Mit ‘Privatsphäre’ getaggte Artikel

Dumm ist der, der Dummes tut

Donnerstag, 12. Mai 2011

So ähnlich lautete ein Ratschlag der Mutter von „Forrest Gump“ im gleichnamigen Film, um diejenigen Menschen, die nach bestem Wissen und Gewissen agieren von denen zu unterscheiden, die wider besseres Wissen eben Dummheiten begehen. In Hinblick auf unser Nutzerverhalten im Internet müssen wir uns in breiten Kreisen gegenseitig Dummheit attestieren, weil viele von uns leichtsinnig und ohne genügende Vorkehrungen im Netz verkehren, als wären wir dort unsichtbar. Das Gegenteil ist der Fall.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.04.11, Titel: Spur der Speicher

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung brachte vor wenigen Wochen einen langen Feuilleton-Beitrag zu diesem Thema. Constanze Kurz und Frank Rieger stellen in Auszügen aus ihrem Buch „Die Datenfresser“ die Allgegenwart des digitalen Gedächtnisses dar und die wie selbstverständliche Rolle des vernetzten Menschen („Homo reticuli“), dem meist aber jedes Grundverständnis für die verborgenen Vogänge der Datenspeicherung fehlt. „Das fast magische Verhältnis, das wir zu Computern und Mobiltelefonen entwickelt haben, füllt wie nebenbei die Taschen der Datenfresser, der Profiteure der digitalen Goldmine“, heißt es da.

Als „Profiteure der Entwicklung“ erweisen sich dabei diejenigen Konzerne, denen es gelingt, durch soziale Netzwerke eine Kultur der annähernd beliebigen Datenfreigebigkeit dem Nutzer als Freiheit zu verkaufen. Anstelle wie häufig üblich der Versuchung haltloser Versprechen zu erliegen, sollten wir besser eine Datensouveränität, eine „digitale Mündigkeit“  erlangen. Als erster Schritt dazu wird verlangt, „sich der Bedeutung seiner Privatsphäre bewusst zu werden“. Denn die scheinbar kostenlose Dienste wandeln Userprofile in bare Münze um. Entsprechend würden Internetfirmen neben dem Umsatz vor allem nach den Kriterien Nutzeranzahl, Verweildauer und generierte Datenmenge bewertet.

Kölner Stadt-Anzeiger, 11.05.2011, Titel: Die Geburt in der Straßenbahn

Sehr anschaulich  hat jüngst Rolf Schwartmann, Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, die Unterscheidung zwischen Privatsphäre und Freiheit auf den Punkt gebracht. Sogar eine öffentliche Geburt in einer Straßenbahn gehört zum Privatleben. Wenn wir heute im Internet alle Eingriffe in private Daten zulassen und argumentieren, „Ich habe keine Geheimnisse“, dann liegt dem ein Missverstöndnis zu grunde. Denn wir leben nicht wie inder literarischen Vision von „1984“ in einem Überwachunsgsstaat, selbst wenn derzeit der Zensus vor vielen Tür steht. Das Grundgesetz verbietet Überwachung und wir sind selber Schuld, wenn wir ungefragt unsere Privatheit preisgeben. Es ist unsere Verantwortung uns im Internet zu schptzen und nciht abzustumpfen gegenüber Datenskandalen in der freien Internetwirtschaft, die leider an der Tagesodnung sind.

Schulfach Soziale Netzwerke

Freitag, 25. Juni 2010

Wie Katja Ridderbusch jüngst in der Welt berichtete, wird das Thema „Soziale Netzwerke“  künftig in US-Schulen unterrichtet. Die Vereinigten Staaten nehmen mit der Aufklärung über Wohl und Wehe der Möglichkeiten zur Selbstoffenbarung eine Vorreiterrrolle ein. Ab dem kommenden Schuljahr sollen an vielen Highschools die „Internet-Beratungsstunden“ sogar zur Pflicht werden“, heißt es weiter.

Die Welt, 22.06.10, Titel: Facebook raus, Klassenarbeit!

Neben den Gefahren des Cybermobbings sollen dabei auch die Chancen der Kommunikation und der Lehrsituation zur Sprache kommen. Einer aktuellen Umfrage zufolge sind derzeit 73 Prozent der US-Teenager in sozialen Netzwerken aktiv (2006 waren es erst 55 Prozent). Eine Stärkung der Webkompetenz käme auch den Schulen und Schulbehörden zugute, die derzeit keine einheitliche Linie gegenüber Social Media verfolgen: Die üblichen Reaktionen reichen von Verbot bis Überwachung.

