Mit ‘Nature’ getaggte Artikel

Dem Vakuum entrissen

Dienstag, 22. November 2011

„Papa, was ist ein Vakuum?“, lautet die bekannte Witzfrage, auf die der Vater dann pflichtschuldig und nachdenklich antworten muss: „Mir fällt’s nicht ein, aber ich hab’s im Kopf!“ Obwohl Vakuum „Das Leere“ bedeutet, sind kleine Teilchen darin nachzuweisen, jedoch nur für extrem jurze Zeitspannen. Diese seit gut 40 Jahren unter dem Namen Casimir-Effekt bekannte Theorie  haben nun Physiker der Chalmers Universität in Götbeorg erstmals in einem Versuch verifiziert – wenn ich den Kurzbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung richtig verstanden habe.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.11.11, Titel: Aus dem Nichts

Ein schon sehr interessanter Titel – verheißt er doch die Materialisierung, eine gottähnliche Schöpfung gar, aus dem Nichts – und wieder zu Nichts werdend… Die Vorhersage aus dem Jahr 1970 lautete, dass virtuelle Lichtteilchen gewissermaßen das Licht der Welt erblicken könnten, wenn ein Spiegel nur schnell genug – genauer mit Lichtgeschwindigkeit – durch ein Vakuum bewegt würde. DAS ist den schwedischen Physikern nicht gelungen, stattdessen haben sie aber einen statischen Spiegel mit einer elektrischen Leitfähigkeit eingesetzt, die schnellen Schwankungen unterworfen wurde. Damit wurden einige der Photonen sichtbar gemacht, die offenbar dauernd im Vakuum auftauchen und verschwinden.

Zwei Fragen bewegen mich hierbei: Handelt es sich dabei nun tatsächlich um „virtuelle“ Teilchen, die in die Realität befördert wurden? Oder sind es nicht eher gemeinhin unsichtbare Teilchen, die sichtbar gemacht wurde (Die Überschrift des englischen Beitrags lautet: „Scientists create light from vacuum“, was immerhin auf das Erschaffen von Licht hinweist). Folgefrage (zählt noch zum ersten Fragekomplex): Haben die Forscher damit also nicht eher Licht als Teilchen erschaffen? Denn damit schließt sich nun die zweite Fragestellung an: Widerspräche die Möglichkeit aus nichts etwas zu erschaffen, nicht aller Naturwissenschaft? Ich freue mich über Antworten!

Im oben verlinkten Originalbeitrag ist vom kontraintuitivsten und zugleich wichtigsten Prinzip der Quantenmechanik die Rede, auf dem das Experiment basiert, wonach Vakuum mitnichten ein leeres Nichts sei. Die darin enthaltenen Photonen, heißt es im zweiten Absatz unterhalb des Fotos, verlassen ihren virtuellen Status und werden kurzzeitig reale Photonen. Das geht mir in der Formulierung eigentlich schon ein Stückchen zu weit. Im oberen dagegen steht: „Verschiedene Partikel im Vakuum wechseln andauernd in die Existenz und aus ihr heraus. Sie erscheinen, bestehen für einen kurzen Moment und verschwinden wieder. Weil ihre Existenz so flüchtig ist, werden sie üblicherweise als virtuelle Partikel bezeichnet.“

Aha! Da bin ich sprachlich dann doch ganz bei den Wissenschaftlern. Der ganze Sachverhalt inklusive Versuchsaufbau mit einem SQUID (Superconducting quantum interference device) ist im Fachmagazin Nature nachzulesen. Sehr spannend abschließend auch, dass der Casimir-Effekt in Verbindung mit der so genannten „Dunklen Energie“ gebracht wird, die für die beschleunigte Ausdehnung des Universums verantwortlich gemacht wird. Für diese Erkenntnis wurde in diesem Jahr übrigens der Nobelpreis für Physik vergeben.

Lebenslanges Lernen – immergleiche Intelligenz?

Freitag, 21. Oktober 2011

„Dummheit frisst. Intelligenz säuft.“ Dieser Spruch ist mir schon in der Kindheit untergekommen, wobei ich mich dann weder zu sehr zur Intelligenz zugehörig fühlen, noch auch zu stark der Dummheit anheim fallen möchte. In der Romantrilogie „Illuminatus“ von Robert Shea und Robert Anton Wilson heißt es eingangs (aus der Erinnerung): „Intelligenz bedeutet immer eine Vermehrung von Intelligenz“. Allerdings scheinen die Messmethoden durchaus umstritten.

Süddeutsche Zeitung, 20.10.2011, Titel: Spätentwickler

In der Süddeutschen Zeitung wird auf ein Forschungsergebnis von Neurowissenschaftlern des University College London hingewiesen, das unlängst in Nature online veröffentlicht wurde. Dabei wurden bei zwei Intelligenztests, die im Verlauf von vier Jahren gemacht wurden, eklatante Unterschiede zwischen den erzielten Ergebnissen der 12- bis 16-Jährigen sowie derselben Personen als 16- bis 20-Jährige festgestellt. Die Abweichungen betrugen bis zu 20 Punkte nach unten und nach oben. Verfestigt wurde die Richtigkeit der Ergebnisse durch parallel dazu angefertigte MRT-Hirnbilder, wonach Änderungen in den IQ-Werten mit Änderungen in der Hirnstruktur korrespondierten.

Mit Erklärungen für diese Phänomene ist es bislang allerdings nicht weit her. Es scheitn nur so, dass wie es sich bei vielen ktivitäten des Menschen verhält, auch im denken Übung den meister macht. Ob ich Ball oder Frisbee spiele, ob Klavier oder Gitarre – nur druch regelmäßige Übung werde ich besser. Dasselbe gilt vermutlich auch für schreiben, reden, rechnen und dreidimensionales Denken. Es schließt sich die Frage an,. wie es sich bei Erwachsenen verhält. Zwar ist das Gehirn im Alter von zwei oder drei Jahren quasi wie ein Schwamm und bildet in einem Maße neue Verbindungen auf wie nie wieder im späteren Leben. 

Doch auch Älteren sind Wissensgewinne nicht verwehrt. Sie legen sich nur lieber fest, sie verharren leichter auf einem Wissensstand, der schon bald als überholt gelten könnte. Die Schlussfolgerung der Studienleiterin und Autorin Cathy Price jedenfalls lautet, dass wir Leistungsschwache nicht schon in einem frühen Stadium abschreiben und ihnen auch für die Folgejahre Chancen einräumen sollten. Ein weiterer dummer Spruch aus Kindertagen lautet: „Dumm geboren, nichts dazu gelernt und die Hälfte wieder vergessen.“ Ich hoffe, dass er auf niemanden zutrifft. Schließlich ist doch „lebenslanges Lernen“ die Devise von heute.

Der Stadtneurotiker als Spezies

Mittwoch, 06. Juli 2011

Eine neue Studie, die jüngst in Nature vorgestellt wurde, belegt, dass die Angstverarbeiotung bei Stäödtern wesentlich schlechter ist als bei Menschen auf dem Lande. Das berichtet Dr. Magnus Heier in der Magazin-Kolumne „Aus der Praxis“ des Kölner Stadt-Anzeigers. Demnach hat der Städter in der Amygdala, dem so genanten Mandelkern, einem Angstzentrum in beiden Gehirnhälften,  eine signifikant höhere Aktivität.

Kölner Stadt-Anzeiger, 06.07.2011, Untertitel: Stadtleben verändert messbar das Gehirn

Umgekehrt verhält es sich jedoch in der übergeordneten Region des cingulären Cortex. Je ländlicher ein Mensch ausfgewachsen ist, desto aktiver reagiert dieser Bereich im Experiment. Entscheidend für die Angstverarbeitung ist der Auswertung des behandelten Experiments zufolge die Jugend des Probanden. Hat er sie auf dem Dorf verbracht, neigt er weniger zu psychischen Störungen. Da sist doch einmal eine Aussage! 

Am Ende seiner Ausführungen räumt der Neurologe und Wissenschaftsautor jedoch ein, dass möglicherweise hier Ursache und Wirkung verwechselt würden: Es ist nicht gesagt, dass uns die Stadt ängstlicher macht. Es könnte auch sein, dass genau die ängstlicheren Tyüpen ausgerechnet die Stadt als Lebensform bevorzugen. Sein Resüme: „Wir wissen nichts. Und das ist in der Medzin nicht selten.“

Nur gut, dass es so vielschichtig denkende und umfassend bewanderte Ärzte wie Dr. House (wenigstens im Fernsehen) gibt. Der findet doch alles raus, meistens jedenfalls, egal ob er weiß oder nicht. In der Tat ist gerade das Arbeiten mit Hypothesen aus wissenschaftlicher Sicht hoch interessant, wenn auch am lebenden Objekt nicht immer – sagen wir – beruhigend. Doch nirgends zeigt sich die hohe Verantwortung, der sich ein Wissenschaftler bewusst sein muss, besser als beim Beruf des Arztes. Da tut so eine erfrischend selbstkritische Erkenntnis doch mal richtig gut!