Mit ‘Gehirn’ getaggte Artikel

Die Selbstoffenbarungslust

Dienstag, 08. Mai 2012

Offenbarung tut gut. Das betrifft nicht nur das Erleichtern bei einem schlechten Gewissen oder das Auflösen einer angespannten Situation („Ich bin froh, dass es endlich gesagt ist!“), sondern auch die ganz einfache Selbstdarstellung, wie wir sie auf Facebook und Google+ pflegen. Seinen Benutzerstatus mitzuteilen löst schon einen Belohnungseffekt aus, hat jetzt eine Forschergruppe um die Psychologin Diana Tamir in den „Proceedings“ veröffentlicht.

Die Welt, 08.05.12: Facebook ist fast so gut wie SexDie Welt hat dieses Thema heute sogar auf Seite 1 gehoben, anlässlich des bevorstehenden Börsengangs von Facebook, der weit mehr als 50 Milliarden Dollar einbringen soll. Da scheint mehr oder weniger unwissend ein zutiefst menschliches Bedürfnis bedient zu werden. Daher vielleicht auch der Hype um die Sozialen Medien ganz allgemein. Man gibt sein Innerstes preis und denkt sich doch, es handelt sich dabei um „etwa Eigenes“, etwas „Ureigenes“ vielleicht sogar.

Zugegeben, es ist schon geil, seine Gedanken festzuhalten und gleichzeitig damit loszulassen – jeder tut das in seiner eigenen Form. Angeblich schüttet das Gehirn schon Hormone aus, wenn wir den Eintrag nur abgeschickt haben und lesen können. Wenn wir dann auch noch eine Bestätigung in Form von „Likes“ dafür erhalten, dann ist das Belohnungssytsem im Gehirn bestens bedient. Angeblich handelt es sich dabei um Aktivitäten in derselben Hirnregion, in der auch gutes Essen und guter Sex goutiert werden, dem mesolimbischen Dopaminsystem. Na also. Und da hab ichs auch schon wieder getan!

Crazy little thing called brain

Sonntag, 22. April 2012

Der Neurologe und Kolumnist des Kölner Stadt-Anzeigers Magnus Heier hat im Wochenend-Magazin der Zeitung ganze drei Doppelseiten Raum erhalten, um als Experte in eigener Sache für seine fünfteilige Vortragsreihe im studio dumont zu werben. In dem Beitrag stellt er einige interessante Fakten zum menschlichen Denkorgan zusammen.

Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers, 21.04.12, Titel: Die Welt in unserem Kopf

Die genaue Anzahl der Nervenzellen ist zwar noch nicht einmal bekannt (zwischen einhundert Milliarden und einer Billion), doch die Vernetzungen der Zellen (teilweise mit bis zu 1.000 Nachbarzellen) ergeben – Jetzt festhalten! – Stränge von bis zu sechs Millionen Kilometer Länge! Wie heißt es im Lied: „Das ist alles nur in meinem Kopf“? Aber nein: in jedem anderen Kopf auch!

Doch à propos Musik: Angeblich reagiert das Gehirn ganz ähnlich wie auf Sprache auch auf Musik – als eine Art ursprünglicher Sprache. So lassen sich mittels Elektroenzephalogramm leichte Stromimpulse messen, die sowohl bei unsinnigen Sätzen als auch bei ungewohnten musikalischen Harmonien auftreten. Dieses „Protestpotenzial“ muss die Testperson nicht einmal bewusst wahrnehmen, legt aber eine Korrelation beider Ausdrucksformen nahe, obwohl das Musikzentrum in der rechten, das Sprachzentrum (zumindest bei Rechtshändern meist) in der linken Gehirnhälfte liegt.

Magazion des Kölner Stadt-Anzeiger, 21.04.12, Ankündigung der Vortragsreihe: Dr. Heiers Hirnwelten

Andere interessante Punkte rund um die menschliche Schaltzentrale sind die Kapazität („Je mehr Wissen gespeichert ist, desto besser lassen sich noch weitere Inhalte dazu lernen.“), die Manipulierbarkeit („Wenn ein Wein teurer ist, schmeckt er uns besser als ein billiger.“) und die Heilung von Hirnschäden, etwa mittels Stromimpulsen („Die Medizin betritt gerade ein spannendes neues Feld: mit Risiken und Nebenwirkungen.“).

