Mit ‘Verlag M. DuMont Schauberg’ getaggte Artikel

Neugierde, Nähe, Engagement

Donnerstag, 29. März 2012

Interview mit dem Verleger Alfred Neven DuMont aus Anlass seines 85. Geburtstages. Neben einem Gratulationsschreiben von Amos Schocken, Verleger  und Herausgeber der liberalen israelischen Zeitung „Haaretz“, an der der Verlag M. DuMont Schauberg zu 25 Prozent beteiligt ist, steht im heutigen Kölner Stadt-Anzeiger auch ein Interview mit dem Geehrten, das dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner geführt hat.

Kölner Stadt-Anzeiger, 29.03.12, Letzten Endes zählt einzig Qualität

Sympathisch und nachvollziehbar erklärt der betagte Verleger Neven DuMont, wie sich die Medienwelt aus seiner Sicht entwickeln wird. Manager regieren Verlagshäuser (wie es heute bereits weitgehend der Fall ist), die Zeitungen werden sich eventuell gesund schrumpfen (müssen). Vermutlich spielen dabei digitale Geschäftsmodelle eine wichtige Rolle (paid content).

Dennoch sollte der Verlegerberuf weiterhin Zukunft haben, denn es geht – dem Jubilar zufolge – im Grundsatz darum, kreative Ansätze auszuführen. Überraschende, interessante Inhalte, die ein Leser gerne konsumiert, werden benötigt. Er wagt sogar die Differenzierung, dass sich die Menschen nicht nur nach ihrem Besitzstand in arm und reich unterscheiden, sondern auch nach ihrem Platz in der Kommunikationskette als vornehmlich sendende und vonehmlich empfangende.

In diesem Zusammenhang skizziert er die Grundeigenschaften eines Journalisten: „Das Wichtigste überhaupt ist Neugierde, Interesse. Das ist die Basis von allem. Dann natürlich Bürgernähe, Lesernähe und Engagement für die Sache.“ Dazu kommt nach seinen Worten die „Stetigkeit des Journalisten, am Thema zu bleiben“. Das sind in der Tat die besten Voraussetzungen, um den Beruf auszuüben. Vielleicht fehlt in der Aufführung noch die Fähigkeit den Leser mitzunehmen, mitzureißen oder gar zu fesseln.

Abschließend bemerkt erAlfred Neven DuMont, heute fühle er sich stark als Schriftsteller und dürfe in dieser Funktion träumen. Zugegeben, ein wesentlicher Bestandteil des Dichtens. Die noch größere Herausforderung ist es vielleicht, Konstellationen zu Ende zu denken. Doch letzten Endes, da stimme ich voll zu, zählt auch dabei nur die Qualität.

Die Debatte um Journalismus geht weiter

Donnerstag, 20. Mai 2010

Der Kölner Stadt-Anzeiger hat zur Debatte über die Zukunft des Journalismus aufgerufen, wenigstens sechs Personen haben sich bereits daran beteiligt: zuerst die Bloggerin Lena Reinhard, danach der Medienwissenschaftler Norbert Bolz, dann gestern der Vorstand der Kölner Mediengruppe M. DuMont Schauberg, Konstantin Neven DuMont (thematisch eher am Rande), und heute schließlich Dr. Hermann J. Roth aus Bonn und Erich-Günter Kerschke aus Köln (beide noch nicht online). Moment, das sind erst fünf! Achja, ich selbst habe auch einen Beitrag an die Redaktion gesandt, der (noch) nicht berücksichtigt wurde. Zweimal schrieb ich schon etwas zum Thema und ich beschäftige mich weiter damit…

