Archiv für den 16. Dezember 2009

The Spirit of Christmas 2009, Part 21

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Konsumstatistiken zu Weihnachten: so üblich wie unnötig. Ich hatte mich schon an dieser Stelle mit Auswirkungen der Rezession aufs rauschende Fest beschäftigt. Allerdings nimmt die Zahl entsprechender Meldungen um die Monatsmitte so stark zu, dass ich sie nun doch nicht ignorieren kann.

FAZ, 12.12.2009 Titel: "Do it yourself" ist wieder gefragt

Spätestens kurz vor den Feiertagen fällt den Behörden wieder ein, dass nun ein „Weihnachtsfrieden“ herrscht, außer wenn im Einzelfall Verjährung droht.  Vermutlich nur eine kreative Art mit der Tatsache umzugehen, dass in der zweiten Dezemberhälfte kaum Personal für Steuerprüfungen vorhanden ist. Allerdings geht die Zahl der Weihnachtsfeiern nicht nur in Großbritannien zurück (s. den obigen Link), sondern auch hierzulande, wie die Jobbörse Stepstone berichtet. Demnach verzichten 22 Prozent aller Unternehmen, die im vergangenen Jahr noch eine Feier durchführten, in diesem Jahr darauf.

FAZ, 12.12.2009, Titel: Wo Weihnachten auf Neujahr fällt

Immerhin ist da ein Lichtblick, dass Deutsche keine Konsumverweigerer sind, wie vergangenen Samstag in der FAZ zu lesen war. Das Weihnachtsgeschäft reißt wieder zuverlässig den Jahresabschluss für einige Einzelhändler raus. Knapp dagegen wird es für die russischen Einzelhändler, wie in derselben Zeitung dargestellt. Anstatt eines Weihnachtsbaumes steht auf dem Roten Platz in Moskau eine „Jahresendzeittanne“ mit rotem Stern darauf. Die russisch-orthodoxen Christen feiern Heiligabend jedoch gemäß Julianischem Kalender erst am 6. Januar. Die Geschenke hingegen werden zu Neujahr verteilt, sodass die dortigen Einzelhändler mit etwas Glück auch noch auf einen besseren Jahresabschluss hoffen dürfen.

The Spirit of Christmas 2009, Part 20

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Pastewka, Poschardt, Ringelnatz – Kölner Stadt-Anzeiger, WamS und FAS mit extremen Positionen. Der Kölner Stadt-Anzeiger bringt an diesem Mittwoch auf der Medienseite ein Interview mit dem Schauspieler und Komiker Bastian Pastewka, dessen Überschrift vom eigentlichen Thema abweicht (das TV-Programm an Heilig Abend) und sich im Interview nicht wieder findet. Der stellvertretende Chefredakteur der Welt am Sonntag Ulf Poschardt beschreibt einen Mentalitätswandel, der sich gleichzeitig als Rückbesinnung auf das Selbstsein erweist. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hingegen überzeugt mich mit dem Abdruck des Joachim Ringelnatz-Gedichtes „Weihnachten“.

ksta.de, 16.12.09, Titel: Weihnachten ist bescheuert

Ausgehend von der Deutschtümelei der Volksmusikanten (die der Interviewte gemeinsam mit Anke Engelke hervorragend persifliert) beschreibt Bastian Pastewka die „Choreographie der Gebräuche“ zu Weihnachten als „sehr deutsch und sehr eigenartig“. Dabei hat sich – das eigentliche Thema des Gesprächs – das Fernsehen längst als fester Faktor in dieser Choreographie etabliert, beginnend bereits vor dreißig Jahren mit dem Klassiker „Wir warten aufs Christkind“ über heutige Volksmusik-Standards (die mir persönlich weitgehend unbekannt sind, da  ich mir das nicht antun kann) bis hin zu den bereits benannten Weihnachtsfilmen.

WamS, 13.12.09, Titel: Advent als kostbare Chance auf Besinnung

Ulf Poschardt plädiert in seinem Leitartikel für „Lebens- und Arbeitstechniken aus dem Mutterland des gut gelaunten Kapitalismus, den USA“, sprich: Handy aus, für die Familie da sein, „seine Anwesenheit und Aufmerksamkeit verschenken“. Ausgangspunkt seiner Analyse ist der ausgeprägte Fleiß der Deutschen vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, der vor 20 Jahren erreichten Wiedervereinigung und der bereits in der DDR begonnenen „Sakralisierung des Atheistischen“ „Der Advent“, schreibt er, „bewährt sich abseits christlicher Bräuche als wichtiger Ritus.“ Ganz abseits der christlichen Bräuche kann ich diese Zeit der Erwartung aber nicht begreifen. Den Sinn alleine aus einem Gegenstück zum gesellschaftlichen Tempo zu begreifen, wird dem Weihnachtsfest meiner Meinung nicht gerecht.

Da lobe ich mir das Gedicht, das die FAS im Rahmen ihrer Frankfurter Anthologie abdruckt. Ohne auf die dortige Interpretation einzugehen, wird dabei doch eines klar: Weihnachten ist ein Fest der Kindheit, das durch ein Abschneiden von seiner christlichen Herkunft seine Bedeutung verlöre.

Joachim Ringelnatz

Weihnachten

Liebeläutend zieht durch Kerzenhelle,
Mild, wie Wälderduft, die Weihnachtszeit,
Und ein schlichtes Glück streut auf die Schwelle
Schöne Blumen der Vergangenheit.

Hand schmiegt sich an Hand im engen Kreise,
Und das alte Lied von Gott und Christ
Bebt durch Seelen und verkündet leise,
Daß die kleine Welt die größte ist.