Mit ‘Gesprächskultur’ getaggte Artikel

Kommunikationswelten der Geschlechter

Donnerstag, 24. Februar 2011

Wenn es darum, miteinander zu sprechen, befinden sich Männer und Frauen offenbar in unterschiedlichen Universen. Einer neuen Studie zufolge steht fest: Frauen und Männer haben verschiedene Gesprächs-Interessen und legen dabei aktuell auch unterschiedliche Tendenzen an den Tag: während junge Frauen kommunikativ deutlich aufgeholt haben, haben junge Männer hingegen deutlich nachgelassen.

Kölner Stadt-Anzeiger, 24.02.2011, Titel: Männer reden gerne über Sport

Das Institut für Demoskopie in Allensbach hat die Studie  im Auftrag von Jacobs Krönung durchgeführt und in der Reihe „Gesprächskultur in Deutschland“ im Verlag Axel Springer in Berlin veröffentlicht. Präsentiert wurden die zentralen Ergebnisse von Amelie Fried und Renate Köcher.

Demnach konzentrieren sich besonders junge Männer zwischen 16 und 29 Jahren sehr stark auf wenige Lieblingsthemen – allen voran Sport, Filme, Musik, Neues aus dem Freundes- und Bekanntenkreis und Autos. Ein so enges Spektrum weisen sonst nur über 60-jährige Männer und Frauen auf. Vor zehn Jahren zeigten sich gerade die unter 30-jährigen Männer noch überproportional vielseitig interessiert. Heute jedoch ist laut Studie ein rückläufiges Interesse insbesondere an Politik, Wirtschafts- und Finanzfragen zu konstatieren.

Junge Frauen dagegen seien an einem überdurchschnittlich breiten Spektrum an Themen interessiert, zu denen auch typische Männerthemen gehörten. Als „sehr kommunikativ“ bezeichneten sich nur 21 Prozent der männlichen Befragten zwischen 16 und 29 Jahren, jedoch 47 Prozent der Frauen in diesem Alter. Die Schlussfolgerung der Studienmacher lautet:  „Unter 30-jährige Frauen haben also auf die Überholspur gewechselt, während junge Männer in Sachen Kommunikation offensichtlich Nachholbedarf entwickeln.“

Eine weitere interessante Erkenntnis ist, dass die Stereotypen der Wirklichkeit nicht standhalten: Während fast die Hälfte aller Befragten glaubt, die besseren Gespräche fänden mit Geschlechtsgenossinnen und -genossen statt, ist es nur ein Drittel der Befragen, das diese Ansicht gemäß persönlicher Erfahrung  teilt. Auch das verbreitete Vorurteil, dass sich Männer in Gesprächen besser durchsetzen könnten, wurde nicht bestätigt.

Schützenswertes Leben wie Gott in Frankreich

Mittwoch, 17. November 2010

Nein, dies ist kein weiterer Hinweis auf das nahende Weihnachtsfest, das für viele mit ausgiebigen Festtagsmenüs verbunden ist. Vielmehr hat die Unesco in Ergänzung der als schützenswert angesehenen Bau- und Naturdenkmäler die seit 2008 bestehende Liste internationaler Bräuche erweitert. Bislang waren dort bereits 166 Kulturtechniken aus 77 Staaten verzeichnet.

Kölner Stadt-Anzeiger, 17.11.10, Titel: Französisches Essen ist nun Weltkulturerbe

Neu hinzu gekommen sind unter anderem die Französische Küche (mit Apéritif,  Vorspeise, Hauptgericht, Nachtisch, Käse und Kaffee), die Echternacher Springprozession aus Luxemburg, Peking-Oper und Akupunktur aus China sowie spanischer Flamenco, die Teppichknüpfkunst aus Aserbaidschan, die uigurischen Meshrep-Feiern und das Ojkanje-Singen aus Kroatien. Verschiedene Kommentare beschäftigen sich mit diesen Entscheidungen des Unesco-Komitees in Nairobi, vor allem bezogen auf die Französische Küche, die als erste ihrer Art zur schützenswerten Kulturtechnik erklärt wurde. Die Neue Osnabrücker Zeitung nimmt den Spott der Gegner vorweg, um auf den Punkt zu kommen, dass damit das soziale Ritual geschützt werden soll, die vom Aussterben bedrohte Gesprächskultur bei Tisch.

Kölner Stadt-Anzeiger, 17.11.10, Titel: Wenn Bräuche sich verändern

Markus Schwering weist im Kölner Stadt-Anzeiger darauf hin, dass sich Bräuche verändern und nicht zwanghaft am Leben erhalten weren können und unterlegt seine Argumentation mit den zweiten von Friedrich Nietzsches „Unzeitgemäßen Betrachtungen“ und Heinrich Bölls „Veränderungen in Staech“. Ich betrachte den Wandel an ausgeübten Bräuchen analog zu dem dem der sich lebendig veränderenden Sprache. Auch wenn frühere Redeweisen heute nicht mehr benutzt werden, so ist es doch gut, sich über sie informieren zu können, sie gegebenfalls aufzugreifen und sich ihrer zu bedienen, sofern es angebracht ist.