Kölner Stadt-Anzeiger, 20.05.2010, Titel: Frei sein und frech bleiben

Hermann J. Roth beklagt den Niedergang der medialen Meinungsvielfalt, ablesbar auch an den vergleichbaren Schlagzeilen allerorten. „Kennst Du eine, kennst Du alle!“, möchte ich sein Statement bezogen auf Zeitschriften zusammenfassen.Vor diesem Hintergrund freut er sich besonders über den Zwischenruf Lena Reinhards, die einerseits individualisierte Zeitungen, andererseits mehr Herzblut im Journalismus fordert. Erich-Günter Kerschke dagegen geht einen Schritt weiter und fordert Journalisten dazu auf, „Gemeinsinn zu stiften“ anstatt sich zu „Komplizen von Erzeugern konfektionierter Meinungen und Haltungen“ zu machen. Als Aufgaben des Journalismus skizziert er „Wege aus der Sackgasse“ zu finden (auch in Anbetracht von politischer Ideenlosigkeit und Politikverdrossenheit). Zustimmung: Dem in Beziehung Setzen und Bewerten von Sachverhalten kommt eine wichtige Rolle zu.

Kölner Stadt-Anzeiger, 19.05.2010, Titel: Die Medienlandschaft gerät aus den Fugen

Der Beitrag des Verlegers vom Vortag erscheint dagegen reichlich ungeeignet, um Stichhaltiges zur Debatte beizutragen. Dass sich die Medienlandschaft verändert und konsolidiert, ist bekannt. Der Zusammenhang zwischen schlechter Wahlbeteiligung und dem Internet dagegen ebenso aus der Luft gegriffen wie der zwischen Demokratisierung und dem Internet. Joachim Losehand kommentiert auf der Internetseite treffend: „Schlapper Alarmismus gepaart mit lustlosem Stochern im Nebulösem. Intellektuelle Durchdringungsschärfe liest sich anders.“

FAZ, 20.05.2010, Titel: Multimillionenfrage 

Ein „Aus-den-Fugen-Geraten“ der Medienlandschaft kann ich nicht erkennen, der Titel online „die Medienlandschaft wird umgepflügt“ trifft den Kern schon besser. Aus den Fugen geraten eher die bisherigen Geschäftsmodelle, womit wir wieder beim Thema wären. Hierzu klingt der Satz „Viele Verleger sind gezwungen, Redaktionsetats den sinkenden Erlösen anzupassen.“ wie eine Rechtfertigung des Verlegers Neven DuMont. In der FAZ ist heute dagegen von Arthur Sulzberger jr., dem Verleger der New York Times zu lesen, der bei einem Vortrag in Frankfurt am Main Schlagworte wie „Courage, Innovationsfreude, Meinungsführerschaft“ bemühte und für eine multimedial stärkere Einbindung der Leser plädierte. Übrigens bekräftigte er ein weiteres Mal, dass es die Inhalte der New York Times nicht kostenlos gebe und beschrieb ein abgestuftes Bezahlsystem.

Qualitätsjournalismus ohne Geschäftsmodell?

Montag, 07. Dezember 2009

Verleger Konstantin Neven DuMont im Kölner Stadt-Anzeiger und in der Welt am Sonntag. – Sören Kittel hat im Springerblatt den Verlegersohn befragt, der seit Januar des Jahres Vorstand der Mediengruppe DuMont ist und Herausgeber von Kölner Stadt-Anzeiger, Express und Mitteldeutsche Zeitung, seit diesem November auch Herausgeber der Frankfurter Rundschau. Der Titel „Kein Blogger schickt Reporter nach Afghanistan“ spricht mich als Blogger natürlich an. Die Aussage aus dem letzten Drittel des Gesprächs dient dem Befragten jedoch eher als Vergegenwärtigung seiner eigenen Position als Geschäftsmann.

