Mit ‘Online-Kiosk’ getaggte Artikel

Die Schicksalsfrage für Medienunternehmen

Donnerstag, 11. März 2010

Axel-Springer-Konzernchef Mathias Döpfner hat beid er Bilanzpressekonferenz gute Zahlen präsentiert. Der Leser schwankt zwischen Entrüstung und Bewunderung: „Axel Springer kommt gut durchs Krisenjahr 2009“ schreibt das hauseigene Blatt Die Welt (mit Video), „Springer-Chef Döpfner ist Profiteur der Krise“ schimpft dagegen die FAZ. Andere Zeitungen heben darauf ab, dass Der Konzern bereits gut 20 Prozent seiner Umsätze mit digitalen Angeboten macht. „Springer holt Zuwachs aus dem Netz“, so die FTD und die Börsen-Zeitung titelt: „Springer wird zum Online-Unternehmen“.

Die Welt, 11.03.10, Titel: Axel Springer kommt gut durch das Krisenjahr 2009

In der Welt lautet das erste Zitat des Konzernchefs selbstbewusst: „Es gebe kein vergleichbares Medienunternehmen, das so erfolgreich durch die Krise gesteuert sei wie Axel Springer.“ Danach folgen die aktuell sehr ungewöhnlichen Ergebnisse: „Jeder achte Euro vom Umsatz ist Gewinn gewesen“, so Mathias Döpfner in der Welt, und weiter: „wir schlagen eine Rekorddividende vor, die Eigenkapitalquote wurde auf über 40 Prozent erhöht und die Verschuldung de facto auf Null abgebaut.“ Sogar die Mitarbeiterzahl konnt leicht erhöht werden.

Der Heilsbringer waren in der Tat die im Umsatz um 24,4 Prozent gestiegenen Internetaktivitäten, wobei sogar 30 Prozent aller Werbeerlöse auf digitalen Plattformen erzielt wurde. Dieser Weg soll fortgesetzt werden. die Hoffnung ruht auf „journalistischen Angeboten für das Internet und mobile Endgeräte.“ Bis Ende 2009 wurden von den kostenpflichtigen Apps für „Bild“ und „Welt“ 100.000 verkauft. Entsprechende Angebote für das iPad soll es ab dem Frühjahr geben. An der Fähigkeit, Geschäftsmodelle für den Qualitätsjournalismus zu entwickeln, enstcheide sich „die Schicksalsfrage für Medienunternehmen“. Auf die gute Internet-Entwicklung geht die FAZ bei insgesamt sinkenden Vertriebserlösen der inländischen Springer-Zeitungen jedoch nicht ein

Auch die guten Konzernzahlen sieht die FAZ dagegen kritisch: Der bereinigte Konzernüberschuss ssei um 40 Prozent auf 152,6 Millionen Euro gesunken, doch die Gesamtvergütung des vierköpfigen Vorstands um 35 Prozent auf 17,7 Millionen Euro gestiegen. Nicht zuletzt käme die Rekorddividende von 4,40 Euro je Aktie auch Mathias Döpfner als Großaktionär zugute. Das Wort des „Profiteurs der Krise“ hatte der Konzernchef offenbar übrigens selbst auf die „Bild“ angewandt, bei nur 3,7 Prozent Auflagenrückgang. Sondererlöse stammten aus dem Verkauf von Beteiligungen, so der „Leipziger Volkszeitung“, den „Lübecker Nachrichten“ und den „Kieler Nachrichten“ an die Verlagsgruppe Madsack. Die Müncher-Wirtschaftsmedien „Euro“ und „Euro am Sonntag“ stünden vor dem Verkauf oder dem Aus.

Börsen-Zeitung, 11.03.10, Titel: Springer wird zum Online-Unternehmen

Auf die Fantasie der küpnftigen Online-Entwicklung sopringen jedoch sowohlö die Börsen-Zeitung als auch die Financial Times Deutschland an. Beide machen ihren Bericht damit auf, dass der Verlag Axel Springer bis in spätestens sieben Jahren, mögcherweise aber auch schon in zweien, die Hälfte von Umsatz und Gewinn im Internet erwirtschaften möchte. Das Online-Geschäft dürfte auch in Zukunft die weiter rückläufigen Print-Aktivitäten mehr als kompensieren, vermutet die Börsen-Zeitung. Die aktuelle Schuldenfreiheit bezog Döpfner dem Artikel zufolge auf das Einrechnen der selbst gehaltenen Springer-Aktien. Jedenfalls ermöglichten der Free Cash Flow als auch eine Kreditlinie über 1,5 Mrd. Euro „das Unternehmen transformierende“ Akquisitionen.

