Mit ‘Süddeutsche Zeitung’ getaggte Artikel

Automatisierte Nachrichtenmeldungen

Dienstag, 25. Oktober 2011

Die Automatisierung im Internet wird noch weitere, bisher ungeahnte Formen annehmen. Kundentracking und entsprechende Werbeschaltungen auf der Basis der geografischen und soziologischen Verortung sind da nur ein müder Vorgeschmack – zumindest, wenn ich die Meldung aus der Süddeutschen Zeitung richtig verstehe. Demnach wird ein „Data Desk“ der Los Angeles Times mit statistischen Daten unter anderem aus Polizeiberichten gefüttert und erstellt damit weitgehend automatisiert Nachrichtenmeldungen.

Süddeutsche Zeitung, 21.10.11, Titel: Das Biest füttern

Dahinter steckt der Journalist und Webentwickler Ben Welsh, der demnach ein Programm geschrieben hat, das auf der Basis von Polizeistatistiken korrekte formulierte Meldungen entwirft. Damit, so der Entwickler, würde über mehr Straftaten berichtet, als früher möglich gewesen sei. Für immer wiederkehrende Aufgaben (wie das Schreiben entsprechender Berichte) würden Automatismen entwickelt, „um das Biest Internet zu füttern“, wie es heißt – entsprechend dem Anspruch der LA Times, „die schnellsten und trotzdem genau sein“ zu wollen.

Dem Dat Desk gehören dem Bericht von Cornelius Pollmer zufolge acht Redakteure verschiedener Ressorts an, deren Aufgabe es ist, noch mehr solcher Automatismen aufzuspüren und zu definieren. So würde eine Datenbank über alle Soldaten aus Kalifornien, die im Irak gefallen seien, geführt, die automatisch aktualisiert würde und so den aktuellsten Bericht über einen im Irak gefallenen Soldaten aus Kalifornien ermögliche.

Interessant ist allerdings auch der Hintergrund dieser Entwicklung: Die LA Times hat in den vergangenen Jahren rund ein Drittel  ihrer Mitarbeiter entlassen und sich von drei von vier Druckstandorten getrennt. Nun müssen die Redakteure die Titelseite bereits am Nachmittag fertig haben, wobei dort auf Tagesangaben wie gestern oder heute verzichtet werden muss. Cornelius Pollmer weiter: „Auf der Website gibt es eine automatisierte Aufbereitung aller Daten, in der Zeitung werden sie von Menschen analysiert und eingeordnet.“

Die automatiserten Web-News ließen sich vermutlich sehr kostengünstig und eventuell sogar erfolgversprechend als App verkaufen. Haarsträubend klingt die dazu angeblich geplante Idee: Leser bekommen demnach ein Tablet-PC versprochen und müssten dann den normalern Abopreis bezahlen, um die Auto-News per App zu erhalten, während keine gedruckte Zeitung mehr ausgeliefert werden soll. Das ist ein schlechter Witz und steht im Gegensatz etwa zu den Erfolgen, die die New York Times jüngst in Sachen Paid Content mit ihrem Qualitätsjournalismus feiern konnte.

Moderne Berufsbilder

Montag, 08. August 2011

Früher hieß es: „Dem Ingenieur ist nix zu schwör.“ oder auch: „Früher wusst‘ ick nich‘ mal wie man Inschenieur schreibt und heute bin ick selber eener!“ Demgegenüber hab ich nicht schlecht gestaunt, als ich auf der Seite „Beruf und Karriere“ der Süddeutschen Zeitung vom Wochenende Berufsbilder beschrieben fand, von denen ich bisher (fast) nichts wusste.

Süddeutsche Zeitung, 06.08.11, Titel: Überraschung auf allen Kanälen

Vom „Viral Marketing Manager“ ist da die Rede, der Produkt-Geschichten erfindet, die besonders (weiter-)erzählenswert sind, vom „Seeding Spezialisten“, der genau weiß, wo im Netz welche Werbebotschaft am besten platziert wird, ähnlich wie ein „Channel Planer“.