Weitaus interssanter ist seine Stellungnahme zur Netzeitung, immerhin hatte die WamS dem Verlagshaus noch vor einem Monat vorgeworfen, die Netzeitung ruiniert zu haben (texthilfe.de hatte berichtet). „Das Geschäftsmodell hat einfach überhaupt nicht funktioniert“ wird Konstantin Neven DuMont zitiert, die Zweitverwertung wie beim Online-Auftritt einer Zeitung habe gefehlt. Die Online-Personalkosten zu refinanzieren habe die vergangenen Jahre über nicht geklappt, räumt er ein, zeigt sich aber zuvor überzeugt, das Problem fehlender Erlöse liege nicht am Internet: „Es ist ein Problem des fehlenden Geschäftsmodells.“

Hinlänglich bekannt ist, dass eigentlich erst das Anzeigengeschäft den Qualitätsjournalimus ermöglicht (vgl. texthilfe.de) und somit auch das qualitativ hochwertige Textumfeld im Internet qualitativ hochwertige Werbung ermöglicht. Bezahlmodelle im Internet funktionieren bisheriger Erfahrung nach nur in Special Interest-Bereichen, vielleicht auch im populärwissenschaftlichen. Über die Zahlungsbereitschaft der potenziellen Kunden scheint der Verleger jedoch keine genaue Vorstellung zu haben, aufgrund der vielen unterschiedlichen Studien: „Mal sind es zehn Prozent, mal 60 Prozent.“ Als Strategie seines Medienhauses gibt er „Qualität“ an und als Vision seiner verlegerischen Tätigkeit „gesellschaftspolitische Meinungsbildung“, „dazu brauchen wir Qualitätjournalismus“.

Köner Stadt-Anzeiger, 05.12.09, Titel: Wege aus der Krise

Auf das Gerücht aus der Süddeutschen Zeitung, dass der Verlag plane, Wirtschaft- und Politikressort seiner renommierten Tageszeitungen zusammenzulegen, wird er allerdings nicht angesprochen. Jedoch schreibt er tags zuvor selber in seinem Blatt Kölner Stadt-Anzeiger über „Neue Wege aus der Krise“ und plädiert dabei einmal mehr für investigativen Journalismus. Dieser setze „die Kräfte frei, die eine Gesellschaft zur Selbstreinigung benötigt.“

Dass der Umbruch der Medienlandschaft diesen wertvollen Journalismus gefährdet, stimmt, wenn das Geschäftsmodell fehlt. Dass aber der investigative Journalismus „immer mehr zwischen die Fronten eines wachsenden Kostendrucks bei bedrohten klassischen Erlösmodellen auf der einen und der Jagd nach Sensationen und sich stets erneuernden Schlagzeilen auf der anderen Seite“ gerate, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Zugegeben wächst der Kostendruck, zugegeben wächst auch die Zahl der Verbreitungswege. Aber befindet sich guter Journalismus nicht schon immer in dieser Gefahr?

Am Ende seines Beitrags in eigener Sache rückt Konstantin neven DuMont mit seinem Anliegen heraus: Sein Verlag entwickele „gerade Konzepte, den Anteil investigativer Reportagen in seinen Blättern zu erhöhen“. Zudem werde eine Vermarktungsplattform für Bezahlinhalte auf den Weg gebracht. „Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, hochwertige journalistische Inhalte nicht länger im Internet zu verschenken.“ Ohne die Zahlbereitschaft der Surfer einschätzen zu können, ein gewagtes Unterfangen. Da fürchte ich ja eher um den Einsatz. Wie hat es der Kollege Jürgen Oehler in derselben Zeitung vor sechs Wochen anlässlich des Münchner Print-Gipfels so schön auf den Punkt gebracht:

„Aber es gibt auch die Erkenntnis, dass der Bereich der zukünftigen Bezahlinhalte realistischer Weise klein ist. Denn keiner kann einfach einen Hebel umlegen und erklären, dass der Online-Nutzer ab sofort für all das bezahlen muss, was er bisher umsonst bekommen hat. Auf die Frage, ob er denn für Online-Inhalte Geld ausgeben würde, antwortete der Kölner Psychologe und Gastredner Jens Lönneker vom Rheingold-Institut. „Eigentlich nicht, aber vielleicht.“ Und das ist eben das Problem.“