Mit ‘Sozialverhalten’ getaggte Artikel

„Good-bye, Sky!“

Donnerstag, 31. Mai 2012

Es ist kaum zu glauben. Vor vier Tagen sah der kleine Vogel, der uns zugeflogen ist (ich berichtete) und den wir „Sky“ nannten, so aus wie unten. Seitdem konnten wir jeden Tag wachsende Federn bestaunen, sprießenden Flaum erst am Kragen, dann am ganzen Körper, sodass aus dem hautigen, häßlichen Küken ein richtiger kleiner Spatz heranreifte. Und dann ist ein kleines Wunder geschehen: Der Spatzenclan in unserem Block hat den Vogel wieder aufgenommen. Das Auswildern ging ganz plötzlich – viel schneller, als wir es uns erwartet hätten.

Der Spatz "Sky" auf blauem Deckel, noch vor vier Tagen

Genau eine Woche ist es her, dass das Jungtier aus dem Nest gefallen war und wie durch ein Wunder den Sturz auf die Markise und isn Gras unverletzt überlebte. Wir haben das Tier vor allem mit Mehlwürmern gefüttert, jede Stunde erst, dann alle eineinhalb Stunden mit steigenden Rationen (erst fünf, dann sieben, schließlich zehn Würmer pro Mahlzeit).

Während der Fütterungen per Pinzette immer das gleiche Spiel: Plötzlich dreht sich der Vogel um, setzt seinen (ummantelten) Schiss ab und bettelt weiter, bis er satt ist. Danach zieht er sich unter den Stoffhund zurück. Teilweise ließ er sich auch in die Hand nehmen und wärmen. Abends schläft der kleine Vogel erst in einem Karton, dann in einer Kiste. Das sind unvergessliche Erlebnisse. Die prompte Auswilederung müssen wir jetzt erst einmal wegstecken…

Mutterspatz auf der Nestkiste mit dem Jungtier

Allerdings bahnte sich die letztlich doch positive Entwicklung an. Der Jungspatz tschilpte laut und machte damit auch seine Elterntiere mit dem Nest unterm Giebel unseres Hauses auf sich aufmerksam. Das Muttertier landete häufiger auf der Terrasse, um nach dem Nachwuchs zu sehen, den es offenbar anhand der Stimme identifizierte. Innerhalb von zwei Tagen wurde aus der Zutraulichkeit wieder aktive Nestpflege. Gestern erst begann das Muttertier die grüne Kiste anzufliegen und begab sich dann auch vereinzelt hinein.

Mutterspatz in der Kiste

Heute schließlich (leider nicht mit Fotos dokumentiert) lockt ein ganzer Spatzenschwarm (etwa sechs Vögel, vermutlich drei Paare) das Jungtier aus der Kiste hinaus. Die Mutter füttert ihn nonstop. Gleichzeitig ist aus dem Nestling plötzlich ein Ästling geworden. Das kräftige Federnwachstum befähigt ihn nun schon kurze Strecken zu fliegen – kaum vorstellbar angesichts des obigen Fotos von vor nur vier Tagen. Ihm gelingt die Flucht aus dem Kasten, einmal holen wir ihn zurück, ein zweites mal – beim dritten mal lassen wir ihn ziehen.

Elternspatzen in und auf der Nestkiste

Die Mutter dirigiert ihn zu einem geschützten Platz im kaum genutzten Nachbargarten, der Jungvogel kann bereits erste Strecken zurücklegen. Eine ganz erstaunliche Entwicklung – und ein ganz erstaunliches Sozialverhalten, das uns aus der Vogelwelt nicht bekannt war. Im Nest unterm Dachgiebel scheint nur noch ein weiteres Jungtier zu sitzen, sodass sich das offenbar erfahrene Elternpaar um beide Spatzen kümmern kann. Wir sind verdutzt, etwas stolz und auch glücklich, dass wir den kleinen Spatzen durchgebracht zu haben scheinen – nach nur einer Woche bei uns zu Gast.

Henne- und Ei-Problem des Helfersyndroms

Freitag, 25. Mai 2012

Dass es nicht leicht sein würde, habe ich schon früh erkannt… (Coldplay, The Scientist). Warum aber ist es manchmal so schwer? Ich denke bei mir persönlich da an die viele Zeit, die ich unentgeltlich für den Frisbeesport in Deutschland verbringe, total bescheuert eigentlich. Oft genug frage ich mich: Warum tue ich mir das an? Eine neue Studie gibt Auskunft darüber, dass das Sozialverhalten offensichtlich durch Stress begünstigt wird.

Kölner Stadt-Anzeiger, 23.05.2012, Gestresste Männer sind sozialer

Forscher der Uni Freiburg hatten Gruppen in Vorträgen unter Stress gesetzt und anschließend in Interaktions-Spielen die Auswirkungen auf das Sozialverhalten untersucht. Ihr Ergebnis ist so einfach wie verblüffend: Stress ruft demnach nicht nur und vor allem Aggression hervor, sondern auch ein positives Sozialverhalten.

Vielleicht hat das Ganze etwas mit Sozialbewusstsein zu tun. Eigentlich aber dachte ich, dass mein ausgeprägtes Sozialverhalten mitverantwortlich für den Stress ist, den ich habe (oder mir mache). Da liegt dann die Henne- und Ei-Problematik des Helfersyndroms vor: Was war erst, der Stress oder das Engagement? Anders gefragt: Begünstigt Stress das Engagement oder ruft das Engagement Stress hervor?

Ich könnte die Frage aus eigener Erfahrung nicht abschließend beantworten. Vielleicht schließt auch das eine das andere nicht aus. Jedenfalls scheint ein positives Sozialverhalten ein guter Ausgleich für den Stress zu sein, den es mit verursacht… Hast Du dafür eine andere Erklärung?