Mit ‘Erreichbarkeit’ getaggte Artikel

Burnout im Wartestand

Mittwoch, 10. August 2011

Kaum aus dem Urlaub zurück hat mich der Alltag bereits „so was von“ wieder. Ich frage mich, wozu ist ein Urlaub überhaupt gut, wenn er nur zu erhöhtem Arbeitsaufkommen danach und damit zu vermehrtem Stress führt? Im heutigen Magazinteil des Kölner Stadt-Anzeigers habe ich dazu einen Artikel gefunden, der meinem Befinden so ganz aus dem Herzen spricht.

Kölner Stadt-Anzeiger, 10.08.2011, Titel: Die Freizeit-Krankheit

Bei diesem Begriff handelt es sich um ein erstmals 2001 von zwei niederländischen Psychologen der Uni Tilburg erwähntes Syndrom unter dem Namen „Leisure Sickness-Syndrom“. Ursachen: Ehrgeizigen Menschen gelingt es immer schlechter abzuspannen, sie bleiben stets erreichbar und vergessen über der Verantwortung für die Arbeit diejenige für ihre eigene Gesundheit. Symptome: Sobald im Urlaub die Anspannung nachlässt, fährt auch das Immunsystem endlich einmal herunter, was eine leichte Ansteckung (auch ohne Viruserkrankung) begünstigt.

Der Münchner Psychologe Louis Lewitan hat darüber ein Buch geschrieben mit dem Titel „Die Kunst gelassen zu bleiben“. Gemeint ist dabei die Kunst, nicht nur äußerlich gelassen zu wirken, sondern auch innerlich diese Gelassenheit zu bewahren, die jedoch nicht in Gleichgültigkeit abrutschen sollte. Zur Abwehr der Freizeit-Krankheit empfehlen Experten wenigstens 20 Minuten Entspannung täglich (Mittagsschlaf, Spaziergang  oder Romantik), zudem wird dazu geraten, den Urlub wenigstens auf zwei Wochen anzusetzen. Dennd er Körper benötigt angeblich mehr als ein Dutzend Tage, um alle verbliebenen Stresshormone abzubauen.

Die Kunst, gelassen zu bleiben: Den Stress meistern – Erkundungen bei den Besten

Mit dem Problem, sich über primär Leistung zu definieren, kann man sicherlich unterschiedlich umgehen. Gerade für Selbstständige ist es schwer, sich aus diesem Teufelskreis zu lösen. Sehr schön passt hierzu die Rportage, die im Februar des Jahres in der ARD lief: Deutschland unter Druck – die getriebenen Erwachsenen“, deren ersten Teil ich nachfolgend einbette:

Time for a Time-Out

Mittwoch, 20. Juli 2011

Nicht nur bei einigen Team-Sportarten ist es ratsam, von Zeit zu Zeit eine Auszeit zu nehmen – wie z.B. beim Basketball, beim Handball oder beim Ultimate Frisbee – sondern auch beruflich. Darauf weist heute Dr. Hermann Paulus, Chefarzt der Oberbergklinik im Weserbergland, im Interview im Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers hin (noch nicht online). Wer sich jederzeit erreichen lässt, läuft Gefahr, dauerhaft gestresst zu sein, Bluthochdruck zu bekommen oder gar einen Burnout zu erleiden. Und das wollen wir doch nicht…

 Kölner Stadt-Anzeiger, 20.07.11, Titel: Mailpause am Strand

In den zeiten, als es noch nicht die modernen Kommunikationsmittel gab, war der Urlaub noch tatsächlich zum Entspannen dar. Und es hat sogar funktioniert. Heute liegen dagegen häufig zwei Missverständnisse vor: Zum einen glaubt der Mitarbeiter, unverzichtbar zu sein. Zum anderen glaubt der Chef, ihm „gehörten“ die Mitarbeiter, sodass er auch außerhalb der Arbeitszeiten über sie verfügen könnte. Beides ist falsch. Die Trennung zwischen Privatem und Beruflichem ist rein gesundheitlich schon sehr wichtig, zu allererst natürlich aus psychischer Sicht.