Die breit angelegte Ankündigung dieser Vortragsreihe zwischen 8. Mai und 26. Juni hat sich – zumindest in meinem Fall – gelohnt, als Hobby-Psychologe überlege ich mir doch ernsthaft, die eine oder andere Veranstaltung zu besuchen. Wie heißt es so schön eingangs in der Illuminatus-Trilogie von Robert Shea und Robert Anton Wilson heißt: „Intelligenz bedeutet immer eine Vermehrung von Intelligenz“.

Wenn das Jennifer-Aniston-Neuron aufblitzt…

Mittwoch, 04. April 2012

Der Neurochirurg Itzhak Fried von der Universität von Kalifornien hat Patienten eine Reihe von Bildern gezeigt und die neuronale Wirkung mithilfe eines Hightech-Scanners ausgewertet. Während bei vielen Bildern keine oder keine eindeutigen Reaktionen nachzuweisen waren, blitzte jedoch bei der Vorlage des Bildes von Jennifer Aniston bei vielen Patienten genau ein Neuron auf. Bei anderen Berühmtheiten entdeckt er in der Folge weitere einzeln nachweisbar aktivierte Nervenzellen. Das Phänomen hat er jedoch dem ersten Bild zufolge als „Jennifer-Aniston-Neuron“ bezeichnet.

Kölner Stadt-Anzeiger, 03.04.2012: Eine Freundin unterm Schädel

Diese Erkenntnis ist vielleicht nicht ganz neu, ich hab sie im Kölner Stadt-Anzeiger jedoch jüngst zum ersten Mal erfahren. Christian Bos kommentiert dort, „geschafft hat man es im Showgeschäft, wenn man sich als blinkbereite Nervenzelle in Millionen von Gehirnen verankert hat“. Etwas ernsthafter ist dahinter liegende Frage, wie Erinnerungen beschaffen sind, wie sie gespeichert und abgerufen werden (offenbar via Neuronen).

„Eine Freundin unterm Schädel“ – Das klingt ein wenig nach „Möchtegern-Freundin im Hinterkopf, die von ihrem Glück aber nichts weiß“ oder nach dem berühmten mittelalterlichen Gedicht: „Ich bin dîn, du bist mîn, des sollst du gewisse sîn. Du bist verslozzen in mînem Herzen, verloren ist das Slüzzelin.“ Ersteres passt gut zur ehemaligen „Friends“-Darstellerin, zweiteres nicht, denn sie ist ja nicht in unserem Herzen eingeschlossen, sondern in unserem Gehirn. Für die wahre Liebesbeziehung daher vermutlich wichtiger, mit Herz UND Hirn zu lieben… Vorsicht jedenfalls vor der Irreführung nur das Bild einer Person zu lieben!

Einzelne Internetfunde weisen in Bezug auf das Jennifer-Aniston-Neuron bereits auf das Jahr 2005 zurück (Nature) bzw. auf das Jahr 2008 (Telegraph). Aus diesem Jahr stammt auch ein launiges Video-Erklärstück von der Seite Brainrules.net zum Thema „Every Brain is wired differently“.

Stress geht direkt aufs Denkvermögen

Dienstag, 31. Januar 2012

Ich habe das schon oft erlebt: Eigentlich wollte ich mich gerade einer Sache widmen, während bereits die nächste Arbeit wartet. Genau in dem Moment kommt eine superdringliche Aufgabe rein, die sofort bearbeitet werden muss. Nun sind die anderen Tätigkeiten kaum weniger wichtig, sodass sich sofort ein Symptom einstellt, das sich kurz „Stress“ nennt. Bisher dachten Neurologen, das dabei ausgeschüttete Hormon Kortisol wirke erst nach etwa 20 Minuten. Neue Forschungen an der Universität Trier belegen, der Thalamus wird schon nach wenigen Minuten aktiviert.

Kölner Stadt-Anzeiger, 30.01.2012, Stress belastet das Gehirn sofort

Neurologen der Uni Trier um Hartmut Schächinger haben zusammen mit Ärzten des Brüderkrankenhauses Trier drei Untersuchungen vorgenommen, wobei den Probanden vier Milligramm Kortisol gespritzt wurde und ihre Gehirnfunktionen anschließend elektrophysiologisch überwacht wurden. Demnach löste der Stoff jedesmal bereits nach wenigen Minuten Funktionsänderungen im Gehirn aus. Der Thalamus regelt kurz gesagt den Informationsfluss zum Großhirn und ist auch entscheidend für die Aufmerksamkeit.