Dies gilt für Bräuche meiner Ansicht nach ebenso, sei es die Teppichknüpfkunst aus Aserbaidschan, das Ojkanje-Singen aus Kroatien oder die Gesprächskultur während ausgedehnter Festmenüs in Frankreich und anderswo. Nicht nur zur Weihnachtszeit. Und sehr wohl eingedenk der Änderungen, die sich im Kleinen wie im Großen vollziehen. Dabei fällt mir der gut 25 Jahre alte Song der Gruppe „Yes“ ein, der als Motto hierfür herhalten kann:

Ungeduld und Interessenmängel

Donnerstag, 25. März 2010

Vor- und Nachteile des alltäglichen digitalen Austausches. Die harten Fakten vorne weg: 83 Prozent der 14- bis 17-Jährigen und 67 Prozent der 18- bis 29-Jährigen tauschen sich täglich online aus, zwei Drittel der Jugendlichen chatten regelmäßig, etwa die Hälfte der unter 25-Jährigen nutzt Soziale Netzwerke wie Facebook oder StudiVZ. Diese Zahlen entstammen der diesjährigen Ausgabe der Studienreihe „Gesprächskultur in Deutschland„, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Aufrag von „Bild der Frau“ und „Jacobs Krönung“ erstellt hat. Holger Kreitling zitiert diese Angaben in der heutigen Welt.

Welt, 25.03.10, Titel: Schau mir in die Augen, Kleines? Nicht im Netz!

Neben der Print- und Online-Veröffentlichung mit dieser einigermaßen umständlichen Überschrift ist derselbe Artikel auch erschienen unter der Schlagzeile: „Die Jugend lebt in Digitalien„, nicht minder gewollt. Dabei ist das Ergebnis – auf der Studien-Homepage als „Gesprächskultur 2.0“ tituliert – gar nicht so sehr überraschend. Holger Kreitlings Vergleich mit seiner Oma Elise, die bereits in den 1930er Jahren telefonierte, allerdings nur kurz und knapp um sich zu verabreden, greift durchaus: „Die Taktfrequenz erhöht sich“.

In diesem Zusammenhang wurden auch Umstände von Gesprächen abgefragt, wobei sich erneut die typischen Unterschiede zwischen Jung und Alt zeigten: Während ältere Menschen dabei großen Wert auf Augenkontakt legen, spielt der nur noch für weniger als die Hälfte der jungen Leute  eine wichtige Rolle. (Daher die Überschrift.) Etwas problematisch ist für mich aber der Begriff der „Geborgenheit“, den die Kommunikationswelt im Internet für Jugendliche ausstrahlen soll, „eine Höhle, die gleichzeitig weit und offen und hell ist“ und das Gefühl vermittle, nicht allein zu sein. (Hier kommt der Begriff „Digitalien“ auch im Fließtext ins Spiel.)

Einen ernsten Anlass zur Besorgnis sehe ich darin ebensowenig wie Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach. Soziale Netzwerke würden vorwiegend genutzt, um bereits bestehende Kontakte zu pflegen. Reale Kontakt seien auch für Jugendliche zum Aufbau einer echten Freundschaft unerlässlich. Sehe ich auch so. Beim Chat unter Fremden dient das Netz aus eigener Erfahrung eher hervorragend dazu, sich falsche Vorstellungen zu machen. Doch sind persönliche Gespräche durch die heutigen (und vermutlich auch die künftigen) Formen der Web 2.0-Kommunikation nicht zu ersetzen, auch nicht für die „Jugend von heute“. Diesen Aspekt stellen andere Blätter in ihren Besprechungen in den Vordergrund, so Christian Unger im Hamburger Abendblatt, oder der ddp-Bericht in der Aachener Zeitung.

Die wirklich beunruhigenden Aspekte der Studie nennt Holger Kreitling ganz zum Schluss, obwohl die für mich in die Schlagzeile gehört hätten: Die Verhaltensformen verschlechtern sich insoweit, als die Ungeduld in der Kommunikation zunimmt und als die Interessensgebiete der jungen Leute sich en gros verschmälern. „Die Bereitschaft zu gesellschaftlichen Debatten wird wohl rapide schwinden“, schlussfolgert der Welt-Autor, da viele Jugendliche sich nur noch um sich selber drehen. Zudem gehe die Fähigkeit zu schweigen im allgemeinen Grundrauschen verloren. O.k., bin ja schon still.