Manche Menschen legen ein rücksichtsloses Verhalten an den Tag. „Hier komm ich“, lautet die Devise: „Platz da, lasst mich durch!“ Keine Spur von Berücksichtigung anderer Interessen oder von einem Sinn für Befindlichkeiten. Diese Mentalität lässt sich umschreiben mit „Augen zu und durch“. Dasselbe könnte man sagen beim Bewältigen großer Gefahren (z.B. beim Durchbrechen einer Feuerfont) oder aber, wenn es ums Schlafwandeln geht, das offenbar weit häufiger vorkommt als vermutet.
Das hat eine Untersuchung US-amerikanischer Forscher ergeben, deren Ergebnisse jetzt im Fachmagazin „Neurology“ veröffentlicht wurden. Bei der repräsentativen Studie unter 15.000 Bürgern wurden 3,6 Prozent (das sind immerhin 540 Menschen) als Schlafwandler identifiziert, die „im vergangenen Jahr mindestens einmal im Tiefschlaf durch die Wohnung gewandert sind“. Bei rund einem Drittel der Schlafwandler gibt es eine Häufung des Phänomens in der Familie. Das lässt sich offenbar auf eine Genveränderung auf dem Chromosom 20 beziehen.
Mit am spannendsten beim Schlafwandeln finde ich, dass die Menschen in „traumwandlerischer Sicherheit“ alle Gefahren umgehen und wie von einer schützenden Hand behütet sogar unbeschadet über einen Dachfirst laufen können. Gleichzeitig scheint es sich dabei dem neuen Ergebnnis zufolge keineswegs um eine psychische Störung sondern um eine erbliche Veranlagung zu handeln. Damit unterscheidet sich das Schlafwandeln deutlich von der eingangs beschriebenen „Brecher-Mentalität“, sich ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen zu wollen.
Noch drastischer formuliert: Der Schlafwandler erscheint in der Sicherheit seines Auftretenes weit aufgeweckter als ein Egozentriker, der bei seinem Ellenbogeneinsatz alles soziale Verhalten über den Haufen wirft. Dann doch lieber – Augen zu und durch! – im Schlaf voranschreiten als – Augen zu und durch! – sich auf Kosten anderer durchboxen!