Mit ‘Glaubwürdigkeit’ getaggte Artikel

Wider die Monokultur des Fußballs!

Mittwoch, 18. November 2009

Gegenseitiges Schulterklopfen der Fußballbosse bei den 15. Deutschen Sponsoringtagen zum Schwerpunkt „Sport und Business“ in der vergangenen Woche in Frankfurt am Main. – „Der Fußball hat noch keine Delle“ titelt die FAZ vom vergangenen Samstag, Horizont.net widmet dem Thema immerhin zwei Beiträge: „Werner Klatten sieht Moral des Sports in Gefahr“ und „Telekom-Manager Althoff prophezeit Delle im Fußball-Markt„. Sehr weit entfernt liegen alle drei Beiträge voneinander nicht entfernt.

Titel FAZ-Beitrag 14.11.2009

Die Zusammenfassung von Alard von Kittlitz in der FAZ führt auf, dass der Fußball alljährliche Rekorde aufstellt, in Hinblick  auf Zuschauerzahlen, Fernsehgelder und Trikotsponsoring. Stephan Althoff von der Telekom wird hier ebenfalls zitiert, er rechne aus Lebenserfahrung damit, dass der Fußball früher oder später eine Delle bekommen werde. – Selber hat die Telekom aber erst gestern die millionenschwere Partnerschaft mit dem FC Bayern bis 2013 verlängert. – Wie auch der zweite Horizont-Artikel bestätigt, gab es dagegen reichlich Widerspruch, von DFL-Geschäftsführer Tom Bender („Die Bundesliga boomt!“), von 1899 Hoffenheim-Geschäftsführer Jochen Rotthaus („Nicht das Positive schlecht reden!“) oder auch vom Vorstand der Sport + Markt AG, Marcel Cordes („Warum auf das beste Pferd im Stall verzichten?“).

Letztgenannter sieht vielmehr noch einiges Potenzial in den Bereichen Kooperationen, Cross-Selling sowie in der  Ziel-gruppenansprache von Frauen und von Familien. Auf sehr hohem Niveau bewegt sich die Klage mehrerer Teilnehmer, die die FAZ zitiert: Aufrgund der Sponsorenflut in den ersten beiden Fußballligen sei man als Geldgeber trotz hoher Kosten immer weniger sichtbar. Da bietet sich doch der Umstieg auf andere Sportarten mit klaren Zielen  und Maximen an. Freilich können nur wenige mit einer hohen Medienpräsenz bei Sponsorn punkten, wie etwa der Handball und aktuell auch der Basketball im DSF.

Die FAZ befasst sich mit Axel Achten, dem Deutschen Sport-Marketing-Geschäftsführer, der schon aufgrund seiner Abhängingkeit von Deutscher Sporthilfe und DOSB eine Umverteilung fordert, und mit Fredda Hurwitz von der Werbeagentur Havas, die insgesamt eine glänzende Zukunft des Sponsorings sieht, allerdings unter der Aufgabenstellung mit gleichem Budget mehr zu erreichen. Nur in einer langfristigen Bindung mit klarer Zielsetzung könne Sponsoring erfolgreich sein.

Diese Aussage toppt Werner E. Klatten, der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Sporthilfe noch, indem er ein „Ende der Wertschöpfungskette“ prophezeit, wenn der Sport nicht seine moralischen Probleme in den Griff bekäme (vgl. entspr. Horizont-Beitrag). Doping, Diktatur und Korruption gefährdeten „sein bislang wichtigstes Asset“: den Spiel- und Wettkampf-Charakter nach fairen Regeln. Der Sport „im magischen Dreieck zwischen Medien und Wirtschaft“ müsse mehr für seine Glaubwürdigkeit tun.

Aus meiner Sicht müsste aber genausowohl die Wirtschaft mehr dafür tun, dass ihre Sponsoring-Gelder nicht nur für die bis jetzt medienrelevantesten, sondern eben auch für die glaubwürdigsten Sportarten eingesetzt werden. Nur damit ließe sich eine Umgewichtung von Sportarten auch über die Medienpräsenz erzielen. Die Medien selber – das zeigt vor allem die TV-Berichterstattung von Tour de France, Schwimmen, Leicthathletik und Formel 1 – ändern kaum etwas an ihren Prioritäten, solange die Einschaltquoten einigermaßen stimmen. “ Mehr Glaubwürdigkeit wagen!“  wäre in Anlehnung an Willi Brandts berühmte Maxime das Gebot der Stunde, um die Monokultur des Fußballs zu durchbrechen.

www-Werkstattbericht

Freitag, 25. September 2009

Impulsreferat des Journalisten Stefan Ruzas zum Portal „Monte Welt“ in der Speakers Corner der dmexco 2009 zum Thema: „Vermarktungsstrategien für Special Interest-Portale“.

