Archiv für die Kategorie ‘Internetkultur’

Corporate Social Media ist schwer im Kommen

Dienstag, 08. Juni 2010

Das ist – positiv formuliert – das Ergebnis einer Blitzumfrage von news aktuell, wonach nur ein Drittel der deutschen Unternehmen über eine Social Media-Strategie verfügt (so die Original-Überschrift). Doch nicht genug damit, dass dies bereits bei jedem dritten deutschen Unternehmen der Fall ist: Knapp mehr als die Hälfte aller befragten Mitarbeiter gaben an, dass ihre Unternehmen derzeit dabei sind, eine solche Strategie zu entwerfen. Nicht mit dem Gedanken gespielt oder diesen verworfen haben demnach nur knapp 15 Prozent der Unternehmen.

presseportal.de, 02.06.2010: Nur jedes dritte Unternehmen hat eine Social-Media-Strategie

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Umfrage unter mehr als 1.700 Fach- und Führungskräften aus PR- Agenturen und Pressestellen verschiedener Unternehmen: Gut jede vierte Firma stellt für die Web 2.0-Kommunikation zusätzliche finanzielle Mittel bereit (28,2 Prozent). Führend sind dabei Dienstleistungsfirmen, von denen bereits 38 Prozent eine Social-Media-Strategie haben, mit 23,6 Prozent bilden Verwaltungen und Verbände das Schlusslicht.

Hauptargument für die Nutzung der Kommunikationskanäle ist die kostengünstige Alternative der Kontaktaufnahme. Obwohl das Thema „Social Media“ von fast zwei Dritteln der Mitarbeiter von Pressestellen als wichtig angesehen wird („sehr wichtig“ 17,3 Prozent, „eher wichtig“ 44,6 Prozent), haben doch nur weniger als die Hälfte dieser Unternehmen ein Budget dafür (s.o.). Aus Sicht der PR-Agenturen halten allerdings nur 8,5 Prozent der Unternehmen das Thema für „sehr wichtig“.

Insgesamt überwiegt die Nutzung der sozialen Medien durch die Pressestellen (57,1 Prozent) vor den Marketing-Abteilungen (51,4 Prozent), während die Chefs selber weit weniger im Web 2.0 aktiv sind (13,4 Prozent). Meistens dürfen sich nur zwei bis fünf Mitarbeiter offiziell im Namen des Unternehmens in Sozialen Netzwerken äußern (55,6 Prozent), nur 6,1 Prozent der Unternehmen erlauben allen ihren Mitarbeitern sich in sozialen Netzwerken zu Unternehmensfragen zu äußern.

„Prosumenten“ und Protest-Liker

Donnerstag, 27. Mai 2010

Zwei Quellen beschreiben jüngst unterschiedliche Auswirkungen Sozialer Netzwerke auf die Politik von Unternehmen: Im Handelsblatt wird die Macht fotografierender Modeblogger beschrieben, in der Fachzeitung FNG Magazin (für Food, Nonfood und Getränke) behandelt ein Beitrag die teilweise schon ausgeübte Macht der Schwarmintelligenz.

Handelsblatt, 25.05.2010, Titel: Mitmachmarken erobern das Warenregal

Fashion-Blogger wie Scott Schuman und Yvan Rodic sorgten für eine „Demokratisierung der Mode“, heißt es da, darüber hinaus würde unter Marketingspezialisten bereits allgemein immer seltener vom Konsumenten gesprochen, sondern vielmehr vom „Prosumenten“ als Kurzform proaktiver Konsumenten. Demnach richteten sich schon einige große Modekonzerne nach Blogs, um zu erfahren, „wie der Verbraucher tickt, was er will und was ihm gefällt“. Als weiteres Beispiel wird die interaktive Heimwerkerseite von Bosch genannt, mit der neue Trends aufgespürt werden sollen. Die gute Nachricht: Die Bedürfnisse der Konsumenten werden ernst genommen. Die schlechte: Sie liefern den Konzernen oft nicht nur Geschäftsideen, sondern ihre Daten frei Haus dazu.

fng Magazin, 2-2010, Titel: Wie interaktive Netzwerke Macht über Unternehmen gewinnen

Der Einfluss von Internet-Netzwerkern auf große Unternehmen wird im Beitrag des fng Magazins am Beispiel von Nestlé verdeutlicht. Da der Konzern in seinem Schokoriegel Kitkat Palmöl verwendet, für dessen Gewinnung Regenwald in Indonesien abgeholzt wird, hat Greenpeace in Anlehnung an den Werbespot ein erschreckendes Video gedreht, das vor allem über Facebook mehr als eine halbe Million mal angeklickt wurde. Obwohl Nestlé mittlerweile mitteilte, dass der Vertrag mit dem entsprechenden Öllieferanten aufgelöst sei, bleibt ein Imageschaden und Vertrauensverlust.

Der Beitrag stellt klar, dass die Mund-zu-Mund-Propaganda wie eh und je laufe, nur eben in einem viel schnelleren Tempo. Gelebte ethische und soziale Werte, heißt es weiter, würden in Zukunft noch weit stärker als bisher den Erfolg eines Produkts mitbestimmen. Virale Kampagnen sind dazu geeignet, Vorzüge oder Nachteile der Allgemeinheit mehr oder weniger drastisch vor Augen zu führen. Der geneigte Facebook-Nutzer muss dem Protest-Inhalt dann nur noch seine Zustimmung erteilen, indem er den „Like-Button“ klickt. Allerdings ist dazu vorher ein engagierter „Prosument“ nötig, ein Blogger, Journalist oder eben eine Institution wie Greenpeace, die mit den entsprechenden Mitteln auf positive oder meist negative Eigenschaften von Produkten aufmerksam macht.

Die ipad-Mania grassiert

Mittwoch, 26. Mai 2010

Gewohnt einfallsreich betitelt der Spiegel in seiner Ausgabe dieser Woche (KW 21-10) eine Geschichte über die Markteinführung von Apples neuestem Wundergerät in Deutschland:

Spiegel, 25.05.2010, Titel: Ein iPad für ein Halleluja

Der Bezug ist ein Auftritt des Axel-Springer-Chefs Matthias Döpfner in der US-Talkshow „Charlie Rose“, bei dem er gebetsmühlenartig die Vorzüge des Tablet-PCs gepriesen haben muss. Mittels des neuen Geräts soll die Zahlungsbereitschaft der Zeitungsleser erprobt werden – während es gemäß Notiz in der heutigen FAZ Rupert Murdoch in Großbritannien aktuell bereits mit der „Times“ und der „Sunday Times“ im Internet versucht. Nach etwa vier Wochen kostenfreier Nutzung nach Anmeldung soll der Zugriff dann ein Pfund pro Tag oder zwei Pfund pro Woche kosten.

FAZ, 26.05.2010, Titel: Alles oder nichts

Die Auswirkungen des iPad auf den Journalismus werden im Spiegel als nicht absehbar beschrieben. Allerdings übe sich die Branche noch in Vorsicht, schreiben Markus Brauck, Martin U. Müller und Thomas Schulz, wenngleich sie „riesige Hoffnungen an das Ding“ knüpfe. Denn selbstverständlich müssen Zeitungs- oder Magazin-Apps ansprechend und mit einem gewissen Mehrwert gegenüber den Printausgaben ausgestattet sein. Dies sei den US-Titeln (Wall Street Journal, New York Times, USA Today, GQ und Vanity Fair) bislang nicht gelungen.

Die „visuelle Art des Erzählens“ (Zitat Zeitungs- und Online-Designer Lukas Kircher) habe sich hingegen der zu Disney gehörende Marvel-Verlag zu eigen gemacht, dessen Comics sich auf dem iPad besser lesen ließen als auf Papier. Problematisiert wird neuerlich die stellenweise an Zensur grenzende Kontrolle des Apple-Konzerns, der nicht nur die Geräte herstellt, sondern auch die Inhalte vertreibt. Einen weiteren Aspekt hebt Markus Scheele Anfang der Woche in der Welt hervor:

Die Welt, 25.05.2010, Titel: iPad hilft E-Books auf die Sprünge

Dort heißt es, neben der Zeitungsverlags- könnte auch die Buchverlagsbranche von der Einführung des Lifestyle-Geräts profitieren, was den Absatz elektronischer Bücher in Deutschland anbetrifft. Auch hierbei wird Apple kpnftig in seinem iBookstore eigene Titel anbieten. Interessant hierbei, dass es in Deutschland bereits zahlreiche weitere Anbeiter gibt (Libri, Clando, Buch.de, Libreka!, Beam, Thalia.de, Digital-Lesen, Springer Science, Business Media oder der Campus-Verlag),  diese vertreiben derzeit aber zu sehr stark variierenden Preisen verschiedene Formate wie ePub, Mobipocket, PBD oder PDF.

Eine zusätzliche Herausforderung im internationalen Vergleich stellt die Buchpreisbindung in Deutschland dar: Ich muss für das PDF online genausoviel zahlen wie für das Hardcover im Laden. Die Wahl des Lesegeräts will also wohl überlegt sein. Neben der Auswahl der Titel (nach Welt-Angaben zwischen 145.000 bei Libri und 6.500 bei Digital-Lesen) spielt zum einen das richtige Dateiformat eine Rolle, das möglichst auch noch in einigen Jahren aktuell sein sollte, zum anderen auch die Frage, ob das Gerät einen leuchtenden oder einen schwarz-weißen Hintergrund haben soll (sodass ein Buch auch noch bei Sonne am Strand zu lesen ist).

Berechtigt sicherlich der Hinweis, dass digitale Bücher aufgrund der möglichen Suchfunktion nach Stichwörtern eine besonders gute Chance bei der wissenschaftlichen Arbeit haben. Der Springer Science-Verlag macht nach eigenen Angaben bereits ein Fünftel seines Buchumsatzes mit E-Books. Google hat ebenfalls den Einstieg in den Markt mit digitalen Büchern angekündigt. Am Freitag wird sich zeigen, wie hoch sich die Welle der iPad-Euphorie in Deutschland aufbauschen wird. Multifunktions-Alternativen an Tablet-PCs werden nicht allzu lange auf sich warten lassen.

Die Debatte um Journalismus geht weiter

Donnerstag, 20. Mai 2010

Der Kölner Stadt-Anzeiger hat zur Debatte über die Zukunft des Journalismus aufgerufen, wenigstens sechs Personen haben sich bereits daran beteiligt: zuerst die Bloggerin Lena Reinhard, danach der Medienwissenschaftler Norbert Bolz, dann gestern der Vorstand der Kölner Mediengruppe M. DuMont Schauberg, Konstantin Neven DuMont (thematisch eher am Rande), und heute schließlich Dr. Hermann J. Roth aus Bonn und Erich-Günter Kerschke aus Köln (beide noch nicht online). Moment, das sind erst fünf! Achja, ich selbst habe auch einen Beitrag an die Redaktion gesandt, der (noch) nicht berücksichtigt wurde. Zweimal schrieb ich schon etwas zum Thema und ich beschäftige mich weiter damit…

Kölner Stadt-Anzeiger, 20.05.2010, Titel: Frei sein und frech bleiben

Hermann J. Roth beklagt den Niedergang der medialen Meinungsvielfalt, ablesbar auch an den vergleichbaren Schlagzeilen allerorten. „Kennst Du eine, kennst Du alle!“, möchte ich sein Statement bezogen auf Zeitschriften zusammenfassen.Vor diesem Hintergrund freut er sich besonders über den Zwischenruf Lena Reinhards, die einerseits individualisierte Zeitungen, andererseits mehr Herzblut im Journalismus fordert. Erich-Günter Kerschke dagegen geht einen Schritt weiter und fordert Journalisten dazu auf, „Gemeinsinn zu stiften“ anstatt sich zu „Komplizen von Erzeugern konfektionierter Meinungen und Haltungen“ zu machen. Als Aufgaben des Journalismus skizziert er „Wege aus der Sackgasse“ zu finden (auch in Anbetracht von politischer Ideenlosigkeit und Politikverdrossenheit). Zustimmung: Dem in Beziehung Setzen und Bewerten von Sachverhalten kommt eine wichtige Rolle zu.

Kölner Stadt-Anzeiger, 19.05.2010, Titel: Die Medienlandschaft gerät aus den Fugen

Der Beitrag des Verlegers vom Vortag erscheint dagegen reichlich ungeeignet, um Stichhaltiges zur Debatte beizutragen. Dass sich die Medienlandschaft verändert und konsolidiert, ist bekannt. Der Zusammenhang zwischen schlechter Wahlbeteiligung und dem Internet dagegen ebenso aus der Luft gegriffen wie der zwischen Demokratisierung und dem Internet. Joachim Losehand kommentiert auf der Internetseite treffend: „Schlapper Alarmismus gepaart mit lustlosem Stochern im Nebulösem. Intellektuelle Durchdringungsschärfe liest sich anders.“

FAZ, 20.05.2010, Titel: Multimillionenfrage 

Ein „Aus-den-Fugen-Geraten“ der Medienlandschaft kann ich nicht erkennen, der Titel online „die Medienlandschaft wird umgepflügt“ trifft den Kern schon besser. Aus den Fugen geraten eher die bisherigen Geschäftsmodelle, womit wir wieder beim Thema wären. Hierzu klingt der Satz „Viele Verleger sind gezwungen, Redaktionsetats den sinkenden Erlösen anzupassen.“ wie eine Rechtfertigung des Verlegers Neven DuMont. In der FAZ ist heute dagegen von Arthur Sulzberger jr., dem Verleger der New York Times zu lesen, der bei einem Vortrag in Frankfurt am Main Schlagworte wie „Courage, Innovationsfreude, Meinungsführerschaft“ bemühte und für eine multimedial stärkere Einbindung der Leser plädierte. Übrigens bekräftigte er ein weiteres Mal, dass es die Inhalte der New York Times nicht kostenlos gebe und beschrieb ein abgestuftes Bezahlsystem.

Google möchte sich durch Journalismus retten…

Montag, 17. Mai 2010

…das jedenfalls behauptet indirekt der im heutigen FAZ-Artikel zitierte James Fallows im Monatsmagazin „The Atlantic“. Gemäß dem Blick in amerikanische Zeitschriften von Jordan Mejias stützt sich der US-Autor dabei auf Aussagen des Google-Chefs Eric Schmidt, wonach der Konzern „aus kommerziellen wie staatsbürgerlichen Gründen“ den Journalismus wiederbeleben wolle.

FAZ, 17.05.2010, Titel: Rosig ist die Zukunft und papierfrei

Der zu Grunde liegende Gedanke ist richtig: Nur hochwertige Inhalte lohnen sich angeklickt zu werden. Auf Initiative von Google werde derzeit zusammen mit Vertretern von Zeitungsverlagen nach einem Weg aus der gegenwärtigen Krise gesucht. Zwar halte James Fallows den Vorstoß nicht für leicht zu verwirklichen, aber dennoch für hoffnungsvoll. Das Geschäftsmodell für die Übermittlung professioneller Nachrichten (gegenüber dem viel gescholtenen Bürgerjournalismus) gelte es neu zu erfinden. Dabei geht es offenbar vorrangig um die Frage, wie die künftig kostenpflichtigen Inhalte gegenüber den kostenlosen Lockangeboten abgetrennt und dennoch einfach zugänglich gemacht werden können.

 Als Ursachen werden zur Überraschung des US-Autors laut Google nicht Versäumnisse der Verleger genannt, sondern „das historisch beispiellose Spiel technologischer Kräfte“. Dennoch verhält es sich so, dass mit Ausnahme der „New York Times“ und des „Wall Street Journal“ bei allen anderen US-Tageszeitungen die Kosten für Druck, Papier und Transport diejenigen für die Redaktion deutlich übersteigen. Das Internetangebot der Zeitungsverlage könnte sowohl durch Werbung als auch durch Online-Abonnements den Ertrag der Häuser erhöhen. Hierbei spielt auch wieder die Verfügbarkeit der News für alle Endgeräte (Smartphones, Tablet PCs, E-Reader) eine wesentliche Rolle.

 FAZ, 17.05.2010, Titel: Blick in amerikanische Zeitschriften

Offiziell klingen die Maßgaben hochgestochen: „Distribution, Engagement, Monetarisierung“ (durch packendere Stories mehr Leute erreichen). Allerdings läge die Lösung oft eher in einem Detail. So hätten zum Beispiel die „New York Times“ und die „Washington Post“, Artikel, Videos und Leserkommentare zu Themen als „Living Stories“ gebündelt, die vor allem auch für Suchmaschinen attraktiver seien. Zudem sei ein Projekt „Fast Flip“ gestartet worden, mit dem der Leser durch verschiedene Seiten wie durch ein Magazin blättern könne. Daneben schlägt Google zu einer idealen Platzausnutzung von Werbeflächen ein „Yield Management“ wie bei Fluglinien vor.

 Durch solche Details – weniger aber durch eine klare Geschäftsausrichtung auf den Qualitätsjournalismus – erwartet Google rosige Zeiten für das Nachrichtengeschäft. In der Zukunft würden sich neben den bestehenden, durchaus überlebensfähigen Verlagen neue und ganz anders ausgerichtete Häuser etablieren. Jordan Mejias stellt abschließend fest, dass die konkrete Aussicht für das nächste Jahr schon sehr viel schwieriger sei. Alles wischi-waschi also? Nicht ganz. Jedoch sollte sich das Unternehmen Google nicht überschätzen mit seinen Kompetenzen hinsichtlich der Zukunft der Zeitungen (natürlich kann es diese auch aufkaufen). Die meisten der Überlegungen haben zwar mit interessanten Modellen für das Internetgeschäft, mit Journalismus aber nur entfernt zu tun.

Wochenend-Presseschau 19-10

Montag, 17. Mai 2010

Das Medienmagazin „Töne, Texte, Bilder“ auf WDR5 hat am vergangenen Samstag nicht nur die Meldung des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) wiedergegeben, dass es deutschen Verlagshäusern besser geht als denen in Amerika (Texthilfe berichtete), sondern in diesem Zusammenhang auch sehr interessante Beispiele aufgegriffen.

Screenshot von wdr5.de: "Töne, Texte, Bilder" vom 15.05.2010

So wurde zum einen eine gesunde Ein-Mann-Zeitung aus dem Süden der USA mit mehr als 150 Jahren Tradition vorgestellt, zum anderen die individualisierte Tageszeitung „niiu“ aus Berlin, mit der Wanja Oberhof und Hendrik Tiedemann linksliberale Leser unter 30 Jahren erreichen. Selbst das „Time Magazine“ aus New York hatte sich für den Start des Dienstes im vergangenen November interessiert. Auch der BDZV verfolge das Projekt mit „wohlwollendem Interesse“, heißt es in dem Beitrag von Michael Mayer. 1,80 Euro kostet das niiu-Abo täglich, für Studenten nur 1,20 Euro. Mit etwa 5.000 Abonnenten sei die Schwelle der Wirtschaftlichkeit erreicht, heißt es weiter, unter anderem sind Inhalte aus den Verlagen Axel-Springer (Bild), Holtzbrinck (Handelsblatt) und DuMont-Schauberg (Frankfurter Rundschau), aber auch der taz und der Münchner Abendzeitung zusammenzumixen. 

Außerdem in der Sendung in der Rubrik „Update“ die Erklärung von Jörg Schieb für die Internetstörungen in der vergangenen Woche. Nur, weil ein einziger Server streikte, der als „Telefonbuch des deutschen Internets“ gilt, ging auf vielen Seiten nichts mehr. Die Schlussfolgerung: ein Sicherheitsnetz für das deutsche Internetverzeichnis fehlt, ein so genanntes „Failover“, oder laut Jörg Schieb „eine Art Notstromaggregat für Computerpannen“.

Die Welt, 14.05.2010, Titel: Microsoft, Google und Apple jagen sich die Kunden ab

Ein anderes Thema, das mich in dieser Woche noch weiter beschäftigen wird, ist der Konkurrenzkampf zwischen Microsoft und Google hinsichtlich ihrer Software-Pakete und zwischen Google und Apple bezogen auf die Hardware-Produkte. Alle drei Unternehmen spüren dadurch jedenfalls so etwas wie Konkurrenz, ist dem Artikel in der Welt zu entnehmen. Der Machtkampf um die Bürosoftware-Pakete, die Google seit längerem kostenlos im Netz anbietet, führt nun auch Microsoft dazu, per „Cloud Computing“ die Dienste komplett online anzubieten. Google seinerseits greift aktuell Apple an, indem der Konzern zusammen mit dem US-Netzbetreiber Verizon Wireless einen eigenen (sicherlich reichlich verspielten) Tablet-PC entwickelt, auf Basis des bereits in den Google-Handys eingesetzten mobilen Betriebssystems Android.

Die Welt, 14.05.2010, Titel: Warum eine amerikanische Psychatrie-Professorin die deutschen Männer für ein Erfolgsmodell hält

Zuletzt nur kurz erwähnt der außergewöhnliche Titel für den gewöhnlichen Beitrag zu einer Buch-Neuerscheinung in der Welt zu „Das männliche Gehirn“ von Louann Brizendine. Die Welt am Sonntag fragt vergleichsweise einfacher: „Müssen Männer so sein?„. Der Unterschied besteht auch darin, dass der erst genannte Beitrag von einem Mann stammt, die Fragen in der WamS dagegen von Frauen. Nach dem Bucherfolg „Das weibliche Gehirn“ aus dem Jahr 2007 wird auch dieses Buch sicherlich seine Leserinnen und Leser finden. Das „Erfolgsmodell“ des deutschen Mannes bezieht sich übrigens weniger auf eine Leistung der Männer selbst, sondern auf die Möglichkeit, in Deutschland 14 Monate Elternzeit zu nehmen, um dabei möglichst gut mit seinen Kindern zu kommunizieren (aber nur so lange, bis die Mutter dazukommt)…

Vom Vorteil erzwungener Aufmerksamkeit

Mittwoch, 12. Mai 2010

Die Diskussion geht weiter: Nachdem der Kölner Stadt-Anzeiger mit einem Gastbeitrag der Bloggerin Lena Reinhard die Debatte um Online-Journalismus entfacht hatte (Texthilfe berichtete), meldet sich nun der Medienwissenschaftler am Institut für Sprache und Kommunikation an der TU Berlin, Norbert Bolz zu Wort. Sein Beitrag trägt den monumentalen Titel:

Kölner Stadt-Anzeiger, 11.05.2010, Titel: Orientierung in der Sintflut des Sinns

Grundaussagen des Medienwissenschaftlers: „Ein berühmter Journalist ist eine intellektuelle Marke, an der man sich in der Sintflut des Sinns orientieren kann.“, „Freie Presse ist immer schon als kostenlose Information über die Welt verstanden worden.“ und „Wir haben kein Informationsproblem, sondern ein Orientierungsproblem.“ In Bezug auf die Kernidee der Bloggerin Lena Reinhard, sich eine eigene Zeitung zu konfigurieren, gibt er zu bedenken, dass dies einerseits eine klare Orientierung voraussetzt, die oft nicht gegeben ist, und andererseits dem Leser die „Erfahrung des Neuen“ oft vorenthält, weil er sich dadurch „in einen Informationskokon einspinnt“.

Schließlich weist er als Vorteil der nicht interaktiven Massenmedien aus, Aufmerksamkeit zu erzwingen. Diesen Effekt könnten interaktive Medien niemals erreichen. Warum aber ein Blog, der 50.000 mal besucht wird, zum Massenmedium umschlägt und dann kein Blog mehr ist, leuchtet mir nicht ein. Anders gefragt: Warum sollen sich die Begriffe Blog und Massenmedium gegenseitig ausschließen? Dass sie das faktisch meist tun, steht außer Frage. Aber ich kann nicht erkennen, was die Interaktivität wie etwa bei Thomas Knüwer, der regelmäßig auf Anregungen seiner zahlreichen Leser eingeht, an der Marke des Journalisten und der möglichen Orientierung ändert (auch wen Thomas Knüwer mittlerweile auf die Beraterseite gewechselt ist).

Dass in jedem Blogger ein Journalist stecke – zugegeben! Dass jedoch jeder Blogger sein Massenmedium suche – angezweifelt! Meines Erachtens nach geht es bei der Orientierung sehr stark um die Special Interest-Kanäle, die sich ausdrücklich zu eingegrenzten Themengebieten äußern. Die Zeitung als Sammelsurium von Meldungen nach den bekannten Unterteilungen – Politik, Wirtschaft, Finanzen, Feuilleton, Medien, Menschen – ist in meinen Augen nicht ersetzbar. Nach der jüngsten Studie des BDZV (Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger) befinden sich die Zeitungen in Deutschland – jedenfalls im Vergleich zu denen in Amerika – in einer sehr guten Verfassung.

Die Anzahl der Titel ist hierzulande mit aktuell 351 weitaus konstanter (minus vier seit 1999, gegenüber minus 80 seit 1998 in den USA), die Reichweiten sind nach wie vor hoch. Auch sei die Abhängigkeit vom Werbemarkt in Deutschland weitaus geringer. An der schlechten Bezahlsituation von Journalisten und dem Buy-Out von Rechten für zusätzliche Online-Veröffentlichungen ändert dies jedoch nichts. Diesem Umstand sollte erzwungenermaßen die Aufmerksamkeit gelten! Daraus ergäben sich interessante Schlussfolgerungen für den Online-Auftritt von Zeitungen. Vielleicht sollte ich mich mit einem eigenen Beitrag an der Debatte beteiligen!

Journalismus der Zukunft gesucht

Sonntag, 09. Mai 2010

Die Bloggerin Lena Reinhard konnte mit einem ausführlichen Gastbeitrag im Kölner Stadt-Anzeiger (und auch in der Frankfurter Rundschau) ihre Ansichten zum Journalismus der Zukunft darstellen. Die Zeitungen positionieren sich selbst mittels des ins Leben gerufenen Reporterpools für vier Titel als innovationsfreudige und zukunftorientierte Medien (vgl. älteren Texthilfe-Beitrag). Es geht um gewandelte Ansprüche der Nutzer, um den Bedarf an Diskussion und Leidenschaft. Ein toller Erfolg für die Autorin und ihren Blog – inhaltlich sind jedoch einige Passagen strittig.

Kölner Stadt-Anzeiger, 08.05.2010, Titel: Kommt uns Lesern endlich näher

Interessant, dass Kölner Stadt-Anzeiger (s.o.) und Frankfurter Rundschau („Mehr Emotionen, bitte!“) zwei verschiedene Titel für denselben Beitrag wählen, während Lena Reinhard den Text überschrieb mit: „Verraten Sie es nicht weiter, aber: Ich habe da einen Traum!“ Sicherlich mit gewisser Ironie versehen, rückt dieser Ansatz ein ganz anderes Problem als Emotionalität und Leidenschaft oder das Ernstnehmen der Leser in den Mittelpunkt. Der Autorin geht es um das transparente Abomodell, bei dem sie beliebige Inhalte aus beliebigen Titeln in einem Online-Kiosk miteinander zu „Ihrer Zeitung“ kombinieren bzw. konfigurieren kann. Diesen Traum halte ich für schwer umsetzbar. Im Fall der Mediengruppe DuMont-Schauberg wird ein solcher Kiosk mit Inhalten aus den zugehörigen Titeln Kölner Stadt-Anzeiger, Frankfurter Rundschau, Berliner Zeitung und Mitteldeutsche Zeitung angedacht. Auch andere Verlage denken über Kooperationen nach. Aber Geld verdienen lässt sich damit auf Dauer vermutlich nicht zur Genüge.

Die Paid-Content-Debatte mag in eine falsche Richtung gehen. Sicher sind für Zeitungsartikel als Produkte ihre überzeugende und fesselnde Machart entscheidend. Aber der Preis spielt nach wie vor eine große Rolle, vor allem in Hinblick auf die damit verbundenen, unvermeidlichen Personalkosten. Online dominiert nach wie vor die Kostenlos-Kultur, vor mehr als zehn Jahren vermutlich bedenkenlos eingeführt, sodass viele kostenpflichtigen Printartikel heute noch online kostenfrei zu lesen sind. Das wird auf Dauer nicht so bleiben. Und vor allem Special-Interest-Themenangebote werden ihre Abonnenten finden. Der BDZV hat erst jüngst eine weit größere Zahlungsbereitschaft als angenommen unter deutschen Internetlesern festgestellt (siehe Texthilfe-Beitrag) – allerdings in einer selbst beauftragten Studie, die die Relevanz des Ergebnisses etwas schmälert. Die Verlage müssen sich über kurz oder lang auf das Risiko der Kostenpflichtigkeit im Internet einlassen.

Internetrecht auf dem Prüfstand

Montag, 03. Mai 2010

Rechtsprofessor Rolf Schwartmann von der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht hat Ende vergangener Woche in einem Gastbeitrag im Kölner Stadt-Anzeiger das geltende Recht im Internet hinterfragt. Obwohl der Tatbestand des Diebstahls in der analogen und in der virtuellen Welt dasselbe darstellen, werden sie doch unterschiedlich wahrgenommen und bewertet, sowohl von den Tätern als auch vom Staat. Doch für beide Bereiche müsse dasselbe Recht gelten, verdeutlicht der Autor.

Kölner Stadt-Anzeiger, 30.04.10, Titel: Analog durch die virtuelle Welt

Die Prozesse im Internet liefen schneller ab als in der analogen Welt, heißt es, mit seiner Dynamik und seinen Versuchungen müssten sowohl die Bürger (als permanent miteinander kommunizierende Gemeinschaft) als auch der Staat als „Aufseher“ noch besser umzugehen lernen. Dennoch fällt die Unterscheidung von Recht und Unrecht eigentlich ganz leicht: „Weil das Internet Rechtsverletzungen ermöglicht, bedarf es der staatlichen Regulierung; und nicht nur das private Handeln im Netz hat Grenzen, sondern auch der Staat muss dort Schranken beobachten.“ Volle Zustimmung!

Gleichzeitig verführt das Netz aber zu Straftaten (deren Verbot möglicherweise noch gar nicht festgelegt ist), da sich der Nutz unbeobachtet fühlt. Die Besonderheiten des Netzes in Hinblick auf die Geltung des Rechts dürfen aber nicht dazu führen, dass der Staat seiner regulatorischen Pflicht nicht nachkommt. Die Schlussfolgerung von Rolf Schwartmann: „Wir werden ihm also regulatorische Holzwege zugestehen und zugleich selbst Verantwortung für unser Handeln in der virtuellen Welt übernehmen müssen.“ Das bringt ihn abschließend auf die Erziehungspflicht heutiger Erwachsener, die die Medienkometenz der „digitalen Eingeborenen“ mit umfasst.

Damit diese Erziehung aber im Sinne eines eigenverantwortlichen Handelns im Netz funtkionieren kann, muss sich zunächst ein Unrechtsbewusstsein bei der jetzigen Elterngeneration durchgesetzt haben. In Zukunft wird es nicht mehr so viele Inhalte wie heute umsonst im Internet geben, aber wir und die nachfolgenden Generationen haben die Möglichkeiten, uns über alles Wichtige in Wort, Bild und Film miteinander zu unterhalten. Diese Freiheit lieben und nutzen zu lernen, das ist in meinen Augen das große Geschenk des Internets, und nicht der verbotene kostenlose Download von ohnehin preiswerten,  aber eben doch geldwerten Produkten und Leistungen.

Wochenend-Presseschau 17-10

Sonntag, 02. Mai 2010

Nach längerer Pause wieder ein Eintrag zu interessanten Presseartikeln des vergangenen Wochenendes. Regelmäßige Rubriken sind doch immer nur so gut wie ihre jeweiligen Inhalte. Womit ich schon bei der ersten Meldung wäre, eine Kurzmeldung im Kölner Stadt-Anzeiger vom vergangenen Samstag (trotz Feiertags). Darf der BDZV der von ihm selbst beauftragten Studie so ohne Weiteres vertrauen oder ist das Vertrauen in Paid Content eher ein „Sich-Selber-Mut-Zusprechen“?

Kölner Stadt-Anzeiger, 01.05.2010, BDZV über Bezahlmodelle im Internet

In der Welt am Sonntag dann zwei weitere interessante Artikel zur Internetkultur: Einmal befasst sich Frank Schmiechen mit dem neuen Facebook-Angebot, den „Like-Button“ des Sozialen Netzwerkes nun auch auf anderen Seiten einzubinden, das im Verlauf der Vorwoche bereits sein Kollege Thomas Heuzeroth behandelt hatte (texthilfe.de berichtete). Dieser hingegen führt ein Interview mit dem Antiviren-Softwareanbieter Eugene Kaspersky unter der Überschrift: „Sie können nie vor Hackern sicher sein.“ Besonders interessant darin, dass zwar jedes Internetvirus aufgespürt und unschädlich gemacht werden kann, die damit verbundenen Gefahren jedoch wachsen. So könnten z.B. Kraftfahrzeuge, in denen nicht mehr nur die Verbindung zum GPS über ein digitales Netz funktioniert, oder auch Flugezuege, die inzwischen Internet für Passagiere anbieten, gezielt lahmgelegt oder sogar übernommen werden. Zitat: „Ich selbst habe Dinge gesehen, die ich Ihnen nicht verraten kann. Nur so viel: Die Realität ist viel schlimmer.“ Beunruhigend.

Welt am Sonntag, 02.05.2010, Titel: Freundliche Übernahme

Die Blauäugigkeit vieler Menschen kommt als ein weiterer Aspekt im Interview zur Sprache. Sie wird nun durch Mark Zuckerberg und seinen Konzern Facebook systematisch ausgenutzt, indem er allen Internetseiten zur Verfügung stellt, den Bewertungsknopf „Mag ich“ auf der eigenen Homepage einzubinden. Dies machen inzwischen Modehäuser, Musikanbieter, sogar CNN. Die Folge: Als Mitglied von Facebook blicken Dich auf diesen Seiten die Gesichter Deiner Freunde an und geben ungefragt Ihre Empfehlungen an Dich weiter. Was für den Nutzer den vorgeblichen Vorteil vertauenswürdiger Empfehlungen bietet, liefert Facebook Daten über Dich und Dein Konsumverhalten – wenn Du es denn zulässt.

Laut Frank Schmiechen in der Welt am Sonntag lässt diese Entwicklung „das Empfehlungsinternet zu einem Massenphänomen“ werden: „Das Empfehlungsinternet ist nicht mehr zu stoppen, weil es große Vorteile für die Nutzer hat.  (…) Das Empfehlungsinternet wird uns noch viel mehr Dinge finden lassen, die wir nie gesucht haben, die aber trotzdem eine hohe Relevanz für uns haben. Dafür sorgen unsere Freunde.“ Auch wenn der WamS-Autor die Selbstdarstellung im Internet mag, wie er abschließend betont, weist er doch richtigerweise auf die „Aufmerksamkeit und Verantwortung“ hin, die der Nutzer aufbringen muss bei seinen privaten Entscheidungen, welche Kenntnisse über seine Person er in Bildern, Worten und Handlungen von sich preisgibt.