Was für Akquisitionen das sein könnten, ließ Mathias Döpfner offen. Dem bisher Gelesenen zufolge dürften sie sich in Richtung Online-Business bewegen. In diesem Zusammenhang stellt Lutz Kappmann in der FTD fest, dass trotz der „Schicksalsfrage“ und Döpfners Behauptung, dass am Ende der Inhalt zähle und nicht der Vertriebsweg, bisher der Großteil der Axel Springer-Online-Erlöse nicht aus journalistischen, sondern aus Service-Proukten stamme (Stepstone, Immonet, Werbevermarkter Zanox).

FTD, 11.03.10, Titel: Springer holt Zuwachs aus dem Netz

Beim „Hamburger Abendblatt“ werden aktuell kostenpflichtige Inhalte angeboten, über deren Akzeptanz nichts bekannt wurde. Die iPhone-Apps von „Bild“ und „Welt“ werden bzw. wurden bereits auf monatliche Abo-Modelle umgestellt. Bei den kommenden iPad-Anwendungen sollen bestimmte digitale Angebote künftig über die Telefonrechnung der Telekom laufen können. Den Wettbewerb mit weiteren Online-Kiosken begrüßte Mathias Döpfner offenbar, sei es der geplante Onlione-Kiosk der Telekom oder sei es der von Bertelsmann, solange nur Technologiekonzerne wie Apple nicht in die Inhalte der Verlage eingriffen. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Neue Verlagspläne fürs Netzgeschäft

Donnerstag, 25. Februar 2010

Unabhängig voneinander thematisieren heute das Handelsblatt und die FAZ Absichten der Zeitungsverlage, über das Internet-Geschäft „Werte zu schöpfen“, wie es so schln heißt. In seiner wöchentlichen Handelsblatt-Kolumne „Littmanns Marken-Zeichen“ lässt sich Peter Littmann, Partner der Markenberatung Brandinsiders, über das iPad als vorgebliche Rettung für die Zeitunsgverlage aus. In der FAZ wird nur kurz über die Absicht von Gruner+Jahr berichtet, eine für alle Verlage offene Technologieplattform aufzusetzen.

FAZ, 25.02.10, Titel: Plattform der Verlage

„Erst eine Hakelei, dann ein Bündnis“, beginnt der mit „miha“ unterzeichnete Kurzbeitrag. Nach der Kritik von WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach an einem zunächst kostenlosen FTD-App aus dem Hause Gruner+Jahr fand er doch mit dessen Geschäftsführer Bernd Buchholz zusammen. Während das FTD-App nun gestaffelt kostenpflichtig ist, siond sich beide einig, dass das kostenlose Tagesschau-App gebührenfinanziert ist und damit „nicht den gleichen Marktgesetzen“ wie Business-Modelle privater Anbieter unterliegt. Daher gehen sie nun „im Schulterschluss“ mit einer Art „Online-Kiosk“ dagegen vor. Dieser sei vom Deustchen Pressevertrieb zusammen mit Bertelsmann initiiert und sei daraufhin konzipiert, über Verlagsgrenzen hinweg mit ein- und demselben Paid-Content-Modell zu arbeiten. Lassen wir uns überraschen!

Handelsblatt, 25.02.10, Vorspann Littmanns Marken-Zeichen

Peter Littmann analysiert gewohnt scharfsinnig, dass die Diskussion in den USA als Vorreiter für hiesige Auseinandersetzungen aktuell nicht nur die Rettung der Zeitungsbranche, sondern sogar der Werbeindustrie durch das iPad thematisert. Meine Haltung zu dem Gerät hatte ich bereits geäußert. Wenn andere ähnlich pragmatisch denken: „Wozu so ein eingeschränktes Hilfsgerät?“, dann sehe ich der möglichen Doppelrettung eher skeptisch entgegen. Apple jedoch solle wie schon bei kostenpflichtigen Musik-Downloads nun erneut den Vorreiter in Sachen „Qualität ist ihren Preis wert“ machen, wird der Kolumnist David Carr angeführt.

Allerdings sieht auch Peter Littmann mit den neuen Touch Screen-Geräten ein Ende der Kompatibilität von Techniken und Formaten gegeben, das einer Erfolgsgeschichte zuwider läuft. Vor allem, weil Flash aktuell auf den iPads noch nicht läuft, dürfte es die Online-Werbung auf diesem Gerät besonders schwer. Daher ist seine Conclusio (kurz gefasst), dass es qualitativ hochwertige Printinhalte ebenso schwer haben dürften, „wenn die Betreiber der neuen Plattformen gleichzeitig die Werbung im Netz behindern.“