Die Tätigkeit eines „Corporate Bloggers“, der Unternehmensblogs betreut, ist da ja noch vergleichsweise leicht nachzuvollziehen. Die Bezeichnungen „Social Media Manager“ oder „Word-of-Mouth Manager“ sind allerdings auch nicht zu verachten. Nur die Berufsbezeichnung „Manager alternative PR“ hat mir nicht so gut gefallen. Als Gegenpol zur klassischen PR handelt es sich dem Wesen nach – so wie es hier beschrieben wird – doch eher um den Posten eines „Online PR-Managers“.

So viel ist klar: Längst bedienen die PR-Agenturen (wie die für diesen spannenden Beitrag besuchte „Webguerillas“ in München) auch Foren, öffentliche und (wenn es das gibt) private Blogs.-Wer wüsste noch nicht, dass sich im Netz viel Geld verdienen und viel Stimmung machen lässt? Zitiert wird übrigens auch der Agenturchef David Eicher, der ein „Media Manifest“ geschrieben hat, demzufolge online Communities über kurz oder lang klassische Zielgruppen ersetzen werden.

The Spirit of Christmas 2009, Part 3

Samstag, 14. November 2009

Paradebeispiel für die unterschiedliche Rezeption derselben Agenturmeldung. Reuters veröffentlicht am 12. November die Meldung: „Einzelhandel sieht 2010 kaum Impulse durch Steuerentlastungen.“ Darin: „Für das diesjährige Weihnachtsgeschäft rechnen die Einzelhändler mit Umsätzen von 73 Milliarden Euro. Das wäre ein Minus von rund 1,5 Prozent zum Niveau des vergangenen Jahres.“ Eine weitere, ausführlichere Meldung bekräftigt diese Aussage.

Die Tagesschau greift das Thema am selben Tag auf unter der Schlagzeile: „Schlechter als 2008, aber besser als erwartet„, während die Deutsche Welle die Meldung aufbereitet als „Umsatzrückgang inm Weihnachtsgeschäft erwartet„. Die Netzeitung wiederum titelt: „Handel erwartet nur geringes Minus im Advent„, allerdings  mit dem Zusatz „Aber trüber Ausblick für 2010“ – was man für die Netzeitung selber so formulieren kann.

Titel des Handelsblatt-Artikels, 12.11.2009

Am kommenden Tag sind in den Zeitungen dann jedoch so unterschiedliche Meldungen zu lesen wie einerseits „Weniger Einkäufe vor Weihnachten“ im Handelsblatt und „Einzelhandel: Schwächeres Weihnachtsgeschäft erwartet“ in der Süddeutschen und andererseits „Einzelhandel erwartet passables Fest“ im Tagesspiegel und „Weihnachten wird nicht gespart“ im Kölner Stadt-Anzeiger. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass der Zusatz lautet „Der Einzelhandel erwartet nur ein leicht schwächeres Geschäft“.

Titel des Artikels im Kölner Stadt-Anzeiger, 13.11.2009

Ein klassischer Fall von Ansichtssache: Ist das Glas halb leer oder halb voll? Und wie möchte meine Redaktion gewöhnlich die Sache betrachtet sehen? Daran lässt der Kölner Stadt-Anzeiger keinen Zweifel, im Kommentar schreibt Peter Hahne: „Gute Laune vor Weihnachten“. Dem möchte ich mich im Sinne des „Spirit of Christmas 2009“ nur anschließen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Kommentar im Kölner Stadt-Anzeiger, 13.11.2009

Nachtrag: Höchstens noch, dass die Bild-Zeitung ankündigt: „Krise macht Weihnachten billig wie nie!“ Aber auch das kann mir die teuerste Zeit des Jahres nicht entwerten.

