Archiv für die Kategorie ‘Internetkultur’

Google vs. China: Überzeugung oder Kalkül?

Samstag, 16. Januar 2010

Die Zeitungen waren Mitte der Woche voller Kommentare, vor allem habe ich mit denen der Financial Times Deutschland und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Donnerstag beschäftigt. Die FTD sprach im Leitartikel von einer „Achse des Guten“, die das Unternehmen gemeinsam mit US-Außenministerin Hilary Clinton nun bilde. Auch wenn es den Konzern nicht viel koste, weil er in China bisher nur ein Nischendasein gefristet habe, sei dies doch ein mutiger und der richtige Schritt, sich vom größten Wachstumsmarkt der Welt zurückzuziehen.

In der Rubrik „Das Kapital“ wurde in derselben Zeitung dargelegt, dass es beiden Riesen (China und Google) um Nutzerdaten im großen Stil gehe: „China will, das Google will“. Noch vor zehn Jahren hätten sich die Geheimdienste die Finger nach den Daten geschleckt, heißt es dort, die die Nutzer heute dem Internetgiganten bereitwillig frei Haus liefern. Dass der Konzern Google, der sich durch rechtlich ungeklärtes Scannen von Büchern und ganzen Straßenzügen nicht eben als moralische Instanz erwiesen habe, nun aus moralischen Gründen aus China zurückziehe, sei unwahrscheinlich. Als wahrscheinlicherer Grund werden Signale aus Peking angegeben, dass Baidu als staatlich favorisierter Suchdienst favorisiert werde.

Überschriften der Google-Kommentare in FTD und FAZ am 14.01.10

Carsten Knop vermeint in der FAZ vom vergangenen Donnerstag zu erkennen, dass „Google doch nicht böse“ sei. Da der vermutliche Rückzug aus China im Westen gut ankomme, sei der Schritt als PR-Maßnahme sicherlich klug. Allerdings glaubt der Autor, dass es Verhandlungen zwischen Google und China geben werde udn Google sich dann doch kompromissbereit zeigen werde,. Immerhin dürfte es sich bei aktuellen Umsätzen in China von „nur“ 600 Millionen Dollar doch um einen Werbemarkt von 10 Milliarden Dollar handeln.

Peter Sturm bemerkt allerdings in derselben Zeitung, dass es bei dieser Reaktion eher um das weitere negative Schlaglicht geht, das auf Chinas Praktiken  geworfen wird. Als Hintergrund der Reaktion seien daher vielmehr die massenhaften chinesischen Hackerangriffe auch auf Google zu betrachten. Im schlimmsten Fall aber – sollte Google bei der angedrohten Blockadehltung gegenüber China bleiben – könnten die User in aller Welt daraus lernen, wie es auch ohne Google gehen kann.

Auch Joachim Rogge im Kölner StadtAnzeiger betonte („Moral und Markt“), dass Google „mehr als andere Unternehmen vom Vertrauen seiner Kunden“ lebe. Mit dem PR-Coup sei der wachsenden Kritikerschar der Wind aus den Segeln genommen worden. Das Handelsblatt vom Donnerstag brachte in seinem Leitartikel („Google und die Freiheit in China“) zusätzlich das gewichtige Argument des Diebstahls geistigen Eigentums in die Diskussion ein. Google könne es sich schlichtweg nicht leisten, von einem Land ausspinoniert zu werden (auch wenn China diese Beschuldigung von sich weist). Zudem wird auch hier betont, dass der Konzern mit dem spektakulären Signal kein wirtschaftliches Risiko eingehe.

FTD, 15.01.2010, Zwischenüberschrift aus "Wenn China die Welt regiert"

In der Wochenend-Ausgabe der FTD beschäftgit sich der Harvard-Wirtschaftsprofessor Dani Rodrik mit der Frage,w as passiert, „Wenn China die Welt regiert“. Die Globalisierung würde deutlich chinesische Züge tragen, mutmaßt er, Demokratie und Menschenrechte würden dann ihren Glanz als globale Normen verlieren. Aber „eine chinesische Weltordnung würde nationalen Souveränitäten und nationaler Vielfalt dann auch mit mehr Toleranz“ begegnen und „mehr Raum für Experimente mit verschiedenen Wirtschaftsmodellen“ lassen. Ein schwacher Trost vielleicht, doch vermutlich eine realistische Aussicht.

Das Netzwerk rund ums Netz

Mittwoch, 13. Januar 2010

„Wir sind das Netz“ beansprucht der neue Claim des Bundesverbands Digitale Wirtschaft. Mit seiner jüngsten Mitgliederbefragung macht er diesem Anspruch alle Ehre: „Mehr als 90 Prozent der Mitglieder würden den BVDW weiterempfehlen“, so die Überschrift der Pressemitteilung vom 11. Januar. Gleichzeitig ist er mit einer neuen Struktur ins neue Jahr gestartet. Für die Fachgruppen Agenturen, E-Commerce, Mobile, Performance Marketing, Online Vermarkterkreis (OVK) und Social Media – wurden Gremienleiter für die Dauer von zwei Jahren gewählt.

Logo des BVDW e.V.

Mit dem positiven Umfrageergebnis sieht der Verband seine neu eingeführte Struktur bestätigt. „Word-of-mouth-Marketing“ nennt man das wohl in der Branche. Indem seine thematische und übergreifende Arbeit ab sofort in Fachgruppen, Foren, Units und Labs geregelt wird, möchte sich der BVDW von traditionellen Verbandsstrukturen lösen und sich an der innovationsgetriebenen digitalen Branche orientieren. BVDW Vizepräsident Dirk Kedrowitsch von Pixelpark legt die Latte noch höher: „Als führender Branchenverband geben wir den Takt der digitalen Wirtschaft mit an.“ Insbesondere in den so genannten Labs (Projekte mit begrenzter Laufzeit) sollen Statistiken, Publikationen und Events für die Mitglieder als auch die gesamte Internetindustrie erarbeitet werden.

Der zuletzt genannte erweiterte Verteilerkreis bewahrt den Verband davor, dem weitaus niedrigeren Anspruch „Wir sind ein Netzwerk“ anheim zu fallen.  Hat er doch erst jüngst einen kostenlosen Leitfaden zum „Sicheren Einstieg in Soziale Netzwerke“ vorgestellt. Doch Spaß beiseite: mit solchen Services und Mitteilungen zur Preisentwicklung mobiler Internetnutzung liefert er jedenfalls bereits jetzt „News to use“. Hoffentlich löst er auch künftig das Versprechen ein, Taktgeber für eine Branche zu werden, die künftig sicher nicht nur durch ihre Innovationen, sondern auch durch eine einsetzende Konsolidierung von sich reden machen wird.

Die Selbstbeschreibung aus der Pressemitteilung: Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. ist die Interessenvertretung für Unternehmen im Bereich interaktives Marketing, digitale Inhalte und interaktive Wertschöpfung. Der BVDW ist interdisziplinär verankert und hat damit einen ganzheitlichen Blick auf die Themen der digitalen Wirtschaft. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, Effizienz und Nutzen digitaler Medien transparent zu machen und so den Einsatz in der Gesamtwirtschaft, Gesellschaft und Administration zu fördern. Im ständigen Dialog mit Politik, Öffentlichkeit und anderen Interessengruppen stehend unterstützt der BVDW ergebnisorientiert, praxisnah und effektiv die dynamische Entwicklung der Branche. Die Summe aller Kompetenzen der Mitglieder, gepaart mit den definierten Werten und Emotionen des Verbandes, bilden die Basis für das Selbstverständnis des BVDW. Wir sind das Netz.

Wochenend-Presseschau 01-10

Montag, 04. Januar 2010

„Da bin ich wieder“ – „Der Prothesenmensch“. Wie viele andere Zeitungen bringen FAZ und NZZ in ihrem Feuilleton einen Rückblick auf das abgelaufene Jahr, beziehungsweise auf die vergangenen zehn Jahre. Auch wenn Thomas Schmid im Editorial der Welt am Sonntag behauptet, dass die Dekade noch nicht vorbei sei (ich habe nicht verstanden, warum das Jahrzehnt erst am 01.01.2001 begonnen haben soll), können wir auf die „Nullerjahre“ zurück blicken.

NZZ, 02.01.10, Titel: Der Prothesenmensch

Roman Bucheli betrachtet im Feuilleton der NZZ die vergangenen zehn Jahre als eine Epoche der digitalen Revolution. Einer möglichen Schreckensbilanz angesichts neuer Terrordimensionen stellt er den „digital turn“ gegenüber. Die Veränderung der Lebenswirklichkeit ist allgegenwärtig: Wir machen uns abhängig von immer kleineren und leistungsfähigeren Geräten. Dabei stellte erst das Jahr 2000-Problem eine Bedrohung dar, dann platzte die Dotcom-Blase, doch tatsächlich hat sich in nur zehn Jahren sehr viel getan: „Wir hatten Ende der neunziger Jahre gerade das Wort >>surfen<< in den Grundwortschatz übernommen; heute googeln, twittern, downloaden, skypen oder bloggen wir auf Teufel komm raus.“ Die dazu verwendeten Techniken und Geräte betrachtet er offenbar als geistige Prothesen.

Zur Schlussfolgerung ist es dann nicht weit: Mit allen Interaktionen im World wide web mache sich der „Prothesenmensch“ als User zum gläsernen Menschen, „als Preis für den fast grenzenlosen Zugang zum Weltwissen“. Als Hoffnung zeigt sich dem Autor dabei der Verdacht, ebenso wie der einzelne Benutzer von der Informationsfülle oft überfordert scheint, könne das Netz selber dabei überfordert sein, die Einblicke in die Nutzerprofile in klingende Münze umzuwandeln. Immerhin, führt er an, waren nicht einmal die amerikanischen Geheimdienste dazu in der Lage, zwei Datenbanken abzugleichen, um einem Verdächtigen aus Nigeria die Einreise in die USA zu verweigern.

Allerdings verteidigt Roman Bucheli Kulturkritiker, auch wenn sie weithin als „Spielverderber“ oder „wirkungslose Bremser“ gälten: „Doch ihre Einwürfe sind Widerhaken kritischen Denkens“. Gemeinsam mit Umberto Eco (vor einigen Wochen in „le Monde“) betrachtet er es als offene Frage, ob durch das Internet das Verständnis zwischen den Kulturen oder der Identitätsverlust befördert würde. Zuletzt bezeichnet er es dann aber doch als „Treten an Ort“, schweizerisch für „auf der Stelle Treten“.

FAZ, 02.01.10, Titel: Da bin ich wieder

Sehr schön gefällt mir die Idee und Ausführung der FAZ, auf einer Feuilletonseite drei Geschichten von Comebacks nebeneinander zu stellen. Verena Lueken berichtet über die Wiederkehr von Mickey Rourke auf die Kinoleinwände, Rainer Hank über einen namenlosen Investmentbanker, der als „Master of the Universe“ tituliert wurde, seinen Ruf ruiniert hat, aber wieder blendende Geschäfte macht, Christian Eichler schließlich über Jupp Heinkes, nach zwei Jahren ohne Trainerjob erst zum Feuerwehrmann beim FC Bayern München und daraufhin zum Erfolgsbringer für Bayer 04 Leverkusen geworden. Das Thema des Zurückkommens wird in drei voneinander unabhängigen Beispielen durchgespielt und zeigt damit die Vielschichtigkeit eines solchen Phänomens auf, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, doch mit viel Stoff zum Nachdenken. Sehr sympathisch!

Die Kernkompetenz erweitern

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Noch einmal der Bezug zur Titelgeschichte des Journal DJV NRW: „Freie Journalisten – Von Print leben – geht das?“ Neben der vielfältigen Darstellung des Autors Werner Hinse zeigen sieben Tipps von Bettina Blaß streng genommen: Ja, das geht genau dann, wenn über das Kernfeld des Printjournalismus hinaus gearbeitet wird. Sie heißen unter anderem: Seminare anbieten, Rein ins Netz, multimedial denken, auf sich aufmerksam machen, das Web 2.0 für seine Zwecke nutzen und aktiv Kunden ansprechen.

Das Journal DJV NRW 05-09 mit der Titelgeschichte

Âus aktuellem Anlass habe ich gleich Tipp 1 beherzigt und hier eine Unterseite namens „Presseschulung“ eingerichtet. Immerhin erzähle ich Interessierten regelmäßig über die Presselandschaft und übe mit ihnen praktische Tätigkeiten der Basis-Pressearbeit, wie Veranstaltungshinweise kurz nach den großen W-Fragen formulieren oder eine Presse-Einladung ebenso knapp und doch interessant zu gestalten.

Service-Tipps von Bettina Blaß in der Titelgeschichte des Journal DJV NRW 5/099

Allerdings muss ich auch selbstkritisch sein. In anderen Bereichen sind zweifellos Schwächen vorhanden: was die Vernetzung angeht, die Präsenz in Social Networks, die Mitsprache in anderen Blogs und Foren. Woher allerdings die Zeit nehmen, wenn neben dem Aufwand für den Broterwerb auch das soziale Netzwerk einer Familie besteht?

Immerhin ist dieser Blog schon so prominent, dass ich jetzt erstmals eine Unterlassungerklärung per Post zugestellt bekam, die mich bei Zuwiderhandlung zu einer Zahlung in Höhe von 250.000 Euro verdonnern möchte! Tut mir leid, auch dafür habe ich keine Zeit – in diesem Fall jedoch aus inhaltlichen Gründen.

Wieder und wieder die „Marke Ich“

Dienstag, 20. Oktober 2009

„I & I“ im Reggae, z.B. bei den „Bad Brains“ oder „Me, myself and I“ bei „De La Soul“  singt weniger von Bewusstseinspaltung, als vielmehr von allen Aspekten des Seins. Dies wird für den modernen multimedial vernetzten Menschen verdeutlicht durch die „Marke Ich“, die es im  Web 2.0 zu pflegen gilt.

Tatsächlich brachte mich ein Artikel Mitte des Jahres im Magazin „Wirtschaftsjournalist“ darauf  endlich einen eigenen Blog zu starten.  Am vergangenen Wochenende bin ich nun gleich über drei entsprechende Artikel gestolpert. Zuerst bei Klaus Eck, dem PR-Blogger, „10 Personal Branding Tipps für den Erfolg“, dann im Magazin der Süddeutschen  „Projekt Neustart“ von Meike Winnemuth und schließlich im Journal des DJV NRW: „Bloggst Du noch oder twitterst Du schon?“ von Bettina Blaß.

Bettina Blaß im Journal DJV NRW

In der Tat muss ich zugeben: Ich blogge noch – bzw. gerade erst! Da kommt mir diese leicht verständliche Anleitung zum Twittern doch gerade recht. Wobei eingeschränkt wird: „Twitter ist nur ein kleines Teilchen“, wie in einem separaten Kasten der Projektleiter des Wissenschaftszuges der Max-Planck-Gesellschaft  Andreas Trepte zitiert wird. An der wachsenden digitalen Kluft, prognostiziert er, werde Twitter nichts ändern. Weiter beschreibt er die Zukunft mit dem Web 3.0 mit „semantischen Antwortmaschinen, die Informationen interpretieren, priorisieren und personalisieren können“. Würde man das Internet abschalten, so seine Antwort auf die spannende Abschlussfrage, „würde die Gesellschaft, wie wir sie kennen, zusammenbrechen.“

Im selben Heft lautet das Titelthema übrigens „Von Print leben? Geht doch!“ mit sieben praktischen Tipps für freie Autoren. Darunter: „Nutzen Sie das Web 2.0 für Ihre Zwecke.“

Tipp 6 von Bettina Blaß im Beitrag von Werner Hinse: "Von Print leben? Geht doch!"

Im Selbstversuch von Meike Winnemuth im Magazin der Süddeutschen geht es darum, wie sich plötzlich Arbeitslose neu erfinden können. Berufsberatung und Personality Coaching sollen da helfen. Also besucht sie die „Entwicklungshelfer“ in Düsseldorf.  Nach zahllosen Fragerunden und Tests über acht Stunden (für übrigens 1.900 Euro) stellt sich heraus, dass die Journalistin im Falle eines Jobverlusts was werden sollte? – Richtig, Journalistin! Das hat sie wohl bereits den richtigen Beruf auf Lebenszeit gefunden. „Es ist erstaunlich, dass die wenigsten Leute das tun, was sie lieben und was ihnen liegt“ wird der Berater Tim Prell zitiert.

Aus "Projekt Neustart" im Magazin der Süddeutschen vom 17.10.2009

In dieselbe Richtung zielt auch einer der zehn Ratschläge von Klaus Eck. Die Begeisterung für das eigene Betätigungsfeld ist Voraussetzung dafür, andere zu begeistern. „Nur wer brennt, kann andere entfachen“, habe ich in diesem Zusammenhang auch schon sagen hören. Andere Tipps betreffen die nötige zu investierende Zeit – in der Tat! – das benötigte Selbstbewusstsein etwa, um Tags für die Marke ich festzulegen und anzuwenden, die Vorzüge der eigenen Persönlichkeit hervorzukehren und zu stärken sowie nachhaltig, authentisch (unter eigenem Namen), kompetent und durchaus polarisierend zu den eigenen Themen Stellung zu beziehen. Last not least sollte es an der Perspektive nicht fehlen – wie eine Konzeption stets nur einer Strategie folgen kann, andernfalls wäre sie kaum Erfolg versprechend.

Zuletzt zitiert er den „Wirtschaftvisionär, Guru, Popstar“ (laut Manager Magazin) Tom Peters mit dem Begriff des „brand called you“. Dabei dachte ich doch, es sollte „Ich“ sein, oder „Ich und Ich“ (Annette Humpe und Adel Tawil), wie sie in ihrem Lied „Stark“ singen (der ganze Text):  

 

Und du glaubst, ich bin stark und ich kenn den Weg.
Du bildest dir ein, ich weiss, wie alles geht.
Du denkst, ich habe alles im Griff
Und kontrollier was geschieht.
Aber ich steh nur hier oben und sing mein Lied.

www-Werkstattbericht

Freitag, 25. September 2009

Impulsreferat des Journalisten Stefan Ruzas zum Portal „Monte Welt“ in der Speakers Corner der dmexco 2009 zum Thema: „Vermarktungsstrategien für Special Interest-Portale“.

Stefan Ruzas in der Speakers Corner der dmexco 2009

Sehr sympathisch – und  nachvollziehbar – wirkte das in freier Rede gehaltene Referat des Journalisten Stefan Ruzas, das sich damit deutlich abhob von vielen Fachbeiträgen und Diskussionen in fünf Seminarräumen, der Congress Hall und der Debate Hall. Er sprach von einem „Werkstattbericht“ über das Projekt in Arbeit, das elf hochkarätige Journalisten und Fotografen gemeinsam begründet haben. Ihre Mission beschreibt er als „Das Alpenländische in die Jetztzeit zu übersetzen“.

Die Grundidee war der Wunsch ein Pendant zur „Zeitschrift der Meere“ Mare zu schaffen, das sich als Printprodukt jedoch nicht realisieren bzw. finanzieren ließ. Das Portal wurde vor mittlerweile zwei Jahren gegründet, wobei aus dem urbanen Bereich ein „anderer Blick“ auf die Berge geworfen wird. So spricht ein Politiker über die Analogie zwischen dem Auf und Ab beim Bergsteigen und in der Macht oder ein Extremkletterer lässt sich über die Tücken der Finanzkrise aus. Lange Reportagen und Interviews stehen neben nutzwertigen Reiseberichten und Glossen (z.B. „Nieder mit den Bergen!“).

Totale auf die Speakers Corner der dmexco mit einem Vorredner

Die Vermarktung der Seite übernahm zunächst die Tomorrow Focus AG, wobei die Monte Welt die erste von ihr vermarktete Nicht-Burda-Beteiligung war. Doch Erlöse flossen gar nicht oder nur sehr spärlich. Zwischenzeitlich kam ein Angebot von McDonalds im Rahmen einer „Scout“-Suche, doch das Team der Monte-Welt lehnte dankend ab. Dieser Umstand verdeutlicht, wie schnell die Wahrnehmung guter Inhalte um sich greift. Interessant vor allem in Hinblick auf die Vermarktung: Neben der reinen Reichweite einer Seite geht es heute vermehrt auch um ihre Inhalte, deren Hochwertigkeit und Glaubwürdigkeit.

Zwischenzeitlich hat sich das Portal der Wunder Media GmbH angeschlossen, die mittlerweile das dritte vertikale Netzwerk aufbaut, das Reiseportal Just2guide. Allerdings verfolgt Monte-Welt damit keine Ausschließlichkeitsstrategie, sondern beschäftigt außerdem einen eigenen Marketingleiter, der sich um weitere Kooperationen bemüht. Vor allem werden Unternehmen aus dem Outdoor-Textilien- und aus dem Touristikbereich angesprochen. Interessant die Erfahrung, dass Outdoor-Textilienhersteller teilweise noch nicht über Banner für Internetwerbung verfügen. Als Zielgruppen sind „Spa-Freundinnen“, „urbane Abenteurer“ und „aktive Familien“ ausgegeben; diese würden nachvollziehbar erreicht.

Insgesamt sprach Stefan Ruzas von fünf Säulen des Marketings, die die Monte-Welt als eine „Erlebniswelt hochwertiger Inhalte“ verfolgt: online Werbung, E-Commerce (oft selbst getestete und für bewertete Angebote), Merchandising (eine CD mit moderner Alpenmusik, ein Snowboard, einmal im Jahr ein Buch), Zweitverwertung (mit festen Rubriken bei Focus und Fit for fun) sowie Events. Gerade die Events sind es, die den Erlebnischarakter stärken. Hierfür hat das Team „Heimatabende“ im Münchner Café Platzhirsch veranstaltet (im Hintergrund stand dabei eine „Wiedereroberung“ des konservativ belegten Begriffs). Sechs mal war das Haus mit bunt gemischtem Publikum gefüllt: unter anderem bei einer Jodlerschule, bei der Präsentation von Schuhplattlermode oder von Dirndl-Unterwäsche.

Das Fazit des Referenten: Inhalt entscheidet. Glaubwürdigkeit steigert die online Präsenz. Und: Es ist die richtige Zeit für Special Interest-Portale.

Auf der dmexco sorgte ein Exot für sehr verständliche Antworten

Linktracking und Zielgruppentargeting

Freitag, 25. September 2009

Die europäische Leitmesse für digitales Marketing, die dmexco in Köln

Eindrücke von der dmexco 2009, der „Digital Marketing Exposition & Conference“ am 23. und 24. September in Halle 8 der Messe Köln. Im Vorfeld des Branchentreffs hatten einige Medien berichtet, dass der Online-Werbemarkt in diesem und im kommenden Jahr weiter wächst. Neben den Messeständen der Online-Vermarkter, Targeting-Sepzialisten und Technik-Unternehmen war das Konferenz-Programm besonders interessant. Top-Manager berichteten über die Top-Themen der Branche.

Nicht nur Search Engines standen im Blickpunkt der Aussteller

Aktuell liegen die Schwerpunkte auf der (noch ausstehenden) Konsolidierung des online Werbemarktes, auf Suchmaschinen-Optimierung und Video Ads, weiter auf den Messmethoden (TKP anstatt Page Impression), auf der Werbung im mobilen Internet sowie Social-Media-Kommunikation (Marketing über Corporate Blogs, Social Networks und Twitter). Persönlich ging es mir darum, einen Überblick über die Marktteilnehmer, die online Mediaplanung und über den Stand des E-Mail-Marketings zu erhalten.

Dazu besuchte ich die Vorträge von Dariusch Hosseini von Specific Media zum Thema: „AdNetworks, AdExchanges, Sales Houses & Co. Wer, wie und wozu?“, von Abdelkader Barjiji von AdScale mit dem Titel: „Effiziente Online-Mediaplanung, Optimierung Branding-Kampagnen“ sowie von Christian Sauer (vertreten durch Benjamin Dageroth) von Webtrekk: „Die Zukunft des E-Mail-Marketings – Wie erhöhe ich die Conversion eines Newsletters?“ Die Unterscheidung der Marktteilnehmer lässt sich vornehmen nach klassischen Vermarktern (so genannten Sales Houses wie  die Tomorrow Focus AG, Gruner & Jahr oder United Intenet Media), AdNetworks, AdExchanges und Marktplätzen (wie Google).

Die Botschaft soll in die Köpfe - auch übers Internet

Die Differenzierung, über welchen Partner die Werbebotschaften am besten in die Köpfe gelangen, läuft über Kriterien wie die Targeting Technologie, den Service,  TKP/CPO (Cost per Order), Sponsoring und Reichweite. Mit entsprechenden Planungstools ist eben nicht mehr nur die Reichweite einer Werbung zu ermitteln, sondern auch die Besuchshäufigkeit einzelner Seiten bzw. ganze „Customer Journeys“, also die Wanderungen von Surfern. Zum Aussteuern der Kampagnen dienen so genannte Targeting Optionen, nach den Gewohnheiten der User (behavioural t.), ihrem Alter und Geschlecht (demographic t.), ihrem Surf-Verhalten (contextual t. entspr. der customer journeys) und über das Zurücklocken auf bereits besuchte Seiten (Retargeting).

Gegenüber dem AdNetworker „Specific Media“ versteht sich  „AdScale“ als ein Marktplatz, der sein Inventar transparenter präsentiert. Wie bei einem Content Network wie Google kann sich der Kunde sein Werbeumfeld haarklein aussuchen, was sich vor allem für Branding Kampagnen besonders anbietet. Nachdem Google sein neues Ad Exchange-Programm vorgestellt hat und damit nicht mehr nur Textanzeigen möglich sind, können auch  über den Giganten Banner in einer Börse per Auktionsprinzip getauscht werden – besonders interessant für kleine Anbieter und Blogger.

Der Social Media Market Place auf der dmexco 2009: Die Blogger Area

Was noch hängen blieb: Branding und Kundenansprache wachsen weiter zusammen. „Kundenansprache“ könnte auch bezogen auf die „Ansprache“ eines Kunden verstanden werden, wie er auf eine Seite anspricht, wie oft er sie also besucht. Hier besteht die Möglichkeit, durch „Frequency Capping“ die Kontaktdosis zu optimieren, also nur diejenigen Nutzer anzusprechen, die eine Seite häufiger besuchen – weder aber diejenigen, die nur selten kommen (wer im Übrigen nur einmal drauf klickt und gleich wieder weg ist, gilt als  „Bouncer“), noch diejenigen, die überaus häufig kommen und sich durch die dauernd gleiche Werbung gestört fühlen könnten. So kann AdScale gezielt die Nettoreichweite und damit die Effizienz einer Kampagne erhöhen und gleichzeitig dabei die Kosten senken.

Bei der digitalen Direktansprache von Kunden (E-Mail-Marketing) gilt ebenso: „Ohne Maß ist’s nur Spaß.“ Durch das Einbauen so genannter Pixel in den Programmiercode kann der Versender eines E-Mail-Newsletters nicht nur feststellen, ob die Mail geöffnet wurde, sondern auch via „Linktracking“ die durch den Newsletter ausgelöste Klickrate feststellen. Web Analytic Tools können Nutzerverhalten und Interessenlagen erkennen, daraufhin sollte ab einer kritischen Masse von etwa 6.000 bis 10.000 Empfängern eine Segmentierung des Newsletters beginnen (etwa nach Geschlecht, Alter oder aber Interessen). Dies verbunden mit einer personalisierten Ansprache sei bereits der Weg in die Zukunft des E-Mail-Marketings. 

Am verheißungsvollen „Digital Creativity Summit“ habe ich leider nicht teilgenommen, stattdessen jedoch am spannenden Impulsreferat des Journalisten Stefan Ruzas in der Speakers Corner. Doch außer Frage steht, dass die Inhalte entscheiden, die ein geeignetes Werbeumfeld erschaffen – oder eben nicht.  Mal sehen, ob ich kommendes Jahr wieder dabei bin bei der europäischen Leitmesse dmexco, getragen vom Bundesverband Digitaler Wirtschaft.

Ausblick auf die dmexco im kommenden Jahr erneut in Köln