Das bedeutet, durch Stress wird unmittelbar auch die Wahrnehmung beeinflusst. Wir sehen unter Stress nicht mehr ganz klar, bekommen gewissermaßen einen Tunnelblick oder bekommen einen panischen Gesichtsausdruck wie gehetzte Tiere. Sicherlich ist ein Mindestmaß an Stress positiv für jeden Erfolg, gewissermaßen Antrieb überhaupt etwas zu tun. Positiver, wohldosierter Stress (so genannter „Eustress“) hält uns motiviert bei der Arbeit. Die Rede ist hier aber von übertriebenem Stress, der zur derzeit häufig zitierten Krankheit des Burnouts führt. Eine andere Frage wäre demnach also, wie wir mit dem täglichen (und vor allem mit außergewöhnlichem) Stress umgehen, damit wir nicht so ausrasten wie zum Beispiel dieser Zeitgenosse…

Methoden den Kopf zu ruinieren

Donnerstag, 14. Juli 2011

Welche Erleichterung! Nicht nur für die deutschen Fußballfrauen, die ihre Kopfballstärke gegen Japan leider nicht zum Anschlag bringen konnten, sondern auch für die unzähligen Hobbykicker, die im Traum den Ball von der perfekt geschlagenen Bananenflanke aus der Luft wie Miro Klose annehmen – ohne Rücklage, wie am Kopfballpendel unzählige Male geübt, mit der flachen Stirn – Kopfstoß, Toooooor! Diese Tätigkeit schadet jedenfalls einer neuen Studie der Uni Regensburg zufolge den kleinen grauen Zellen nicht.

Kölner Stadt-Anzeiger, 14.07.11, Titel: Kopfbälle schaden dem Gehirn nicht

Nun bestehen ja zahlreiche Möglichkeiten, sich den Kopf zu runinieren, wie zum Beispiel dauerhaftes Daddeln, fortwährendes Fernsehen oder tägliches Trinken, um nur drei gerne auch kombinierte Methoden zu benennen. Dahinter verbergen sich meist andere Ursachen, wie die Unlust zu lernen oder sich an Denkprozessen zu beteiligen. Vorschnelle Urteile und unzulässige grobe Vereinfachungen prägen unseren Alltag – von der Weigerung sich entwickeln zu wollen einmal ganz abgesehen, wobei dies natürlich ein eitles Streben ist,  vor dem es kein Entrinnen gibt…

Sport ist nun sicher nicht das Schlechteste, um neben dem rein körperlichen Ausgleich auch eine gute Basis für neue Lerneinheiten zu bieten: mehr Sauerstoff ins Blut, ein angeregter Stoffwechsel, belebte Muskulatur u.s.w. Dass nun aber insbesondere Kopfbälle dem Kopf nicht schaden sollen – ich kann es nicht glauben! Ich meine auch, schon gegenteilig lautende Berichte gelesen zu haben. Der Vergleich zum Boxen liegt nahe, wobei die Belastung des Kopfes dabei noch weit höher und weniger vorhersehbar ist.

Aber besonders gut gefällt mir in der neuen Studie der Hinweis, dass zwar vor und nach verschiedenen sportlichen Tätigkeiten (darunter Kopfballspielen), keine Unterschiede in der Gedächtnisleistung festgestellt wurden. Allerdings hätten die weiblichen Teilnehmer der Kopfball-Gruppe über Kopfschmerzen geklagt. Wenn das mal kein deutliches Zeichen ist!? Zudem gibt es auch so etwas wie neurologische Langzeitschäden, die vermutlich nicht durch das Ablegen von Gedächtnistests unmittelbar nach dem Kopfballspiel erfasst werden. Immerhin ist an der Uni Regensburg nun auch eine Langzeituntersuchung geplant. Wieder ein gutes Beispiel, warum wir nicht immer gleich jeder Zeitungsmeldung glauben und stattdessen erstmal unseren Kopf einschalten sollten.