Änderungen in der Kölner Medienbranche

Montag, 09. November 2009

Lohnende Wochenendlektüre in Bezug auf unrentable Mediengeschäfte. Dass die Netzeitung ab 2010 nur noch als „automatisiertes Nachrichtenportal“ weiterlaufen soll, wurde schon verschiedentlich berichtet. Obwohl die Redakteure, denen betriebsbedingt gekündigt wird, in Berlin sitzen, gehört der Laden doch dem Kölner Medienhaus M. DuMont Schauberg (MDS), das die Netzeitung nach eigenen Angaben  „aus wirtschaftlichen Gründen“ einstellt.

Titel Menschen & Medien, WamS, 08.11.2009

Nachdem die Zeitung im Internet im Jahr 2000 gegründet worden war, übernahm 2007 der britische Investor David Montgomery das Ruder, ohne jedoch die für eine Weiterentwicklung erforderlichen Investitionen zu tätigen. Zu Beginn des Jahres sprang dann der Verlag M. DuMont Schauberg in die Bresche, dem jedoch laut Kommentar in der Süddeutschen die Verzahnung von Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau wichtiger war. In der Rubrik „Menschen und Medien“ der Welt am Sonntag wird der Vorgang sogar als Aufhänger benutzt, unter dem Titel: „Wie man es schafft, die „Netzeitung“ zu ruinieren“. Darin werden zwei Lehren gezogen: „Der angebliche Niedergang der Print-Branche ist reich an Scheinkorrelationen.“ Und: „So erbarmungslos zu sparen, dass sich die Leser abwenden, ist nicht abhängig vom Medium. Es kann Print wie Internet treffen.“

Im Carta-Blog schlussfolgert Daniel Leisegang: „Die Medienkrise verschärft die Arbeitsbedingungen der freien Journalisten und lässt den Unterschied zwischen unabhängiger Information und PR weiter schwinden. Damit verliert der Journalismus weiter an Glaubwürdigkeit und begibt sich in den freien Fall.“ Diese Einschätzung ergänzt die Video-Keynote von Jeff Jarvis beim Printgipfel auf den Münchner Medientagen : „The Future of Journalism is an entrepreneurial, collaborative process“. Alle Versuche, das alte Geschäftsmodell zu beschützen, werden scheitern.

Titel "Reporterfirma", Süddeutsche Zeitung, 06.11.2009

Die Süddeutsche Zeitung berichtet am vergangenen Freitag unter dem Titel „Reporterfirma“ jedoch auch davon, „DuMont plant offenbar, seine „Schreiberpools“ auszugliedern“. Im Rahmen des Umbaus der Print-Titel Kölner Stadt-Anzeiger, Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau und Mitteldeutsche Zeitung ist demnach geplant Ressorts zusammenzulegen (vor allem Wirtschaft und Politik) und in einer eigenen Gesellschaft  „Schreiberpools“ zu bilden. „Edelfedern“, so die weitergehende Vermutung, würden dann in dieser Gesellschaft beschäftigt, während die Journalisten vor Ort kleinere Brötchen backen müssten.

Noch eine Kölner Randnotiz, schon ein paar Tage älter: am 02. November 2009 berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger über die Pläne des Sport-Informationsdienstes SID, bis zum Sommer 2010 von Neuss nach Köln umzuziehen, mit Sitz unmittelbar neben dem dortigen Hauptbahnhof, SID-Geschäftsführer Michael Cremer führt aus, dass für seine Unternehmen etwa 2.500 Reportertage pro Jahr anfallen, mit etwa 60 festen Mitarbeitern. Sicherlich werden auch hier einige freie Journalisten zuliefern. Jedoch handelt es sich beim (nach eigenen Angaben) konkurrenzlosen SID eben um einen Anbieter in einer Nische, mit Sport vermutlich sogar der denkbar größten im Nachrichtenmarkt, was für eine faire Entlohnung der festen und freien Mitarbeiter hoffen lässt.