Stefan Ruzas in der Speakers Corner der dmexco 2009

Sehr sympathisch – und  nachvollziehbar – wirkte das in freier Rede gehaltene Referat des Journalisten Stefan Ruzas, das sich damit deutlich abhob von vielen Fachbeiträgen und Diskussionen in fünf Seminarräumen, der Congress Hall und der Debate Hall. Er sprach von einem „Werkstattbericht“ über das Projekt in Arbeit, das elf hochkarätige Journalisten und Fotografen gemeinsam begründet haben. Ihre Mission beschreibt er als „Das Alpenländische in die Jetztzeit zu übersetzen“.

Die Grundidee war der Wunsch ein Pendant zur „Zeitschrift der Meere“ Mare zu schaffen, das sich als Printprodukt jedoch nicht realisieren bzw. finanzieren ließ. Das Portal wurde vor mittlerweile zwei Jahren gegründet, wobei aus dem urbanen Bereich ein „anderer Blick“ auf die Berge geworfen wird. So spricht ein Politiker über die Analogie zwischen dem Auf und Ab beim Bergsteigen und in der Macht oder ein Extremkletterer lässt sich über die Tücken der Finanzkrise aus. Lange Reportagen und Interviews stehen neben nutzwertigen Reiseberichten und Glossen (z.B. „Nieder mit den Bergen!“).

Totale auf die Speakers Corner der dmexco mit einem Vorredner

Die Vermarktung der Seite übernahm zunächst die Tomorrow Focus AG, wobei die Monte Welt die erste von ihr vermarktete Nicht-Burda-Beteiligung war. Doch Erlöse flossen gar nicht oder nur sehr spärlich. Zwischenzeitlich kam ein Angebot von McDonalds im Rahmen einer „Scout“-Suche, doch das Team der Monte-Welt lehnte dankend ab. Dieser Umstand verdeutlicht, wie schnell die Wahrnehmung guter Inhalte um sich greift. Interessant vor allem in Hinblick auf die Vermarktung: Neben der reinen Reichweite einer Seite geht es heute vermehrt auch um ihre Inhalte, deren Hochwertigkeit und Glaubwürdigkeit.

Zwischenzeitlich hat sich das Portal der Wunder Media GmbH angeschlossen, die mittlerweile das dritte vertikale Netzwerk aufbaut, das Reiseportal Just2guide. Allerdings verfolgt Monte-Welt damit keine Ausschließlichkeitsstrategie, sondern beschäftigt außerdem einen eigenen Marketingleiter, der sich um weitere Kooperationen bemüht. Vor allem werden Unternehmen aus dem Outdoor-Textilien- und aus dem Touristikbereich angesprochen. Interessant die Erfahrung, dass Outdoor-Textilienhersteller teilweise noch nicht über Banner für Internetwerbung verfügen. Als Zielgruppen sind „Spa-Freundinnen“, „urbane Abenteurer“ und „aktive Familien“ ausgegeben; diese würden nachvollziehbar erreicht.

Insgesamt sprach Stefan Ruzas von fünf Säulen des Marketings, die die Monte-Welt als eine „Erlebniswelt hochwertiger Inhalte“ verfolgt: online Werbung, E-Commerce (oft selbst getestete und für bewertete Angebote), Merchandising (eine CD mit moderner Alpenmusik, ein Snowboard, einmal im Jahr ein Buch), Zweitverwertung (mit festen Rubriken bei Focus und Fit for fun) sowie Events. Gerade die Events sind es, die den Erlebnischarakter stärken. Hierfür hat das Team „Heimatabende“ im Münchner Café Platzhirsch veranstaltet (im Hintergrund stand dabei eine „Wiedereroberung“ des konservativ belegten Begriffs). Sechs mal war das Haus mit bunt gemischtem Publikum gefüllt: unter anderem bei einer Jodlerschule, bei der Präsentation von Schuhplattlermode oder von Dirndl-Unterwäsche.

Das Fazit des Referenten: Inhalt entscheidet. Glaubwürdigkeit steigert die online Präsenz. Und: Es ist die richtige Zeit für Special Interest-Portale.

Auf der dmexco sorgte ein Exot für sehr verständliche Antworten