Mit ‘Leipziger Buchmesse’ getaggte Artikel

Wochenend-Presseschau 11-10

Montag, 22. März 2010

Rückblick auf die Buchmesse Leipzig und die Investorentage der Telekom in Hinblick auf das Geschäft mit digitalen Inhalten. Bereits am vergangenen Freitag brachte Eckhard Fuhr den Leitartikel in der Welt zum Buch im Zeitalter des Internets. Am selben Tag bringt die FAZ einen Artikel zur Duiskussion der Digitalisierung auf der Leipziger Buchmesse und legt am nächsten Tag mit dem Beitrag von Stephan Finsterbusch nach, wonach vor allem kleine Unternehmen davon profitieren könnten. Schließlich blickt die Thomas Heuzeroth in der Welt am Sonntag zurück auf die Investorentage der Deutschen Telekom AG, bei denen Rene Obermann die „Strategie 2.0“ vorstellte.

WamS, 21.03.10, Titel: Die Deutsche Telekom rüstet sich für die nächste Phase des Internetzeitalters

Zentrale Passage des Beitrags für mich: „Das gesamte klassische Geschäftsmodell werde durch die Internet-Technologie auf den Kopf gestellt, sagte er.“ (…) „Tatsächlich soll die Telekom in fünf Jahren bereits jeden zweiten Euro außerhalb des klassischen Netzgeschäfts verdienen.“ Der Konzern soll nicht mehr nur Daten durchreichen („Bit Pipe“) sondern im Inhaltegeschäft kräftig mitverdienen („Smart Pipe“). Laut heutiger Financial Times Deutschland plant der Konzern „bis Jahresende eine übergreifende technische Plattform für alle Endgeräte und sämtliche medialen Inhalte“.

FAZ, 20.03.10, Titel: Bücher aus Bits und Bytes

Erträge aus dem Vertrieb digitaler Produkte erhoffen sich offenbar auch auf die deutschen Verlagshäuser, nachdem ihnen bei der Entwicklung dieses Geschäftsbereichs amerikanische Mitbewerber bereits um einiges voraus sind. Stephan Finsterbusch zählt die Initiativen einiger deutscher Unternehmen auf, denen an der Digitalisierung der Buchbranche gelegen ist. Im Gegensatz zu Amazon und Barnes & Nobles in den USA böte dieser Geschäftszweig hierzulande vor allem kleinen Unternehmen wie Textunes (E-Books von rund 100 Verlagen für Handies) und Plastic Logic (berührungsempfindliche E-Bookreader „Que“, produziert in Sachsen) eine Chance.

FAZ, 19.03.10, Titel: Das E-Book wird als Hoffnungswert gefeiert

Obwohl der E-Book-Markt bisher kaum ein Prozent des 4 Milliarden Euro schweren deutschen Buchmakrtes ausmacht, wird er in Leipzig offenbar doch als Heilsbringer bewertet. Diesen Schluss legt jedenfalls der FAZ-Beitrag vom Freitag nahe. Dazu wird der IT-Branchenverband Bitkom zitiert, wonach 2,9 Millionen Deutsche planten ein digitales Buch zukaufen. Ich gehöre nicht dazu. Immerhin macht der Wissenschaftsverlag Springer nach eigenen Angaben bereits 40 Prozent aller Buchumsätze mit elektronischen Büchern.

Welt, 19.03.10, Titel: Wenn der Autor verschwindet

Eckhard Fuhr setzt in seinem Welt-Leitartikel vom Freitag denn auch dabei an, dass sich das gedruckte Buch „im Sturm der Digitalisierung“ behaupten werde: „Die individuelle Körperlichkeit des Buches ist von so großer praktischer, ästhetischer und sinnlicher Attraktivität, dass dagegen tragbare Bildschirmchen aller Art nicht ankommen.“ Mir persönlich ist es ehrlich gesagt zu mühsam, nach einem Tag am Schreibtisch abends zum Lesen wieder einen Apparat anzustieren.

