Archiv für den 12. August 2010

TV und Internet-Reichweite gleichauf

Donnerstag, 12. August 2010

Vor wenigen Tagen erst die Meldung hinsichtlich der zunehmenden Computernutzung, jetzt die Nachricht, dass die Internetnutzung in Deutschland bereits den TV-Konsum einholt: Im Vergleich zum Vorjahr hat laut aktueller ARD/ZDF-Onlinestudie 2010 die Zahl der deutschen Internetnutzer um 5,5 Millionen auf fast 50 Millionen Nutzer zugenommen. Von diesen Testpersonen ab 14 Jahren sind 76 Prozent täglich im Netz. 

Die Welt, 10.08.2010, Titel: 60 % der Beschäftigten arbeiten am Computer

Zur ersten Angabe: 2003 arbeiteten vergleichweise erst 44 Prozent der Deutschen beruflich regelmäßig mit dem Computer. Inzwischen hat diese Kennzahl aber in fast allen Ländern die 50-Prozenthürde geknackt. wobei der Spitzenreiter Finnland auf stolze 71 Prozent Berufstätiger kommt, die regelmäßig Computer nutzen. Deutschland liegt dabei an der sechsten Stelle hinter Schweden, Norwegen, Niederlande und Belgien.

Ebenso stark wie den Berufsalltag hat der Computer und das durch ihn erreichbare Medium Internet bereits aber auch das Privatleben durchdrungen. Damit zur zweiten Kennzahl: Für den stellvertretenden Vorsitzende der ARD/ZDF-Medienkommission und den Intendanten des Hessischen Rundfunks Helmut Reitze ist sie ein Beleg dafür, dass „die Beteiligung an Onlinecommunitys für große Teile der Gesellschaft zur Selbstverständlichkeit geworden ist“. Ihm zufolge zeigt die ARD/ZDF-Onlinestudie 2010, dass es „keinen Verdrängungswettbewerb zwischen Fernsehen und Hörfunk einerseits und Internet andererseits gibt“.

Hoffnung schöpfen die Fernsehmacher der öffentlich-rechtlichen Kanäle daraus, dass Videos im Internt zu schauen weitaus beliebter ist als viele der klassisch als „Web 2.0“-Aktivitäten genannten Kommunikationsformen. Bei Interesse sind weitere Hintergründe zur Onlinestudie verfügbar, die ARD und ZDF seit 1997 jährlich herausbringen.

Keine zwei Maßstäbe, bitte!

Donnerstag, 12. August 2010

In einem interessanten Artikel in der Süddeutschen Zeitung beschäftigt sich Niklas Hofmann mit der Frage, ob „im Internet  stärkere Ablenkungskräfte walten als im Alltag?“ Am Beispiel der Orientierungsfähigkeit von Menschen in „Megalopolen“ (Mega-Metropolen) verdeutlicht der Autor, dass für den jeweiligen Besucher einer gigantischen Großstadt nur bestimmt Areale von Interesse sind und sich dort somit nach wenigen Tagen eine gewisse Vertrautheit einstellen kann.

Süddeutsche Zeitung, 07.08.2010, Titel: Überlesenstraining

Nicht anders verhält es sich im virtuellen Dickicht, behauptet Niklas Hofmann und bezieht sich damit auf Miriam Meckel, die in der FAZ „Abfuhrtermine für Informationsmüll“ forderte (und sich in einem Dutzend Kommentaren dafür teilweise herbe Kritik gefallen lassen muss). Die über das Bild der „Allmende“ genannten Gemeindeweise und in Anlehnung an die Parabel „Tragik der Allmende“ des Ökologen Garret Hardin von 1968 klagt Miriam Meckel über die Flut an unnützen und unerwünschten Daten. Niklas Hofmann spricht von einem „fraglos selbst verschuldeten“ Leiden und von einem vermutlich „akuten Ausfall aller eigenen Filter“.

Genauso wenig müsse man sich durch Boulevard-Zeitungen an Kiosken belästigt fühlen oder durch Gespräche an Nachbartischen im Kaffee: „Viel eher offenbaren sich hier die enttäuschten Utopisten, die sich vom Internet eine lebensreformerische Bereinigung aller Kommunikationsverhältnisse erwartet haben.“ Sehr schön formuliert, wie ich finde, mit dem ebenso stimmigen Ausblick: „Die Überweidung der Aufmersamkeits-Allmende wird nicht stattfinden“. Es ist Sache der Teilnehmer selbst, zu entdecken, was sie interessiert: Ablenkung und Unterhaltung oder Wissen und Information. In den Schulen läuft die Lehre des angemessenen Zugangs an neue Inhalte unter dem Schlagwort: „Das Lernen lernen!“