Archiv für den 28. März 2010

Neues aus der Tierwelt 1

Sonntag, 28. März 2010

Populärwissenschaftliche Erkenntnisse regen meine Fantasie gehörig an. So haben mich alleine in den vergangen vier Tagen drei Meldungen aufhorchen und nachdenken lassen: Vögel können sich am Körpergeruch erkennen, Schimpansen ist bewusst, dass sie sich irren können, beide von Rolf H. Latussek, und Wilde Tiere lieben die Stadt von Josef Reichholf. Naheliegend sind da natürlich läppische Bekräftigungen wie:  „Besonders gut erkennen sich die Deo-Rallen.“, „Einsicht ist der äffische Weg zur Besserung.“ oder „Vor allem lieben der Partylöwe und der Pleitegeier die Stadt, denn da ist ja auch oft der Bär los.“.

Welt, 25.03.10, Titel: Vögel können sich am Körpergeruch erkennen

Die erste Nachricht erinnert jedoch tatächlich an die zeitgleich verbreitete Geschichte von dem Architekten, der in Köln nach der Probezeit seinen Job verlor unter anderem wegen seiner angeblichen Ausdünstungen. Sollte der Chef doch froh sein, wenn er vogelgleich seine Mitarbeiter am Geruch erkennen kann. Abgesehen davon, dass nach der Probezeit überhaupt keine Begründung für eine Kündigung nötig ist, und dass die vorgebrachte Begründung hanebüchen war, bilden Gerüche unter Vögeln offenbar sogenannte „Fortpflanzungsbarrieren“. Indem unterschiedliche Populationen verschiedene Duftbukette produzieren, ermöglichen sie, dass sich daraus eigene Arten entwickeln. Unter der menschlichen Bevölkerung trennt auch eine eigentümliche Duftnote oft ganze Populationen. Dann heißt es: „Ich kann dich und deinesgleichen nicht riechen!“

Welt, 25.03.10, Titel: Schimpansen ist bewusst, dass sie sich irren können

Die zweite Meldung vertieft das Bild des denkenen Affen: Irren ist demnach nicht mehr nur menschlich. Anhand einer Versuchsanordnung mit in einer Röhre versteckten Leckerbissen schlussfolgert Josef Call vom Max-Planck-Institut in Leipzig, dass die Schimpansen über Merkmale des „Wissens über das Wissen“ verfügten. Schon bald darauf könnte ein Selbstbewusstsein bei Affen festgestellt werden, das dem Rousseau’schen Ausspruch nahekommt: „Ich denke, also bin ich!“. Bis dahin ist die Einsicht: „Ich irre, also bin ich auf dem Holzweg.“ auch schon mal nicht schlecht. Hier macht sich nicht der Mensch zum Affen, sondern eher umgekehrt!

Welt am Sonntag, 28.03.10, Titel: Wilde Tiere lieben die Stadt

Zu guter Letzt überrascht da auch die Nachricht nicht, dass sich wilde Tiere in Großstädten besonders wohl fühlen. So birgt Berlin („Hauptstadt der Nachtigallen“) die reichhaltigste Vogelwelt Deutschlands, wohingegen die Artenvielfalt drastisch abnimmt, je weiter man aufs Land kommt. Gründe hierfür sind der Strukturreichtum der Stadt, magere Böden und die wärmeren und helleren Lebensbedingungen (gerade für viele nachtaktive Insekten). Insofern bieten Städte nicht nur die Nischen für die oben genannten Exemplare, sondern auch für Fledermäuse, Marder und Füchse – und natürlich für Stadtaffen aller Couleur.

Aktive Sitzposition in der Nische

Sonntag, 28. März 2010

US-Schriftsteller Dave Eggers stapelt im Welt-Interview mit Wieland Freund tief. Eingangs angesprochen auf den Vergleich mit Bono antwortet er: „Er steht auf einer Bühne, auf der wir Schriftsteller nie stehen werden. Wir sitzen immer in der Nische. Ich bin wahrscheinlich einfach der Typ, der jeden nervt.“ Das verbindet ihn doch wieder mit Bono, der auch schon gewaltig nerven kann. Dabei für sich und in der Sache sehr erfolgreich.

Welt, 27.03.10, Titel: "Die Leute lieben Print"

Dave Eggers hat neben mehreren journalistischen Romanen auch das Drehbuch zu „Wo die wilden kerle wohnen“ geschrieben, den alternativen Verlag „Mc Sweeney’s“ und das Bildungsprojekt  „826 National“ gegründet. Tantiemen aus Verkaufserlösen steckt er wieder in gemeinnützige Projekte, weil er sagt: „Wir haben ein Haus, Geld zurück gelegt für das College der Kinder, alle haben anzuziehen und zu essen. Wenn dafür gesorgt ist, was dann?“ Sehr sympathisch, vor allem für einen erfolgreichen Autor und Unternehmer. Radikal neue Ideen, behauptet er, erreichten die USA (und vermutlich entsprechend auch andere Nationen) über ein Buch. Über Unwege kommt das Gespräch gegen Ende auf sein Verlegertum und den Buchmarkt zurück. „Die Leute lieben Print“ sagt Dave Eggers in diesem Zusammenhang, während er zu Hause keinen Internetzugang besitzt und sich nur durch Zeitungen informiert.

In diesem Zusammenhang der Einschub bezogen auf einen anderen Artikel aus derselben Zeitung, Die Welt, vom Freitag:

Welt, 27.03.10, Titel: "Times" ist online nur noch gegen Gebühr zu lesen

Der Konzern „News Corp“ baut aktuell sein kostenpflichtiges Angebot massiv aus. Die Kosten für Online-Nutzer der „Times“ belaufen sich auf ein Pfund pro Tag (etwa 1,11 Euro) oder zwei Pfund pro Woche, lediglich für Abonnenten der gedruckten Ausgabe bleibt der Online-Zugang kostenfrei. Die nicht mehr unbeschränkte Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen Verlagsinhalten im Internet berührt den guten Dave Eggers nach diesem Modell so oder so nicht (erstens bevorzugt er Print und zweitens hat er vermutlich das eine oder andere Abonnement).

Neben der „Times“ und der „Sunday Times“ werden der Welt zufolge auch die Boulevardblätter „Sun“ und „The News of the World“ im Internet kostenpflichtige Artikel anbieten. Bisher hatten lediglich einige Wirtschaftszeitungen wie die „Financial Times“ und das „Wall Street Journal“ ihre Internetangebote kostenpflichtig gemacht. Die „New York Times“ wird 2011 folgen. Eine Frage der Zeit, bis auch die Verlinkung auf die Welt-Artikel wie in diesem Beitrag so nicht mehr möglich sein wird. Allerdings stimme ich Dave Eggers zu – um auf das Interview zurück zu kommen – dass die Kostenloskultur der Zeitungsverlage im Internet (selbst-)“zerstörerisch gewirkt“ hat. Daher bringt der Verlag McSweeney’s auch Zeitschriften heraus mit dem Anspruch, „besser zu sein, als sie es vor zehn oder 15 Jahren waren, als die Konkurrenz noch nicht so groß war.“

Welt, 27.03.10, Zitat Dave Eggers aus "Die Leute lieben Print"