Allerdings zielt der Leitartikler auf einen anderen Punkt. Nachdem in den vergangenen vier, fünf Jahren die Buchmesse „neue Medien, neue Techniken, neue Vertriebswege“ diskutiert habe, stehe in diesem Jahr eigentlich „das Konzept von Autor- und Urheberschaft“ im Mittelpunkt. Ausgehend von den Diskussionen um Helene Hegemanns Erstling „Axolotl Roadkill“ verdeutlicht Eckhard Fuhr, dass die vorgeschobene Einstellung eines „Rechts zum Kopieren“ die bürgerliche Kultur zu zerstören drohe.

Abgesehen von der wirtschaftlichen Bedeutung geistigen Eigentums geht es um eine kulturelle Errungenschaft, die unter dem Deckmantel der digitalen Revolution vorschnell aufgegeben werden soll. Oder ein Kritiker, der den Roman zuerst als „authentische Wortmeldung einer neuen Generation“ bewertete, muss anschließend die Größe zeigen und zugeben: Intertextualität ist, wenn ich das Spiel mit Quellen offenlege. Wenn ich dies nicht tue, ist es Plagiarimus.

Leipziger Zukunftspläne

Donnerstag, 18. März 2010

Die heute beginnende Leipziger Buchmesse beschäftigt sich schon seit längerem nicht mehr nur mit Druckerzeugnissen, sondern auch mit Hörbüchern bzw. E-Books, die in diesem Jahr erstmals auch in der Messebuchhandlung verkauft und dann per E-Mail zugestellt werden. Das veranlasste die Welt bereits gestern zu fragen:

Welt, 17.03.10, Titel: Brauchen wir in Zeiten des E-Books überhaupt noch Verleger?

Dazu befragte Verleger bejahen dies, was nicht weiter verwundert, da auch Journalisten bei der Frage nach ihrer Existenzberechtigung in Zeiten des Leserreporters diese im Zweifel bejahen würden. Weitaus interessanter fällt dagegen die Selbsteinschätzung einzelner Verleger aus. Georg Reuchlein von Random House sieht tendenziell nur eine Verschiebung der Kompetenzen unter anderem als „passionierte Vertriebsexperten“, „vernetzte Lizenzhändler“, „ausgefuchste Marketingstrategen“ und „akkurate Honorarbuchhalter“.

Vittorio E. Klostermann, Verleger des nach ihm benannten Wissenschaftsverlages, baut ebenfalls auf die sowohl für Autoren wie für das Publikum wegweisende Arbeit seiner Zunft: „Dadurch, dass Verlage auch Projekte anregen, gezielt gute Autoren akquirieren und thematische Buchreihen publizieren, schaffen sein Programm, haben ein nach außen wahrnehmbares Gesicht.“ Daniela Seel vom Lyrik- und Prosaverlag kookbooks sieht ihre Aufgabe entsprechend unter anderem darin, „Aufmerksamkeit zu organisieren, filtern und steuern“. Für Ulrich Störiko-Blume vom Jugendbuchverlage Boje führt „Leidenschaft und Kalkül“ ins Feld, mit denen der Verleger seine oft risikoreichen Entscheidungen trifft. „Das Kalkül verbietet uns, das Heil allein im E-Book zu suchen, statt sich auf die technisch ausgereiftere Produktform Buch zu stützen.“

Zudem ist aufgrund von lieb gewonnen Lesegewohnheiten davon auszugehen, dass trotz eines erwartbaren Booms von E-Books auch die herkömmlichen Bücher weiterhin eine entscheidende Rolle im Branchenmix spielen werden. Der stellvertretende verlegerische Leiter bei Suhrkamp Thomas Sparr verweist auf die Begriffsherkunft für „verlegen“, hebräisch für „ans Licht bringen“. Auch er ist überzeugt, das Buch lasse sich durch das Internet nicht ersetzen, daher würde sein Verlag zum Beispiel auch im Herbst Jaron Laniers Manifest „You are not gadget“ herausbringen.

Schließlich gibt Detlef Felten, Cheflektor von C.H. Beck, zu bedenken, dass Lektoren „den Tisch decken, an dem der Leser Platz nimmt“. Verlage kümmerten sich um die Produktion, den Vertrieb, die Pressearbeit und ausländische Lizenzen. Er schließt: „Seien wir froh, dass wir noch ein paar solcher Verleger haben (denen es um möglichst viele erstklassige Bücher geht), und flicken wir ihnen nicht dauernd mit Urheberrechtsnovelle, open access und Verüberflüssigundgedabbetn am Zeug.“