschen Identität gänzlich und freudig ab?

WamS, 28.02.10, Ausschnitt aus Beitrag von Roger Schawinski

Aus dem Hauptauswanderungsland der Deutschen, der Schweiz, stammt der Beitrag von Roger Schawinski, dem ehemaligen Sat.1-Chef in der Welt am Sonntag: „Deutsche sind vom Mars, Schweizer von der Venus“. Demnach hätten es nicht nur Schweizer in Deutschland, sondern auch Deutsche in der Schweiz extrem schwer – ein Eindruck, den ich bestätigen kann. Weder wird in der Schweiz hochdeutsch gesprochen (sondern Schwyzerdüütsch, dialektal: Höchstoberdeutsch – gegenüber Österreichisch: Niederober-deutsch), noch gleicht sich die Mentalität all zu sehr.

Schawinski spricht konkret von den Erlebnissen, dass er als Manager in Deutschland eine viel stärker hierarchisch aufgebaute Unternehmensorganisation vorgefunden habe, in der einerseits Ansagen erwartet, und andererseits unangemeldete Besuche bei und Gespräche mit Mitarbeitern als peinlich empfunden würden. Gleichzeitig nähme viele Deutsche in der Schweiz weder die kulturellen Unterschiede noch überhaupt schweizerische kulturelle Errungenschaften wahr. In diesem Zusammenhang steht der obige Ausriss. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Schweizer nicht nur die häufig demonstrierte Überheblichkeit der Deutschen stört, sondern ganz besonders ihre Hektik.

Welt, 26.02.10, Kommentar-Titel "Nur Jobs kann sich das leisten"

Ganz ruhig dagegen scheint Steve Jobs seinen Weg der Marktwertsteigerung seines Unternehmens Apple zu verfolgen. Der Aufmacher im Wirtschaftsteil der Welt vom vergangenen Samstag wurde mit einem großen Kleinbuchstaben „i“ und drei ebenso großen Fragezeichen dahinter bebildert. „Apple hortet Bares für das nächste große Ding“  ist ein toller Titel für das Unternehmen, das gerade erst das flache Brett „iPad“ herausgebracht hat. Im Kommentar meint Thomas Heuzeroth, dass der resolute Unternehmenschef keine Dividende auszuzahlen brauche, weil die Aktie innerhalb eines Jahres von 80 auf 200 Dollar gestiegen sei. Wer braucht da noch Dividende?

Mit milliardenschwerer Kasse sei es leichter wehrhaft zu bleiben, besonders weil Google derzeit fast alles kaufe, was sich bewege. Dividende hingegen bräuchten unter anderem Unternehmen, denen „die Welt verändernden Einfälle ausbleiben, wie beispielsweise bei der Deutschen Telekom, die weiterhin hohe Gewinne ausschüttet.“ Apples Investoren gewinnen demgegenüber an der Aktie, die bekanntlich von der Fantasie lebt. Und man mag nun Fan der gestylten Produkte sein oder nicht, aber eine Perspektive wie 25 Apple-Stores innerhalb zweier Jahre in Fernost, die regt die Fantasie nun mal definitiv an. Außerdem will Jobs vielleicht eher selber ein Unternehmen kaufen, als befürchten zu müssen gekauft zu werden.

Marktmacht als Vorbild für Cyberdemokratie

Mittwoch, 24. Februar 2010

Hard facts und soft skills im Vergleich: das neuerliche Abwägen zwischen Firmenkulturen, diesmal von Apple und Google, in der Welt in einem informativen Beitrag von Katja Ridderbusch.  Apple gegründet von Steve Jobs 1976, Google von Larry Page und Sergey Brin 1988. 43 Milliarden Dollar Umsatz hatte Apple 2009, 23,6 Milliarden Dollar Umsatz Google. Geschäftsmodell Apple: eigene Softwware mit eigener Hardware verbinden, Geschäftsmodell Google: Suchalgorithmen verbunden mit Cloud Computing zu Konsumentenprofilen. Doch  ihre Firmenkulturen unterscheiden sich gehörig, wie zusammengefasst in der Überschrift.

Welt, 24.02.10, Titel: Gründerkult gegen kreativen Freizeitpark

Dabei waren beide Firmen lange Zeit vereint im Angesicht des gemeinsamen Feindes Microsoft. „Doch seit einiger Zeit haben sich Google und Apple nicht mehr lieb. Denn der Computerhersteller dringt in den mobilen Anzeigenmarkt vor und expandiert im Bereich Video“, schreibt Katja Ridderbusch, „Und spätestens seit Google im Februar sein eigenes Smartphone Nexus One auf den Markt brachte, ist das Band zwischen den Partner zerrissen.“ Die Kluft würde bereits an den nur zehn Kilometer voneinander entfernten Firmensitzen in Cupertino (Apples majestätitscher weißer Beton-Glasbau) und Mountain View (das verspielte Verschnitt aus Campus und Aniomationsclub, genannt Googleplex).

Die Firmenkulturen allerdings divergieren vordergründig noch stärker: Steve Jobs sei schwer zufrieden zu stellen und schnell mit Kündigungen bei der Hand, heißt es. Indem er hart gegen sich und andere sei, führe er seine Mitarbeiter zu Bestleistungen. Verschwiegenheit wird propagiert, gleichzeitig hängt der Aktienkurs am Gesundheitszustand des gebeutelten Patriarchen. Was bei Google auf den ersten Blick wie der reinste Spaßtempel wirkt, ist allerdings ebenfalls nicht nur lustig. Die Mitarbeiter sollen sich bei Tischtennis, Tischfußball, Carrerabahnen und Legosteinen wohl fühlen, damit sie länger arbeiten können. 20 Prozent ihrer Zeit sollen sie angeblich in die Entwicklung eigener Ideen stecken.

Das Firmenmotto „Don’t be evil“ klingt jedoch bereits wie die Eintrittskarte in den Vorhof zur Hölle. Transparenz ist Fehlanzeige: Weder die Klicks der Suchmaschine pro Tag noch Angaben über Standorte, Rechenzentren oder Neueinführungen würden veröffentlicht. So entpuppen sich beide Unternehmen, die mittlerweile Kerngeschäftsfelder des jeweils anderen angreifen, als von ähnlicher Kultur, dem überdimensionalen Erfolg verpflichtet. Während das Wort „googeln“ bereits den Einzug in den Duden gefeiert hat, zählt Apple mit einem geschätzten Wert vom 63 Milliarden Dollar bereits zur sechstteuersten Marke der Welt. Wenn diese Markenmächte die Internetkultur bestimmen, kann es nicht weit her sein mit der davon dominierten Cyberdemokratie.