Mit ‘Blogosphäre’ getaggte Artikel

Orientierung im Medienwandel

Freitag, 09. September 2011

Ein Kommentar im Forum Medien des Kölner Stadt-Anzeigers von Marlis Prinzing über „falsche Objektivität im Journalismus“ hat mich nachdenklich gemacht. Sie schreibt, dass „die Blogosphäre uns die die Erzählfreude zurückgab“, dass Blogger ihren Lesern Orientierungsmöglichkeiten geben, indem sie Themen besetzen und subjektiv behandeln. Mit dem 2003 verstorbenen Journalisten Herbert Riehl-Heise erklärt sie, dass es nicht nur eine Sicht der Dinge gibt und vorsätzliche Subjektivität damit ehrlicher und vertrauenswürdiger sei.

Kölner Stadt-Anzeiger, 08.09.11, Titel: Es lebe die Subjektivität

Der nachfolgende Hinweis auf Bezeichnungen der Journalisten im Nationalsozialismus als „Erzieher der Öffentlichkeit“ und in der DDR als „kollektive Propagandisten“ ist historisch interessant, aber für die Jetztzeit nur bedingt zutreffend. Natürlich lieben viele die einfachen Erklärungen, damit das komplexe Weltgeschehen überhaupt einzuordnen ist, doch ich meine, das Qualitätsjournlismus sehr wohl in der Lage sein muss zu unterscheiden, was ist Basis-Information (die großen W-Fragen), was ist Reportage, was ist Kommentar.

Vor dem Kommentar sollte zunächst eine Darstellung des Sachverhalts stehen, die weitgehend nachvollziehbar ist ohne zu spekulieren. Den Begriff „Objektivität“ gänzlich zu verdammen – oder ihn wie Marlis Prinzing als „Jagd nach dem Einhorn“ zu bezeichnen – halte ich für verkehrt. Eine weitere Folge im laufenden Medienwandel wäre meiner Ansicht nach, dass sich politische Weltanschauungen noch stärker verhärten, der Mediennutzer müsste sich immer schon für eine Interpretationsart entscheiden, deren Argumentationsmuster seiner Denkweise entspricht.

Vermutlich tut er das zum Teil auch heute schon, doch die Bemühung nach einer neutralen, ungefärbten Grundinformation sollte nicht aufgegeben werden, im Gegenteil, nur daran lässt sich nach meiner Auffassung guter Journalismus messen. Marken-Journalisten? Sehr gerne, aber nicht auf Kosten der Unterscheidung zwischen der Berichterstattung, was ist und der Einordnung, warum es so gekommen sein könnte, wie es denn gekommen ist.

Alte Medien- und Neue Medien-Fallen

Mittwoch, 29. Juni 2011

Es scheint, als fielen diejenigen Botschafter der guten und schlechten Neuigkeiten – ganz gleich, welchem Medium sie sich anvertrauen – immer wieder denselben Verhaltensweisen anheim. Anders gesagt: Die eigene Position der Macht verleitet häufig zum Tunnelblick, wenn es darum geht, andere Machtzentren wahr- und ernst zu nehmen. Anlass für diese reichlich allgemeine Einleitung ist das Resümee des Medienforums NRW von Werner Schwaderlapp, Professor für Medienmanagement an der Hochschule Fresenius Köln, im heutigen Kölner Stadt-Anzeiger (Texthilfe berichtete).

Kölner Stadt-Anzeiger, 29.06.2011, Titel: Zwei Welten prallen aufeinander

Der Autor berichtet von einem Blogger, der die konventionellen Medien mit arabischen Palästen verglich, in denen die Realität nicht wahrgenommen würde, während Margot Käßmann behauptet habe, Zeitungen würden Menschen sehr wohl verbinden, soziale Netzwerke dagegen nicht. Beide Haltungen gehen an den Tatsachen noch deutlich weiter vorbei als der Meteorit, der jüngst nur 12.000 km an der Erde vorbeiflog…

Werner Schwaderlapp kritisiert die Haltung derjenigen Blogger, die glauben, „eine wirkliche wichtige Nachricht erreicht mich auch“. Er kritisiert auch das fehlende (aktive) Wahrnehmen neuer Kommunikationswege durch etablierte Medien. Dabei stellt er abschließend die Frage auf, ob jemanden im „Kommunikationsdorf“ (gemeint ist die „Blogosphäre“) seine Kolumne erreicht. Alleine mit meiner Wenigkeit tue ich ihm gerne den Gefallen, einer der Leser zu sein, die einen Blog betreiben, in den ich diesen Artikel übernehme.

Wer in meinem Blog stöbert, wird feststellen, für mich ist das eine zentrale Art und Weise, in der Zeitung Gelesenes aufzuarbeiten und zur Diskussion zu stellen. Womit ich mich als Zeitungsleser geoutet habe… In der Tat ist einer der Vorzüge des Zeitung Lesens, in den verschiedenen „Büchern“  immer wieder auf Beiträge zu stoßen, die mich interessieren, ohne dass ich es vorher geahnt hätte. Vermutlich ist das auch der tiefere „Sinn des Surfens“: Auf Abwege zu gelangen, Fundstücke zu sichten, die mit der ursprünglichen Intention des Suchvorgangs vielleicht wenig zu tun haben und doch richtig faszinierend sind. „The best of both worlds“, sozusagen.