Zitiert wird eine Sprecherin der Atlanta International School im Bundesstaat Georgia, deren Internetcoaching unter anderem die Themen Datensicherheit, Kommunikationsverhalten, und -glaubwürdigkeit umfasst. „Jede Online-Aktivität ist ein Baustein in ihrem digitalen Profil“, so Courtney Fowler. Fast nicht zu glauben: Ausgerechnet in den USA – Heimatland des Abgesangs auf die Privatsphäre durch Facebook-Chef Mark Zuckerberg – entstünden derzeit sogar pädagogisch wertvolle soziale Medien und E-Learning-Plattformen (unter anderem biete auch das Goethe-Institut mit „Todo Alemán“ erfolgreich ein dreisprachiges Jugendportal an).

Bleibt die Frage, ob Jugendliche diese Netzwerke auch nur in annähernd gleicher Intensität nutzen werden. Hier das ambitionierte Video der „Todo-Alemaniacs“.

Der gläserne Netzwerker

Montag, 22. Februar 2010

Die Financial Times Deutschland hat aus Anlass ihres zehnjährigen Bestehens Anfang der Woche vier Ausgaben in einer verpackt. Zur Gestaltung traten vier Teams aus Politikern, aus Topp-Managern, aus Kreativen und aus Zehntklässlern an. Der von den Schülern gestaltete Teil hat mir am besten gefallen, vor allem der Beitrag in der Agenda-Serie: „Nackt im Netz“ und dazu der Kommentar der Hamburger Zehntklässlerin Theresa Lehmann: „Mausklick pflegt Freundschaft“.

FTD. 22.02.10, Titel: Nackt im Netz

Die Magazingeschichte problematisiert die technischen Standards des neuen Sozialen Netzwerkes „Buzz“ von Google, das automatisch alle früheren E-Mail-Kontakte von Gmail-Nutzern als Freunde hinzufügt sowie ungefragt den geografischen Aufenthaltsort und den Arbeitgeber bekannt gibt. Dies ist bei einer Frau, die sich zuvor von ihrem gewalttätigen Ehemann getrennt hat, besonders unverantwortlich. „Fälle wie dieser zeigen, dass es im Internet keine Garantie für den Schutz der Privatsphäre gibt“, schreiben Andrea Rungg aus Hamburg und Helene Laube aus San Francisco. Weiter heißt es: „Wer sich einmal bei Facebook, Myspace oder MSN angemeldet hat, kann seine Spuren kaum noch verwischen.“

Für den Großteil der weltweit rund 400 Millionen Facebook-Nutzer, die pro Monat mehr als drei Milliarden Fotos hochladen, offenbar kein Problem. Gründer Marc Zuckerberg wird zitiert, wonach „die Ära der Privatsphäre beendet“ sei. Dieser unverantwortliche Umgang Sozialer Netzwerke mit Nutzerdaten könnte aber auch methodisch missbraucht werden, etwa durch von totalitären Regimen beauftragten Hackern oder durch erwachsene Gmail-Nutzer, die ungefragt die für nicht sie bestimmten Chats von Kindern und Jugendlichen mitlesen können. Auch, wenn mittlerweile bereits eine neue, entschärfte „Buzz“-Version existiert, hat doch eine Jurastudentin bereits im Namen von 31,4 Millionen Gmail-Nutzern Sammelklage eingereicht.

Allerdings steht auch Facebook in der Kritik, weil seit vergangenen Dezember Nutzer die Sichtbarkeit ihrer Profile nur noch zwischen „für Freunde“ oder „für alle“ auswählen können. Die kanadische Datenschutzkomissarin Jennifer Stoddard konnte allerdings bei Facebook bereits Änderungen zum Schutz der Privatsphäre erwirken und pant dies nun auch für Buzz. Helen Nussbaum, Professorin für Medien, Kultur und Kommunikation an der New York University, glaubt daran, dass sich Netzwerke mit verbesserten Datenschutzstandards auch bei den Nutzern besser durchsetzen werden. Bis dahin bleiben Teilnehmer, die keine Lust mehr auf eine virtuelle Existenz in einem Onlinenetzwerk haben, auf so genannte „Selbstmordmaschinen“ angewiesen, die einen Großteil der dort hinterlassenen Spuren löschen können.

FTD, 22.02.10, Grafik zur Chatnutzung

In ihrem Kommentar „Mausklick schafft Freundschaft“ appelliert die Gymnasiastin Theresa Lehmann an die Eigenverantwortung der Nutzer. Als praktischen Tipp empfiehlt sie, eine Seite nur den eigenen Freunden zu zeigen. Ansonsten überwögen ihrer Ansicht nach die Vorteile, weltweit Kontakte pflegen und sich im direkten (Chat-)Kontakt mit Freunden austauschen zu können. Indem reale Treffen online angebahnt und durch das Austauschen von Fotos anschließend auch online geteilt würden, ergebe sich eine durchaus sinnvolle Nutzung und die Netzwerke im Internet ließen sich „wirklich als soziale betrachten“.