„Urlaub“ stammt als Begriff von dem Wort „Erlaubnis“ ab, das heißt, wir dürfen so frei sein und abschalten, ganz im Wortsinn, auch das Handy abschalten. Ein weiteres Missverständnis nämlich ist, dass uns das ewig angeschaltete Smartphone Omnipotenz und Freiheit verliehe – in Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Wir machen uns abhängig von einem Statussymbol und damit unfrei. Ach ja, in dem Zsuammenhang wollte ich schon mal ankündigen – für alle meine „Stammleser“ – Ende der Woche mache ich auch Urlaub und werde wenigstens eine Woche lang offline sein, wenn ich es denn schaffe… 😉

Hier ein eindringlicher Sensationsbericht von „Welt der Wunder“ auf RTL II aus dem Sommer 2009 zur „Krankheit der Sieger“, dem Burnout-Syndrom:

Zeitfragen in der Welt am Sonntag

Sonntag, 03. Januar 2010

„Was ist Zeit?“ fragte Udo Jürgens in der Zeichentrickserie „Es war einmal der Mensch“, die Rolling Stones verbreiteten die Gewissheit „Time is on my side“. Die Zeit hat ein flüchtiges Wesen – gemäß dem alten Witz der Frage nach Uhrzeit: „Das kann ich dir nicht sagen, es wird immer später“. Unabhängig von so wenig reflektierten Allgemeinplätzen thematisiert die Welt am Sonntag ausführlich das moderne wirtschaftliche Problem des Zeitmanagements, im Zusammenhang mit steter Erreichbarkeit und Spam-Flut.

WamS, 03.01.10, Titel: Stoppt die Zeitdiebe

Die Überschrift des Kommentars von Olaf Gersemann erinnert etwas an Michael Endes „Momo“ und die darin vorkommenden Grauen Herren der Zeitbank, die uns unseres Lebens berauben. Das Problem der Massenmails wird etwas aufgebauscht, um den Titel des Wirtschaftsteils anzukündigen: „Der Fluch der steten Erreichbarkeit„. Die Conclusio des Kommentators: Die Gesetzgebung muss klarere und empfängerfreundlichere Regeln für den elektronischen Postverkehr festschreiben.

WamS, 03.01.10, Titel: Die Kunst der Entschleunigung

Auch André Mielke, der regelmäßig auf Seite 1 der Welt am Sonntag seine Glose „Mielke murrt“ verfasst, widmet sich einem Aspekt der E-Mail-Kommunikation, dem für dieses Jahr angekündigten Online-Brief der Deutschen Post. Er skizziert das Zustellprinzip als den Versand eines Mail-Ausdrucks, der andernorts wieder eingescannt und dann per E-Mail verschickt wird. Neben dem Schmunzler über diese Vorstellung bleiben für mich drei Frage bestehen, erstens: Muss das Entfernen der unerwünschten Mails wirklich ein Zehntel der Arbeitszeit einnehmen? Ich bezweifle das, zum einen da sich ihre Zahl durch einige Kniffe deutlich reduzieren lässt, zum anderen da ihr Löschen unmittelbar nach dem Erfassen der Betreffzeile nur eine Sekunde in Anspruch nimmt.

Noch wichtiger jedoch, zweitens: Muss das Prinzip der steten Erreichbarkeit und der steten Leistungsbereitschaft wirklich notwendig Besitz von uns ergreifen? Auch hier gibt es verschiedene Techniken, dies zu verhindern: Handy ausschalten, sich am Wochenende zum Beispiel nicht an den PC setzen, aber vor allem: Prioritäten setzen (vgl. hierzu „Das Warten als Geschenk betrachten„). Und zuletzt, drittens: Was ist denn nun die Zeit?

Der Beantwortungsversuch von Udo Jürgens aus der Trickfilmserie klingt fast wie ein Abgesang auf den Menschen:

Dagegen könnte das moderne Momo-Märchen mit Einschränkung sogar dazu geeignet sein, ein bisschen Mut zu machen: